Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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378 379 380 §52 Aufsichtsrat hen 1 . Für die Abgrenzung maßgebend ist nicht der Umfang der Tätigkeit 2 , oder welches Organ den Auftrag erteilt hat, sondern ob „die zu leistenden Dienste Fragen eines besonderen Fachgebiets betreffen“ 3 . Zu den allgemeinen Bereichen der Unternehmensführung, in denen Beratung als Aufsichtsratsmitglied geschuldet wird, sollen die Beratung beim Erwerb von Beteiligungen und der Gründung von Tochtergesellschaften, bei wesentlichen Konzernangelegenheiten und – sehr zweifelhaft – bei Angelegenheiten der Datenverarbeitung 4 gehören. „Außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat“ liegt dagegen eine Tätigkeit als Steuerberater, die Prozessvertretung eines Rechtsanwalts usw. Auch Verträge mit Unternehmensberatern, die zugleich Aufsichtsratsmitglied sind, sind unbedenklich, wenn die Beratung ein konkretes Projekt bei der Umsetzung der Geschäftspolitik betrifft. Im Zweifelsfall ist aber davon auszugehen, dass die Beratung zugleich Gegenstand der Aufsichtsratstätigkeit ist 5 . Das Entsprechende gilt für „mittelbare Beratungsverträge“, also etwa Verträge der GmbH mit einem Unternehmen, an dem das Aufsichtsratsmitglied beteiligt ist und ihm deshalb nicht nur geringfügige Beträge aufgrund der Beratungstätigkeit zufließen 6 . Beim fakultativen Aufsichtsrat kann auf die genannten Beschränkungen verzichtet werden. Die Gesellschafterversammlung kann die nach §§ 113 f. AktG unzulässigen Verträge genehmigen 7 . Für den mitbestimmten Aufsichtsrat sind die §§ 113 f. AktG zwingend 8 . Um beurteilen zu können, dass die Beratungsleistungen nicht zu den organschaftlichen Pflichten gehören und demzufolge der Beratungsvertrag zulässig ist, muss der Vertrag eindeutige Vereinbarungen enthalten 9 . Außerdem verlangt Ziff. 5.4.7 DCGK erweiterte Offenlegung. Fehlen solche Vereinbarungen, ist von verdeckten Sonderzahlungen auszugehen. Liegen die Beratungsleistungen außerhalb der organschaftlichen Pflichten, ist der Beratungsvertrag zulässig, so 1 BGHZ 126, 345; BGH, AG 2007, 80; Kropff, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 115 ff.; enger: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 734: organschaftliche Aufgabe ist nur die Beratung über „wesentliche Geschäftsvorgänge von grundsätzlicher Bedeutung“, nicht aber die Beratung über das Tagesgeschäft; zur Abgrenzung ferner: Deckert, AG 1997, 111. 2 So aber Lehmann, DB 1966, 1757; dagegen: Fischer, BB 1967, 859. 3 BGHZ 114, 132; BGHZ 126, 344; KG, AG 1997, 42: Vertrag mit jur. Person, deren gesetzlicher Vertreter Aufsichtsratsmitglied ist; ebenso Mertens, in: FS Steindorff, 1990, S. 180; Lutter/Kremer, ZGR 1992, 94; sehr eng: Vollmer/Maurer, BB 1993, 591; kritisch und weiter dagegen: Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 594. 4 BGHZ 114, 127; s. ferner BGHZ 126, 345; a.A. OLG Köln, ZIP 1994, 1773. 5 BGHZ 126, 348; ebenso Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 735. 6 BGH, AG 2006, 667 = WuB II A § 114 2.06 (Spindler/Kaulich); BGH, WM 2007, 1025. 7 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 46; Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 598; Krummel/Küttner, DB 1996, 194; Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 15. 8 Mertens, in: FS Steindorff, 1990, S. 180. 9 BGHZ 126, 344; LG Stuttgart, ZIP 1998, 1275; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 46; Jaeger, ZIP 1994, 1759; Wissmann/Ost, BB 1998, 1957; E. Vetter, AG 2006, 173. 3120 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Zustimmung des Aufsichtsrats ab, § 114 Abs. 1 AktG. Er muss wenigstens über den wesentlichen Inhalt des Vertrags informiert sein 1 . Streitig ist die Rechtslage für Verträge, die vor Amtsbeginn abgeschlossen wurden. Teilweise wurde die Ansicht vertreten, dass sie während der Amtsdauer wirksam bleiben 2 . Die höchstrichterliche Rechtsprechung 3 folgt dem mit Recht nicht. Ein vor Amtsbeginn begründetes Vertragsverhältnis, wonach Leistungen geschuldet werden, die zu den Organpflichten gehören, ruht bis zur Beendigung der Organtätigkeit. Es lebt dann jedoch wieder auf 4 . Beratungsverträge, die zu Leistungen verpflichten, die nicht zu den Organpflichten gehören, müssen dem Aufsichtsrat offengelegt werden. Sie verlangen nachträglich dessen Zustimmung. c) Arbeitnehmervertreter Arbeitnehmervertreter, die in einem Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft stehen5 , haben Anspruch auf Arbeitsbefreiung, soweit die Aufsichtsratstätigkeit während der Arbeitszeit anfällt. Vorbereitende Tätigkeiten usw. müssen aber in der arbeitsfreien Zeit vorgenommen werden. Nach noch h.M. besteht auch ein Anspruch auf das Arbeitsentgelt, wobei aber streitig ist, ob die Aufsichtsratsvergütung anzurechnen ist oder nicht 6 . Eine Anrechnung sei abzulehnen, weil dadurch die Arbeitnehmervertreter benachteiligt würden, was gegen § 26 Satz 2 MitbestG verstoße. Übersehen wird dabei, dass auch die Vertreter der Anteilseigner gegebenenfalls einen Verdienstausfall hinnehmen müssen, und zwar unabhängig davon, ob sie für die Gesellschaft tätig sind oder einen anderen Arbeitgeber haben. Geht man hiervon aus, so ergibt sich, dass zwar eine Anrechnung geboten ist, der Anspruch auf das Arbeitsentgelt aber bestehen bleibt, wenn dieses die Aufsichtsratsvergütung übersteigt. d) Rechtsfolgen Gewährt die Gesellschaft einem Aufsichtsratsmitglied eine Vergütung aufgrund 384 eines Vertrages, der für seine Wirksamkeit der Zustimmung des Aufsichtsrats 1 OLG Köln, ZIP 1994, 1773; Deckert, AG 1997, 111: Transparenzgebot. 2 Meyer-Landrut, in: Großkomm. AktG, 3. Aufl., § 114 Anm. 6. 3 BGHZ 114, 127, 133 = WuB II A. § 114 AktG 1.91 (Werner); BGHZ 126, 340 (nachträgliche Zustimmung des Aufsichtsrats erforderlich); zustimmend: Hüffer, AktG, § 114 Rdnr. 2; Mertens, in: FS Steindorff, 1990, S. 173, 182; Lutter/Kremer, ZGR 1992, 87, 99; Hoffmann-Becking, in: MünchHdb. GesR IV AG, 3. Aufl., § 33 Rdnr. 39; Hopt/Roth, in: Großkomm. AktG, § 114 Rdnr. 35; Deckert, WiB 1997, 561, 564. 4 BGHZ 126, 348. 5 Zum Ganzen s. Jacklofsky, Arbeitnehmerstellung und Aufsichtsratsamt, 2001. 6 Dagegen die h.M.: Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 26 MitbestG Rdnr. 10; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 26 MitbestG Rdnr. 10; Köstler/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis, 8. Aufl., Rdnr. 737; a.A.: Ulmer/Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 26 MitbestG Rdnr. 8; Hanau, ZGR 1977, 411. Der Anspruch auf Lohnfortzahlung wird voll abgelehnt von Kirschner, DB 1971, 2065. Uwe H. Schneider | 3121 381 382 383

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hen 1 . Für die Abgrenzung maßgebend ist nicht der Umfang der Tätigkeit 2 , oder<br />

welches Organ den Auftrag erteilt hat, sondern ob „die zu leistenden Dienste<br />

Fragen eines besonderen Fachgebiets betreffen“ 3 . Zu den allgemeinen Bereichen<br />

der Unternehmensführung, in denen Beratung als Aufsichtsratsmitglied geschuldet<br />

wird, sollen die Beratung beim Erwerb von Beteiligungen und der<br />

Gründung von Tochtergesellschaften, bei wesentlichen Konzernangelegenheiten<br />

und – sehr zweifelhaft – bei Angelegenheiten der Datenverarbeitung 4 gehören.<br />

„Außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat“ liegt dagegen eine Tätigkeit<br />

als Steuerberater, die Prozessvertretung eines Rechtsanwalts usw. Auch Verträge<br />

mit Unternehmensberatern, die zugleich Aufsichtsratsmitglied sind, sind<br />

unbedenklich, wenn die Beratung ein konkretes Projekt bei der Umsetzung der<br />

Geschäftspolitik betrifft. Im Zweifelsfall ist aber davon auszugehen, dass die<br />

Beratung zugleich Gegenstand der Aufsichtsratstätigkeit ist 5 .<br />

Das Entsprechende gilt für „mittelbare Beratungsverträge“, also etwa Verträge<br />

der GmbH mit einem Unternehmen, an dem das Aufsichtsratsmitglied beteiligt<br />

ist und ihm deshalb nicht nur geringfügige Beträge aufgrund der Beratungstätigkeit<br />

zufließen 6 .<br />

Beim fakultativen Aufsichtsrat kann auf die genannten Beschränkungen verzichtet<br />

werden. Die Gesellschafterversammlung kann die nach §§ 113 f. AktG<br />

unzulässigen Verträge genehmigen 7 . Für den mitbestimmten Aufsichtsrat sind<br />

die §§ 113 f. AktG zwingend 8 .<br />

Um beurteilen zu können, dass die Beratungsleistungen nicht zu den organschaftlichen<br />

Pflichten gehören und demzufolge der Beratungsvertrag zulässig<br />

ist, muss der Vertrag eindeutige Vereinbarungen enthalten 9 . Außerdem verlangt<br />

Ziff. 5.4.7 DCGK erweiterte Offenlegung. Fehlen solche Vereinbarungen, ist<br />

von verdeckten Sonderzahlungen auszugehen. Liegen die Beratungsleistungen<br />

außerhalb der organschaftlichen Pflichten, ist der Beratungsvertrag zulässig, so<br />

1 BGHZ 126, 345; BGH, AG 2007, 80; Kropff, in: Semler/v. Schenck (Hrsg.), Arbeitshandbuch<br />

Aufsichtsratsmitglieder, 2. Aufl., § 8 Rdnr. 115 ff.; enger: Lutter/Krieger, Rechte<br />

und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 734: organschaftliche Aufgabe ist nur<br />

die Beratung über „wesentliche Geschäftsvorgänge von grundsätzlicher Bedeutung“,<br />

nicht aber die Beratung über das Tagesgeschäft; zur Abgrenzung ferner: Deckert, AG<br />

1997, 111.<br />

2 So aber Lehmann, DB 1966, 1757; dagegen: Fischer, BB 1967, 859.<br />

3 BGHZ 114, 132; BGHZ 126, 344; KG, AG 1997, 42: Vertrag mit jur. Person, deren<br />

gesetzlicher Vertreter Aufsichtsratsmitglied ist; ebenso Mertens, in: FS Steindorff,<br />

1990, S. 180; Lutter/Kremer, ZGR 1992, 94; sehr eng: Vollmer/Maurer, BB 1993, 591;<br />

kritisch und weiter dagegen: Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 594.<br />

4 BGHZ 114, 127; s. ferner BGHZ 126, 345; a.A. OLG Köln, ZIP 1994, 1773.<br />

5 BGHZ 126, 348; ebenso Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl.,<br />

Rdnr. 735.<br />

6 BGH, AG 2006, 667 = WuB II A § 114 2.06 (Spindler/Kaulich); BGH, WM 2007, 1025.<br />

7 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 46; Hoffmann/Kirchhoff, WPg 1991, 598; Krummel/Küttner,<br />

DB 1996, 194; Koppensteiner, in: Rowedder/<strong>Schmidt</strong>-Leithoff, Rdnr. 15.<br />

8 Mertens, in: FS Steindorff, 1990, S. 180.<br />

9 BGHZ 126, 344; LG Stuttgart, ZIP 1998, 1275; Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 46; Jaeger,<br />

ZIP 1994, 1759; Wissmann/Ost, BB 1998, 1957; E. Vetter, AG 2006, 173.<br />

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