Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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13 14 15 §52 Aufsichtsrat Ist der Aufsichtsrat funktionsunfähig, etwa weil er nicht entsprechend besetzt und damit nicht beschlussfähig ist, so ist, wenn im Gesellschaftsvertrag nichts anderes vereinbart, die Gesellschafterversammlung berechtigt, anstelle des satzungsmäßig zuständigen Aufsichtsrats tätig zu werden 1 . Diese Zuständigkeit bezieht sich nicht nur auf unerlässliche und eilbedürftige Entscheidungen, sondern auf alle Angelegenheiten 2 . 2. Der obligatorische Aufsichtsrat Unter bestimmten Voraussetzungen muss eine GmbH einen Aufsichtsrat (obligatorischer Aufsichtsrat) bilden. Anwendung finden dann nicht § 52, sondern die jeweiligen gesetzlichen Regelungen, die die Einrichtung des Aufsichtsrats vorschreiben3 . Vor der Eintragung ist die GmbH nicht entstanden. Die Vor-GmbH, also die GmbH im Gründungsstadium, ist nicht mitbestimmungspflichtig. Sie braucht noch keinen mitbestimmten Aufsichtsrat zu bilden4 . a) Der montanmitbestimmte Aufsichtsrat Betreibt eine GmbH ein Unternehmen i.S. des § 1 MontanMitbestG5 , beschäftigt sie in der Regel mehr als 1000 Arbeitnehmer oder handelt es sich um eine Einheitsgesellschaft, so ist nach Maßgabe des Montanmitbestimmungsgesetzes ein Aufsichtsrat zu bilden, § 3 MontanMitbestG. Dies gilt auch für die Gesellschaften mit Sitz in den Neuen Bundesländern. Insoweit ist § 1 Abs. 1 Montan- MitbestG aber geändert (BGBl. II 1990, 889, 1022). Das MitbestG ist auf diese Gesellschaften nicht anzuwenden, § 1 Abs. 2 MitbestG. Das MontanMitbestErgG erfasst darüber hinaus die Montankonzerne. Montanmitbestimmt ist hiernach auch eine GmbH, die ein Montanunternehmen beherrscht, wenn bei dem herrschenden Unternehmen die Voraussetzungen der Montanmitbestimmung zwar nicht gegeben sind, der Unternehmenszweck des Konzerns aber durch abhängige Unternehmen und durch Konzernunternehmen gekennzeichnet wird, die ihrerseits in den Anwendungsbereich des MontanMitbestG fallen. Der Unternehmenszweck wird entsprechend gekennzeichnet, wenn die Konzernunternehmen und die abhängigen Unternehmen insgesamt „(1.) mindestens ein Fünftel der Umsätze sämtlicher Konzernunternehmen und abhängigen Unternehmen erzielen, jeweils vermindert um die in den Umsätzen 1 BGHZ 12, 337, 340. 2 So aber Wessing/Max, in: FS Werner, 1985, S. 975: zusätzlich Dreiviertelmehrheit erforderlich. 3 Kritisch Zöllner, AG 1994, 338; Bernhardt, ZHR 159 (1995), 317; Kübler, in: FS Döser, 1999, S. 237. 4 BayObLG, NZG 2000, 932; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 17; Lutter/ Hommelhoff, Rdnr. 1; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 913; Halm, BB 2000, 1849; a.A. Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 23. 5 S. dazu OLG Düsseldorf, WM 1988, 1696; Oetker, in: ErfKomm., 7. Aufl. 2007, § 1 MontanMitbestG Rdnr. 4 ff. 3014 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 enthaltenen Kosten für fremdbezogene Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für Fremdleistungen, oder (2.) in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen“, § 3 MontanMitbestErgG1 . Im Bereich der Montanmitbestimmung gab es 2001 weniger als 10 GmbHs2 . Angesichts der geringen Zahl von montanmitbestimmten GmbHs wird insoweit von einer Kommentierung abgesehen. b) Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG aa) Liegen die vorgenannten Voraussetzungen nicht vor, beschäftigt eine GmbH in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer, so hat sie nach dem MitbestG einen Aufsichtsrat einzurichten3 . Wer Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes ist, definiert § 3 MitbestG. Ausgenommen sind bestimmte Tendenzunternehmen und Religionsgemeinschaften sowie ihre karitativen und erzieherischen Einrichtungen, § 1 Abs. 4 MitbestG. Durch § 4 und § 5 MitbestG wird darüber hinaus für die GmbH & Co. KG und die GmbH als herrschendes Unternehmen im Konzern nicht nur der Anwendungsbereich, sondern der gesamte Geltungsbereich des Gesetzes erweitert. Ist die GmbH persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft und hat die Mehrheit der Kommanditisten dieser Kommanditgesellschaft die Mehrheit der Anteile oder der Stimmen bei der GmbH, so gelten bei der Anwendung des MitbestG auf die GmbH die Arbeitnehmer der KG als Arbeitnehmer der GmbH. Das gilt jedoch nicht, wenn die GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern hat, § 4 MitbestG. Ist die GmbH herrschendes Unternehmen im Konzern, so gelten für die Anwendung des MitbestG auf die GmbH die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen als Arbeitnehmer der GmbH, § 5 Abs. 1 Satz 1 MitbestG. Das hat zur Folge, – dass das herrschende Unternehmen auch dann in die Mitbestimmung nach diesem Gesetz geführt wird, wenn zwar nicht das herrschende Unternehmen, aber die Konzernunternehmen insgesamt mehr als 2000 Arbeitnehmer haben4 ; – dass die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder beim herrschenden Unternehmen sich nach der Zahl der Arbeitnehmer aller Konzernunternehmen richtet, § 7 MitbestG; – dass die Arbeitnehmer der beherrschten Unternehmen an der Wahl der Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens mitwirken. 1 Zur teilweisen Verfassungswidrigkeit der „Fortgeltungsgesetze“: BVerfG, AG 1999, 220; allgemein: Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. GesR IV AG, 3. Aufl., § 28 Rdnr. 35 ff. 2 Mitbestimmung 4/2002, S. 75. Neuere Zahlen liegen nicht vor. 3 Nach Auskunft von Roland Köstler (Hans-Böckler-Stiftung) gab es zum 31. 12. 2006 319 Aktiengesellschaften und 352 GmbHs im Anwendungsbereich des MitbestG. 4 OLG Stuttgart, DB 1989, 1128 = BB 1989, 1005: Mitbestimmung nach MitbestG, auch wenn herrschende GmbH ohne Arbeitnehmer aufgrund von Zurechnung. Uwe H. Schneider | 3015 16 17 18
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enthaltenen Kosten für fremdbezogene Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe und für<br />
Fremdleistungen, oder (2.) in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer beschäftigen“,<br />
§ 3 MontanMitbestErgG1 .<br />
Im Bereich der Montanmitbestimmung gab es 2001 weniger als 10 GmbHs2 .<br />
Angesichts der geringen Zahl von montanmitbestimmten GmbHs wird insoweit<br />
von einer Kommentierung abgesehen.<br />
b) Der Aufsichtsrat nach dem MitbestG<br />
aa) Liegen die vorgenannten Voraussetzungen nicht vor, beschäftigt eine<br />
GmbH in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmer, so hat sie nach dem MitbestG<br />
einen Aufsichtsrat einzurichten3 . Wer Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes<br />
ist, definiert § 3 MitbestG. Ausgenommen sind bestimmte Tendenzunternehmen<br />
und Religionsgemeinschaften sowie ihre karitativen und erzieherischen<br />
Einrichtungen, § 1 Abs. 4 MitbestG.<br />
Durch § 4 und § 5 MitbestG wird darüber hinaus für die GmbH & Co. KG und<br />
die GmbH als herrschendes Unternehmen im Konzern nicht nur der Anwendungsbereich,<br />
sondern der gesamte Geltungsbereich des Gesetzes erweitert. Ist<br />
die GmbH persönlich haftender Gesellschafter einer Kommanditgesellschaft<br />
und hat die Mehrheit der Kommanditisten dieser Kommanditgesellschaft die<br />
Mehrheit der Anteile oder der Stimmen bei der GmbH, so gelten bei der Anwendung<br />
des MitbestG auf die GmbH die Arbeitnehmer der KG als Arbeitnehmer<br />
der GmbH. Das gilt jedoch nicht, wenn die GmbH einen eigenen Geschäftsbetrieb<br />
mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern hat, § 4 MitbestG.<br />
Ist die GmbH herrschendes Unternehmen im Konzern, so gelten für die Anwendung<br />
des MitbestG auf die GmbH die Arbeitnehmer der Konzernunternehmen<br />
als Arbeitnehmer der GmbH, § 5 Abs. 1 Satz 1 MitbestG. Das hat zur<br />
Folge,<br />
– dass das herrschende Unternehmen auch dann in die Mitbestimmung nach<br />
diesem Gesetz geführt wird, wenn zwar nicht das herrschende Unternehmen,<br />
aber die Konzernunternehmen insgesamt mehr als 2000 Arbeitnehmer haben4<br />
;<br />
– dass die Zahl der Aufsichtsratsmitglieder beim herrschenden Unternehmen<br />
sich nach der Zahl der Arbeitnehmer aller Konzernunternehmen richtet, § 7<br />
MitbestG;<br />
– dass die Arbeitnehmer der beherrschten Unternehmen an der Wahl der Arbeitnehmervertreter<br />
für den Aufsichtsrat des herrschenden Unternehmens<br />
mitwirken.<br />
1 Zur teilweisen Verfassungswidrigkeit der „Fortgeltungsgesetze“: BVerfG, AG 1999, 220;<br />
allgemein: Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. GesR IV AG, 3. Aufl., § 28 Rdnr. 35 ff.<br />
2 Mitbestimmung 4/2002, S. 75. Neuere Zahlen liegen nicht vor.<br />
3 Nach Auskunft von Roland Köstler (Hans-Böckler-Stiftung) gab es zum 31. 12. 2006<br />
319 Aktiengesellschaften und 352 GmbHs im Anwendungsbereich des MitbestG.<br />
4 OLG Stuttgart, DB 1989, 1128 = BB 1989, 1005: Mitbestimmung nach MitbestG, auch<br />
wenn herrschende GmbH ohne Arbeitnehmer aufgrund von Zurechnung.<br />
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