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Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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Aufsichtsrat §52<br />

bereits abgeschlossener Sachverhalte steht den Aufsichtsratsmitgliedern regelmäßig<br />

kein Handlungsermessen zu 1 . Die Prüfung reduziert sich hier auf die<br />

Frage, ob die Geschäftsführer die Grenzen ihres unternehmerischen Ermessens<br />

eingehalten haben, ob sie das geltende Recht und die Satzung beachtet und den<br />

Weisungen der Gesellschafter entsprochen sowie die Grundregeln ordnungsgemäßer<br />

Unternehmensleitung beachtet haben. Ist das nicht der Fall, ist der Gesellschaft<br />

insbesondere ein Schaden entstanden, sind die Aufsichtsratsmitglieder<br />

verpflichtet, nach § 111 Abs. 3 AktG i.V.m. § 52 Abs. 1 die Gesellschafterversammlung<br />

einzuberufen, damit die Gesellschafter über die Geltendmachung<br />

von Schadensersatzansprüchen beraten können (vgl. § 46 Nr. 8). Ein Ermessen<br />

steht den Aufsichtsratsmitgliedern insoweit in Anlehnung an die ARAG-Entscheidung<br />

des BGH nicht zu 2 .<br />

Ermessensspielräume und damit Raum für die Anwendbarkeit der Business<br />

Judgment Rule ergeben sich dagegen bei der zukunftsbezogenen Aufsichtsratstätigkeit.<br />

Das betrifft zum einen die Wahrnehmung unternehmerischer Aufgaben,<br />

die dem Aufsichtsrat kraft Gesetz oder Satzung übertragen sind. Hierzu<br />

gehört etwa die Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern, die Entscheidung<br />

über die Höhe der Geschäftsführervergütung 3 oder – beim fakultativen<br />

Aufsichtsrat – die Ausübung ihm übertragener Weisungsrechte gegenüber den<br />

Geschäftsführern 4 . Zum anderen stehen dem Aufsichtsrat dort Handlungsfreiräume<br />

zu, wo er die unternehmerische Tätigkeit der Geschäftsführung begleitend<br />

überwacht 5 . Gemeint sind vor allem die beratende Tätigkeit des Aufsichtsrats<br />

sowie die Kontrolle bedeutender Geschäftsvorhaben mittels Zustimmungsvorbehalten<br />

(§ 111 Abs. 4 Satz 2 AktG 6 ). Ebenso wenig wie die Geschäftsführer<br />

können die Kontrollmitglieder zukünftige Entwicklungen mit Sicherheit vorhersehen.<br />

Von den Aufsichtsratsmitgliedern kann daher nicht mehr als eine<br />

Vertretbarkeitskontrolle verlangt werden 7 . Sind die allgemeinen Grenzen des<br />

unternehmerischen Ermessens eingehalten, wurden insbesondere keine unvertretbaren<br />

Risiken eingegangen, bleibt der Aufsichtsrat haftungsfrei, mag sich<br />

die Aufsichtsratsentscheidung im Nachhinein auch als „falsch“ erweisen. Entscheidend<br />

ist stets eine Ex-ante-Betrachtung 8 .<br />

§ 93 Abs. 1 Satz 2 AktG privilegiert nur die informierte Entscheidung. Unternehmerisches<br />

Ermessen kann daher nur derjenige für sich in Anspruch nehmen,<br />

der annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Information zu<br />

1 Vgl. auch Thümmel, AG 2004, 83, 85 f.<br />

2 Vgl. BGHZ 135, 244, 254; ebenso Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 99.<br />

3 Vgl. § 31 Abs. 1 Satz 1 MitbestG i.V.m. § 84 AktG; die Bestellungskompetenz umfasst<br />

nach h.M. auch die Entscheidung über die Vergütung i.R. des Anstellungsvertrages, vgl.<br />

oben Rdnr. 164 ff. sowie Raiser, § 31 MitbestG Rdnr. 23 ff.; der fakultative Aufsichtsrat<br />

bedarf indessen für die Ausübung der Personalkompetenz einer entsprechenden Ermächtigung<br />

im Gesellschaftsvertrag.<br />

4 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 139.<br />

5 LG Frankfurt a.M., AG 2005, 51, 52.<br />

6 BGH, AG 2007, 168: Instrumente vorbeugender Kontrolle.<br />

7 S. dazu Kiethe, WM 2005, 2122, 2125; Doralt, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch<br />

Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 9.<br />

8 Vgl. auch Thümmel, AG 2004, 83, 87.<br />

Uwe H. Schneider | 3153<br />

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