Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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443 444 445 446 §52 Aufsichtsrat fakultativen Aufsichtsrat über das Maß der Organisationshoheit im Aktienrecht hinaus eingeschränkt wäre. Nach a.A. soll die Einsetzung beschließender Ausschüsse durch einen fakultativen Aufsichtsrat nur zulässig sein, wenn dies in der Satzung oder in einer von den Gesellschaftern angenommenen Geschäftsordnung vorgesehen ist 1 . Freilich kann in der Satzung die Bildung von Ausschüssen untersagt werden. Dann muss das Gremium in seiner Gesamtheit tätig werden und gegebenenfalls beschließen. Beim Aufsichtsrat nach DrittelbG und beim Aufsichtsrat nach MitbestG liegt nach § 107 Abs. 3 Satz 1 AktG die Kompetenz zur Einsetzung und zur Zusammensetzung von Ausschüssen zwingend allein beim Aufsichtsrat 2 . Dieses Selbstorganisationsrecht gilt für den Aufsichtsrat nach MitbestG mit der Besonderheit, dass mindestens der sogenannte Ständige Ausschuss gemäß §§ 27 Abs. 3, 31 Abs. 3, Abs. 5 MitbestG gebildet werden muss. Durch die Satzung kann dem Aufsichtsrat auch nicht untersagt werden, einen Ausschuss einzusetzen. Ist der Ständige Ausschuss unvollständig besetzt, so kann der Aufsichtsrat trotz dessen Handlungsunfähigkeit Vorschläge annehmen. Die Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer ist dann jedoch nur mit der Zweidrittelmehrheit des § 31 Abs. 3 MitbestG möglich 3 . Die Einsetzung weiterer Ausschüsse (z.B. Finanzausschuss, Bilanzausschuss, sozialpolitischer Ausschuss, technisch-wissenschaftlicher Ausschuss, Kreditausschuss bei Banken usw.) kann in der Geschäftsordnung vorgeschrieben 4 oder im Einzelfall mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Dabei sind das Aufgabengebiet und die Zuständigkeiten des Ausschusses genau zu umreißen. Durch Regelung in der Satzung, in der Geschäftsordnung oder durch Beschluss im Einzelfall kann dem Vorsitzenden eines Ausschusses, der vom Aufsichtsrat eingesetzt ist, bei Stimmengleichheit das Recht zum Stichentscheid zugewiesen werden, unabhängig davon, ob der Aufsichtsrat nach DrittelbG oder nach MitbestG zu bilden ist 5 . Zur Teilnahme und zum Ausschluss von Aufsichtsratsmitgliedern, die einem Ausschuss nicht angehören, s. § 109 Abs. 2 und 3 AktG und Rdnr. 334. 1 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 96: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 74; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 996. 2 Allgemein: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 620 ff.; für Aufsichtsrat nach MitbestG: BGHZ 83, 106; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 123 ff.; für die AG: Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, 1986, S. 72. 3 Rittner, in: FS R. Fischer, 1979, S. 634. 4 A.A.: Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 14. 5 BGHZ 83, 106; BGHZ 83, 144; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG, Rdnr. 42; Rehbinder, ZGR 1979, 488; Rittner, DB 1980, 2495: nur Einräumung durch Aufsichtsrat; Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 29 MitbestG Rdnr. 39, 42; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 66; Säcker, Aufsichtsratsausschüsse nach dem MitbestG 1976, 1979, S. 32; Geitner, AG 1982, 215: Zweitstimmrecht für Ausschussvorsitzenden auch ohne besondere Regelung; Martens, AG 1976, 113. 3140 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 b) Besetzung aa) Beim fakultativen Aufsichtsrat sind die Gesellschafter und der Aufsichtsrat frei, in welcher Weise sie die Ausschüsse zusammensetzen. Sie können auch aus einem Aufsichtsratsmitglied bestehen. Für die Zulässigkeit spricht, dass in der Regel Vertragsfreiheit besteht. Was für die Geschäftsführer gilt, nämlich dass ein Geschäftsführer genügt, sollte auch für den fakultativen Aufsichtsrat nicht unzulässig sein. Ein ungeschriebener zwingender Grundsatz, dass der Aufsichtsrat aus mindestens drei Mitgliedern bestehen muss, lässt sich aus § 95 Abs. 1 AktG nicht ableiten1 . Was aber für den Aufsichtsrat gilt, muss für seine Ausschüsse erst recht gelten. Hat die GmbH einen Aufsichtsrat nach DrittelbG oder einen Aufsichtsrat nach MitbestG, so ist die Mindestzahl der Mitglieder von den Aufgaben abhängig, die dem Ausschuss übertragen sind. Ausschüsse mit Entscheidungsbefugnis müssen aus mindestens drei Mitgliedern bestehen, § 108 Abs. 2 Satz 3 AktG entsprechend 2 . Beschlüsse von Ausschüssen eines Pflichtaufsichtsrats, die nicht die zwingend erforderliche Mindestanzahl von drei Mitgliedern haben, sind nichtig 3 . Ausschüsse mit Vorbereitungs-, Überwachungs- oder Durchführungsaufgaben können auch aus zwei Mitgliedern bestehen 4 . bb) Maßstab für die Auswahl der Ausschussmitglieder sind deren Qualifikation und zeitliche Verfügbarkeit 5 . Bei der Besetzung dürfen die Arbeitnehmervertreter zwar nicht diskriminiert werden. Es gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung. Hat die Gesellschaft einen Aufsichtsrat nach DrittelbG, folgt daraus aber weder, dass jeder Ausschuss zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzt sein muss, noch folgt daraus, dass in jedem Ausschuss ein Arbeitnehmervertreter aufgenommen sein müsste 6 . Vielmehr ist der Aufsichtsrat frei, die 1 Ebenso Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 28; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, Rdnr. 32; Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Rdnr. 8; Koppensteiner, in: Rowedder/ Schmidt-Leithoff, Rdnr. 8; a.A. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 966; zweifelnd: Geßler, GmbHR 1974, 202, 205. 2 BGHZ 65, 192; BGH, WM 1989, 215; BGH, WM 1991, 1258, 1259 = WuB II A. § 108 AktG 1.91 mit Anm. Locher; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 218; Mertens, in: Köln- Komm. AktG, § 107 Rdnr. 103; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 125; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, 1986, S. 90; Semler, AG 1988, 66. 3 BGH, WM 1989, 215; BGH, WM 1991, 1259. 4 Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 107 Rdnr. 269; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 107 Rdnr. 124; Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 29 MitbestG Rdnr. 33; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 125; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 50; Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, 1986, S. 88. 5 BGHZ 83, 106, 115; BGHZ 83, 144, 149; Dreher, in: FS Boujong, 1996, S. 71, 87. 6 Str., wie hier: BGHZ 83, 147 ff.; BGHZ 122, 342, 355 ff.; OLG München, AG 1995, 466; Hoffmann/Preu, Der Aufsichtsrat, 5. Aufl., Rdnr. 156, 157; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 215; Mertens, in: KölnKomm. AktG, Anh. nach § 96 Rdnr. 73; Altmeppen, in: FS Brandner, 1996, S. 3, 10; a.A. OLG Hamburg, WM 1995, 2188 (wenn „wesentliche Geschäftsaufgaben“) = ZIP 1995, 1673 = EWiR 1995, 605 (Wank); Köstler/ Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl., Rdnr. 390; Dietz/Richardi, § 76 BetrVG 1952 Rdnr. 161 (für Ausschüsse mit Entscheidungsbefugnis). Uwe H. Schneider | 3141 447 448 449 450

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fakultativen Aufsichtsrat über das Maß der Organisationshoheit im Aktienrecht<br />

hinaus eingeschränkt wäre. Nach a.A. soll die Einsetzung beschließender<br />

Ausschüsse durch einen fakultativen Aufsichtsrat nur zulässig sein, wenn dies<br />

in der Satzung oder in einer von den Gesellschaftern angenommenen Geschäftsordnung<br />

vorgesehen ist 1 . Freilich kann in der Satzung die Bildung von<br />

Ausschüssen untersagt werden. Dann muss das Gremium in seiner Gesamtheit<br />

tätig werden und gegebenenfalls beschließen.<br />

Beim Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG und beim Aufsichtsrat nach MitbestG liegt<br />

nach § 107 Abs. 3 Satz 1 AktG die Kompetenz zur Einsetzung und zur Zusammensetzung<br />

von Ausschüssen zwingend allein beim Aufsichtsrat 2 . Dieses<br />

Selbstorganisationsrecht gilt für den Aufsichtsrat nach MitbestG mit der Besonderheit,<br />

dass mindestens der sogenannte Ständige Ausschuss gemäß §§ 27<br />

Abs. 3, 31 Abs. 3, Abs. 5 MitbestG gebildet werden muss. Durch die Satzung<br />

kann dem Aufsichtsrat auch nicht untersagt werden, einen Ausschuss einzusetzen.<br />

Ist der Ständige Ausschuss unvollständig besetzt, so kann der Aufsichtsrat trotz<br />

dessen Handlungsunfähigkeit Vorschläge annehmen. Die Bestellung und Abberufung<br />

der Geschäftsführer ist dann jedoch nur mit der Zweidrittelmehrheit des<br />

§ 31 Abs. 3 MitbestG möglich 3 .<br />

Die Einsetzung weiterer Ausschüsse (z.B. Finanzausschuss, Bilanzausschuss,<br />

sozialpolitischer Ausschuss, technisch-wissenschaftlicher Ausschuss, Kreditausschuss<br />

bei Banken usw.) kann in der Geschäftsordnung vorgeschrieben 4 oder<br />

im Einzelfall mit einfacher Mehrheit beschlossen werden. Dabei sind das Aufgabengebiet<br />

und die Zuständigkeiten des Ausschusses genau zu umreißen.<br />

Durch Regelung in der Satzung, in der Geschäftsordnung oder durch Beschluss<br />

im Einzelfall kann dem Vorsitzenden eines Ausschusses, der vom Aufsichtsrat<br />

eingesetzt ist, bei Stimmengleichheit das Recht zum Stichentscheid zugewiesen<br />

werden, unabhängig davon, ob der Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG oder nach<br />

MitbestG zu bilden ist 5 .<br />

Zur Teilnahme und zum Ausschluss von Aufsichtsratsmitgliedern, die einem<br />

Ausschuss nicht angehören, s. § 109 Abs. 2 und 3 AktG und Rdnr. 334.<br />

1 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 96: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 74;<br />

Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 996.<br />

2 Allgemein: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr.<br />

620 ff.; für Aufsichtsrat nach MitbestG: BGHZ 83, 106; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/<br />

Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 123 ff.; für die AG:<br />

Rellermeyer, Aufsichtsratsausschüsse, 1986, S. 72.<br />

3 Rittner, in: FS R. Fischer, 1979, S. 634.<br />

4 A.A.: Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 14.<br />

5 BGHZ 83, 106; BGHZ 83, 144; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG,<br />

Rdnr. 42; Rehbinder, ZGR 1979, 488; Rittner, DB 1980, 2495: nur Einräumung durch<br />

Aufsichtsrat; Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 29 MitbestG Rdnr. 39, 42; Raiser, § 25 MitbestG<br />

Rdnr. 66; Säcker, Aufsichtsratsausschüsse nach dem MitbestG 1976, 1979, S. 32;<br />

Geitner, AG 1982, 215: Zweitstimmrecht für Ausschussvorsitzenden auch ohne besondere<br />

Regelung; Martens, AG 1976, 113.<br />

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