Scholz, GmbHG, 10. Auflage - Leseprobe - Verlag Dr. Otto Schmidt

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300 301 302 §52 Aufsichtsrat auszutragen und berechtigen nicht zu einem Vorgehen nach § 103 Abs. 3 und 4 AktG 1 . c) Amtsniederlegung Fehlt es an einer besonderen Regelung in der Satzung, so ist ebenso wie für den Geschäftsführer auch für das Aufsichtsratsmitglied streitig, ob es jederzeit ohne Angabe von Gründen sein Amt niederlegen kann (Amtsniederlegung, Rücktritt) 2 oder ob als Voraussetzung hierfür ein wichtiger Grund vorliegen muss3 . Für den Geschäftsführer hat die höchstrichterliche Rechtsprechung entschieden, die Amtsniederlegung sei auch dann sofort wirksam, wenn sie nicht auf einen angeblich wichtigen Grund gestützt ist 4 . Für das Aufsichtsratsmitglied ist die Lage entsprechend. Es kann jederzeit, auch wenn kein wichtiger Grund vorliegt, sein Amt niederlegen 5 . Ebenso wie die Gesellschafter jederzeit ein Aufsichtsratsmitglied eines fakultativen Aufsichtsrats abberufen können, steht es im Ermessen des Aufsichtsratsmitglieds, ob es weiterhin meint, dass die notwendige Vertrauensbasis für die Wahrnehmung der ihm übertragenen Aufgaben besteht. Zugleich ist damit der Tatsache Rechnung getragen, dass das Aufsichtsratsamt als Nebenamt ausgestaltet ist. Das Aufsichtsratsmitglied behält durch die Möglichkeit jederzeitiger Amtsniederlegung die Freiheit, darüber zu entscheiden, ob ihm die Haupttätigkeit noch erlaubt, die Nebentätigkeit verantwortungsvoll auszuüben. Im Übrigen gelten die Erwägungen für die Amtsniederlegung des Geschäftsführers entsprechend. Es wäre für die Beteiligten und den allgemeinen Rechtsverkehr unerträglich, wenn nach einer Amtsniederlegung über lange Zeit offen und streitig bliebe, ob ein wichtiger Grund vorlag und daher die Amtsniederlegung sofort wirksam war. Vor diesem Hintergrund macht es auch keinen Unterschied, ob es sich um einen fakultativen Aufsichtsrat oder um einen obligatorischen Aufsichtsrat, ob es sich um einen Anteilseignervertreter oder um einen Arbeitnehmervertreter handelt. In der Satzung kann freilich vorgesehen werden, dass die Amtsniederlegung nur aus wichtigem Grund oder bei Vorliegen im Einzelnen aufgezählter Umstände und unter Einhaltung einer Frist erfolgen kann. 1 Mertens, in: KölnKomm. AktG, § 103 Rdnr. 32. 2 So: Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 59; Heyder, in: Michalski, Rdnr. 166; Lutter/ Hommelhoff, Rdnr. 7; Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 27 (ggf. Schadensersatzpflicht); Koppensteiner, in: Rowedder/Schmidt-Leithoff, Rdnr. 32; Hüffer, AktG, § 103 Rdnr. 17; Potthoff/Trescher/Theisen, Das Aufsichtsratsmitglied, 6. Aufl., Rdnr. 1007; Singhof, AG 1998, 318, 321; Wardenbach, AG 1999, 74; zum Ganzen: Link, Amtsniederlegung durch Gesellschaftsorgane, 2003; Uwe H. Schneider/Nietsch, in: FS Westermann, 2008, S. 1447. 3 So: Schilling, in: FS R. Fischer, 1979, S. 691; differenzierend: Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 52: bei Bestellung auf bestimmte Zeit nur aus wichtigem Grund; ebenso Hofbauer, Die Kompetenzen des (GmbH-)Beirats, 1996, S. 206. 4 BGH, BB 1993, 675 mit Anm. Bauder, BB 1993, 1749; s. bei § 38 Rdnr. 85 ff. 5 Lutter/Hommelhoff, Rdnr. 8; a.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 52. 3098 | Uwe H. Schneider

Aufsichtsrat §52 Die Erklärung der Amtsniederlegung durch Anteilseignervertreter erfolgt gegenüber dem Bestellungsorgan, also gegenüber den Gesellschaftern 1 . Passiv vertretungsbefugt ist jeder Gesellschafter 2 . Die Erklärung wird mit dem Zugang gegenüber einem Gesellschafter wirksam. Im Interesse der Einheitlichkeit sollte dies auch für eine Erklärung durch einen Arbeitnehmervertreter gelten, der nicht durch die Gesellschafter bestellt wurde (s. Rdnr. 235, 239). Auch eine Erklärung gegenüber einem einzelnen Geschäftsführer sollte genügen. Dagegen reicht eine Erklärung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht aus 3 ,es sei denn, dies ist in der Satzung vorgesehen 4 . Eine besondere Form ist nicht erforderlich. Mündliche Erklärung genügt 5 , Schriftform kann aber in der Satzung vorgesehen werden 6 . Ein Aufsichtsratsmitglied, das die Amtsniederlegung erklärt, ohne dass ein wichtiger Grund gegeben ist, macht sich nicht allein schon deshalb schadensersatzpflichtig. Dem widerspricht die Überlegung, dass Aufsichtsratsmitglieder eine Nebentätigkeit übernehmen und in ihrer Entscheidung frei bleiben sollen, ob sie die sich daraus ergebenden Organpflichten auch erfüllen können. Eine Schadensersatzpflicht, etwa der Wahlkosten, entsteht nur, wenn das Amt zur Unzeit aufgegeben wird, etwa um durch einen „Massenrücktritt“ eine bestimmte Entscheidung der Gesellschaft zu erzwingen 7 . Ausnahmsweise besteht eine Pflicht zur Amtsniederlegung 8 . Voraussetzung ist eine dauerhafte schwerwiegende Interessenkollision, die eine verantwortliche Wahrnehmung des Mandats ausschließt. Besteht eine solche Interessenkollision schon bei der Bestellung, so darf das Mitglied die Bestellung nicht annehmen 9 . Einzelkonflikte reichen nicht aus, wenn diese gelöst werden können, indem das Aufsichtsratsmitglied an der Sitzung oder Abstimmung nicht teilnimmt. 1 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 60. 2 So BGH, GmbHR 2002, 26 = NZG 2002, 43 für Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer; dazu Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, NZG 2002, 45. 3 A.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 52; Oetker, in: ErfKomm., 7. Aufl. 2007, § 12 DrittelbG Rdnr. 11; Ulmer/Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht, § 12 DrittelbG Rdnr. 15; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 60. 4 LG Flensburg, DB 2004, 1254. 5 So auch für die Amtsniederlegung des Geschäftsführers: BGH, BB 1993, 676. 6 LG Flensburg, DB 2004, 1253. 7 Zustimmend: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 27; Singhof, AG 1998, 327. 8 Wardenbach, Interessenkonflikte und mangelnde Sachkunde als Bestellungshindernisse zum Aufsichtsrat der AG, 1995, S. 62; Wardenbach, AG 1999, 76; differenzierend: Singhof, AG 1998, 318. 9 Lutter, in: FS Beusch, 1993, S. 519. Uwe H. Schneider | 3099 303 304 305

Aufsichtsrat §52<br />

Die Erklärung der Amtsniederlegung durch Anteilseignervertreter erfolgt gegenüber<br />

dem Bestellungsorgan, also gegenüber den Gesellschaftern 1 . Passiv vertretungsbefugt<br />

ist jeder Gesellschafter 2 . Die Erklärung wird mit dem Zugang gegenüber<br />

einem Gesellschafter wirksam. Im Interesse der Einheitlichkeit sollte<br />

dies auch für eine Erklärung durch einen Arbeitnehmervertreter gelten, der<br />

nicht durch die Gesellschafter bestellt wurde (s. Rdnr. 235, 239). Auch eine<br />

Erklärung gegenüber einem einzelnen Geschäftsführer sollte genügen. Dagegen<br />

reicht eine Erklärung gegenüber dem Aufsichtsratsvorsitzenden nicht aus 3 ,es<br />

sei denn, dies ist in der Satzung vorgesehen 4 . Eine besondere Form ist nicht<br />

erforderlich. Mündliche Erklärung genügt 5 , Schriftform kann aber in der Satzung<br />

vorgesehen werden 6 .<br />

Ein Aufsichtsratsmitglied, das die Amtsniederlegung erklärt, ohne dass ein<br />

wichtiger Grund gegeben ist, macht sich nicht allein schon deshalb schadensersatzpflichtig.<br />

Dem widerspricht die Überlegung, dass Aufsichtsratsmitglieder<br />

eine Nebentätigkeit übernehmen und in ihrer Entscheidung frei bleiben sollen,<br />

ob sie die sich daraus ergebenden Organpflichten auch erfüllen können. Eine<br />

Schadensersatzpflicht, etwa der Wahlkosten, entsteht nur, wenn das Amt zur<br />

Unzeit aufgegeben wird, etwa um durch einen „Massenrücktritt“ eine bestimmte<br />

Entscheidung der Gesellschaft zu erzwingen 7 .<br />

Ausnahmsweise besteht eine Pflicht zur Amtsniederlegung 8 . Voraussetzung ist<br />

eine dauerhafte schwerwiegende Interessenkollision, die eine verantwortliche<br />

Wahrnehmung des Mandats ausschließt. Besteht eine solche Interessenkollision<br />

schon bei der Bestellung, so darf das Mitglied die Bestellung nicht annehmen<br />

9 . Einzelkonflikte reichen nicht aus, wenn diese gelöst werden können,<br />

indem das Aufsichtsratsmitglied an der Sitzung oder Abstimmung nicht teilnimmt.<br />

1 Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 60.<br />

2 So BGH, GmbHR 2002, 26 = NZG 2002, 43 für Amtsniederlegung durch den Geschäftsführer;<br />

dazu Uwe H. Schneider/Sven H. Schneider, NZG 2002, 45.<br />

3 A.A. Zöllner/Noack, in: Baumbach/Hueck, Rdnr. 52; Oetker, in: ErfKomm., 7. Aufl.<br />

2007, § 12 <strong>Dr</strong>ittelbG Rdnr. 11; Ulmer/Henssler, in: Ulmer/Habersack/Henssler, Mitbestimmungsrecht,<br />

§ 12 <strong>Dr</strong>ittelbG Rdnr. 15; Raiser/Heermann, in: Ulmer, Rdnr. 60.<br />

4 LG Flensburg, DB 2004, 1254.<br />

5 So auch für die Amtsniederlegung des Geschäftsführers: BGH, BB 1993, 676.<br />

6 LG Flensburg, DB 2004, 1253.<br />

7 Zustimmend: Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrats, 4. Aufl., Rdnr. 27;<br />

Singhof, AG 1998, 327.<br />

8 Wardenbach, Interessenkonflikte und mangelnde Sachkunde als Bestellungshindernisse<br />

zum Aufsichtsrat der AG, 1995, S. 62; Wardenbach, AG 1999, 76; differenzierend:<br />

Singhof, AG 1998, 318.<br />

9 Lutter, in: FS Beusch, 1993, S. 519.<br />

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