Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt
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426 427 §52 Aufsichtsrat nicht aufgeführt ist. Die Satzung kann jedoch beim fakultativen Aufsichtsrat eine Stellvertretung zulassen. Mangels gesetzlicher oder satzungsgemäßer Regelung findet auf das Abstimmungsverfahren auch im fakultativen Aufsichtsrat § 108 AktG entsprechende Anwendung 1 . Grundsätzlich genügt zur Annahme eines Antrags die einfache Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder, die sich an der Beschlussfassung beteiligen. Stimmenthaltungen werden nicht gezählt 2 . Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt, sofern die Satzung nicht, beispielsweise durch den Vorsitzenden, einen Stichentscheid zulässt 3 . Das Erfordernis erhöhter Mehrheit kann in der Satzung vorgeschrieben werden 4 . Das folgt aus § 111 Abs. 3 Satz 2 AktG. Doch soll dies nicht für Beschlüsse zur Erledigung gesetzlich zwingend vorgeschriebener Aufgaben gelten 5 . Dem steht aber ein erhöhtes Quorum nicht entgegen. Die Abstimmung kann offen sein. Ob im Aufsichtsrat einer AG eine geheime Abstimmung durchgeführt werden darf, ist streitig 6 . Weder Überlegungen zur Haftung eines Aufsichtsratsmitglieds noch die Möglichkeit der Abberufung verlangen eine Offenlegung des Abstimmungsverhaltens. Ist ein Beschluss rechtswidrig, so muss ein Aufsichtsratsmitglied unabhängig von seiner Stimmabgabe dagegen aktiv vorgehen. Geschieht dies nicht, so verletzt es seine Pflichten, auch wenn es den rechtswidrigen Beschluss nicht unterstützt hat. Die persönliche Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds sowohl im Verhältnis zu den Gesellschaftern als auch im Verhältnis zu den Arbeitnehmern kann im Einzelfall die geheime Abstimmung erfordern, weil dies allein die Unabhängigkeit gewährleistet. Daher bestehen weder im fakultativen Aufsichtsrat noch im Aufsichtsrat einer mitbestimmten GmbH Bedenken gegen eine geheime Abstimmung 7 . Im Blick hierauf hat jedes Aufsichtsratsmiglied das Recht, einen Antrag auf geheime Abstimmung zu stellen. 1 A.A.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 76; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 367. 2 BGHZ 83, 35, 36; LG Berlin, WM 1991, 809: „... bleiben bei der Berechnung der Mehrheit außer Betracht“; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 79. 3 Zweifelnd: Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 44. 4 Ebenso Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 85. 5 Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 44 (für den mitbestimmten Aufsichtsrat); Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 108 Rdnr. 40; im Einzelnen anders: Knur, DNotZ 1953, 11. 6 Gegen Zulässigkeit: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 85; Mertens, in: Köln- Komm. AktG, § 108 Rdnr. 38; Mertens, AG 1975, 245; Fitting/Wlotzke/Wißmann, §25 MitbestG Rdnr. 23; Säcker/Theisen, AG 1980, 40; wie hier: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 48; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 26; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG Rdnr. 162; Uwe H. Schneider, in: GK-MitbestG, § 29 Rdnr. 42 f.; sowie eingehend: Ulmer, AG 1982, 300; Uwe H. Schneider, in: FS R. Fischer, 1979, S. 727; Meier, DStR 1996, 385; Peus, DStR 1996, 1656. 7 Enger für Aufsichtsrat einer AG: Ulmer, AG 1982, 305: Antragsrecht nur für Minderheit von zwei Aufsichtsratsmitgliedern entsprechend § 90 Abs. 3 und § 110 Abs. 2 AktG; a.A.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 225; Zöllner/Noack, in: Baumbach/ Hueck, Rdnr. 85 und 208; für GmbH im Anwendungsbereich des MitbestG: Fitting/ Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 23; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 21. 3134 | Uwe H. Schneider
Aufsichtsrat §52 Die Abstimmung erfolgt regelmäßig in der Sitzung des Aufsichtsrats. § 108 Abs. 4 AktG lässt aber auch außerhalb einer Sitzung schriftliche, telegrafische oder fernmündliche Beschlussfassung des Aufsichtsrats zu, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht 1 . Das gilt auch für den fakultativen Aufsichtsrat. Erfolgt die Abstimmung in der Sitzung, so können abwesende Mitglieder durch Überreichung ihrer schriftlich festgehaltenen Stimme an der Beschlussfassung teilnehmen 2 . Stimmbote kann jedes andere Aufsichtsratsmitglied sein, Dritte aber nur, sofern die Satzung dies zulässt und sie zur Teilnahme schriftlich ermächtigt sind. § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und § 25 MitbestG verweisen auf § 109 Abs. 3 AktG. Dies gilt jedoch auch für den fakultativen Aufsichtsrat 3 . Dem Stimmboten darf aber kein Ermessen über den Inhalt der Stimme eingeräumt sein. Aus diesem Grund muss die Stimme des abwesenden Aufsichtsratsmitglieds zu einem bestimmten Antrag vorformuliert sein. Unzulässig sind daher unvollständige Stimmen, Blanko-Stimmvollmachten usw. 4 Zulässig ist auch eine nachträgliche Stimmabgabe, § 108 Abs. 4 AktG; denn die Vorschrift erlaubt auch Abstimmungen außerhalb einer Sitzung. Daher bestehen keine Bedenken gegen ein gemischtes Verfahren. Schriftliche, telegrafische und fernmündliche Beschlussfassungen sind daher jedenfalls dann zulässig, wenn kein Mitglied diesem Verfahren widerspricht. Ob ein Mehrheitsbeschluss genügt, ist streitig 5 . bb) Der mitbestimmte Aufsichtsrat Eine Vertretung bei der Stimmabgabe ist bei mitbestimmtem Aufsichtsrat 429 zwingend ausgeschlossen. Sie kann auch in der Satzung nicht vorgesehen werden. In der Regel genügt einfache Stimmenmehrheit (für Aufsichtsrat nach MitbestG: § 29 Abs. 1 MitbestG). Hat die Gesellschaft einen Aufsichtsrat nach MitbestG, so ergeben sich Ausnahmen aus §§ 27 Abs. 1, 31 Abs. 2 und 5 und § 37 Abs. 3 MitbestG. Ergibt eine Abstimmung im Aufsichtsrat Stimmengleichheit, so hat bei einer erneuten Abstimmung über denselben Gegenstand, wenn auch sie Stimmengleichheit ergibt, der Aufsichtsratsvorsitzende zwei Stimmen. Dem Stellvertreter steht die zweite Stimme nicht zu, § 29 MitbestG (Einzelheiten in den Kommentaren zum MitbestG). 1 KG, NZG 2000, 101. 2 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 85; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 18. 3 Enger (nur bei entsprechender Satzungsbestimmung) Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 69 und 76; wie hier aber: Meyer-Landrut/Miller/Niehus, Rdnr. 25; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 18; wohl auch Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 84. 4 Unstr.; Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 208; Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 108 Rdnr. 26; Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 27; H. P. Westermann, ZGR 1977, 235; W. Werner, ZGR 1977, 242; eingehend zum Stimmboten: Lutter, in: FS Duden, 1977, S. 276 und Riegger, BB 1980, 130; für enge Auslegung von § 108 Abs. 3 AktG auch im Aufsichtsrat nach MitbestG: Ulmer/Habersack, in: Ulmer/ Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 30. 5 Einzelheiten bei Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 33. Uwe H. Schneider | 3135 428
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nicht aufgeführt ist. Die Satzung kann jedoch beim fakultativen Aufsichtsrat<br />
eine Stellvertretung zulassen. Mangels gesetzlicher oder satzungsgemäßer Regelung<br />
findet auf das Abstimmungsverfahren auch im fakultativen Aufsichtsrat<br />
§ 108 AktG entsprechende Anwendung 1 . Grundsätzlich genügt zur Annahme<br />
eines Antrags die einfache Mehrheit der Stimmen der Aufsichtsratsmitglieder,<br />
die sich an der Beschlussfassung beteiligen. Stimmenthaltungen werden nicht<br />
gezählt 2 . Bei Stimmengleichheit gilt ein Antrag als abgelehnt, sofern die Satzung<br />
nicht, beispielsweise durch den Vorsitzenden, einen Stichentscheid zulässt<br />
3 .<br />
Das Erfordernis erhöhter Mehrheit kann in der Satzung vorgeschrieben werden<br />
4 . Das folgt aus § 111 Abs. 3 Satz 2 AktG. Doch soll dies nicht für Beschlüsse<br />
zur Erledigung gesetzlich zwingend vorgeschriebener Aufgaben gelten<br />
5 . Dem steht aber ein erhöhtes Quorum nicht entgegen.<br />
Die Abstimmung kann offen sein. Ob im Aufsichtsrat einer AG eine geheime<br />
Abstimmung durchgeführt werden darf, ist streitig 6 . Weder Überlegungen zur<br />
Haftung eines Aufsichtsratsmitglieds noch die Möglichkeit der Abberufung verlangen<br />
eine Offenlegung des Abstimmungsverhaltens. Ist ein Beschluss rechtswidrig,<br />
so muss ein Aufsichtsratsmitglied unabhängig von seiner Stimmabgabe<br />
dagegen aktiv vorgehen. Geschieht dies nicht, so verletzt es seine Pflichten,<br />
auch wenn es den rechtswidrigen Beschluss nicht unterstützt hat. Die persönliche<br />
Unabhängigkeit des Aufsichtsratsmitglieds sowohl im Verhältnis zu den<br />
Gesellschaftern als auch im Verhältnis zu den Arbeitnehmern kann im Einzelfall<br />
die geheime Abstimmung erfordern, weil dies allein die Unabhängigkeit<br />
gewährleistet. Daher bestehen weder im fakultativen Aufsichtsrat noch im<br />
Aufsichtsrat einer mitbestimmten GmbH Bedenken gegen eine geheime Abstimmung<br />
7 . Im Blick hierauf hat jedes Aufsichtsratsmiglied das Recht, einen<br />
Antrag auf geheime Abstimmung zu stellen.<br />
1 A.A.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 76; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 367.<br />
2 BGHZ 83, 35, 36; LG Berlin, WM 1991, 809: „... bleiben bei der Berechnung der Mehrheit<br />
außer Betracht“; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 79.<br />
3 Zweifelnd: Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 44.<br />
4 Ebenso Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 85.<br />
5 Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 44 (für den mitbestimmten Aufsichtsrat);<br />
Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 108 Rdnr. 40; im Einzelnen anders: Knur,<br />
DNotZ 1953, 11.<br />
6 Gegen Zulässigkeit: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 85; Mertens, in: Köln-<br />
Komm. AktG, § 108 Rdnr. 38; Mertens, AG 1975, 245; Fitting/Wlotzke/Wißmann, §25<br />
MitbestG Rdnr. 23; Säcker/Theisen, AG 1980, 40; wie hier: Lutter/Hommelhoff,<br />
Rdnr. 48; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht,<br />
§ 25 MitbestG Rdnr. 26; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 25 MitbestG Rdnr. 162;<br />
Uwe H. Schneider, in: GK-MitbestG, § 29 Rdnr. 42 f.; sowie eingehend: Ulmer, AG<br />
1982, 300; Uwe H. Schneider, in: FS R. Fischer, 1979, S. 727; Meier, DStR 1996, 385;<br />
Peus, DStR 1996, 1656.<br />
7 Enger für Aufsichtsrat einer AG: Ulmer, AG 1982, 305: Antragsrecht nur für Minderheit<br />
von zwei Aufsichtsratsmitgliedern entsprechend § 90 Abs. 3 und § 110 Abs. 2<br />
AktG; a.A.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 225; Zöllner/Noack, in: Baumbach/<br />
Hueck, Rdnr. 85 und 208; für GmbH im Anwendungsbereich des MitbestG: Fitting/<br />
Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 23; Raiser, § 25 MitbestG Rdnr. 21.<br />
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Uwe H. Schneider