Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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306 307 308 309 §52 Aufsichtsrat VII. Der Vorsitzende im Aufsichtsrat 1. Wahl a) § 52 verweist nicht auf § 107 AktG. Daher können beim fakultativen Aufsichtsrat nicht nur die Satzung 1 oder die Geschäftsordnung, sondern auch beim Fehlen solcher Regelungen der Aufsichtsrat selbst bestimmen, ob ein Vorsitzender und ein oder mehrere Stellvertreter gewählt werden sollen oder nicht. In der Satzung kann einem Gesellschafter der Vorsitz zugesprochen, es können persönliche Eigenschaften als Voraussetzung für die Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden bestimmt werden, und es kann vorgesehen sein, dass die Gesellschafterversammlung den Vorsitzenden wählt. Wird von Regelungen in der Satzung oder der Geschäftsordnung abgesehen, können die Aufsichtsratsmitglieder einen von ihnen mit einfacher Mehrheit für die Dauer der Amtszeit des Aufsichtsrats zum Vorsitzenden wählen. Der Vorsitzende kann in der Folge, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, mit einfacher Mehrheit wieder abberufen werden. Verzichten die Aufsichtsratsmitglieder auf eine solche Wahl, so muss sichergestellt sein, dass dessen Aufgaben wahrgenommen werden. b) Demgegenüber ist beim Aufsichtsrat nach DrittelbG § 107 AktG zwingend, § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 DrittelbG. Der Aufsichtsrat hat daher nach näherer Bestimmung der Satzung aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens einen Stellvertreter zu wählen. Satzungsbestimmungen, die die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern zum Vorsitzenden oder zu einem Stellvertreter auf bestimmte Mitglieder oder eine bestimmte Gruppe von Mitgliedern beschränken, verletzen den Grundsatz der individuell gleichen Berechtigung und Verantwortung aller Aufsichtsratsmitglieder 2 . c) Der Aufsichtsrat nach MitbestG hat nach § 27 Abs. 1 MitbestG einen Vorsitzenden und einen Stellvertreter aus seiner Mitte mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder zu wählen 3 . § 27 Abs. 2 MitbestG sieht einen zweiten Wahlgang vor. Der Vorsitzende wird in diesem Wahlgang von den Aufsichtsratsmitgliedern der Anteilseigner, sein Stellvertreter von denen der Arbeitnehmer jeweils mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. Für den Aufsichtsrat nach MitbestG soll sich aus § 27 MitbestG ergeben, dass nur ein Stellvertreter gewählt werden könne 4 . Das lässt sich jedoch weder mit dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der Vorschriften begründen. Mit §§ 27 ff. MitbestG ist lediglich nicht vereinbar, dass einem weiteren Stellver- 1 LG Mainz, GmbHR 1990, 513 (Springer/Kirch): Wählt nach der Satzung der Aufsichtsrat seinen Vorsitzenden, so können die Gesellschafter nur „bei Gefahr in Verzug“ den Vorsitzenden wählen. 2 BGHZ 83, 106, 112. 3 S. dazu Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, 1983, S. 425. 4 Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 27 MitbestG Rdnr. 4, 5; Naendrup, in: GK-MitbestG, § 27 Rdnr. 9; Säcker, Aufsichtsratsausschüsse nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, 1979, S. 37. 3100 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 treter durch die Satzung das Zweitstimmrecht eingeräumt wird, wenn der Aufsichtsratsvorsitzende verhindert ist. § 29 MitbestG enthält eine vom Paritätsgedanken abweichende Sonderregelung, wonach dem Aufsichtsratsvorsitzenden persönlich ein Zweitstimmrecht gewährt ist. Dies lässt keine satzungsrechtliche Ausweitung zu 1 . Dagegen stehen die §§ 27 ff. MitbestG Satzungsbestimmungen nicht entgegen, wenn weitere Stellvertreter bestellt werden, die einem Aufsichtsratspräsidium (s. Rdnr. 454) angehören und die bei Verhinderung des Vorsitzenden und des ersten Stellvertreters Aufgaben im Rahmen der inneren Ordnung des Aufsichtsrats übernehmen sollen 2 . Eine gesellschaftsvertragliche Bestimmung ist jedoch nichtig, wenn sie die Wahl von deren Zugehörigkeit zur Gruppe der Anteilseigner oder der Arbeitnehmervertreter abhängig macht 3 . Auch hierüber hinaus sind Satzungsbestimmungen, wie etwa eine Änderung der Mehrheitserfordernisse, persönliche Qualifikationsmerkmale usw., unzulässig. Die Amtszeit kann für den Vorsitzenden und den Stellvertreter wegen des besonderen Wahlverfahrens nach § 27 MitbestG nur einheitlich festgelegt werden 4 . Bei vorzeitigem Wegfall einer der beiden Personen hat zunächst eine Wahl nach § 27 Abs. 1 MitbestG stattzufinden; misslingt die Wahl, so wählt gemäß § 7 Abs. 2 MitbestG nur die für das wegfallende Amt wahlberechtigte Gruppe des Aufsichtsrats 5 . Eine Abberufung des Vorsitzenden oder eines Stellvertreters ist nach denselben Regeln, die für die Wahl gelten, zulässig 6 . d) Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Gesamtheit der Aufsichtsratsmitglieder zum Ehrenvorsitzenden ist zulässig und unbedenklich. Er hat aber keine rechtlich herausgehobene Stellung. Dagegen ist die Wahl eines Dritten, der nicht dem Aufsichtsrat angehört, problematisch, weil einem Dritten kein Stimmrecht zugewiesen werden kann und bei einem mitbestimmten Aufsichtsrat Dritte in der Regel nicht an Sitzungen des Aufsichtsrats teilnehmen 1 BGHZ 83, 106, 111; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rdnr. 20; Martens, DB 1980, 1386; Schaub, ZGR 1977, 296; Wank, AG 1980, 151; weitergehend: H. P. Westermann, in: FS R. Fischer, 1979, S. 845; Canaris, DB 1981, Beilage Nr. 14, S. 12. 2 H. P. Westermann, in: FS R. Fischer, 1979, S. 835; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rdnr. 18 f.; Raiser, § 27 MitbestG Rdnr. 7; Martens, DB 1980, 1385; Wank, AG 1980, 150; Canaris, DB 1981, Beilage 14, S. 11 ff.; Raiser, NJW 1981, 2167: nur als Mitglied des Aufsichtsratspräsidiums. 3 BGHZ 83, 106, 113. 4 Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 27 MitbestG Rdnr. 15; Hoffmann/Lehmann/Weinmann, § 27 MitbestG Rdnr. 21; H. P. Westermann, in: FS R. Fischer, 1979, S. 850; Ulmer/ Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rdnr. 10. 5 Meyer-Landrut, DB 1978, 444; Philipp, ZGR 1978, 69. 6 Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 27 MitbestG Rdnr. 13; Philipp, ZGR 1978, 70, 72; a.A.: Hoffmann/Lehmann/Weinmann, §27 MitbestG Rdnr. 23, 24; Meyer-Landrut, DB 1978, 443: einfache Mehrheit der jeweiligen Gruppe; Reuter, AcP 179 (1979), 531: 1/3 der Mitglieder. Uwe H. Schneider | 3101 310 311 312 313

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VII. Der Vorsitzende im Aufsichtsrat<br />

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a) § 52 verweist nicht auf § 107 AktG. Daher können beim fakultativen Aufsichtsrat<br />

nicht nur die Satzung 1 oder die Geschäftsordnung, sondern auch<br />

beim Fehlen solcher Regelungen der Aufsichtsrat selbst bestimmen, ob ein<br />

Vorsitzender und ein oder mehrere Stellvertreter gewählt werden sollen oder<br />

nicht. In der Satzung kann einem Gesellschafter der Vorsitz zugesprochen, es<br />

können persönliche Eigenschaften als Voraussetzung für die Wahl zum Aufsichtsratsvorsitzenden<br />

bestimmt werden, und es kann vorgesehen sein, dass<br />

die Gesellschafterversammlung den Vorsitzenden wählt. Wird von Regelungen<br />

in der Satzung oder der Geschäftsordnung abgesehen, können die Aufsichtsratsmitglieder<br />

einen von ihnen mit einfacher Mehrheit für die Dauer der<br />

Amtszeit des Aufsichtsrats zum Vorsitzenden wählen. Der Vorsitzende kann<br />

in der Folge, ohne dass ein wichtiger Grund vorliegt, mit einfacher Mehrheit<br />

wieder abberufen werden. Verzichten die Aufsichtsratsmitglieder auf eine solche<br />

Wahl, so muss sichergestellt sein, dass dessen Aufgaben wahrgenommen<br />

werden.<br />

b) Demgegenüber ist beim Aufsichtsrat nach <strong>Dr</strong>ittelbG § 107 AktG zwingend,<br />

§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 <strong>Dr</strong>ittelbG. Der Aufsichtsrat hat daher nach näherer<br />

Bestimmung der Satzung aus seiner Mitte einen Vorsitzenden und mindestens<br />

einen Stellvertreter zu wählen. Satzungsbestimmungen, die die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern<br />

zum Vorsitzenden oder zu einem Stellvertreter auf bestimmte<br />

Mitglieder oder eine bestimmte Gruppe von Mitgliedern beschränken,<br />

verletzen den Grundsatz der individuell gleichen Berechtigung und Verantwortung<br />

aller Aufsichtsratsmitglieder 2 .<br />

c) Der Aufsichtsrat nach MitbestG hat nach § 27 Abs. 1 MitbestG einen Vorsitzenden<br />

und einen Stellvertreter aus seiner Mitte mit einer Mehrheit von zwei<br />

<strong>Dr</strong>itteln seiner Mitglieder zu wählen 3 . § 27 Abs. 2 MitbestG sieht einen zweiten<br />

Wahlgang vor. Der Vorsitzende wird in diesem Wahlgang von den Aufsichtsratsmitgliedern<br />

der Anteilseigner, sein Stellvertreter von denen der Arbeitnehmer<br />

jeweils mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt.<br />

Für den Aufsichtsrat nach MitbestG soll sich aus § 27 MitbestG ergeben, dass<br />

nur ein Stellvertreter gewählt werden könne 4 . Das lässt sich jedoch weder mit<br />

dem Wortlaut noch mit Sinn und Zweck der Vorschriften begründen. Mit<br />

§§ 27 ff. MitbestG ist lediglich nicht vereinbar, dass einem weiteren Stellver-<br />

1 LG Mainz, GmbHR 1990, 513 (Springer/Kirch): Wählt nach der Satzung der Aufsichtsrat<br />

seinen Vorsitzenden, so können die Gesellschafter nur „bei Gefahr in Verzug“ den<br />

Vorsitzenden wählen.<br />

2 BGHZ 83, 106, 112.<br />

3 S. dazu Peus, Der Aufsichtsratsvorsitzende, 1983, S. 425.<br />

4 Fitting/Wlotzke/Wißmann, § 27 MitbestG Rdnr. 4, 5; Naendrup, in: GK-MitbestG, § 27<br />

Rdnr. 9; Säcker, Aufsichtsratsausschüsse nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976, 1979,<br />

S. 37.<br />

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