Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

otto.schmidt.de
von otto.schmidt.de Mehr von diesem Publisher
28.11.2012 Aufrufe

526 527 528 §52 Aufsichtsrat lastung der Geschäftsführer Verzichtswirkung 1 . Die Verzichtswirkung tritt freilich nur ein, wenn die Gesellschafter über die Maßnahmen zutreffend unterrichtet waren 2 . e) Verjährung Schadensersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder wegen Verletzung ihrer Beratungs- und Überwachungspflichten verjähren in fünf Jahren, § 52 Abs. 3. Bestehen daneben Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, unerlaubter Handlung, Gefährdungshaftung usw., so richtet sich die Verjährung nach den jeweils für den Anspruch geltenden Bestimmungen3 . Ansprüche aus unerlaubter Handlung werden durch die organisationsrechtliche Haftung auch dann nicht verdrängt, wenn sie auf der Verletzung der organisationsrechtlichen Pflichten beruhen4 . Zwischen der organisationsrechtlichen Haftung und der deliktischen Haftung besteht vielmehr Anspruchskonkurrenz. Ebenso wie die Aufsichtsratsmitglieder von der Haftung freigestellt werden können und wie auf Schadensersatzansprüche verzichtet werden kann, kann auch die Verjährungsfrist in der Satzung verkürzt werden 5 . Das dürfte jedoch nicht gelten, wenn es sich um eine Publikums-GmbH handelt 6 . Die Gesellschafter haben zwar keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Aufsichtsrat. Ebenso wie bei den Geschäftsführern (§ 43 Rdnr. 119) entlastet aber ein Gesellschafterbeschluss die Aufsichtsratsmitglieder, wenn die Gesellschafter über eine Maßnahme Beschluss gefasst haben 7 . Die bloße Kenntnis der Gesellschafter ist nicht ausreichend. Auch wirkt der Beschluss nicht haftungsentlastend, wenn es der Aufsichtsrat versäumt hat, die Gesellschafter hinreichend zu informieren oder wenn verschwiegen wurde, dass die Aufsichtsratsmitglieder ein persönliches Interesse an der Maßnahme hatten. f) Freistellung durch Dritte 529 Ebenso unbedenklich wie eine Haftungsmilderung im Verhältnis zur Gesellschaft ist eine Haftungsfreistellung durch Dritte. So kann das herrschende Un- 1 A.A.: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 185, 189: für mitbestimmten Aufsichtsrat; denn es werde auf § 93 AktG insgesamt Bezug genommen; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 20, 41; s. auch bei § 46. 2 RGZ 152, 273 (Aufsichtsrat einer Genossenschaft); BGHZ 69, 207, 216 (Verwaltungsrat einer Publikums-KG); BGH, BB 1980, 548; für die entsprechende Lage bei der Entlastung der Geschäftsführer s. bei § 46. 3 BGH, WM 1987, 818 (für Geschäftsführer). 4 A.A.: RGZ 87, 306, 309 und RG, JW 1916, 129. 5 A.A.: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 40; wie hier: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 75; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 16; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 153; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 29; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 316. 6 S. dazu BGHZ 64, 245. 7 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 152; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 74; s. aber auch Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 16. 3168 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 ternehmen im Konzern Aufsichtsratsmitgliedern von Tochtergesellschaften zusagen, es werde für Ansprüche aus fehlerhafter Überwachung eintreten 1 . g) Herausgabe von Sondervergütungen Hat ein Aufsichtsratsmitglied Sondervergütungen, Schmiergelder etc. von Dritten erhalten, um Vertragsabschlüsse mit der Gesellschaft zu fördern oder zu verhindern, so sind diese an die Gesellschaft herauszugeben, §§ 687 Abs. 2, 681 Satz 2, 667 BGB2 . h) Haftpflichtversicherung Es ist in der Praxis unüblich, dass Aufsichtsratsmitglieder im eigenen Namen auf eigene Rechnung eine Haftpflichtversicherung wegen Verletzung ihrer Pflichten als Mitglied des Aufsichtsrats abschließen. Wird die Prämie durch die Gesellschaft gezahlt, so ist dies nicht Teil der Vergütung. Der zunehmend übliche Organhaftungsversicherungsvertrag („D&O-Versicherung“) ist eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung der Gesellschaft zugunsten von Geschäftsführern und Aufsichtsräten (s. bei § 43 Rdnr. 435 ff.) 3 . Versicherungsnehmerin ist die Gesellschaft und nicht das Aufsichtsratsmitglied. Die Versicherung deckt Vermögensschäden der Gesellschaft als Gläubigerin von Schadensersatzansprüchen gegenüber den Aufsichtsratsmitgliedern und gegebenenfalls die Abwehr von Ansprüchen Dritter gegen die Gesellschaft aufgrund einer Verletzung der Pflichten von Aufsichtsratsmitgliedern 4 . Die Versicherungsprämie einer solchen D&O-Versicherung ist nicht Teil der Vergütung des Aufsichtsratsmitglieds 5 . Organhaftpflichtversicherungen sind zwar mittelbar im Interesse der Aufsichtsratsmitglieder („Reflex“), vorrangig aber im Eigeninteresse der Gesellschaft. Für den Abschluss zuständig sind die Geschäftsführer. Die von der Gesellschaft gezahlte Prämie ist auf Seiten des Aufsichtsratsmitglieds nicht einkommensteuerpflichtig. D&O-Versicherungen sind vielmehr 1 S. dazu Uwe H. Schneider, GmbHR 1993, 20; zur Freistellung der Aufsichtsratsmitglieder von Treuhandunternehmen durch die Treuhandanstalt: Weimar, GmbHR 1991, 511. 2 Fleck, in: FS Heinsius, 1991, S. 108. 3 Neben dem bei § 43 vor Rdnr. 435 genannten Schrifttum s. Plück/Lattwein, Haftungsrisiken für Manager, 2000; Jula, in: FS Baumann, 2000, S. 119; Kästner, AG 2000, 113; E. Vetter, AG 2000, 453; Dreher, ZHR 165 (2001), 293; Sieg, in: Krieger/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Handbuch Managerhaftung, 2007, § 16. 4 Zwar gibt es eine unverbindliche Empfehlung des GDV aus dem Jahr 1997 für Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern. Hiervon weichen die von einzelnen Versicherungsunternehmen verwendeten AVB zum Teil aber erheblich ab, s. dazu Plück/Lattwein, Haftungsrisiken für Manager, 2000, S. 240 ff.; Lattwein/Krüger, NVersZ 2000, 365. 5 E. Vetter, AG 2000, 453, 456; Dreher, ZHR 165 (2001), 293, 302; sowie bei § 43 Rdnr. 437. Uwe H. Schneider | 3169 530 531 532 533

526<br />

527<br />

528<br />

§52 Aufsichtsrat<br />

lastung der Geschäftsführer Verzichtswirkung 1 . Die Verzichtswirkung tritt freilich<br />

nur ein, wenn die Gesellschafter über die Maßnahmen zutreffend unterrichtet<br />

waren 2 .<br />

e) Verjährung<br />

Schadensersatzansprüche gegen Aufsichtsratsmitglieder wegen Verletzung ihrer<br />

Beratungs- und Überwachungspflichten verjähren in fünf Jahren, § 52 Abs. 3.<br />

Bestehen daneben Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung, unerlaubter<br />

Handlung, Gefährdungshaftung usw., so richtet sich die Verjährung nach den<br />

jeweils für den Anspruch geltenden Bestimmungen3 . Ansprüche aus unerlaubter<br />

Handlung werden durch die organisationsrechtliche Haftung auch dann<br />

nicht verdrängt, wenn sie auf der Verletzung der organisationsrechtlichen<br />

Pflichten beruhen4 . Zwischen der organisationsrechtlichen Haftung und der<br />

deliktischen Haftung besteht vielmehr Anspruchskonkurrenz.<br />

Ebenso wie die Aufsichtsratsmitglieder von der Haftung freigestellt werden<br />

können und wie auf Schadensersatzansprüche verzichtet werden kann, kann<br />

auch die Verjährungsfrist in der Satzung verkürzt werden 5 . Das dürfte jedoch<br />

nicht gelten, wenn es sich um eine Publikums-GmbH handelt 6 .<br />

Die Gesellschafter haben zwar keine Weisungsbefugnis gegenüber dem Aufsichtsrat.<br />

Ebenso wie bei den Geschäftsführern (§ 43 Rdnr. 119) entlastet aber<br />

ein Gesellschafterbeschluss die Aufsichtsratsmitglieder, wenn die Gesellschafter<br />

über eine Maßnahme Beschluss gefasst haben 7 . Die bloße Kenntnis der<br />

Gesellschafter ist nicht ausreichend. Auch wirkt der Beschluss nicht haftungsentlastend,<br />

wenn es der Aufsichtsrat versäumt hat, die Gesellschafter hinreichend<br />

zu informieren oder wenn verschwiegen wurde, dass die Aufsichtsratsmitglieder<br />

ein persönliches Interesse an der Maßnahme hatten.<br />

f) Freistellung durch <strong>Dr</strong>itte<br />

529<br />

Ebenso unbedenklich wie eine Haftungsmilderung im Verhältnis zur Gesellschaft<br />

ist eine Haftungsfreistellung durch <strong>Dr</strong>itte. So kann das herrschende Un-<br />

1 A.A.: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 185, 189: für mitbestimmten Aufsichtsrat;<br />

denn es werde auf § 93 AktG insgesamt Bezug genommen; Lutter/Hommelhoff,<br />

Rdnr. 20, 41; s. auch bei § 46.<br />

2 RGZ 152, 273 (Aufsichtsrat einer Genossenschaft); BGHZ 69, 207, 216 (Verwaltungsrat<br />

einer Publikums-KG); BGH, BB 1980, 548; für die entsprechende Lage bei der Entlastung<br />

der Geschäftsführer s. bei § 46.<br />

3 BGH, WM 1987, 818 (für Geschäftsführer).<br />

4 A.A.: RGZ 87, 306, 309 und RG, JW 1916, 129.<br />

5 A.A.: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 40; wie hier: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck,<br />

Rdnr. 75; Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 16; Raiser/Heermann,<br />

in: Ulmer, Rdnr. 153; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 29; Heyder, in: Michalski,<br />

Rdnr. 316.<br />

6 S. dazu BGHZ 64, 245.<br />

7 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 152; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 74;<br />

s. aber auch Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 16.<br />

3168 |<br />

Uwe H. Schneider

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!