Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
495 §52 Aufsichtsrat abhängig. Er bedarf der Konkretisierung. Die Verschwiegenheitspflicht, das Wettbewerbsverbot (s. Rdnr. 505), das Verbot, Informationen, die bei der Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied erlangt wurden, im eigenen Interesse zum Schaden der Gesellschaft auszunutzen, bilden nur Fallgruppen. aaa) Verschwiegenheitspflicht Schrifttum: Claussen, Über die Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, AG 1981, 57; Flore, Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, BB 1993, 133; Gaul, Information und Vertraulichkeit der Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH, GmbHR 1986, 293; v. Hoyningen-Huene, Die Information der Belegschaft durch Aufsichtsrats- und Betriebsratsmitglieder, DB 1979, 2422; Lange, Zulässigkeitsvoraussetzungen einer gesellschaftsfinanzierten Aufsichtsrats-D&O-Versicherung, ZIP 2001, 1524; Lutter, Zum Verhältnis von Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, BB 1980, 291; Mertens, Zur Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat, AG 1980, 67; Reuter, Informationsrecht in Unternehmen und Betrieb, ZHR 144 (1980), 493; Säcker, Vorkehrungen zum Schutz der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht und gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Aufsichtsratsmitglieder, in: FS R. Fischer, 1979, S. 635; Schwintowski, Verschwiegenheitspflicht für politisch legitimierte Mitglieder des Aufsichtsrats, NJW 1990, 1009; Seiter, Unternehmensmitbestimmung und Tarifauseinandersetzungen, in: FS G. Müller, 1981, S. 589; Sina, Zur Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat bei drohender Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder, NJW 1990, 1016; v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht, 1972; Theisen, Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder der mitbestimmten GmbH nach den Vorschriften in Gesellschaftsvertrag und Aufsichtsratsgeschäftsordnung, GmbHR 1979, 134; Tiefenbacher, Die Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 1989. Die Aufsichtsratsmitglieder haben über vertrauliche Angaben und Geheimnisse der Gesellschaft, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat bekannt geworden sind, gegenüber Dritten, aber auch gegenüber einzelnen Gesellschaftern zu schweigen. Diese Schweigepflicht ist Teil der ihnen auferlegten Loyalitätspflichten 1 . Sie ergibt sich für den fakultativen Aufsichtsrat aus § 52 i.V.m. § 116 AktG, für den mitbestimmten Aufsichtsrat aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG bzw. aus § 25 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MitbestG jeweils i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2 AktG. § 116 AktG ist durch das TransPuG um folgenden Satz ergänzt worden: „Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet.“ Die unbefugte Offenbarung von Geheimnissen durch Aufsichtsratsmitglieder ist strafbar, § 85 (Antragsdelikt). Die Schweigepflicht besteht nicht im Verhältnis zu den Geschäftsführern, zur Gesellschafterversammlung und gegenüber der Gesellschaftergesamtheit 2 . Sie besteht daher auch nicht gegenüber einem Alleingesellschafter 3 . 1 Allgemein: BGHZ 64, 327. 2 OLG Hamburg, AG 1984, 251; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 605; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 143; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, Rdnr. 25; enger: Heyder, in: Michalski, Rdnr. 184; a.A.: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 65. 3 S. zur Schweigepflicht von Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH: Keßler, GmbHR 2000, 77. 3158 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 Die Schweigepflicht berechtigt das Aufsichtsratsmitglied, auch im Zivilprozess das Zeugnis zu verweigern, wenn sich die Vernehmung auf Tatsachen erstreckt, zu deren Geheimhaltung es verpflichtet ist (vgl. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO) 1 . Das gilt mit Blick auf §§ 52 ff. StPO nicht für das strafprozessuale Zeugnisverweigerungsrecht 2 . Für den fakultativen Aufsichtsrat können aufgrund der Gestaltungsfreiheit der Gesellschafter die Gegenstände, der Umfang der Schweigepflicht, die Dauer und das Verfahren bei der Offenlegung durch die Satzung oder durch eine Geschäftsordnung umfassend geregelt werden 3 . Zulässig ist es daher, den Aufsichtsratsmitgliedern im Verhältnis zu Dritten ein allgemeines Schweigegebot über ausnahmslos alle Vorgänge, die im Aufsichtsrat beraten wurden, aufzuerlegen. Fehlt es an solchen Bestimmungen, so gelten die folgenden Ausführungen entsprechend. Für den mitbestimmten Aufsichtsrat, unabhängig ob nach DrittelbG oder nach MitbestG, sind der gesetzliche Umfang und die Grenzen der Schweigepflicht zwingend. Die Satzung und eine Geschäftsordnung können die Schweigepflicht nicht verschärfen 4 . Durch eine Geschäftsordnung kann die Schweigepflicht nicht gemildert werden. Pflichten, vor einer Offenbarung bestimmte Verfahrensregeln einzuhalten, können durch die Satzung oder eine Geschäftsordnung nicht begründet werden 5 . Die Schweigepflicht besteht für alle Aufsichtsratsmitglieder in gleicher Weise 6 . Sie ist für die Arbeitnehmervertreter nicht deshalb gemindert, weil diese ihre Wähler umfassend informieren müssten. Der Aufsichtsrat soll den gesellschaftsinternen Entscheidungsprozess fördern. Er ist ein Innenorgan. Daher ist 1 Str., wie hier: OLG Koblenz, WM 1987, 480 = WuB II C. § 43 GmbHG 2.87 (Heinsius); Semler, in: MünchKomm. AktG, § 116 Rdnr. 444; Marsch-Barner, in: Semler/ v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 12 Rdnr. 18; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 184; a.A. Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 93 Rdnr. 85. 2 H.M., anstelle anderer: Semler, in: MünchKomm. AktG, § 116 Rdnr. 444. 3 A.A.: Meyer-Landrut, ZGR 1976, 510, 516; wie hier aber: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 144; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 777; Edenfeld/Neufang, AG 1999, 53. 4 Meyer-Landrut, ZGR 1976, 516; Säcker, DB 1977, 1798 Fn. 49; Hoffmann/Lehmann/ Weinmann, § 25 MitbestG Anm. 126; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 136; Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Anm. 108; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 766 ff.; Theisen, GmbHR 1979, 135; Nagel, BB 1979, 1804; a.A.: Wessing/Hölters, DB 1976, 1673; Stege, DB 1977, Beilage 8, S. 58. 5 A.A.: Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG Rdnr. 126; Wessing/Hölters, DB 1976, 1673; Säcker, Informationsrechte, 1979, S. 71; wie hier: Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 109; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 37; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 115. 6 BGHZ 64, 325, 331; Mertens, AG 1975, 235; H. P. Westermann, ZGR 1977, 219, 227; Werner, ZGR 1977, 236; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 200, 566; Wilde, ZGR 1998, 431; für Aufsichtsratsmitglieder öffentlicher Unternehmen: Schwintowski, NJW 1990, 1009; einschränkend: Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 100 (anders bei außergewöhnlichen Umständen); zum Ganzen: Tiefenbacher, Die Verschwiegenheitspflicht der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 1989. Uwe H. Schneider | 3159 496 497 498 499
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§52 Aufsichtsrat<br />
abhängig. Er bedarf der Konkretisierung. Die Verschwiegenheitspflicht, das<br />
Wettbewerbsverbot (s. Rdnr. 505), das Verbot, Informationen, die bei der Tätigkeit<br />
als Aufsichtsratsmitglied erlangt wurden, im eigenen Interesse zum Schaden<br />
der Gesellschaft auszunutzen, bilden nur Fallgruppen.<br />
aaa) Verschwiegenheitspflicht<br />
Schrifttum: Claussen, Über die Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, AG 1981, 57; Flore,<br />
Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder, BB 1993, 133; Gaul, Information<br />
und Vertraulichkeit der Aufsichtsratsmitglieder einer GmbH, GmbHR 1986,<br />
293; v. Hoyningen-Huene, Die Information der Belegschaft durch Aufsichtsrats- und<br />
Betriebsratsmitglieder, DB 1979, 2422; Lange, Zulässigkeitsvoraussetzungen einer<br />
gesellschaftsfinanzierten Aufsichtsrats-D&O-Versicherung, ZIP 2001, 1524; Lutter,<br />
Zum Verhältnis von Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, BB 1980, 291;<br />
Mertens, Zur Berichtspflicht des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat, AG 1980,<br />
67; Reuter, Informationsrecht in Unternehmen und Betrieb, ZHR 144 (1980), 493;<br />
Säcker, Vorkehrungen zum Schutz der gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht und<br />
gesellschaftsrechtliche Treuepflicht der Aufsichtsratsmitglieder, in: FS R. Fischer,<br />
1979, S. 635; Schwintowski, Verschwiegenheitspflicht für politisch legitimierte Mitglieder<br />
des Aufsichtsrats, NJW 1990, 1009; Seiter, Unternehmensmitbestimmung<br />
und Tarifauseinandersetzungen, in: FS G. Müller, 1981, S. 589; Sina, Zur Berichtspflicht<br />
des Vorstandes gegenüber dem Aufsichtsrat bei drohender Verletzung der<br />
Verschwiegenheitspflicht durch einzelne Aufsichtsratsmitglieder, NJW 1990, 1016;<br />
v. Stebut, Geheimnisschutz und Verschwiegenheitspflicht im Aktienrecht, 1972;<br />
Theisen, Die Verschwiegenheitspflicht der Aufsichtsratsmitglieder der mitbestimmten<br />
GmbH nach den Vorschriften in Gesellschaftsvertrag und Aufsichtsratsgeschäftsordnung,<br />
GmbHR 1979, 134; Tiefenbacher, Die Verschwiegenheitspflicht der<br />
Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat, 1989.<br />
Die Aufsichtsratsmitglieder haben über vertrauliche Angaben und Geheimnisse<br />
der Gesellschaft, die ihnen durch ihre Tätigkeit im Aufsichtsrat bekannt geworden<br />
sind, gegenüber <strong>Dr</strong>itten, aber auch gegenüber einzelnen Gesellschaftern<br />
zu schweigen. Diese Schweigepflicht ist Teil der ihnen auferlegten Loyalitätspflichten<br />
1 . Sie ergibt sich für den fakultativen Aufsichtsrat aus § 52 i.V.m. § 116<br />
AktG, für den mitbestimmten Aufsichtsrat aus § 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG bzw.<br />
aus § 25 Abs. 1 Nr. 1 und 2 MitbestG jeweils i.V.m. §§ 116, 93 Abs. 1 Satz 2<br />
AktG. § 116 AktG ist durch das TransPuG um folgenden Satz ergänzt worden:<br />
„Die Aufsichtsratsmitglieder sind insbesondere zur Verschwiegenheit über erhaltene<br />
vertrauliche Berichte und vertrauliche Beratungen verpflichtet.“ Die<br />
unbefugte Offenbarung von Geheimnissen durch Aufsichtsratsmitglieder ist<br />
strafbar, § 85 (Antragsdelikt). Die Schweigepflicht besteht nicht im Verhältnis<br />
zu den Geschäftsführern, zur Gesellschafterversammlung und gegenüber der<br />
Gesellschaftergesamtheit 2 . Sie besteht daher auch nicht gegenüber einem Alleingesellschafter<br />
3 .<br />
1 Allgemein: BGHZ 64, 327.<br />
2 OLG Hamburg, AG 1984, 251; Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat,<br />
3. Aufl., Rdnr. 605; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 143; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen,<br />
Rdnr. 25; enger: Heyder, in: Michalski, Rdnr. 184; a.A.: Zöllner/Noack, in:<br />
Baumbach/Hueck, Rdnr. 65.<br />
3 S. zur Schweigepflicht von Aufsichtsratsmitgliedern einer kommunalen GmbH: Keßler,<br />
GmbHR 2000, 77.<br />
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Uwe H. Schneider