Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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357 358 359 360 361 §52 Aufsichtsrat Nach h.M. gibt es nicht einmal eine Vermutung für die Entgeltlichkeit 1 . Das entspricht indessen nicht der Lebenswirklichkeit, weil auch Nebentätigkeiten, zumal wenn sie mit Haftungsrisiken verbunden sind, heute in der Regel nur gegen Vergütung übernommen werden. Dabei darf bei der Aufsichtsratstätigkeit nicht nur der Zeitaufwand, sondern es müssen auch der Marktwert, das Laufbahnrisiko, die Verantwortung und die damit verbundenen Haftungsrisiken berücksichtigt werden. Der Rechtsgrund für die Vergütung liegt in dem organisationsrechtlichen Rechtsverhältnis. Die Höhe kann in der Satzung festgesetzt oder sie kann einseitig von der Gesellschafterversammlung bestimmt und geändert werden, § 52 i.V.m. § 113 Abs. 1 AktG. Ist die Höhe der Vergütung in der Satzung bestimmt, so bedarf die Erhöhung oder Herabsetzung einer Satzungsänderung. Entgegen § 113 Abs. 1 Satz 4 AktG genügt aber einfache Mehrheit der Gesellschafter nicht 2 . Wirksam wird die Erhöhung oder Herabsetzung in diesem Fall erst mit der Eintragung im Handelsregister, § 54 Abs. 3. Eine rückwirkende Erhöhung ist zulässig. Ist die Höhe der Vergütung von der Gesellschafterversammlung bestimmt, so genügt für die Änderung ein Gesellschafterbeschluss mit einfacher Stimmenmehrheit. Aufsichtsratsmitglieder, die nur während eines Teils des Geschäftsjahres dem Aufsichtsrat angehören, erhalten die Vergütung zeitanteilig. Der Anspruch auf Vergütung entfällt automatisch mit der Abberufung. Besteht neben dem organisationsrechtlichen Rechtsverhältnis ein Anstellungsvertrag (s. Rdnr. 353), so bedarf es für die Erhöhung oder Minderung der Vergütung zusätzlich der Zustimmung des Aufsichtsratsmitglieds. Als Tätigkeitsentgelt kommen dieselben Vergütungsarten wie für die Geschäftsführer in Betracht (vgl. § 35 Rdnr. 217 ff.). Festvergütung oder leistungsabhängige Vergütung insbes. Tantiemen einschließlich der anfallenden Umsatzsteuer können sowohl alternativ wie kumulativ festgesetzt werden. Die Gewinnbeteiligung besteht in der Regel in einem Anteil am ausgewiesenen oder ausgeschütteten Jahresgewinn. § 113 Abs. 3 AktG ist entsprechend anwendbar, aber nicht zwingend. Anfallende Umsatzsteuer auf Aufsichtsratsvergütungen sind im Zweifel zu erstatten, auch wenn dies nicht ausdrücklich Gegenstand des Vergütungsbeschlusses war 3 . In der Insolvenz der Gesellschaft besteht der Aufsichtsrat als Organ fort. Dem einzelnen Aufsichtsratsmitglied stehen aber keine Ansprüche gegen die Masse wegen der Vergütung zu 4 . Das gilt nicht nur für die Vergütung, sondern auch 1 So: Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 45; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 986; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl., Rdnr. 966; für die AG: Baumbach/Hueck, AktG, § 113 Anm. 4; Natzel, DB 1965, 1433; a.A.: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 123 (Vergütung üblich, § 612 BGB); Zöllner/ Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 60. 2 Ebenso: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 124. 3 Zur steuerlichen Abzugsfähigkeit: Olgemöller, AG 2003, 494. 4 RGZ 81, 338; D. Schneider, in: FS Oppenhoff, 1985, S. 363; Oechsler, AG 2006, 606; a.A. Müller, Der Verband in der Insolvenz, 2002, S. 161: Analogie zu § 113 InsO. 3114 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 für den Aufwendungsersatz. Auch die Kosten der Wahl der Arbeitnehmervertreter muss die Masse nicht übernehmen. b) Angemessenheit Die Vergütung soll in einem „angemessenen Verhältnis“ zu den Aufgaben der Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen1 . § 52 verweist auf § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG. Als Unter- und Obergrenze ist dies bei der GmbH mit fakultativem Aufsichtsrat nicht zwingend. Die Vorschrift hat bei der GmbH weder gläubigerschützenden Charakter noch dient sie dem zwingenden Schutz von Minderheitsgesellschaftern. Die Unter- und Obergrenze bildet § 138 BGB2 ; auch darf durch die Vergütung an Gesellschafter-Aufsichtsräte keine verbotene Zahlung i.S.d. § 30 erfolgen. Bei Gesellschaften mit obligatorischem Aufsichtsrat dienen als Vergleichsmaßstab die Vergütungen in anderen Gesellschaften. Die Obergrenze bildet auch hier der offensichtliche Missbrauch 3 . Bei der Aktiengesellschaft sind insbesondere bei der Vorstandsvergütung Fehlentwicklungen erkennbar. Als Regulativ wirkt die finanzielle Lage der Gesellschaft. Eine Begrenzung der Aufsichtsratsvergütung auf 6 000 DM sah ein Gesetzentwurf des DGB aus dem Jahr 1968 vor 4 . Solche ziffernmäßigen oder prozentualen Begrenzungen sind abzulehnen. Ist die Vergütung in der Satzung in sittenwidriger Weise bemessen, so muss der Registerrichter die Eintragung als gesetzeswidrig ablehnen. Gegen einen Gesellschafterbeschluss, der § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG verletzt, besteht die Möglichkeit der Anfechtungsklage. Der Grundsatz der Gestaltungsfreiheit erlaubt beim fakultativen Aufsichtsrat eine Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in unterschiedlicher Höhe 5 . Für den mitbestimmten Aufsichtsrat gilt dagegen der Grundsatz der Gleichbehandlung. Die Abführungspflicht der Arbeitnehmervertreter 6 rechtfertigt keine unter- 1 OLG Celle, NJW-RR 1998, 1332: 200 DM ist keine „angemessene“ Vergütung. 2 Lutter, AG 1979, 88; Fleck, GmbHR 1995, 884. 3 Dazu Uwe H. Schneider, ZIP 1996, 1769. 4 Geßler, DB 1978, 63; dagegen: Bericht der Unternehmensrechtskommission, Rz. 1236; G. Schmitt, DB 1968, 1545; Lutter, AG 1979, 85; Kastner, in: FS Strasser, 1983, S. 843, 860. 5 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 125: Differenzierung nach Funktion, persönlicher Qualifikation und Ansehen unbedenklich; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 195; s. aber auch OLG Celle, NJW-RR 1998, 1332. 6 Nach einer „Abführungsrichtlinie“ des DGB aus dem Jahr 2005 dürfen Arbeitnehmervertreter Tantiemen bis zur Höhe von 3500 Euro zu 90%, also maximal 3150 Euro behalten. Die restlichen 10% sind an die Hans Böckler Stiftung abzuführen. Oberhalb dieser Grenze gilt das umgekehrte Verhältnis. 90% der Aufsichtsratsvergütung sind abzuführen, 10% dürfen die Aufsichtsratsmitglieder behalten. Eine Obergrenze ist nicht vorgesehen. Die Hans Böckler Stiftung erhielt im Jahr 2004/2005 27,7 Mio. Euro von ihren „Förderern“, 11 Mio. in Form öffentlicher Mittel sowie sonstige 3 Mio. Euro, insgesamt also über 40 Mio. Euro (zum Vergleich: Die Max Planck Gesellschaft hat einen Haushalt von 1,3 Milliarden Euro. Sie unterhält 78 Max Planck Institute. Der durchschnittliche Haushalt eines Max Planck Instituts betrug demnach weniger als Uwe H. Schneider | 3115 362 363 364 365

Aufsichtsrat §52<br />

für den Aufwendungsersatz. Auch die Kosten der Wahl der Arbeitnehmervertreter<br />

muss die Masse nicht übernehmen.<br />

b) Angemessenheit<br />

Die Vergütung soll in einem „angemessenen Verhältnis“ zu den Aufgaben der<br />

Aufsichtsratsmitglieder und zur Lage der Gesellschaft stehen1 . § 52 verweist<br />

auf § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG. Als Unter- und Obergrenze ist dies bei der GmbH<br />

mit fakultativem Aufsichtsrat nicht zwingend. Die Vorschrift hat bei der<br />

GmbH weder gläubigerschützenden Charakter noch dient sie dem zwingenden<br />

Schutz von Minderheitsgesellschaftern. Die Unter- und Obergrenze bildet § 138<br />

BGB2 ; auch darf durch die Vergütung an Gesellschafter-Aufsichtsräte keine verbotene<br />

Zahlung i.S.d. § 30 erfolgen.<br />

Bei Gesellschaften mit obligatorischem Aufsichtsrat dienen als Vergleichsmaßstab<br />

die Vergütungen in anderen Gesellschaften. Die Obergrenze bildet auch<br />

hier der offensichtliche Missbrauch 3 . Bei der Aktiengesellschaft sind insbesondere<br />

bei der Vorstandsvergütung Fehlentwicklungen erkennbar. Als Regulativ<br />

wirkt die finanzielle Lage der Gesellschaft. Eine Begrenzung der Aufsichtsratsvergütung<br />

auf 6 000 DM sah ein Gesetzentwurf des DGB aus dem Jahr 1968<br />

vor 4 . Solche ziffernmäßigen oder prozentualen Begrenzungen sind abzulehnen.<br />

Ist die Vergütung in der Satzung in sittenwidriger Weise bemessen, so muss der<br />

Registerrichter die Eintragung als gesetzeswidrig ablehnen. Gegen einen Gesellschafterbeschluss,<br />

der § 113 Abs. 1 Satz 3 AktG verletzt, besteht die Möglichkeit<br />

der Anfechtungsklage.<br />

Der Grundsatz der Gestaltungsfreiheit erlaubt beim fakultativen Aufsichtsrat<br />

eine Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder in unterschiedlicher Höhe 5 . Für den<br />

mitbestimmten Aufsichtsrat gilt dagegen der Grundsatz der Gleichbehandlung.<br />

Die Abführungspflicht der Arbeitnehmervertreter 6 rechtfertigt keine unter-<br />

1 OLG Celle, NJW-RR 1998, 1332: 200 DM ist keine „angemessene“ Vergütung.<br />

2 Lutter, AG 1979, 88; Fleck, GmbHR 1995, 884.<br />

3 Dazu Uwe H. Schneider, ZIP 1996, 1769.<br />

4 Geßler, DB 1978, 63; dagegen: Bericht der Unternehmensrechtskommission, Rz. 1236;<br />

G. Schmitt, DB 1968, 1545; Lutter, AG 1979, 85; Kastner, in: FS Strasser, 1983, S. 843,<br />

860.<br />

5 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 125: Differenzierung nach Funktion, persönlicher<br />

Qualifikation und Ansehen unbedenklich; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 195; s. aber<br />

auch OLG Celle, NJW-RR 1998, 1332.<br />

6 Nach einer „Abführungsrichtlinie“ des DGB aus dem Jahr 2005 dürfen Arbeitnehmervertreter<br />

Tantiemen bis zur Höhe von 3500 Euro zu 90%, also maximal 3150 Euro<br />

behalten. Die restlichen 10% sind an die Hans Böckler Stiftung abzuführen. Oberhalb<br />

dieser Grenze gilt das umgekehrte Verhältnis. 90% der Aufsichtsratsvergütung sind<br />

abzuführen, 10% dürfen die Aufsichtsratsmitglieder behalten. Eine Obergrenze ist<br />

nicht vorgesehen. Die Hans Böckler Stiftung erhielt im Jahr 2004/2005 27,7 Mio. Euro<br />

von ihren „Förderern“, 11 Mio. in Form öffentlicher Mittel sowie sonstige 3 Mio. Euro,<br />

insgesamt also über 40 Mio. Euro (zum Vergleich: Die Max Planck Gesellschaft hat<br />

einen Haushalt von 1,3 Milliarden Euro. Sie unterhält 78 Max Planck Institute. Der<br />

durchschnittliche Haushalt eines Max Planck Instituts betrug demnach weniger als<br />

Uwe H. Schneider | 3115<br />

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