Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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6 7 8 §52 Aufsichtsrat sichtsrat“, sondern auch als „Beirat“, „Gesellschafterausschuss“, „Verwaltungsrat“ usw. bezeichnet werden, bei größeren Gesellschaften erhebliche Bedeutung. Nur bei einem Teil dieser Gremien handelt es sich aber um einen „Aufsichtsrat“ i.S.v. § 52. Die Gründe für die Einführung dieser Gremien, ihre rechtliche Grundlage und ihre Funktion sind vielfältig 1 . Sie dienen teilweise nur der Beratung („beratender Beirat“), teilweise sind ihnen neben der Überwachung der Geschäftsführer („überwachender Beirat“) selbständige Geschäftsführungsaufgaben, ja sogar weitreichende Steuerungsfunktionen 2 („unternehmensleitender Beirat“) 3 , aber auch Aufgaben, die originär der Gesellschafterversammlung zustehen, und streitschlichtende Funktionen („streitschlichtender Beirat“) 4 übertragen. Das Gremium kann nach Art des amerikanischen Board-Systems Führungsinstrument sein 5 , der Nachfolgeregelung dienen, es kann ein Organ sein, das sich aus Anlagegesellschaftern („Anleger-Beirat“) 6 oder aus Gläubigern („Gläubiger-Beirat“) zusammensetzt. Er kann auch die freiwillige Beteiligung der Arbeitnehmer an der unternehmensinternen Willensbildung bezwecken. Teilweise werden gezielt Geschäftspartner, in der Forschung tätige Personen, Rechtsberater usw. aufgenommen. Das Gremium soll dann nur werben und beraten („beratender Beirat“). In der Familien-GmbH mit mehreren Familienstämmen kann in dem Gremium jeweils ein Vertreter eines Familienstammes aufgenommen sein („Familien-Beirat“) 7 . Die Aufgabe eines solchen „Gesellschafterausschusses“ ist es, die einheitliche Willensbildung unter den Gesellschaftern zu fördern und zwischen dem jeweiligen Zusammentreten der Gesellschafterversammlung die Gesellschafter zu repräsentieren 8 . Beim Generationenwechsel soll das Gremium dem Gründungsgesellschafter, der sich aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen hat, maßgeblichen Einfluss sichern. Bei vorzeitigem Ableben des Gesellschafter-Geschäftsführers kann es die Aufgabe haben, die Führungslücke zu schließen, den künftigen Geschäftsführer 1 S. dazu auch Voormann, Der Beirat im Gesellschaftsrecht, 2. Aufl., S. 6 ff.; Rohleder, Die Übertragbarkeit von Kompetenzen auf GmbH-Beiräte, 1991; Härer, Erscheinungsformen und Kompetenzen des Beirats in der GmbH, 1991; Ruter/Thümmel, Beiräte in mittelständischen Familienunternehmen, 1994; Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, 1996; Rieger/Sandmeier/Keese, Firmenbeiräte mittelständischer Unternehmen, 2003; Uwe H. Schneider, BB 1973, 1465; Hinterhuber/Minrath, BB 1991, 1201; Reuter, in: FS 100 Jahre GmbHG, 1992, S. 631; Thümmel, DB 1995, 2461; Buth/ Hermanns, DStR 1996, 597; Bea/Scheurer/Gutwein, DB 1996, 1193; Bea/Thissen, DB 1997, 787; Müller/Wolff, NZG 2003, 751. 2 Hennerkes/Binz/May, DB 1987, 469. 3 Loges, ZIP 1997, 437, 440. 4 BGHZ 43, 261: Schiedsgericht; s. ferner: Hinterhuber/Minrath, BB 1991, 1201; Beratungshinweise bei Mohr, GmbH-StB 2001, 87; zur Abgrenzung: OLG München, GmbHR 2006, 1269, 1270. 5 Loges, ZIP 1997, 437; s. auch Rdnr. 161. 6 Uwe H. Schneider, DB 1973, 953. 7 Peltzer, in: FS Sigle, 2000, S. 93. 8 Vgl. dazu BGH, WM 1983, 557 (Kommanditistenausschuss); Zöllner, in: Baumbach/ Hueck, § 45 Rdnr. 17; Sigle, NZG 1998, 619. 3012 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 auszuwählen und den letzten Willen des verstorbenen Gesellschafters durchzusetzen. Bei der GmbH & Co. KG, bei der nicht alle Gesellschafter der Personengesellschaft auch an der GmbH beteiligt sind, kann das Gremium die Aufgabe haben, den Einfluss der Gesellschafter der KG auf die Willensbildung der GmbH zu ermöglichen („koordinierender Beirat“) 1 . Im GmbH-Konzern kann der Aufsichtsrat zum faktischen Konzernleitungsorgan ausgebildet werden. Ist die GmbH herrschendes Unternehmen im Konzern, so können in dem Beirat auch Minderheitsgesellschafter des herrschenden Unternehmens oder der Tochtergesellschaft aufgenommen sein („Konzern-Beirat“). Ist die GmbH beherrschtes Konzernunternehmen, so können Organmitglieder der Obergesellschaft, leitende Angestellte der Obergesellschaft und Gesellschafter des herrschenden Unternehmens zu Mitgliedern eines Beirats des beherrschten Unternehmens bestellt werden und durch die personelle Verflechtung für eine einheitliche Leitung sorgen 2 . Das Entsprechende gilt für Gemeinschaftsunternehmen. In Gesellschaften mit gemeinnütziger Zielsetzung („Nonprofit-GmbH“) soll der Beirat die Verfolgung der besonderen Ziele sicherstellen. Bei kommunalen Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH soll der fakultative Aufsichtsrat die Zielerreichungskontrolle durch die Kommune und ihre Organe gewährleisten 3 . Bei einem solchen „Beirat/Aufsichtsrat einer kommunalen GmbH“ stellen sich eine Reihe von besonderen Fragen, insbesondere ob eine rechtliche Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an Beschlüsse der Gemeindevertretung oder Gemeindeverwaltung zulässig ist (s. Rdnr. 328) und ob einerseits Informationen aus der Gesellschaft umfassend an die Entsendungskörperschaft weitergegeben werden können und wie andererseits die Informationsweitergabe im Interesse der Kommune gesichert werden kann (s. Rdnr. 338, 495). c) Wegfall und Funktionsunfähigkeit Ist in der Satzung die Einrichtung eines Aufsichtsrats vorgesehen, so entfällt er erst wieder nach einer Änderung der Satzung4 . Das Ausscheiden aller Mitglieder, die längere Zeit währende Nichtbesetzung oder eine länger andauernde Untätigkeit des Aufsichtsrats begründen seinen Wegfall nicht5 12 . 1 Wiedemann, in: FS Schilling, 1973, S. 105; Hopt, ZGR 1979, 1, 7. 2 Vgl. etwa BFH, BB 1981, 1319; Jacobs, in: FS Brandner, 1996, S. 73; Simon, GmbHR 1999, 257, 265; s. ferner: Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325; Martens, ZHR 159 (1995), 567; Uwe H. Schneider, in: FS Raiser, 2005, S. 341, 343; zum Problem der Inkompatibilität s. Rdnr. 201, 253 ff. 3 Harder/Ruter, GmbHR 1995, 813; Schilling, BB 1995, 109; Schwintowski, NJW 1995, 1316; Priester, GmbHR 1999, 149, 152 (Nonprofit-GmbH); Keßler, GmbHR 2000, 71, 75; Meier, NZG 2000, 190. 4 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 29; Zimmermann, in: Rowedder/Schmidt- Leithoff, § 53 Rdnr. 29; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 26. 5 BGH, GmbHR 1984, 72. Uwe H. Schneider | 3013 9 10 11

Aufsichtsrat §52<br />

auszuwählen und den letzten Willen des verstorbenen Gesellschafters durchzusetzen.<br />

Bei der GmbH & Co. KG, bei der nicht alle Gesellschafter der Personengesellschaft<br />

auch an der GmbH beteiligt sind, kann das Gremium die Aufgabe<br />

haben, den Einfluss der Gesellschafter der KG auf die Willensbildung der<br />

GmbH zu ermöglichen („koordinierender Beirat“) 1 .<br />

Im GmbH-Konzern kann der Aufsichtsrat zum faktischen Konzernleitungsorgan<br />

ausgebildet werden. Ist die GmbH herrschendes Unternehmen im Konzern,<br />

so können in dem Beirat auch Minderheitsgesellschafter des herrschenden Unternehmens<br />

oder der Tochtergesellschaft aufgenommen sein („Konzern-Beirat“).<br />

Ist die GmbH beherrschtes Konzernunternehmen, so können Organmitglieder<br />

der Obergesellschaft, leitende Angestellte der Obergesellschaft und Gesellschafter<br />

des herrschenden Unternehmens zu Mitgliedern eines Beirats des<br />

beherrschten Unternehmens bestellt werden und durch die personelle Verflechtung<br />

für eine einheitliche Leitung sorgen 2 . Das Entsprechende gilt für Gemeinschaftsunternehmen.<br />

In Gesellschaften mit gemeinnütziger Zielsetzung („Nonprofit-GmbH“) soll der<br />

Beirat die Verfolgung der besonderen Ziele sicherstellen.<br />

Bei kommunalen Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH soll der fakultative<br />

Aufsichtsrat die Zielerreichungskontrolle durch die Kommune und ihre<br />

Organe gewährleisten 3 . Bei einem solchen „Beirat/Aufsichtsrat einer kommunalen<br />

GmbH“ stellen sich eine Reihe von besonderen Fragen, insbesondere ob<br />

eine rechtliche Bindung der Aufsichtsratsmitglieder an Beschlüsse der Gemeindevertretung<br />

oder Gemeindeverwaltung zulässig ist (s. Rdnr. 328) und ob einerseits<br />

Informationen aus der Gesellschaft umfassend an die Entsendungskörperschaft<br />

weitergegeben werden können und wie andererseits die Informationsweitergabe<br />

im Interesse der Kommune gesichert werden kann (s. Rdnr. 338,<br />

495).<br />

c) Wegfall und Funktionsunfähigkeit<br />

Ist in der Satzung die Einrichtung eines Aufsichtsrats vorgesehen, so entfällt er<br />

erst wieder nach einer Änderung der Satzung4 . Das Ausscheiden aller Mitglieder,<br />

die längere Zeit währende Nichtbesetzung oder eine länger andauernde<br />

Untätigkeit des Aufsichtsrats begründen seinen Wegfall nicht5 12<br />

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1 Wiedemann, in: FS Schilling, 1973, S. 105; Hopt, ZGR 1979, 1, 7.<br />

2 Vgl. etwa BFH, BB 1981, 1319; Jacobs, in: FS Brandner, 1996, S. 73; Simon, GmbHR<br />

1999, 257, 265; s. ferner: Hoffmann-Becking, ZHR 159 (1995), 325; Martens, ZHR 159<br />

(1995), 567; Uwe H. Schneider, in: FS Raiser, 2005, S. 341, 343; zum Problem der<br />

Inkompatibilität s. Rdnr. 201, 253 ff.<br />

3 Harder/Ruter, GmbHR 1995, 813; Schilling, BB 1995, 109; Schwintowski, NJW 1995,<br />

1316; Priester, GmbHR 1999, 149, 152 (Nonprofit-GmbH); Keßler, GmbHR 2000, 71,<br />

75; Meier, NZG 2000, 190.<br />

4 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 29; Zimmermann, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-<br />

Leithoff, § 53 Rdnr. 29; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 26.<br />

5 BGH, GmbHR 1984, 72.<br />

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