Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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469 470 471 472 §52 Aufsichtsrat keit überprüft werden und der Ausschuss seinerseits Zweifelsfragen im Gesamtgremium beraten 1 . Bei ernsthaften Zweifeln an der sachgemäßen Erledigung der Aufgaben hat jedes Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, der Zuweisung zu widersprechen und den Aufgabenbereich oder die Einzelentscheidung in das Gesamtgremium zurückzuholen. Die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder kann daher zwar einen Aufsichtsratsausschuss einsetzen. Jedes einzelne Mitglied kann jedoch seine Auflösung beantragen, wenn der Ausschuss die übertragene Aufgabe nicht sachgemäß wahrnimmt. Dagegen hat ein Aufsichtsratsmitglied nicht für Fehler des betrauten Aufsichtsratsmitglieds oder der Ausschussmitglieder einzustehen, wenn er sich auf eine zweckgerechte Erfüllung der Aufgaben verlassen konnte. Er haftet nur bei fehlerhafter Zuweisung, mangelhafter Überwachung, unterlassener Zurückholung in das Gesamtgremium sowie bei versäumter Information der Gesellschafter 2 . c) Die Tatbestandsvoraussetzungen Ein Aufsichtsratsmitglied ist gegenüber der Gesellschaft zum Schadensersatz verpflichtet, wenn es erstens seine Pflichten verletzt hat, zweitens die Pflichtverletzung schuldhaft war, drittens Schaden bei der Gesellschaft eingetreten ist und viertens die Pflichtverletzung kausal für den Schaden war. aa) Verletzung der Überwachungspflichten Jedes Aufsichtsratsmitglied hat dafür zu sorgen, dass die dem Aufsichtsrat übertragenen Zuständigkeiten und Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen Überwachers und Beraters wahrgenommen werden. Der Inhalt und Umfang der Überwachungspflichten ist von der jeweiligen rechtlich vorgegebenen Stellung des Aufsichtsrats, der Organisation der Aufsichtsratstätigkeit (zu den Pflichten bei Einrichtung von Ausschüssen s. Rdnr. 475) und dem Handlungsinstrumentarium des Aufsichtsrats abhängig. aaa) Umfang der haftungsrelevanten Überwachungspflicht 473 Zu den zwingenden Aufgaben gehört zwar die Überwachung und Beratung der Geschäftsführer. Der Aufsichtsrat ist aber nicht verpflichtet, jede einzelne Geschäftsführungsmaßnahme zu überwachen. Sie können den einzelnen Leitungs- 1 Ebenso: Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 375; Mutter, Unternehmerische Entscheidungen und Haftung des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft, 1994, S. 268. 2 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 120; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 161; Doralt, in: Semler/ v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 34 ff.; Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 298; Deckert, ZIP 1996, 985, 992; Semler, in: Münch- Komm. AktG, § 116 Rdnr. 65; enger: Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG Rdnr. 136 (keine Pflicht zur Überwachung der Ausschusstätigkeit). 3150 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 aufgaben nicht dieselbe Aufmerksamkeit zuwenden wie die Geschäftsführer 1 . Die Überwachung kann sich vielmehr auf die wesentlichen Fragen der Geschäftsführung beschränken. Dazu gehört bei der GmbH nicht die Entscheidung über die Grundsätze der Geschäftspolitik, wenn hierüber die Gesellschafter Beschluss gefasst haben (s. bei Rdnr. 88), sondern deren Ausfüllung durch die Geschäftsführer, deren strukturelle Umsetzung und Einzelgeschäfte, die für die Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind 2 , wenn hierüber die Gesellschafterversammlung nicht entschieden hat (s. bei § 37 Rdnr. 12 ff.). Die Überwachungspflichten sind daher nur verletzt, wenn der Aufsichtsrat – auch – insoweit seine Aufgaben nicht oder nicht in der gebotenen Weise wahrgenommen hat. Zu sehen ist die Verletzung der Überwachungspflichten im Blick auf das Handlungsinstrumentarium des Aufsichtsrats. Er kann seine Überwachungsaufgabe nur durch die ihm eingeräumten Befugnisse und Rechte, insbesondere gegenüber den Geschäftsführern, erfüllen. Die Pflichtverletzung kann daher auf der ersten Stufe erfolgen, indem ein Aufsichtsratsmitglied unentschuldigt an Sitzungen nicht teilnimmt, obgleich diese rechtzeitig angekündigt wurden, nicht die erforderlichen Informationen zur Kenntnis nimmt oder beschafft, keine Vorlage von Büchern und Papieren verlangt, keine Einsicht nimmt, gegebenenfalls keine Ortsbesichtigung fordert und keine Sonderprüfung veranlasst. Sie kann auf der zweiten Stufe erfolgen, indem Maßnahmen der Geschäftsführung nicht ad hoc der Zustimmung unterworfen und die Beschlüsse hierüber nicht mit der gebotenen Sorgfalt gefasst werden. Und die Pflichtverletzung kann auf der dritten Stufe, nämlich der Durchsetzung erfolgen, in dem nicht das Gespräch mit den Geschäftsführern gesucht wird, einer Maßnahme nicht widersprochen, die Gesellschafterversammlung nicht informiert oder – wenn zuständig – im schwerwiegendsten Fall die Bestellung der Geschäftsführer nicht widerrufen wird, obwohl zu befürchten ist, dass sie rechtswidrige oder unzweckmäßige Maßnahmen ergreifen. Hat der Aufsichtsrat in zulässiger Weise einen Ausschuss gebildet, so sind in erster Linie die Ausschussmitglieder berufen, die dem Ausschuss übertragenen Aufgaben wahrzunehmen. Die nicht dem Ausschuss angehörenden Mitglieder trifft nur eine allgemeine Organisationspflicht sowie eine Pflicht, die Ausschusstätigkeit kritisch zu begleiten 3 . Ist die Gesellschaft herrschendes Unternehmen im Konzern, so haftet ein Aufsichtsratsmitglied, wenn es die ihm obliegenden konzernbezogenen Pflichten zur Überwachung der Konzernleitung verletzt 4 . Schadensersatzansprüche können auch entstehen, wenn die Pflichten zur konzernweiten Personalpolitik ver- 1 So zutr.: Fischer, in: In Memoriam K. Duden, 1982, S. 60; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 69: sporadisch. 2 LG Stuttgart, DB 1999, 2462; Henze, BB 2000, 213. 3 Lutter, ZHR 159 (1995), 287, 298; Deckert, ZIP 1996, 992 f.; v. Westphalen, Derivatgeschäfte, Risikomanagement und Aufsichtsratshaftung, 2000, S. 197 ff. 4 Uwe H. Schneider, in: Krieger/Uwe H. Schneider (Hrsg.), Handbuch Managerhaftung, 2007, § 9 Rdnr. 17. Uwe H. Schneider | 3151 474 475 476
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keit überprüft werden und der Ausschuss seinerseits Zweifelsfragen im Gesamtgremium<br />
beraten 1 .<br />
Bei ernsthaften Zweifeln an der sachgemäßen Erledigung der Aufgaben hat<br />
jedes Aufsichtsratsmitglied die Pflicht, der Zuweisung zu widersprechen und<br />
den Aufgabenbereich oder die Einzelentscheidung in das Gesamtgremium zurückzuholen.<br />
Die Mehrheit der Aufsichtsratsmitglieder kann daher zwar einen<br />
Aufsichtsratsausschuss einsetzen. Jedes einzelne Mitglied kann jedoch seine<br />
Auflösung beantragen, wenn der Ausschuss die übertragene Aufgabe nicht<br />
sachgemäß wahrnimmt.<br />
Dagegen hat ein Aufsichtsratsmitglied nicht für Fehler des betrauten Aufsichtsratsmitglieds<br />
oder der Ausschussmitglieder einzustehen, wenn er sich auf eine<br />
zweckgerechte Erfüllung der Aufgaben verlassen konnte. Er haftet nur bei fehlerhafter<br />
Zuweisung, mangelhafter Überwachung, unterlassener Zurückholung<br />
in das Gesamtgremium sowie bei versäumter Information der Gesellschafter 2 .<br />
c) Die Tatbestandsvoraussetzungen<br />
Ein Aufsichtsratsmitglied ist gegenüber der Gesellschaft zum Schadensersatz<br />
verpflichtet, wenn es erstens seine Pflichten verletzt hat, zweitens die Pflichtverletzung<br />
schuldhaft war, drittens Schaden bei der Gesellschaft eingetreten ist<br />
und viertens die Pflichtverletzung kausal für den Schaden war.<br />
aa) Verletzung der Überwachungspflichten<br />
Jedes Aufsichtsratsmitglied hat dafür zu sorgen, dass die dem Aufsichtsrat übertragenen<br />
Zuständigkeiten und Aufgaben mit der Sorgfalt eines ordentlichen<br />
Überwachers und Beraters wahrgenommen werden. Der Inhalt und Umfang der<br />
Überwachungspflichten ist von der jeweiligen rechtlich vorgegebenen Stellung<br />
des Aufsichtsrats, der Organisation der Aufsichtsratstätigkeit (zu den Pflichten<br />
bei Einrichtung von Ausschüssen s. Rdnr. 475) und dem Handlungsinstrumentarium<br />
des Aufsichtsrats abhängig.<br />
aaa) Umfang der haftungsrelevanten Überwachungspflicht<br />
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Zu den zwingenden Aufgaben gehört zwar die Überwachung und Beratung der<br />
Geschäftsführer. Der Aufsichtsrat ist aber nicht verpflichtet, jede einzelne Geschäftsführungsmaßnahme<br />
zu überwachen. Sie können den einzelnen Leitungs-<br />
1 Ebenso: Lutter, Information und Vertraulichkeit im Aufsichtsrat, 3. Aufl., Rdnr. 375;<br />
Mutter, Unternehmerische Entscheidungen und Haftung des Aufsichtsrats der Aktiengesellschaft,<br />
1994, S. 268.<br />
2 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG<br />
Rdnr. 120; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 161; Doralt, in: Semler/<br />
v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 13 Rdnr. 34 ff.;<br />
Hommelhoff, ZHR 143 (1979), 298; Deckert, ZIP 1996, 985, 992; Semler, in: Münch-<br />
Komm. AktG, § 116 Rdnr. 65; enger: Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG<br />
Rdnr. 136 (keine Pflicht zur Überwachung der Ausschusstätigkeit).<br />
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