Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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455 456 §52 Aufsichtsrat Solche Ausschüsse werden anstelle des Aufsichtsrats tätig. Die Grundsatzkommission Corporate Governance hat in den Corporate Governance Grundsätzen für börsennotierte Unternehmen 1 für börsennotierte Großunternehmen die Einrichtung eines Präsidial- und Strategieausschusses, eines Prüfungsausschusses („audit committee“) (s. Rdnr. 457), eines Personalausschusses, eines Auswahlund Ernennungsausschusses, eines Markt- und Kreditrisikoausschusses und aufgrund gesetzlicher Vorgaben eines Vermittlungsausschusses vorgeschlagen. Auch werden Erwartungen hinsichtlich der Aufgaben dieser Ausschüsse formuliert. Im Einzelfall ist freilich auf den Tätigkeitsbereich des Unternehmens, die Größe des Aufsichtsrats, die Form der Konzernierung usw. abzustellen. Als Präsidium (Präsidialausschuss) wird ein Ausschuss bezeichnet, dem in der Regel der Aufsichtsratsvorsitzende und ein oder mehrere Stellvertreter angehören und der vor allem die Arbeit im Aufsichtsrat koordiniert, die Sitzungen des Plenums vorbereitet, mit den Geschäftsführern und den Gesellschaftern Fühlung hält, laufende Angelegenheiten, soweit möglich, erledigt, gegebenenfalls Initiativen entfaltet und repräsentative Aufgaben wahrnehmen soll 2 . Vorbereitende Ausschüsse können ohne Einschränkungen eingerichtet werden. Eine Reihe wesentlicher Aufgaben dürfen einem Ausschuss aber kraft gesetzlicher Vorschrift nicht zur endgültigen Entscheidung überlassen werden. Hierzu gehören: die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG i.V.m. § 107 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG, § 27 Abs. 1 MitbestG), die Einberufung einer Gesellschafterversammlung in wichtigen Fällen (§1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 MitbestG jew. i.V.m. § 111 Abs. 3 AktG), die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer (§§ 25, 31 MitbestG i.V.m. §§ 107 Abs. 3, 84 Abs. 1 Satz 1 AktG) 3 , die Prüfung des Jahresabschlusses und des Geschäftsberichts (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 MitbestG jew. i.V.m. § 171 AktG) und der Beschluss, dass bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung des Aufsichtsrats bedürfen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 MitbestG jew. i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) 4 . Nicht delegierbar sind ferner solche Entscheidungen, die Grundfragen der Organisation und Arbeitsweise des Gremiums beinhalten 5 . Dazu gehört etwa der Beschluss über die Geschäftsordnung des Aufsichtsrats und über die Einsetzung und Auflösung von Ausschüssen. Mit Mehrheitsbeschluss kann der Aufsichtsrat jederzeit Entscheidungen, die er einem Ausschuss delegiert hat, wieder an sich ziehen 6 . 1 Abgedr. in AG 2000, 109 mit Einführung von Uwe H. Schneider/Strenger, AG 2000, 106; Deckert, ZIP 1996, 985. 2 S. BGHZ 83, 106; Raiser, NJW 1981, 2166, 2167; Krieger, ZGR 1985, 338. 3 Zur Beurlaubung eines Geschäftsführers: vgl. KG, AG 1984, 24 (AG). 4 BGH, WM 1991, 1258, 1259: Auf einen Ausschuss übertragbar ist aber die Zustimmungsbefugnis zu den einzelnen Geschäften. 5 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 151; Fitting/Wlotzke/Wißmann, §29 MitbestG Rdnr. 31; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 131; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 62; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 222. 6 H.M.: Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 125 ff.; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 131; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 387. 3144 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 d) Prüfungsausschuss und Abschlussprüfer In der Praxis ist es teilweise üblich geworden, bei hinreichender Größe des Aufsichtsrats, einen Bilanz- und Prüfungsausschuss zu bilden. Im Jahr 2006 verfügten alle DAX-Gesellschaften und rund 60% aller börsennotierten Gesellschaften über einen Prüfungsausschuss1 . Dies entspricht dem in den USA üblichen „audit committee“ 2 . Eine Pflicht zur Einrichtung besteht nicht. Eine solche Pflicht wird auch rechtspolitisch nicht befürwortet3 . Ausdrücklich erwähnt wird der Ausschuss nur in § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG. Hierauf nehmen § 52 GmbHG, § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und § 25 MitbestG Bezug. Bestimmt wird, dass der Abschlussprüfer an der Bilanzsitzung des Prüfungsausschusses, falls eingerichtet, teilnehmen muss. Die EU-Richtlinie über Abschlussprüfungen vom 17. Mai 20064 sieht in Art. 41 vor, dass „Unternehmen von öffentlichem Interesse“ einen Prüfungsausschuss zu bilden haben. Solche Unternehmen können auch in der Rechtsform der GmbH organisiert sein. Dieser Prüfungsausschuss wird im Wesentlichen nur vorbereitend tätig. Er hat über die Ergebnisse seiner Arbeit dem Gesamtaufsichtsrat zu berichten, Beschlussempfehlungen abzugeben und diese zu begründen. Zu seinen Aufgaben gehört die Prüfung des Jahresabschlusses, des Lageberichts, des Konzernabschlusses und des Konzernlageberichts. Sie sollte zugleich auch zum Gegenstand haben, „ob und inwieweit die dem Jahresabschluss zugrunde liegenden wesentlichen Daten objektiv und verlässlich sind und wie sich bestimmte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden auf das gegenwärtige und künftige Bild der wirtschaftlichen Lage des Unternehmens auswirken bzw. auswirken werden“. Der Prüfungsausschuss soll ferner den vorzuschlagenden Abschlussprüfer, sofern erforderlich, auswählen. Und er hat die ergänzenden Prüfungsschwerpunkte und die Vereinbarung des Prüfungshonorars festzulegen 5 . Der Deutsche Corporate Governance Kodex empfiehlt in Ziff. 5.3.2 Satz 1, dass der Aufsichtsrat einen Prüfungsausschuss einrichten soll, der sich insbesondere mit Fragen der Rechnungslegung, des Risikomanagements und der Compliance, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der Honorarvereinbarung befasst. 1 v. Werder/Talaulicar, DB 2007, 869, 871. 2 Scheffler, ZGR 2003, 236. 3 Baums (Hrsg.), Bericht der Regierungskommission Corporate Governance, 2001, Rdnr. 312, S. 319; Kremer, in: Ringleb/Kremer/Lutter/v. Werder (Hrsg.), Deutscher Corporate Governance Kodex, 2. Aufl., Tz. 5.3.2, Rdnr. 988; Huwer, Der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats in der konzernfreien Aktiengesellschaft und im Aktienkonzern, 2008, § 7 (entspricht nicht immer der „Best Practice“). 4 Richtlinie 2006/43/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Mai 2006 über Abschlussprüfungen vom Jahresabschlüssen und konsolidierten Abschlüssen, zur Änderung der Richtlinien 78/660/EWG und 83/349/EWG des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 84/253/EWG des Rates, ABl. EG L 157 v. 9. 6. 2006, S. 87. 5 S. dazu sowie zu den weiteren Aufgaben des Prüfungsausschusses: Arbeitskreis „Externe und interne Überwachung der Unternehmung“ der Schmalenbach-Gesellschaft für Betriebswirtschaft e.V., abgedr. in: DB 2000, 2281; Huwer, Der Prüfungsausschuss des Aufsichtsrats in der konzernfreien Aktiengesellschaft und im Aktienkonzern, 2008; Scheffler, ZGR 2003, 236; Altmeppen, ZGR 2004, 93; Schäfer, ZGR 2004, 417; Hopt/ Roth, in: FS Nobel, Bern 2005, S. 147. Uwe H. Schneider | 3145 457 458

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Solche Ausschüsse werden anstelle des Aufsichtsrats tätig. Die Grundsatzkommission<br />

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für börsennotierte Unternehmen 1 für börsennotierte Großunternehmen die Einrichtung<br />

eines Präsidial- und Strategieausschusses, eines Prüfungsausschusses<br />

(„audit committee“) (s. Rdnr. 457), eines Personalausschusses, eines Auswahlund<br />

Ernennungsausschusses, eines Markt- und Kreditrisikoausschusses und<br />

aufgrund gesetzlicher Vorgaben eines Vermittlungsausschusses vorgeschlagen.<br />

Auch werden Erwartungen hinsichtlich der Aufgaben dieser Ausschüsse formuliert.<br />

Im Einzelfall ist freilich auf den Tätigkeitsbereich des Unternehmens, die<br />

Größe des Aufsichtsrats, die Form der Konzernierung usw. abzustellen. Als<br />

Präsidium (Präsidialausschuss) wird ein Ausschuss bezeichnet, dem in der Regel<br />

der Aufsichtsratsvorsitzende und ein oder mehrere Stellvertreter angehören<br />

und der vor allem die Arbeit im Aufsichtsrat koordiniert, die Sitzungen des<br />

Plenums vorbereitet, mit den Geschäftsführern und den Gesellschaftern Fühlung<br />

hält, laufende Angelegenheiten, soweit möglich, erledigt, gegebenenfalls<br />

Initiativen entfaltet und repräsentative Aufgaben wahrnehmen soll 2 .<br />

Vorbereitende Ausschüsse können ohne Einschränkungen eingerichtet werden.<br />

Eine Reihe wesentlicher Aufgaben dürfen einem Ausschuss aber kraft gesetzlicher<br />

Vorschrift nicht zur endgültigen Entscheidung überlassen werden. Hierzu<br />

gehören: die Wahl des Aufsichtsratsvorsitzenden und seines Stellvertreters (§ 1<br />

Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG i.V.m. § 107 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 AktG, § 27 Abs. 1 MitbestG),<br />

die Einberufung einer Gesellschafterversammlung in wichtigen Fällen<br />

(§1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, § 25 MitbestG jew. i.V.m. § 111 Abs. 3 AktG), die<br />

Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer (§§ 25, 31 MitbestG i.V.m.<br />

§§ 107 Abs. 3, 84 Abs. 1 Satz 1 AktG) 3 , die Prüfung des Jahresabschlusses und<br />

des Geschäftsberichts (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, § 25 MitbestG jew. i.V.m.<br />

§ 171 AktG) und der Beschluss, dass bestimmte Arten von Geschäften der Zustimmung<br />

des Aufsichtsrats bedürfen (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, § 25 MitbestG<br />

jew. i.V.m. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG) 4 . Nicht delegierbar sind ferner solche<br />

Entscheidungen, die Grundfragen der Organisation und Arbeitsweise des Gremiums<br />

beinhalten 5 . Dazu gehört etwa der Beschluss über die Geschäftsordnung<br />

des Aufsichtsrats und über die Einsetzung und Auflösung von Ausschüssen.<br />

Mit Mehrheitsbeschluss kann der Aufsichtsrat jederzeit Entscheidungen, die er<br />

einem Ausschuss delegiert hat, wieder an sich ziehen 6 .<br />

1 Abgedr. in AG 2000, 109 mit Einführung von Uwe H. Schneider/Strenger, AG 2000,<br />

106; Deckert, ZIP 1996, 985.<br />

2 S. BGHZ 83, 106; Raiser, NJW 1981, 2166, 2167; Krieger, ZGR 1985, 338.<br />

3 Zur Beurlaubung eines Geschäftsführers: vgl. KG, AG 1984, 24 (AG).<br />

4 BGH, WM 1991, 1258, 1259: Auf einen Ausschuss übertragbar ist aber die Zustimmungsbefugnis<br />

zu den einzelnen Geschäften.<br />

5 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 151; Fitting/Wlotzke/Wißmann, §29<br />

MitbestG Rdnr. 31; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht,<br />

§ 25 MitbestG Rdnr. 131; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 62; Raiser/Heermann,<br />

in: Ulmer, Rdnr. 222.<br />

6 H.M.: Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 125 ff.; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler,<br />

Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 131; Heyder, in:<br />

Michalski, Rdnr. 387.<br />

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