Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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397 398 §52 Aufsichtsrat § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG und § 25 MitbestG verweisen auf § 109 AktG. Die Vorschrift ist auch beim fakultativen Aufsichtsrat entsprechend anwendbar. Personen, die weder dem Aufsichtsrat angehören noch Geschäftsführer sind, dürfen hiernach an Sitzungen des Aufsichtsrats nicht teilnehmen. Entgegen dem Wortlaut ist die Vorschrift für den mitbestimmten Aufsichtsrat zwingend 1 . Da die Beratung zu den wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats gehört, sollen die Geschäftsführer regelmäßig teilnehmen 2 . Der Aufsichtsrat kann die Teilnahme auch verlangen. Bei Bedarf sollte der Aufsichtsrat aber in Abwesenheit der Geschäftsführer tagen 3 . Geschäftsführer ihrerseits haben aber keinen Anspruch auf Teilnahme 4 . Andere Personen dürfen an der Aufsichtsratssitzung nicht teilnehmen. Damit soll die freie Diskussion und die Vertraulichkeit sichergestellt werden. Ausnahmsweise ist die Teilnahme Dritter in Einzelfällen (s. Rdnr. 398) oder entsprechend § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG auf Dauer zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Keine Bedenken sollten daher bestehen, dass Ersatzmitglieder an den Aufsichtsratssitzungen mit dem Ziel teilnehmen, sich auf ihre künftige Aufgabe vorzubereiten. Dies gilt zumal dann, wenn mit dem baldigen Ausscheiden eines Aufsichtsratsmitglieds zu rechnen ist. Jedes Aufsichtsratsmitglied kann der Anwesenheit eines Dritten aber widersprechen. Bei Konzernlagen sollten keine Bedenken bestehen, dass die Mitglieder des geschäftsführenden Organs des herrschenden Unternehmens an den Aufsichtsratssitzungen der Tochtergesellschaften teilnehmen 5 . Und endlich lässt sich mit dem Hinweis, es bestehe ein sachlicher Grund, auch die Teilnahme von Ehrenmitgliedern des Aufsichtsrats rechtfertigen („Wertschätzung des Erfahrungswissens“). Doch ist dies nicht unproblematisch 6 . Sachverständige und Auskunftspersonen können zur Beratung über einzelne Gegenstände zugezogen werden, § 109 Abs. 1 Satz 2 AktG 7 . Das einzelne Aufsichtsratsmitglied hat aber kein generelles Recht, einen eigenen Sachverständigen heranzuziehen 8 . Auch kann die Satzung zulassen, dass Personen, die dem 851; a.A.: LG Mühlhausen, ZIP 1996, 1660: keine Kompetenz der Aufsichtsrats; Fitting/ Wlotzke/Wißmann, § 25 MitbestG Rdnr. 19; Behr, AG 1984, 282: Ausschluss nur bei gröblicher Störung des Sitzungsverlaufs, sowie dazu Uwe H. Schneider, ZIP 2002, 873. 1 A.A. Jüngst, BB 1984, 1583. 2 Hüffer, AktG, § 109 Rdnr. 3: Kein gesetzliches Teilnahmeverbot; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 19; a.A. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 580; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 68. 3 S. auch Ziff. 3.6 Deutscher Corporate Governance Kodex. Uwe H. Schneider, ZIP 2002, 873; E. Vetter, VersR 2002, 951; s. ferner Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, VA 62-0100-46/02: „Ungeachtet einer regelmäßigen Teilnahme des Vorstandes an Aufsichtsratssitzungen halte ich es für wünschenswert, wenn bei jeder Aufsichtsratssitzung eine ,vorstandsfreie Zeit‘ eingeführt wird, in der die Aufsichtsratsmitglieder unbeeinflusst von den Vorstandsmitgliedern diskutieren könnten“. 4 Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 201; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 580. 5 Zu gemeinsamen Aufsichtsratssitzungen im Konzern s. Uwe H. Schneider, in: FS Konzen, 2006, S. 881 ff. 6S.v. Braunbehrens, BB 1981, 2100 sowie Rdnr. 229. 7 Einzelheiten bei: Janberg/Oesterlink, AG 1960, 240. 8 BGHZ 85, 293 (Hertie); Hommelhoff, ZGR 1983, 551 sowie Rdnr. 323. 3126 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 Aufsichtsrat nicht angehören, anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern teilnehmen können, wenn diese sie hierzu ermächtigt haben. Zu denken ist insbesondere an den Stimmboten. Hat die Gesellschaft einen mitbestimmten Aufsichtsrat, so besteht für die Abschlussprüfer eine Teilnahmepflicht, § 1 Abs. 1 Nr. 3 DrittelbG, § 25 MitbestG jeweils i.V.m. § 171 Abs. 1 Satz 2 AktG. § 109 AktG ist nur eine Ordnungsvorschrift 1 . Wird sie verletzt, so führt dies nicht zur Nichtigkeit der Aufsichtsratsbeschlüsse 2 . 4. Unterbrechung und Vertagung Die beiden Begriffe werden nicht einheitlich verwendet. Wesensmerkmal der Unterbrechung ist die zeitliche Aufteilung des Sitzungsablaufs, wobei zur Fortsetzung der Sitzung eine erneute Ladung entbehrlich ist. Es ist nicht erforderlich, dass die Sitzung noch am Tag der Einberufung fortgeführt wird. Es genügt die Fortsetzung innerhalb einer überschaubaren Frist3 . Hingegen wird durch eine Vertagung die Sitzung formell beendet. Eine neue Sitzung muss unter Beachtung von Form und Frist erneut einberufen werden. a) Der fakultative Aufsichtsrat Vertagungs- und Unterbrechungsklauseln in der Satzung oder in der Geschäftsordnung sind zulässig. Sie haben aber in der Praxis keine Bedeutung. Ohne entsprechende Regelung genügt zu einem Vertagungsbeschluss die einfache Mehrheit. Eine Sitzungsunterbrechung kann nach pflichtgemäßem Ermessen vom Vorsitzenden angeordnet werden; denn ihm obliegt die Sitzungsleitung. Jedes Aufsichtsratsmitglied kann auch eine Vertagung verlangen, wenn Tagesordnungspunkte nicht rechtzeitig angekündigt worden sind oder es aus anderen Gründen an einer ordnungsgemäßen Einberufung fehlt (s. Rdnr. 239). Soweit der Aufsichtsrat nach § 110 Abs. 1, Abs. 2 AktG von einer Minderheit oder von der Geschäftsführung einberufen worden ist, darf eine Vertagung der von diesem Personenkreis eingebrachten Tagesordnungspunkte nur mit ihrer Zustimmung erfolgen4 . b) Der mitbestimmte Aufsichtsrat Für den Aufsichtsrat nach DrittelbG gelten die Ausführungen zum fakultativen Aufsichtsrat entsprechend. Für den Aufsichtsrat nach MitbestG ist die Zulässigkeit von Vertagungsklauseln streitig, wenn einer Minderheit das Recht auf Vertagung gegeben wird, sei 1 Hüffer, AktG, § 109 Rdnr. 4. 2 BGHZ 47, 346. 3 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG Rdnr. 34; Paefgen, Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG, 1982, S. 199; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 70. 4 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 70. Uwe H. Schneider | 3127 399 400 401 402 403

Aufsichtsrat §52<br />

Aufsichtsrat nicht angehören, anstelle von verhinderten Aufsichtsratsmitgliedern<br />

teilnehmen können, wenn diese sie hierzu ermächtigt haben. Zu denken<br />

ist insbesondere an den Stimmboten. Hat die Gesellschaft einen mitbestimmten<br />

Aufsichtsrat, so besteht für die Abschlussprüfer eine Teilnahmepflicht,<br />

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG, § 25 MitbestG jeweils i.V.m. § 171 Abs. 1 Satz 2<br />

AktG.<br />

§ 109 AktG ist nur eine Ordnungsvorschrift 1 . Wird sie verletzt, so führt dies<br />

nicht zur Nichtigkeit der Aufsichtsratsbeschlüsse 2 .<br />

4. Unterbrechung und Vertagung<br />

Die beiden Begriffe werden nicht einheitlich verwendet. Wesensmerkmal der<br />

Unterbrechung ist die zeitliche Aufteilung des Sitzungsablaufs, wobei zur Fortsetzung<br />

der Sitzung eine erneute Ladung entbehrlich ist. Es ist nicht erforderlich,<br />

dass die Sitzung noch am Tag der Einberufung fortgeführt wird. Es genügt<br />

die Fortsetzung innerhalb einer überschaubaren Frist3 . Hingegen wird durch<br />

eine Vertagung die Sitzung formell beendet. Eine neue Sitzung muss unter<br />

Beachtung von Form und Frist erneut einberufen werden.<br />

a) Der fakultative Aufsichtsrat<br />

Vertagungs- und Unterbrechungsklauseln in der Satzung oder in der Geschäftsordnung<br />

sind zulässig. Sie haben aber in der Praxis keine Bedeutung. Ohne<br />

entsprechende Regelung genügt zu einem Vertagungsbeschluss die einfache<br />

Mehrheit. Eine Sitzungsunterbrechung kann nach pflichtgemäßem Ermessen<br />

vom Vorsitzenden angeordnet werden; denn ihm obliegt die Sitzungsleitung.<br />

Jedes Aufsichtsratsmitglied kann auch eine Vertagung verlangen, wenn Tagesordnungspunkte<br />

nicht rechtzeitig angekündigt worden sind oder es aus anderen<br />

Gründen an einer ordnungsgemäßen Einberufung fehlt (s. Rdnr. 239). Soweit der<br />

Aufsichtsrat nach § 110 Abs. 1, Abs. 2 AktG von einer Minderheit oder von der<br />

Geschäftsführung einberufen worden ist, darf eine Vertagung der von diesem<br />

Personenkreis eingebrachten Tagesordnungspunkte nur mit ihrer Zustimmung<br />

erfolgen4 .<br />

b) Der mitbestimmte Aufsichtsrat<br />

Für den Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG gelten die Ausführungen zum fakultativen<br />

Aufsichtsrat entsprechend.<br />

Für den Aufsichtsrat nach MitbestG ist die Zulässigkeit von Vertagungsklauseln<br />

streitig, wenn einer Minderheit das Recht auf Vertagung gegeben wird, sei<br />

1 Hüffer, AktG, § 109 Rdnr. 4.<br />

2 BGHZ 47, 346.<br />

3 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 25 MitbestG<br />

Rdnr. 34; Paefgen, Struktur und Aufsichtsratsverfassung der mitbestimmten AG,<br />

1982, S. 199; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 70.<br />

4 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 70.<br />

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