Zukunfts-Energie - Landentwicklung - Steiermark
Zukunfts-Energie - Landentwicklung - Steiermark
Zukunfts-Energie - Landentwicklung - Steiermark
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2/06<br />
<strong>Zukunfts</strong>-<strong>Energie</strong><br />
Kluge Köpfe<br />
Wo Menschen<br />
aufstehen<br />
<strong>Energie</strong> auf dem<br />
Holz-Weg<br />
Weltwassertag<br />
Die Macht der<br />
Konsumenten<br />
l e b e n s We r t<br />
1
Coverfoto: H. Römer<br />
Leserumfrage<br />
Wir wollen unser Magazin in Zukunft noch stärker auf Ihre Bedürfnisse und Erwartungen ausrichten.<br />
Deshalb führen wir eine Befragung unserer Leserinnen und Leser durch.<br />
Bitte nehmen Sie sich einige Minuten Zeit und füllen Sie den in dieser Ausgabe beigelegten Fragebogen in<br />
Ruhe aus. Stecken Sie den ausgefüllten Fragebogen anschließend in das beigelegte Briefkuvert und senden<br />
Sie dieses an „Opinionis Analysen“, Schulstraße 19, A-8111 Judendorf-Straßengel.<br />
Wenn Sie über einen Internetanschluss verfügen, so können Sie den Fragebogen auch sofort online ausfüllen.<br />
Bitte gehen Sie dazu auf unsere Seite „www.oele-stmk.at“ und klicken Sie auf den Hinweis „Aktuelle<br />
Leserbefragung lebensWert“.<br />
ALLE EINSENDUNGEN, OB ONLINE ODER PER POST, NEHMEN AM GEWINNSPIEL TEIL, SOFERN SIE IHRE<br />
KONTAKTDATEN ANGEBEN (OPTIONAL). ALLE ANGABEN WERDEN ANONYM DURCH DIE VON UNS BEAUF-<br />
TRAGTE FIRMA „OPINIONIS ANALYSEN“ VERARBEITET.<br />
Mitmachen und gewinnen:<br />
• Eine Übernachtung in der Gartensuite im Seminarhotel Retter in Pöllauberg mit Frühstück ans Bett für<br />
2 Personen. Das Vierstern-Hotel Retter war bereits 7x das beste Seminarhotel Österreichs, bietet Entspannung<br />
pur und verwöhnt Sie mit hochwertigsten Produkten des Naturparks Pöllauer Tal.<br />
• 10 Tageseintritte für die Therme Blumau.<br />
Im Rogner-Bad Blumau erleben Sie das Urmeer Vulkania, die sanfte Heilquelle Melchior und können sich bei<br />
wohltuenden Bäder mit pflegenden Ölen und Massagen entspannen.<br />
• 10 mal 2 Karten für das Maxoom-Großbildkino am Ökopark in Hartberg.<br />
Begeben Sie sich auf eine Reise am größten Strom der Erde, begleiten Sie Extremsportler oder erleben Sie<br />
die unglaublichen Weiten des Weltalls. Das Maxoom ist das ehemalige Wiener IMAX-Kino und hat die größte<br />
Leinwand der <strong>Steiermark</strong>.<br />
• 5 TALCUS Speckstein-Sets mit Steinen, Werkzeug und Anleitung.<br />
TALCUS Speckstein ist der weichste Stein auf der Erde. Er lässt sich leicht und rasch bearbeiten;<br />
die Farbschattierungen reichen von weiß über rosa bis grün, braun und schwarz.<br />
Vollkommen anonym können Sie durch das Ausfüllen des Fragenbogens Ihre Zufriedenheit, aber auch Ihre<br />
Kritik, äußern – und dadurch beitragen, das Magazin noch besser zu machen.
Die Lebenschancen …<br />
… künftiger Generationen müssen ge-<br />
wahrt bleiben. Erreicht wird dies durch<br />
ressourcenschonendes Wirtschaften,<br />
durch Rücksichtnahme auf die Umwelt<br />
und nicht zuletzt durch Vermeidung<br />
sozialer Ungerechtigkeiten.<br />
Das ist das Prinzip der Nachhaltigkeit –<br />
und es bedeutet, über den eigenen<br />
Tellerrand hinauszuschauen und kreative<br />
Lösungen auf die Fragen unserer Zeit zu<br />
entwickeln.<br />
Das Lebensressort des Landes Steier-<br />
mark unterstützt nachhaltige Entwick-<br />
lung in unserem Land mit dem Ziel, die<br />
Lebensqualität der Menschen langfristig<br />
zu sichern und zu erhalten.<br />
Teilen Sie uns mit …<br />
… wenn in Ihrem Bereich, verehrte Lese-<br />
rinnen und Leser, etwas Interessantes<br />
geschieht. Sie können sich hier mit Ihrer<br />
Initiative, mit Ihrem Verein oder Ihrer<br />
Gemeinde einer breiteren Öffentlichkeit<br />
vorstellen. Dieses Magazin berichtet<br />
über diese Aktivitäten ebenso wie über<br />
andere zukunftsträchtige Entwicklungen<br />
im sozialen, wirtschaftlichen und öko-<br />
logischen Bereich.<br />
Kostenlos anfordern …<br />
… können Sie „lebensWert“ unter<br />
Tel. 03332/62922 (Fax DW 4)<br />
beziehungsweise per E-Mail unter<br />
„office@oele-stmk.at“.<br />
Sie bekommen das Magazin<br />
regelmäßig zugesandt.<br />
Editorial<br />
Vordenken und Umsetzen – dieses Prinzip sollte unser Handeln bestimmen.<br />
Auch diese Ausgabe des <strong>Zukunfts</strong>magazins „lebensWert“<br />
bietet wieder eine Fülle von Anregungen und Themen für Menschen,<br />
die über ihren Tellerrand hinausblicken wollen. Beginnend<br />
mit der Erfolgsgeschichte Holz-<strong>Energie</strong> spannt sich der Themenbogen<br />
über Konzepte zur Stärkung des ländlichen Raumes bis zum<br />
Hochwasserschutz und Tipps für Vereine zur Neuorganisation. Vor<br />
den Vorhang kommen auch diesmal wieder Gemeinden, die mit tatkräftiger<br />
Beteiligung der Bürger eine „Lokale Agenda“ umsetzen.<br />
Gerade die Bioenergie zeigt, welche Chancen sich für den ländlichen<br />
Raum in Zukunft eröffnen können. Die <strong>Energie</strong>-Dienstleister<br />
der Zukunft sind nicht mehr die Ölscheiche und Mineralölfirmen,<br />
sondern unsere Bauern und die Nahwärmegesellschaften. Bereits<br />
heute gibt es Holzfeuerungen für Einfamilienhäuser, die aus Pellets<br />
und Hackschnitzel nicht nur Wärme, sondern auch Strom erzeugen<br />
– eine <strong>Zukunfts</strong>vision, die Gegenwart geworden ist.<br />
Besonders hinweisen möchte ich Sie auf die Initiative „<strong>Zukunfts</strong>forum<br />
Starker Ländlicher Raum“, die ich Anfang März mit LH-Stv.<br />
Hermann Schützenhöfer aus der Taufe gehoben habe. Hunderte<br />
Experten und MitbürgerInnen beschäftigen sich in den kommenden<br />
Monaten mit den großen Themen des ländlichen Raumes.<br />
Es geht etwa um Bildung, <strong>Energie</strong>, Gesundheit, Jugend, Tourismus,<br />
Wirtschaft, Natur und Umwelt oder Kultur. Aber auch die zunehmend<br />
wichtiger werdende Frage der „Generation 50+“ wird angesprochen.<br />
Wie werden wir im ländlichen Raum in einer älter werdenden<br />
Gesellschaft künftig leben? Die Ergebnisse der verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen werden Anfang Juni im Rahmen einer großen<br />
<strong>Zukunfts</strong>konferenz vertieft und am Gemeindetag der Ökologischen<br />
<strong>Landentwicklung</strong> am 14. Juni 2006 einer breiten Öffentlichkeit<br />
präsentiert.<br />
Ich darf Sie herzlich einladen, mitzureden und mitzuarbeiten an<br />
einer guten Zukunft für unser Land!<br />
Ihr Landesrat Johann Seitinger<br />
l e b e n s We r t 1
2<br />
impressum<br />
Offenlegung gem. § 25 Mediengesetz:<br />
Vierteljährlich erscheinende Druckschrift<br />
über nachhaltige <strong>Zukunfts</strong>themen.<br />
Namentlich gekennzeichnete Artikel<br />
müssen nicht mit der Meinung der Redaktion<br />
übereinstimmen.<br />
Die aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit<br />
in den Artikeln gewählte Schreibweise wie<br />
Bürger, Leser etc. bezieht sich selbstverständ-<br />
lich auf beide Geschlechter.<br />
Herausgeber und Medieninhaber:<br />
Ökologische <strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong><br />
8230 Hartberg, Am Ökopark 9<br />
Mitherausgeber:<br />
Ökosoziales Forum <strong>Steiermark</strong><br />
8010 Graz, Reitschulgasse<br />
Redaktion:<br />
Mag. Helmut Römer<br />
Ökologische <strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong><br />
8230 Hartberg, Am Ökopark 9<br />
Tel. 03332/62922 (Fax DW 4)<br />
redaktion@oele-stmk.at<br />
Gestaltung:<br />
graphic kerstein werbung&design<br />
8103 Rein, Hörgas 138<br />
Tel. 03124/54 8 58<br />
graphic.kerstein@inode.at<br />
Druck:<br />
Neue Impulse<br />
für steirische<br />
Gemeinden!<br />
Medienfabrik Graz<br />
8010 Graz, Hofgasse 15<br />
Tel. 0316/8095-0<br />
office@mfg.at<br />
Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier<br />
inhalt<br />
<strong>Energie</strong> auf dem<br />
Holz-Weg<br />
Zwei Drittel der <strong>Steiermark</strong> sind<br />
mit Wald bedeckt – ein gigantisches<br />
Potenzial.<br />
Holzenergie-<br />
Contracting<br />
Eine Erfolgsgeschichte<br />
Die Pioniere:<br />
Beispiel Thörl<br />
Vorreiter seit den 1990er-Jahren<br />
Aktiver Klimaschutz<br />
Biomasse könnte den Klimawandel<br />
stoppen<br />
Exportschlager<br />
Bioenergietechnik<br />
Bioenergie und Forsttechnik<br />
auch in Japan am Vormarsch<br />
Neue Technologien<br />
EnergyCabin und Strom<br />
aus Holz<br />
„Wir dürfen nicht<br />
auf Kosten unserer Kinder<br />
leben.“<br />
Interview mit LR Johann<br />
Seitinger<br />
(Seiten 4-9)<br />
Wirtschaft &<br />
Nachhaltigkeit<br />
proHolz <strong>Steiermark</strong><br />
Von „Wenn wir das<br />
gewusst hätten...“<br />
zur „Holzfachberatung neu“<br />
(Seite 29)<br />
Pflanzenschädlinge<br />
auf Globalisierungs<br />
„Milliarden-Dollar-<br />
Käfer“ und Feuerbrand<br />
(Seiten 30-31)<br />
Schafnase und<br />
Mostbirn �<br />
Seit 20 Jahren werden in der<br />
<strong>Steiermark</strong> alte Obstsorten<br />
gesammelt – um sie für die<br />
kommenden Generationen<br />
zu bewahren.<br />
(Seite 32)<br />
Nachhaltig bauen<br />
Der Weg zum Passivhaus<br />
(Seiten 36-37)
Der grüne Pakt<br />
Das kommende EU-Programm:<br />
Eine Chance für den ländlichen<br />
Raum der <strong>Steiermark</strong><br />
(Seiten 10-11)<br />
Die Stärken stärken<br />
Wo werden wir wie in Zukunft<br />
leben? Ein Plädoyer für Verantwortungsgemeinschaften<br />
in<br />
Abwanderungsregionen<br />
(Seiten 12-13)<br />
Wo Menschen<br />
aufstehen<br />
<strong>Zukunfts</strong>forum – eine Initiative<br />
für ein starkes Land<br />
(Seiten 14-15)<br />
Chancenmanagement<br />
für Vereine<br />
Über die Möglichkeiten eines<br />
Neubeginns ...<br />
(Seiten 22-23)<br />
Im Westen viel Neues<br />
Teigitschtalmuseum und Infozentrum<br />
am Packer Stausee<br />
(Seite 16)<br />
Der Schutz-Wald<br />
Wald als Schutz vor Muren und<br />
Lawinen<br />
(Seiten 20-21)<br />
Es wird wärmer –<br />
warum?<br />
Wegener Netzwerk - Untersuchungen<br />
über den Klimawandel<br />
(Seite 33)<br />
Zukunft &<br />
Entwicklung<br />
Umwelt &<br />
Lebensqualität<br />
Die Macht der<br />
Konsumenten<br />
Wie wir das Angebot in unseren<br />
Geschäften beeinflussen<br />
könn(t)en<br />
(Seiten 34-35)<br />
Der sichere Spielplatz<br />
Ein Seminar für alle, die mit<br />
Spielplätzen zu tun haben<br />
(Seite 37)<br />
Naturpark ist keine<br />
Käseglocke<br />
Aktionen aus dem Naturpark<br />
Mürzer Oberland<br />
(Seite 38)<br />
Jugend weiß, was<br />
Jugend will<br />
Mitreden und Mittun in Seckau<br />
(Seite 38)<br />
Kurzmeldungen &<br />
Verschiedenes<br />
Der Welt-Wasser-Tag<br />
Aktionen zum „Internationalen<br />
Tag des Wassers“<br />
(Seite 17)<br />
Land unter?<br />
Hochwasserschutz in der<br />
<strong>Steiermark</strong><br />
(Seiten 18-19)<br />
Wahrheit? Lüge?<br />
Bullshit!<br />
Rezension<br />
(Seite 39)<br />
Projekt Weidenbaum –<br />
Wachstum für alle<br />
Ein LA21-Projekt der<br />
Gemeinde Blumau<br />
(Seite 40)<br />
Lernen im Enns<br />
Grimming Land<br />
Ein Schwerpunktthema<br />
für Schulen<br />
(Seite 40)<br />
Wasserland<br />
<strong>Steiermark</strong><br />
Lebenswertes Wies<br />
Eine Lokale-Agenda-Gemeinde<br />
(Seiten 24-25)<br />
St. Nikolai ob Draßling<br />
Bewusst leben, offen sein und<br />
bodenständig<br />
(Seite 26)<br />
Gestaltung<br />
St. Bartholomä<br />
Die Ortserneuerung als<br />
Schwerpunkt der Gemeindeentwicklung<br />
(Seite 27)<br />
Kluge Köpfe<br />
Die Kinder von Eichberg<br />
(Seite 28)<br />
Gemeinden &<br />
Regionen<br />
kann als PDF unter dem Link<br />
„<strong>Zukunfts</strong>magazin“ bei<br />
„www.oele-stmk.at“<br />
heruntergeladen werden.<br />
l e b e n s We r t<br />
3
4<br />
,,<br />
Helmut Römer<br />
Im Wald steckt noch ein riesiges Potenzial“,<br />
sagt Herbert Pretterhofer, der<br />
Obmann vom Waldverband <strong>Steiermark</strong>.<br />
Er weiß, wovon er spricht: 12.500 Mitglieder<br />
hat der Waldverband <strong>Steiermark</strong>, die<br />
derzeit etwa 700.000 Festmeter Holz gemeinsam<br />
vermarkten, davon einen wesentlichen<br />
Teil als <strong>Energie</strong>holz. Pretterhofer<br />
ist überzeugt, dass die <strong>Energie</strong>schiene<br />
noch wachsen wird. „Es stehen<br />
noch viele Möglichkeiten vor uns, vor allem<br />
gibt es noch viele Durchforstungsrückstände<br />
und Reserven.“<br />
Regionale Wertschöpfung:<br />
Holzenergie-Contracting<br />
Die Globalisierung hat auch vor der Forstwirtschaft<br />
nicht Halt gemacht. Durch die<br />
internationale Konkurrenz ist der Preis<br />
für den Rohstoff Holz gesunken, deshalb<br />
wurden von Seiten des Waldverbandes<br />
gemeinsam mit der Regionalenergie <strong>Steiermark</strong><br />
neue Wege gegangen und neue<br />
Geschäftsfelder erschlossen. Eines davon<br />
ist das Holzenergie-Contracting, da<br />
man mit Waldhackgut und Wärmeverkauf<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
<strong>Energie</strong> auf dem<br />
Holz-Weg<br />
Der Wald ist in der <strong>Steiermark</strong> ein sehr wichtiger Wirtschaftszweig.<br />
61 Prozent der Fläche sind mit Wald bedeckt und<br />
insgesamt wachsen jährlich rund 8,5 Millionen Festmeter zu,<br />
davon werden nur zwei Drittel genutzt.<br />
eine höhere Wertschöpfung erlangen<br />
kann als mit dem bloßen Rohprodukt,<br />
dem Rundholz. Die örtlichen Waldbauern<br />
schließen sich zusammen, betreiben im<br />
Rahmen einer Contracting-Gesellschaft<br />
die Anlage und verwerten so ihr Hackgut.<br />
Das Waldhackgut kann in einer solchen<br />
Anlage zu einem besseren Preis verkauft<br />
werden und die Wertschöpfung bleibt in<br />
der Region, zumal die Anlagen zumeist<br />
durch die örtlichen Gewerbetreibenden<br />
errichtet werden. Die Erfolgsgeschichte<br />
des Holzenergie-Contractings der letzten<br />
Jahre beruht nicht zuletzt auf der intensi-<br />
ven Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer<br />
<strong>Steiermark</strong> und den Bezirkskammern,<br />
dem Landesenergie-Verein<br />
und dem Waldverband. Gemeinsam<br />
wurden Contracting-Projekte gestaltet<br />
und mit den Wohnbau-Genossenschaften,<br />
den Wohnungseigentümern, Häuslbauern<br />
und Gemeinden umgesetzt.<br />
Aufgrund der Ölpreis-Entwicklung<br />
heizt man derzeit mit Holzenergie-Contracting<br />
etwa zehn Prozent günstiger als<br />
mit Heizöl. In den 1990er-Jahren war das<br />
Verhältnis umgekehrt – Heizen mit Bioenergie<br />
hat etwa ein Drittel mehr gekostet<br />
als das Heizen mit Öl oder Gas. „Nur<br />
aufgrund des Weitblicks vieler Bürgermeister<br />
konnten wir uns am Markt behaupten“,<br />
sagt heute Ing. Herbert Lammer,<br />
der Geschäftsführer der in Weiz beheimateten<br />
Regionalenergie <strong>Steiermark</strong>.<br />
viel schwieriger, der Weitblick vieler Bürgermeister<br />
hat dazu beigetragen...<br />
<strong>Energie</strong>verbrauch in Öster-<br />
reich im Jahr 2003: Damals<br />
hatte Öl den noch mit Ab-<br />
stand größten Anteil am Ener-<br />
gieverbrauch in Österreich.<br />
Mittlerweile hat sich das Ver-<br />
hältnis verschoben. Allein in<br />
der Heizsaison 2005/2006<br />
ist der Pelletsverbrauch um<br />
40 Prozent gestiegen.<br />
Quelle: Österreichische <strong>Energie</strong>agentur
„Die Landwirtschaftskammer <strong>Steiermark</strong> ist seit<br />
Jahrzehnten Vorreiter, was die Biomasse betrifft.<br />
Zu einer Zeit, wo die Kammer begonnen hat, über<br />
Bioenergie zu reden, also vor 10, 20 Jahren, war<br />
das noch überhaupt kein Thema. Dieser Weg hat<br />
sich aber als zukunftsweisend erwiesen.“<br />
Die Pioniere:<br />
Positives Beispiel Thörl<br />
DI Winfried Eberl, Kammeramtsdirektor der LK <strong>Steiermark</strong><br />
Die Gemeinde Thörl im Bezirk Bruck war<br />
bereits in den 1990er-Jahren Vorreiter in<br />
Bezug auf Biomasse und hat mehrere Anläufe<br />
zur Versorgung der Bevölkerung<br />
mit Biowärme gemacht. Aufgrund der<br />
mangelnden Wirtschaftlichkeit mit zu<br />
langen Leitungswegen und zu wenig Abnehmern<br />
sind diese Versuche erstmals<br />
gescheitert. Die Lösung war so einfach<br />
wie genial: Man hat den Weg zum dezentralen<br />
Holzenergie-Contracting eingeschlagen.<br />
1997 wurde ein Gemeinderatsbeschluss<br />
gemacht, wonach bei jedem<br />
neuen oder sanierten Gebäude von der<br />
Gemeinde oder vom öffentlichkeitsnahen<br />
Wohnbau eine Biomasseheizung eingebaut<br />
wird, die benachbarte Gebäude<br />
mit Wärme mitversorgen kann. Das Thörler<br />
Modell der dezentralen Heizanlagen<br />
wurde ein riesiger Erfolg und die Gemeinde<br />
hat zur Gänze auf Biomasse-Heizanlagen<br />
umgestellt. Herbert Lammer von der<br />
Regionalenergie zollt dieser Pioniergemeinde<br />
noch heute Respekt.<br />
Wärme aus Biomasse boomt<br />
Die Stimmung hat sich mittlerweile gedreht<br />
– aus dem Gegenwind von einst ist<br />
Rückenwind geworden und die Hersteller<br />
von Biomasse-Heizanlagen feiern einen<br />
Produktionsrekord nach dem anderen.<br />
Aus finanziellen Gründen brauchen die<br />
Konsumenten nicht mehr überzeugt werden<br />
und der technische Fortschritt hat<br />
das seine dazu beigetragen: Biomasse-<br />
Wärme ist genauso komfortabel wie Wärme<br />
aus Öl und Gas. Letztes Jahr erfolgte<br />
in der oststeirischen Gemeinde Neudorf<br />
bei Ilz der Spatenstich für das 150. steirische<br />
Holzenergie-Projekt, zirka zwei Jahre<br />
nach dem 100. Projekt in der Gemeinde<br />
Hitzendorf. Die Teilnehmer an der Feier,<br />
unter ihnen Landesrat Seitinger, waren<br />
überzeugt, dass das 200. Projekt nicht<br />
weitere zwei Jahre auf sich warten lassen<br />
würde, sondern binnen kurzer Frist erreicht<br />
sein wird.<br />
Klare Kriterien beim Contracting<br />
Was macht nun den Erfolg des Holzenergie-Contractings<br />
aus? Regionalenergie-<br />
Geschäftsführer Lammer ist überzeugt,<br />
dass die professionelle Vermarktung<br />
durch die im Jahr 2000 gegründete<br />
„Marktgemeinschaft Holzenergie-Contracting“<br />
einen wichtigen Beitrag dazu<br />
geleistet hat. Und es gibt klare Kriterien<br />
bei einem Contracting-Projekt: Zumindest<br />
drei Viertel des eingesetzten Hackgutes<br />
muss eigenes Hackgut der Landwirte<br />
aus der Wärmeliefergenossenschaft<br />
sein. Das restliche Viertel muss<br />
Qualitätshackgut aus der Region sein.<br />
Dies stellt sicher, so Lammer, dass die<br />
Wertschöpfung in der Region bleibt und<br />
nicht etwa billiges Hackgut aus Osteuropa<br />
verwendet werde. Dem Abnehmer<br />
wird außerdem garantiert, dass, wenn<br />
eine Störung auftritt, binnen drei Stunden<br />
ein Fachmann vor Ort ist und sich der<br />
Sache annimmt.<br />
Holzenergie-Contracting in der <strong>Steiermark</strong>:<br />
Mit Stand Anfang Dezember 2005 wurden<br />
von der Regionalenergie <strong>Steiermark</strong> 157 Pro-<br />
jekte (bis 250 Kilowatt) umgesetzt mit einer<br />
Gesamtleistung von 15,4 Megawatt. Der Ein-<br />
satz von Waldhackgut von fast 45.000 m 3 er-<br />
setzt jährlich 3,4 Millionen Liter Heizöl.<br />
Fotos: LK <strong>Steiermark</strong><br />
Contracting eignet sich …<br />
… einerseits für Neubauten oder umfassende<br />
Gebäudesanierung von Wohnhäusern,<br />
öffentlichen Gebäuden oder Gewerbe/Industrieobjekten,<br />
bei denen ein<br />
gewisses Einspar- bzw. Contractingvolumen<br />
vorhanden ist. Andererseits auch<br />
für Anlagen zur Erzeugung von <strong>Energie</strong><br />
(Strom) oder Wärme für öffentliche Gebäude,<br />
Wohnanlagen, Gewerbe/Industrieanlagen<br />
sowie auch Fernwärmenetze<br />
unterschiedlicher Größe. Durch garantierte<br />
Betriebskostenobergrenzen ist es<br />
weiters bestens geeignet, um Budgetbelastungen<br />
von Gemeinden oder Wohnbaugesellschaften<br />
zu reduzieren. Ein<br />
Contractor übernimmt automatisch das<br />
Risiko für diese Objekte vom Bauherrn<br />
und kann nicht nur Wärme oder <strong>Energie</strong>,<br />
sondern auch Licht, Wasser, Lüftung<br />
usw. zur Verfügung stellen.<br />
www.regionalenergie.at<br />
l e b e n s We r t<br />
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6<br />
Das Ende des fossilen Zeitalters<br />
Der Umstieg von Erdöl auf erneuerbare<br />
<strong>Energie</strong>träger wie Solar, Biomasse oder<br />
Wasserstoff ist in vollem Gang. Beim<br />
Welser Solarsymposium „talkEnergy“<br />
hat der Alternativ-Nobelpreisträger<br />
Amory Lovins dem Publikum vorgerechnet,<br />
dass, wenn die USA ihren gesamten<br />
Ölverbrauch durch erneuerbare <strong>Energie</strong>träger<br />
ersetzen würden, das billiger<br />
wäre, als dieses Öl zu kaufen. Bis zum<br />
Jahr 2025 würde diese Umschichtung<br />
der US-Wirtschaft pro Jahr brutto 130<br />
Mrd. US-$ bringen. Ganz ohne Revolution,<br />
man müsste nur die aktuellen Trends<br />
beschleunigen und verfestigen. Was in<br />
den USA möglich ist, muss auch für Europa<br />
gelten – vorausgesetzt man investiert<br />
in neue Technologien und fördert<br />
ein breites Umdenken.<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
Neue Technologien für<br />
Holz-Biomasse<br />
Biomasse, vor allem Holz, ist<br />
vielfältig einsetzbar.<br />
Man kann Holzheizungen mit<br />
anderen erneuerbaren <strong>Energie</strong>n<br />
kombinieren oder Holz<br />
zur Stromerzeugung einsetzen.<br />
Zwei Beispiele für den<br />
innovativen Einsatz von Holz.<br />
EnergyCabin – eine neue<br />
Epoche des Heizens<br />
„Wir bieten eine einfache, rasch umsetzbare<br />
und kostengünstige Lösung für die<br />
Versorgung von jeder Art von Gebäude<br />
mit Heizwärme, Warmwasser und/oder<br />
Kühlung auf der Basis von Biomasse und<br />
Solarenergie.“ Geschäftsführer Lesch ist<br />
von den Vorteilen der EnergyCabin überzeugt.<br />
Dieses Produkt vereint die Stärken<br />
der Technologien von Solarenergie und<br />
Biomasse in perfekter Weise. Die Cabin<br />
ist eine komplett vorgefertigte, transportable,<br />
kompakte <strong>Energie</strong>zentrale mit<br />
Brennstofflager und integrierter Solaranlage<br />
sowie Absorptionskältemaschine.<br />
Die Energy Cabin wird auf einfachem Weg<br />
an jegliche bereits bestehende Heizsys-<br />
Exportschlager EnergyCabin: Sie vereint<br />
Holzpellets- mit Solarenergie auf kompak-<br />
tem Raum und ermöglicht ein Einsparungs-<br />
potenzial von bis zu 50 Prozent. Hauptauf-<br />
tragsgebiet ist derzeit der englischsprachige<br />
Raum um Irland und Großbritannien.<br />
Foto: EnergyCabin
Der im oststeirischen Pinggau von der Firma<br />
Riebenbauer entwickelte Holzpumpenwagen<br />
bietet bei der Hackschnitzelzustellung den glei-<br />
chen Komfort wie bei der Lieferung mit Heizöl.<br />
Die Hackschnitzel werden per Druckschlauch in<br />
Kombination mit einem Unterdruckschlauch<br />
staubfrei in den Lagerraum eingeblasen.<br />
teme (z.B. Heizkörper, Fußbodenheizung)<br />
angeschlossen und kann dadurch<br />
derzeit vorhandene Kessel (Gas, Öl etc.)<br />
vollständig ersetzen.<br />
Jede EnergyCabin ist mit einem thermischen<br />
Solarsystem ausgerüstet, über<br />
welches ein Großteil des jährlichen<br />
Warmwasserbedarfes kostenlos bereitgestellt<br />
wird. Im Inneren der EnergyCabin<br />
sorgen ein vollautomatischer Pelletskessel<br />
und ein Pufferspeicher dafür, dass<br />
Wärme für das Heizsystem und Warmwasser<br />
jederzeit zur Verfügung stehen.<br />
Der Pelletskessel hat eine bemerkenswerte<br />
Effizienz von über 90 Prozent und<br />
basiert auf einer einfachen und verlässlichen<br />
Regelung. In der Cabin gibt es weiters<br />
ein großes Pelletslager, von welchem<br />
der Kessel automatisch mit Pellets versorgt<br />
wird. Die Kombination von kostenloser<br />
<strong>Energie</strong> durch die Sonne und erneuerbarer<br />
<strong>Energie</strong> durch Holzpellets zeichnet<br />
die EnergyCabin aus. Die erste EnergyCabin<br />
wurde im Mai 2005 nach Irland<br />
geliefert und in zwei Stunden installiert.<br />
Die Anlagen werden in Gleisdorf in Serie<br />
gefertigt.<br />
Das „Stirling Power Module“ integriert eine<br />
Pelletsheizung (mit 15 kW Wärmeleistung),<br />
um damit im Haushaltsbereich Wärme und<br />
Ökostrom zu erzeugen.<br />
Fotos: Moser (2); EnergyCabin, Römer (je 1)<br />
Strom und Wärme zu Hause selbst<br />
aus Holzpellets erzeugen<br />
In Zeiten explodierender Öl-, Gas- und<br />
Strompreise entwickeln die Firmen KWB<br />
und SPM gemeinsam das „Stirling Power<br />
Modul“. Dieses Modul besteht aus einem<br />
Stirling-Motor und einem Stromgenerator<br />
und wird in eine Pellet-Heizung von<br />
KWB eingebaut. Damit kann der Kunde in<br />
seinem Keller neben umweltfreundlicher<br />
Wärme gleichzeitig auch selbst hochwertigen<br />
Ökostrom erzeugen. Das Stromerzeugungsmodul<br />
hat eine elektrische<br />
Nennleistung von einem Kilowatt, womit<br />
im Jahresdurchschnitt ein wesentlicher<br />
Teil des Strombedarfs eines typischen<br />
Einfamilienhauses abgedeckt werden<br />
kann. Diese technische Innovation wurde<br />
von den beiden beteiligten Firmen gemeinsam<br />
im Rahmen der Welser <strong>Energie</strong>sparmesse<br />
der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Die Vorteile sind vielfältig: Man hat<br />
die Möglichkeit, in seinem Heizungskeller<br />
neben Wärme auch seinen eigenen<br />
Strom zu erzeugen. Damit entzieht man<br />
sich der Abhängigkeit von den Entwicklungen<br />
bei den fossilen <strong>Energie</strong>trägern<br />
(Öl, Gas, ...) und in weiterer Folge den<br />
steigenden Strompreisen. Den Überschuss<br />
des so erzeugten ökologisch<br />
wertvollen Ökostroms kann man in das<br />
öffentliche Stromnetz einspeisen und<br />
verkaufen. Über das Jahr ergeben sich somit<br />
in Summe geringere Stromkosten.<br />
Auf diese Art wird umweltfreundlich sowohl<br />
Wärme als auch Strom erzeugt.<br />
Japanische Wirtschaft an<br />
steirischer Bioenergietechnik<br />
interessiert<br />
(AIZ – Agrarisches Informationszentrum).<br />
Eine zwölfköpfige Wirtschaftsdelegation<br />
aus Japan hat Mitte Februar<br />
steirische und österreichische Weltmarktführer<br />
im Bioenergie- und Forsttechnik-Bereich<br />
besucht. Das Hochtechnologieland<br />
Japan verfügt in diesem Bereich<br />
kaum über Know-how und Technologie.<br />
Ziel ist es aber, die Strom- und<br />
Wärmeerzeugung aus Biomasse in Japan<br />
zu entwickeln. „Seit dem starken<br />
Anstieg der Öl- und Gaspreise vor einem<br />
Jahr ist das Interesse Japans an Biomasse<br />
als <strong>Energie</strong>quelle sprunghaft gestiegen“,<br />
betonte der Delegationsleiter Koichiro<br />
Koike. Die Erzeugung von Wärme<br />
und Strom aus erneuerbaren Quellen sei<br />
in Japan stark im Kommen. Deshalb<br />
habe man höchstes Interesse, Biomasseheizanlagen<br />
aus Österreich nach Japan<br />
zu importieren.<br />
„Darin liegen große Export-Chancen<br />
für heimische Unternehmen, die Weltmarktführer<br />
bei Bioenergietechnologien<br />
sind“, betonte der Präsident des Europäischen<br />
Biomasseverbandes und langjährige<br />
Direktor der Landwirtschaftskammer<br />
<strong>Steiermark</strong>, Dr. Heinz Kopetz.<br />
„Höchstes Kaufinteresse besteht für<br />
Maschinen zur Hackschnitzelerzeugung,<br />
für Holzerntemaschinen, Hackschnitzelheizungen<br />
für Einfamilienhäuser und<br />
Fernwärmeanlagen sowie für Pelletsheizungen.<br />
Besonders gefragt sind auch<br />
Holzverstromungsanlagen, aber auch<br />
Planungs-Know-how für Heizungs- und<br />
Stromerzeugungsanlagen.“<br />
l e b e n s We r t<br />
7
8<br />
Der steirische Agrar-Landesrat<br />
Johann Seitinger über den<br />
Klimawandel, Holzenergie und<br />
die Chancen für den ländlichen<br />
Raum.<br />
Wo kann die Landwirtschaft bei der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong> Fuß fassen, wo<br />
kann sie Wertschöpfung erwirtschaften,<br />
wo könnte man Chancen entwickeln?<br />
Wir wissen, dass der Klimawandel beziehungsweise<br />
die Veränderungen in der<br />
Umwelt vielfach zuerst die Bauern treffen.<br />
Ich denke in diesem Zusammenhang<br />
an die Naturkatastrophen wie Dürren,<br />
Hochwässer und die damit verbundenen<br />
Ernteausfälle. Es ist also im ureigensten<br />
Interesse der Landwirte, die erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong>n zu forcieren. Außerdem<br />
kann die Landwirtschaft Versorgungssicherheit<br />
bieten. Die <strong>Energie</strong>sicherheit,<br />
die auf fossilen <strong>Energie</strong>n beruht, hängt<br />
an einem seidenen Faden. Ein sehr hoher<br />
Anteil der fossilen <strong>Energie</strong> kommt aus<br />
„unsicheren Ländern“ und wenn wir heute<br />
sehen, dass die militärische Absicherung<br />
der Erdgas- und Ölzuleitungen teurer<br />
ist als das Produkt Öl beziehungsweise<br />
Gas selbst, dann muss man wissen,<br />
was man zu tun hat.<br />
Fotos: Römer (2)<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
„Wir dürfen nicht auf<br />
Kosten der Zukunft<br />
unserer Kinder leben.“<br />
Der Bauer als <strong>Energie</strong>wirt?<br />
Erneuerbare <strong>Energie</strong> bringt neue Beschäftigung<br />
im ländlichen Raum. Ein Beispiel:<br />
Bei der fossilen <strong>Energie</strong> geht ein<br />
hoher Anteil der Wertschöpfung, weit<br />
über 50 Prozent, ins Ausland, während<br />
beim Einsatz der erneuerbaren <strong>Energie</strong><br />
mehr als 90 Prozent der Wertschöpfung<br />
im Inland bleibt. Die Landwirte, die im<br />
Rahmen der bäuerlichen Wärmeliefergenossenschaften<br />
<strong>Energie</strong> anbieten, erzielen<br />
wesentlich mehr Einkommen als jene,<br />
die bloß ihr Rohprodukt Holz oder auch<br />
ihre Hackschnitzel verkaufen.<br />
Welchen Stellenwert nimmt Holz bei<br />
den erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern ein?<br />
Einen sehr hohen – fast zwei Drittel der<br />
<strong>Steiermark</strong> ist mit Wald bedeckt. Leider<br />
bleiben von den 8,5 Millionen Festmeter<br />
Holzzuwachs pro Jahr drei Millionen ungenutzt.<br />
Derzeit wächst jährlich die Kulturfläche<br />
von 1.700 Fußballfeldern in unserem<br />
Land zu. Aber hier ist schon eine<br />
Änderung zu erkennen. Den Menschen<br />
wird bewusst, welche enorme Wert-
„Eine <strong>Energie</strong>versorgung für 10.000<br />
Einwohner beschäftigt etwa zehn<br />
Personen im Bereich der fossilen<br />
<strong>Energie</strong>, bei der erneuerbaren <strong>Energie</strong><br />
sind es 135 Beschäftigte.“<br />
schöpfung und eine Einkommensabsicherung<br />
die Holzenergie bietet. Jedes<br />
Holzenergie-Contracting zeigt, dass man<br />
richtig und nachhaltig gedacht sowie<br />
hohe Verantwortung für regionale Wertschöpfung<br />
übernommen hat.<br />
Ist Holzenergie der Weg, aus dem Treibhausgas-Dilemma<br />
herauszukommen?<br />
Absolut – Holz ist im Gegensatz zu den<br />
fossilen <strong>Energie</strong>n CO 2-neutral. Beim Verbrennen<br />
wird also nur so viel Kohlendioxid<br />
freigesetzt, wie beim Wachstum der<br />
Pflanze gebunden wurde. Wir müssen alles<br />
tun, um den durch die Treibhausgase<br />
verursachten Klimawandel aufzuhalten<br />
und wir dürfen nicht auf Kosten der Zukunft<br />
unserer Kinder leben. Die Klimaveränderungen<br />
sind klar erkennbar. In den<br />
letzten 20 Jahren sind die zehn größten<br />
Naturkatastrophen zu verzeichnen, seit<br />
es Klimaaufzeichnungen gibt, und in den<br />
letzten zwölf Jahren gab es die neun heißesten<br />
Sommer seit etwa 500 Jahren.<br />
Heute, sozusagen fünf Minuten vor zwölf,<br />
muss ein Umkehrschub in der Klimapolitik<br />
einsetzen. Daran führt kein Weg vorbei.<br />
Sie sind auch für den Wohnbau zuständig.<br />
Welche Initiativen gibt es in diesem<br />
Bereich?<br />
Wir forcieren Holz in jede Richtung, einerseits<br />
bei den Heizsystemen und andererseits<br />
im Wohnbau generell. Ziel ist etwa,<br />
dass zumindest ein Fünftel der kommunalen<br />
Wohnbauten mit Holz gebaut wird.<br />
In der <strong>Steiermark</strong> geben wir unseren<br />
Häuslbauern nur dann eine Wohnbauförderung,<br />
wenn sie erneuerbare <strong>Energie</strong><br />
einsetzen. Auch die „Wohnbauförderung<br />
– neu“ hat viele bauökologische Ansätze,<br />
sich in der Förderung positiv auswirken.<br />
Ihre Meinung zählt!<br />
Schreiben Sie uns:<br />
redaktion@oele-stmk.at<br />
Welche Förderungen sind zum<br />
Beispiel geplant?<br />
Wir haben das ehrgeizige Ziel, dass bis<br />
zum Jahr 2010 etwa ein Drittel der jetzt<br />
noch fossil geheizten 200.000 Haushalte<br />
in der <strong>Steiermark</strong> auf erneuerbare <strong>Energie</strong><br />
umgestellt werden. Dies wäre eine<br />
enorme Wertschöpfungsmöglichkeit für<br />
die Bauernschaft, riesige Investitionsimpulse<br />
würden gesetzt werden und wir<br />
könnten nicht nur Beschäftigung schaffen,<br />
sondern auch sichern. Natürlich<br />
muss man hier entsprechende Förderanreize<br />
schaffen, diesbezügliche Verhandlungen<br />
werden gerade geführt.<br />
„Die Holzenergie bietet eine<br />
enorme Wertschöpfungs- und<br />
Einkommensmöglichkeit für den<br />
ländlichen Raum.“<br />
Wie schätzen Sie die Zukunft der<br />
Holzenergie ein?<br />
Wir wissen, wie sich in den letzten Jahren<br />
die Öl- und Gaspreise entwickelt haben.<br />
Vor sechs Jahren haben wir für ein Barrel<br />
Öl noch etwas über 9 Dollar gezahlt, heute<br />
sind es zwischen 50 und 70 Dollar.<br />
Beim Gas sieht die Situation ähnlich aus.<br />
Die Biomasse, und hier besonders aus<br />
Holz, wird also zunehmend konkurrenzlos<br />
werden und der derzeit erkennbare<br />
Boom wird sich noch verstärken. Um diese<br />
Entwicklung weiter zu beschleunigen,<br />
brauchen wir ein Kompetenzzentrum für<br />
erneuerbare <strong>Energie</strong>, welches als Impuls-<br />
und Netzwerkstelle für Konsumenten,<br />
Bauern, Entwickler und Forscher etc.<br />
dient.<br />
Die technologische Entwicklung geht<br />
aber weiter und ich bin mir sicher, dass<br />
spätestens in zehn Jahren jeder Häuslbauer<br />
einen wesentlichen Teil seines<br />
Strombedarfes mit einer mit Biomasse<br />
beheizten Kleinanlage decken kann. Ich<br />
bin überzeugt, dass die Forschung im<br />
Jahr 2020 die Grundlagen für einen energieautarken<br />
Haushalt bietet – und zwar<br />
für Wärme und für Strom.<br />
Das Interview führte Mag. Helmut Römer.<br />
E-Mail: redaktion@oele-stmk.at<br />
Aktiver Klimaschutz<br />
Mit Biomasse besteht die Hoffnung,<br />
den Klimawandel zu stoppen und den<br />
Menschen in den ländlichen Regionen<br />
das Einkommen zu sichern.<br />
Die Vorboten des Klimawandels sind<br />
nicht zu übersehen. Dürren, Hochwasser<br />
und Stürme werden weltweit immer extremer<br />
und häufiger. Bei den Experten<br />
ist es mittlerweile unbestritten, dass der<br />
Ausstoß an Treibhausgasen durch die<br />
Verbrennung fossiler <strong>Energie</strong>träger<br />
schuld ist am Klimawandel. Zwar sind<br />
die USA mit weitem Abstand die größten<br />
CO 2-Sünder, jedoch steht auch in Österreich<br />
nicht alles zu Besten. Gemäß dem<br />
Kyoto-Ziel sollte Österreich den Ausstoß<br />
seiner Treibhausgase um 13 Prozent reduzieren,<br />
tatsächlich entfernen wir uns<br />
immer mehr von diesem Ziel. Nur in letzter<br />
Zeit ist eine leichte Trendumkehr<br />
festzustellen. Vielleicht haben auch die<br />
hohen <strong>Energie</strong>preise für fossile <strong>Energie</strong>träger<br />
zu einem Umdenken bei den Menschen<br />
geführt und viele dazu veranlasst,<br />
<strong>Energie</strong> zu sparen. Denn die Verteuerung<br />
von Öl und Gas ist unumkehrbar.<br />
Die Vorräte der fossilen <strong>Energie</strong>n gehen<br />
zu Ende, gleichzeitig wird die Nachfrage<br />
größer, man muss nur an den Bedarf von<br />
China und Indien denken.<br />
l e b e n s We r t<br />
9
10<br />
,,<br />
Georg Zöhrer<br />
ZUKUNFT & ENTWICKLUNG<br />
Der grüne Pakt<br />
Mitte Februar hat das Lebensministerium unter dem Titel „Der grüne Pakt“ den<br />
Entwurf der Maßnahmenbeschreibungen zum neuen Ländlichen Entwicklungsprogramm<br />
der EU veröffentlicht. Dieses Programm wird zwischen 2007 und 2013 entscheidende<br />
Impulse für den ländlichen Raum geben – auch und vor allem in der <strong>Steiermark</strong>.<br />
Der grüne Pakt“ beschreibt aus österreichischer<br />
Sicht die geplanten Maßnahmen<br />
des künftigen europäischen<br />
Ländlichen Entwicklungsprogramms der<br />
Periode 2007–2013. Es ist ein Entwurf,<br />
bei dem in Form von Dialogtagen und<br />
durch die Nutzung einer Internetplattform<br />
die Möglichkeit zur öffentlichen Diskussion<br />
besteht. Ziel ist es, mit Wirksamkeit<br />
zum 1. Januar 2007 rechtzeitig ein<br />
von der EU genehmigtes Programm vorliegen<br />
zu haben. Zwar sind für Österreich,<br />
neben der Klärung offener Fragen zur<br />
endgültigen Fixierung des Programmvolumens<br />
auf EU-Ebene, noch verschiedene<br />
technische Details zur Programmimplementierung<br />
zu klären. Es ist aber die<br />
richtige Entscheidung, parallel dazu die<br />
Programmentwicklung in Österreich voranzutreiben,<br />
um die Eckpunkte des bewährten<br />
Ländlichen Entwicklungsprogramms<br />
der vorausgegangenen Periode<br />
2000–2006 wiederzuerkennen und Prioritäten<br />
zur Stärkung der ländlichen Regionen<br />
zu setzen.<br />
Chance für den ländlichen Raum der <strong>Steiermark</strong><br />
Eine Milliarde Euro pro Jahr<br />
Voraussichtlich werden in Österreich<br />
jährlich rund eine Milliarde Euro an öffentlichen<br />
Finanzmitteln dafür verwendet.<br />
Vorbehaltlich der Gespräche über<br />
die Finanzaufteilung ist von einer Zuordnung<br />
von 50 Prozent EU-Mitteln, 30 Prozent<br />
Bundesmitteln und 20 Prozent Landesmitteln<br />
auszugehen. Dies würde der<br />
Aufteilung in der Periode 2000– 2006<br />
entsprechen. Worin liegen nun die wesentlichen<br />
Eckpunkte für den Ländlichen<br />
Raum der <strong>Steiermark</strong>?<br />
Durch gezielte Verarbeitung und<br />
Vermarktung von landwirtschaftli-<br />
chen Produkten wie beispielsweise<br />
von Ölsaaten wird eine wesentlich<br />
höhere Wertschöpfung erzielt.<br />
Fotos: Römer (4)
„Die Akteurinnen und Akteure<br />
in den ländlichen Regionen<br />
sind eingeladen, ihre Ideen<br />
einzubringen …“<br />
Landwirte, Zimmervermieter, Tourismusbe-<br />
triebe, Selbständige und Gewerbetreibende:<br />
Der Erhalt der ländlichen Infrastruktur si-<br />
chert Arbeitsplätze und Lebensqualität.<br />
Die Eckpfeiler des Programms<br />
Mit den EU-Vorgaben zur Schwerpunktsetzung<br />
in den einzelnen Achsen beziehungsweise<br />
Säulen sind folgende Prioritäten<br />
möglich:<br />
1. Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
der Land- und Forstwirtschaft<br />
(mind. 10 Prozent)<br />
Es wird auf eine Bildungsoffensive gesetzt<br />
und die Erstniederlassung von Junglandwirten<br />
gestärkt. Der bewährte Ansatz<br />
der einzelbetrieblichen Investitionen<br />
für betriebserhaltende und einkommensschaffende<br />
Investitionen wird beibehalten.<br />
In der Maßnahme „Verarbeitung<br />
und Vermarktung landwirtschaftlicher<br />
Produkte“ wird zur Stärkung der<br />
Marktpositionierungen von beispielsweise<br />
Fleisch, Milch, Obst und Gemüse, Ölkürbis<br />
sowie Wein ein neuer Schwerpunkt<br />
gesetzt. Auch die Maßnahmen hinsichtlich<br />
der Forstwirtschaft im Bereich<br />
der Vermarktung und Logistik sind gerade<br />
für das Waldland <strong>Steiermark</strong> – neben<br />
der Unterstützung der Biomasseaktivitäten,<br />
die auch in der dritten Säule (ländliche<br />
Wirtschaft) vertreten sind – von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
2. Verbesserung der Umwelt und der<br />
Landschaft (max. 80 Prozent)<br />
Hier wird die bewährte Ausgleichszahlung<br />
in den von der Natur benachteiligten<br />
Gebieten in vollem Umfang aufrechterhalten.<br />
Dies ist von besonderer Bedeutung,<br />
da mehr als zwei Drittel der Landesfläche<br />
der <strong>Steiermark</strong> als Berggebiet beziehungsweise<br />
sonstiges benachteiligtes<br />
Gebiet oder kleines Gebiet klassifiziert<br />
sind. Dieser Schwerpunkt beinhaltet<br />
außerdem Maßnahmen im Zusammenhang<br />
mit den „Natura 2000-Gebieten“<br />
und den Forstumweltmaßnahmen.<br />
Im Bereich des Landwirtschaftlichen Umweltprogramms<br />
sind in den drei Blöcken<br />
• Extensive und umweltschonende Bewirtschaftungsweisen<br />
• Kulturlandschaft und Naturschutz,<br />
sowie<br />
• Boden-, Klima- und Wasserschutzmaßnahmen<br />
Maßnahmen der laufenden Programmperiode<br />
wieder verankert. Auch aufgrund<br />
des Ergebnisses der EU-Marktordnungsreform<br />
2003 sind Anpassungen in der<br />
Prämiengestaltung notwendig.<br />
3. Lebensqualität in ländlichen Räumen<br />
und Diversifizierung der ländlichen<br />
Wirtschaft sowie Leader-Projekte (jeweils<br />
mind. 5 Prozent, gemeinsam<br />
also mind. 10 Prozent)<br />
Dabei bilden Maßnahmen zur Diversifizierung<br />
der ländlichen Wirtschaft (inkl.<br />
Kleinstunternehmen und Tourismuseinrichtungen),<br />
Dienstleistungen der Grundversorgung<br />
(Wegenetz und <strong>Energie</strong> aus<br />
Biomasse) und Maßnahmen zur Erhaltung<br />
und Verbesserung des ländlichen<br />
Erbes die Kernpunkte. Mindestens die<br />
Hälfte des Programmvolumens in dieser<br />
Schwerpunktachse ist nach den Regeln<br />
von Leader, einer bisher sehr bewährten<br />
Förderungsstrategie zur Stärkung lokaler<br />
und regionaler Initiativen, einzusetzen.<br />
Ausgehend von der Verteilung in der<br />
Periode 2000–2006 mit rund 87 Prozent<br />
der Mittel im zweiten Schwerpunkt, dem<br />
Bereich der Direktzahlungen in den benachteiligten<br />
Gebieten und den Umweltleistungen<br />
im Rahmen von ÖPUL, bringt<br />
der neue Ansatz vor allem eine Stärkung<br />
für die Lebensqualität im ländlichen<br />
Raum und die Diversifizierung der ländlichen<br />
Wirtschaft.<br />
Aufruf zur Mitarbeit<br />
Die Akteurinnen und Akteure in den ländlichen<br />
Regionen sind schon jetzt eingeladen,<br />
eine Ideensammlung vorzunehmen,<br />
Vorarbeiten zur Projektumsetzung anzugehen<br />
und mit den zuständigen Förderungsabwicklungsstellen<br />
des Landes,<br />
der Landwirtschaftskammer und den<br />
HR DI Georg Zöhrer ist Leiter der Abteilung 10 (Land- und Forstwirtschaft) des Amtes der<br />
Steiermärkischen Landesregierung. E-Mail: georg.zoehrer@stmk.gv.at<br />
Die gelungene Präsentation der Produkte<br />
(hier zum Beispiel eine Verkaufsstätte von<br />
Imkerwaren) bietet auch einen Anreiz für<br />
den Tourismus.<br />
Leader-Managements (in den zumindest<br />
bisherigen und vermutlich auch künftigen<br />
Leader- Regionen) Kontakt zu halten.<br />
Jedenfalls ist beabsichtigt, neben dem<br />
zügigen Aufbau (und der Weiterentwicklung<br />
der bestehenden Struktur) der Abwicklungsstruktur<br />
auf Landes- und regionaler<br />
Ebene eine begleitende umfassende<br />
Information über den Stand der EU-<br />
Genehmigung, der Implementierung der<br />
Programme in Österreich und der künftigen<br />
Richtlinieninhalte vorzunehmen.<br />
l e b e n s We r t<br />
11
12<br />
Richard Resch<br />
Unsere Gesellschaft altert. Auf jede<br />
Frau in der <strong>Steiermark</strong> kommen derzeit<br />
statistisch 1,3 Kinder. Um die Bevölkerungszahl<br />
konstant zu halten, müssten<br />
aber mehr als zwei Kinder pro Frau zur<br />
Welt kommen. Dieses Ziel ist aber, trotz<br />
aller Bemühungen der Politik zum Beispiel<br />
durch den Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen,<br />
unrealistisch.<br />
Gleichzeitig sind viele ländliche Gebiete<br />
von Abwanderung betroffen. Die Folgen<br />
sind Kaufkraftverlust und Schwierigkeiten<br />
beim Aufrechterhalten der kommunalen<br />
Dienstleistungen. All das bedingt<br />
neue Perspektiven und Maßnahmen im<br />
Bereich der Raumentwicklung, einen<br />
„Raumumbau“ hinsichtlich des in Zukunft<br />
noch zunehmenden demografischen<br />
Wandels in den peripheren, innerösterreichischen<br />
und steirischen Randregionen.<br />
Dies war unter anderem auch das<br />
Thema des letztjährigen österreichischen<br />
Planertages der Raumplaner, Landschaftsplaner<br />
und Geographen in Pörtschach,<br />
bei dem folgende Thesen besprochen<br />
wurden:<br />
Bevölkerungsrückgänge und<br />
Überalterung insbesondere in den<br />
Randgemeinden<br />
Gegenüber einem insgesamt „wachsenden<br />
Österreich“ ist in Kärnten und <strong>Steiermark</strong><br />
mit generellen, weiteren Bevölkerungsverlusten<br />
zu rechnen. Insbesondere<br />
in der Mürz-Mur-Furche und im gesamten<br />
Landesgebiet Kärnten mit Ausnahme<br />
des Zentralraumes Klagenfurt – Villach<br />
und des Grazer Zentralraumes wird die<br />
Bevölkerung in den nächsten Jahrzehn-<br />
Junge Leute werden in manchen ländlichen<br />
Regionen selten. In 25 Jahren wird fast ein<br />
Drittel der Bevölkerung im Osten und Süden<br />
Österreichs über 65 Jahre alt sein. Die Auf-<br />
rechterhaltung der Infrastruktur und die Be-<br />
treuung der älteren Menschen sind die künf-<br />
tigen großen Herausforderungen.<br />
Fotos: Römer (5)<br />
ten um bis zu einem Fünftel zurückgehen.<br />
Damit einher geht auch eine weitere<br />
deutliche Überalterung der Gesamtbevölkerung.<br />
Besonders betroffen sind vor<br />
allem schlecht erreichbare Randgemeinden.<br />
ZUKUNFT & ENTWICKLUNG<br />
Die Stärken stärken<br />
Verantwortungsgemeinschaften für<br />
Abwanderungsregionen<br />
Der ländliche Raum ist im Umbruch. Überalterung und Kaufkraftverlust<br />
zehren an der Substanz vieler Landgemeinden, dem<br />
gegenüber stehen neue Chancen etwa durch Telearbeitsplätze<br />
und die vielfach höhere Lebensqualität auf dem Land.<br />
Wo werden wir also wie in Zukunft leben?
Grundversorgung und Lebensqualität<br />
ist zunehmend gefährdet<br />
Die Abwanderung führt zu Kaufkraftverlusten<br />
und einer Erosion von lokalen<br />
Dienstleistungen und betrifft insbesondere<br />
Gebiete mit einer geringen Bevölkerungsdichte<br />
sowie Kleingemeinden. Weitere<br />
Effekte sind eine abnehmende politische<br />
Bedeutung von immer weniger Wählerstimmen<br />
und Repräsentanten aus diesen<br />
Regionen, Verluste im Finanzausgleich,<br />
der Rückgang von Gemeindebudgets,<br />
rückläufige Rentabilitäten von öffentlichen<br />
und privaten Infrastrukturleistungen.<br />
Die Realität der vergangenen<br />
Jahre zeigt, dass diese Entwicklung trotz<br />
politischer Versprechungen zu regionalem<br />
Ausgleich und „gleichwertigen Lebensbedingungen“<br />
nicht verändert werden<br />
konnte. Im Gegenteil spricht einiges<br />
dafür, dass sich dieser Prozess im Zusammenhang<br />
mit neuen Prioritäten der EU-<br />
Förderpolitik, Sparmaßnahmen der nationalen<br />
Haushalte und Zentralitäts-orientierter<br />
Wirtschaftsförderung dramatisch<br />
verschärfen wird.<br />
Was man dagegen tun kann …<br />
Diese Entwicklung ist ein Problem in fast<br />
allen europäischen Ländern und vielfältig<br />
sind auch die Gegenstrategien, die<br />
derzeit erprobt werden. Beispielsweise<br />
hat die Bundesrepublik Deutschland das<br />
Aktionsprogramm „MORO“ ins Leben gerufen.<br />
Hier unterstützt die deutsche Bundesregierung<br />
aktuell neun Modellregionen<br />
bei der Entwicklung von hochwertigen,<br />
an die Bevölkerungsentwicklung<br />
angepassten, Infrastrukturangeboten.<br />
Die Spanne reicht von innovativen Projekten<br />
der nachhaltigen Regionalentwicklung<br />
bis zu Infobroschüren über öffentliche<br />
Daseinsvorsorge und demographischen<br />
Wandel.<br />
Die „Lebensfähigkeit der ländlicher<br />
Räume“ ist auch Kernthema des Arbeitsprogramms<br />
der Österreichischen<br />
Raumordnungskonferenz. Weitere Ansatzpunkte<br />
für regionalpolitische Maßnahmen<br />
im Bereich der Ländlichen Entwicklung,<br />
Dorferneuerung, Gemeindekooperation<br />
und des Regionalmanagements<br />
sind schon seit Jahren in Erprobung<br />
und haben teilweise auch europaweite<br />
Vorbildwirkung. Große Erwartungen<br />
werden in das künftige Strukturprogramm<br />
für die ländliche Entwicklung<br />
Innovative Produkte und ein ge-<br />
schicktes Marketing sichern das<br />
wirtschaftliche Überleben auch im<br />
ländlichen Raum (im Bild: Schoko-<br />
ladenproduktion der Firma Zotter<br />
in Riegersburg).<br />
Eine weitere Einkommensschiene<br />
für viele Landwirte: Bauernmärkte<br />
und Direktvermarkter-Stände in<br />
Zusammenarbeit mit Kaufleuten.<br />
Erfolgreiches Zusammenspiel zwi-<br />
schen Landwirtschaft und Gewer-<br />
be: Die Ölmühle Fandler aus Pöllau<br />
bietet 17 erstklassige Öle aus vor-<br />
rangig regionaler landwirtschaftli-<br />
cher Produktion an.<br />
2007–2013 gehegt mit den Schwerpunk-<br />
Schwerpunk- Notwendige Unterstützung<br />
ten der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit<br />
von Land- und Forstwirtschaft, der<br />
durch Land und Bund<br />
Förderung von Umweltschutz und Land- Die längerfristige Verstärkung und Untermanagement<br />
und der Diversifizierung stützung der Orts- und Regionalentwick-<br />
der ländlichen Wirtschaft und der Verbeslung, die Vorbereitung und Finanzierung<br />
serung der Lebensqualität im ländlichen von integrierten, regionalen Leitprojek-<br />
Raum.<br />
ten sind wesentliche Grundlagen gegen<br />
die Entleerung des ländlichen Raumes.<br />
Verantwortung der Bürger<br />
Auch Förderungen und Bedarfszuwei-<br />
und Gemeinden<br />
sungen sind auf kooperative, regionale<br />
Projekte auszurichten, im Rahmen von<br />
Unbezahlte ehrenamtliche Gemeinwe- Pilotprojekten sollen zukunftsträchtige<br />
senarbeit hat noch immer eine große Be- Modelle für flexible Infrastrukturmaßdeutung<br />
für die Aufrechterhaltung von nahmen und Mobilitätskonzepte für<br />
sozialen Netzen und örtlichen Kommuni- Randregionen begleitet und unterstützt<br />
kationsstrukturen. Über die Feuerwehr werden. Mit Anpassungen beim Finanz-<br />
und Blasmusik hinaus wird diesen Einausgleich, aber auch mit neuen Konzessirichtungen<br />
zukünftig wieder vermehrte onsmodellen zur Übertragung von Be-<br />
Aufmerksamkeit zukommen müssen. Die triebsgewinnen der Infrastrukturanbieter<br />
regionale Entwicklung basiert auf der in den Städten auf unrentable Landregio-<br />
Einbindung der Bevölkerung vor Ort. Die nen, integrierten ländlichen Programmen<br />
Vielzahl von Gemeinden in der Steier- usw. ist auch der Bund gefordert, der weimark,<br />
die eine erfolgreiche „Lokale Agenteren Entleerung der benachteiligten Reda<br />
21“ umsetzen, zeigt, dass die aktive gionen entgegenzuwirken. Generelle<br />
Beteiligung der Menschen die Basis für Grundbedingung wird aber eine zwischen<br />
Innovation im ländlichen Raum ist. Auch den Gebietskörperschaften abgestimm-<br />
die Reorganisation und neue, zusätzliche te, zielgerichtete Regionalpolitik sein im<br />
Funktionen von Infrastrukturverbänden, Sinne einer Stärkung der Stärken und ei-<br />
sektor- und betriebsübergreifende ner Unterstützung von regionalen Verant-<br />
Dienstleistungszentren, mobile öffentliwortungsgemeinschaften für die Aufche<br />
Einrichtungen, die Diskussion von rechterhaltung des peripheren ländli-<br />
Qualitätsstandards bis hin zu Gemeindezusammenlegungen<br />
sind in diese Überlegungen<br />
einzubeziehen. Wesentlich für<br />
die Aufrechterhaltung der schon weitgehend<br />
bestehenden Einrichtungen und für<br />
chen Raumes.<br />
erträgliche Folgekosten der Infrastruk- DI Richard Resch ist Raumplaner und führt<br />
tur, ist schließlich auch eine aktive Raum- ein Planungsbüro in Graz mit Schwerpunkt<br />
ordnung und Konzentration der Siedlungsentwicklung<br />
auf gut versorgte Orts-<br />
Regionalplanung und Gemeindekooperation.<br />
lagen.<br />
E-Mail: resch@regionalentwicklung.at<br />
l e b e n s We r t<br />
13
14<br />
Sandra Höbel<br />
Wo Menschen aufstehen – für<br />
einen STARKEN ländlichen Raum<br />
„Zukunft denken, Zukunft<br />
lenken!“ Unter diesem Motto<br />
vereinen sich Akteure aus<br />
verschiedenen Fachbereichen,<br />
um ein wertvolles Stück<br />
<strong>Steiermark</strong> zu erhalten!<br />
Das Forum war im alten Rom – wie<br />
schon die Agora in Griechenland –<br />
der öffentliche Treffpunkt. Dort haben die<br />
Menschen sich versammelt. Um über ihr<br />
Leben und ihr Zusammenleben zu diskutieren,<br />
zu streiten, mit einem Ergebnis<br />
auseinander zu gehen.<br />
Und es geht eben um die Zukunft. Um<br />
unsere Verantwortung für unsere Kinder<br />
und Enkelkinder, auch um unsere Verantwortung<br />
für unsere Ressourcen, unseren<br />
Lebensraum!<br />
Am 8. März 2006 fiel der offizielle<br />
Startschuss zu einem zukunftsträchtigen<br />
Projekt, das eine Vielzahl von Menschen<br />
in ihrem Interesse und Tun für den ländlichen<br />
Raum verbindet! Unter der Schirmherrschaft<br />
von LH-Stv. Hermann Schützenhöfer<br />
und Landesrat Johann Seitinger<br />
wurde das „<strong>Zukunfts</strong>forum starker ländlicher<br />
Raum“ ins Leben gerufen!<br />
Mit der Organisation und Abwicklung<br />
dieses <strong>Zukunfts</strong>forums ist die Ökologische<br />
<strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> betraut.<br />
ZUKUNFT & ENTWICKLUNG<br />
Die Ökologische <strong>Landentwicklung</strong><br />
<strong>Steiermark</strong> – kurz ÖLE – ist eine Initiative<br />
aus dem Lebensressort von Landesrat Johann<br />
Seitinger! Wesentlichster Bestandteil<br />
der ÖLE-Arbeit ist die Beteiligung:<br />
„Von Menschen für Menschen – und für<br />
eine gute Zukunft!“<br />
Und genau das ist es, was mit dem<br />
„<strong>Zukunfts</strong>forum Starker ländlicher<br />
Raum“ erreicht werden soll: möglichst<br />
viele Menschen mit ihren Erfahrungen<br />
und Ideen in einen über 13 Arbeitsgruppen<br />
breit angelegten Diskussionsprozess<br />
einzubinden! Und gemeinsame Szenarien<br />
und Strategien für einen STARKEN<br />
ländlichen Raum zu erarbeiten!<br />
Neue Bedeutung des<br />
ländlichen Raums<br />
Die Funktion des ländlichen Raumes hat<br />
sich in den letzten Jahrzehnten wesentlich<br />
weiter entwickelt: Längst ist „das<br />
Land“ herausgewachsen aus der engen<br />
agrarischen Bedeutung, aus der zuge-<br />
wiesenen Funktion eines Wohngebietes<br />
oder eines idyllischen Rückzugsgebietes<br />
für die Erholung.<br />
Heute bilden Stadt und Land eine Einheit,<br />
in der sich eine Gesellschaft mit ihren<br />
Geistigkeiten, ihren Mentalitäten, ihrem<br />
Verhalten, ihren <strong>Zukunfts</strong>sichten, ihren<br />
Stärken und Schwächen und ihren<br />
Chancen entwickelt.<br />
Der ländliche Raum spielt für die wirtschaftliche,<br />
soziale und kulturelle Entwicklung<br />
einer gesamten Region eine<br />
große Rolle. Dies gilt im Besonderen für<br />
die <strong>Steiermark</strong>.<br />
Es geht um Stärke<br />
Am 8. März 2006 fiel im<br />
ÖVP-Landtagsklub der<br />
offizielle Startschuss für<br />
das <strong>Zukunfts</strong>forum Star-<br />
ker ländlicher Raum.<br />
„Regionen sind stark, wenn sie aus sich<br />
selbst heraus ihre Lebenskraft entwickeln<br />
können, wenn sie Lebensräume<br />
sind, in denen die Menschen gerne leben,<br />
einer sinnvollen und erfüllenden Arbeit<br />
nachgehen können, wo „Heimat“ erfahrbar<br />
ist“, ist Landesrat Johann Seitinger<br />
überzeugt.
„Regionen sind stark, wenn sie aus sich selbst heraus<br />
ihre Lebenskraft entwickeln können, wenn sie Lebensräume<br />
sind, in denen die Menschen gerne leben …“<br />
„Es geht um Stärke, und es geht um unser Land“, betont Landesrat<br />
Johann Seitinger. Und dankt allen Akteuren für ihr Engagement.<br />
„Solange aber der ländliche Raum von<br />
vielen nur als ,Nicht-Stadt‘ und ,Gegen-<br />
Welt‘ gesehen wird, als weitgehend feinstaubfreie<br />
Idylle oder als behagliches<br />
Rückzugs- und Erholungsgebiet, darf<br />
sich niemand wundern, wenn die, die in<br />
den ländlichen Gemeinden und Regionen<br />
ihren Arbeits- und Lebensmittelpunkt sehen,<br />
sich zunehmend allein gelassen fühlen“,<br />
so Seitinger.<br />
Und: „Nur wer den Eigenwert des<br />
ländlichen Raums sieht und ernst nimmt,<br />
wird auf die dort immer dringlicher werdenden<br />
Bedürfnisse entsprechend reagieren<br />
können. Nur wenn die Chancengleichheit<br />
zwischen Stadt und Land den<br />
Schonraum der Sonntagsreden verlässt<br />
und politische Realität geworden ist,<br />
kann in der <strong>Steiermark</strong> das Miteinander<br />
aller Steirerinnen und Steirer gelingen.“<br />
Wir denken Zukunft<br />
Deshalb gibt es nun das „<strong>Zukunfts</strong>forum<br />
Starker Ländlicher Raum“. Dieses Forum<br />
soll eine Plattform für neues Denken, für<br />
Zukunft, für Offensive, für Mut zu Veränderungen<br />
sein. Das „<strong>Zukunfts</strong>forum starker<br />
ländlicher Raum“ steht für eine Politik<br />
für morgen, für Aufbruch und für Gemeinsamkeit,<br />
für eine gemeinsame Identität<br />
und für Hoffnung.<br />
Und es startet einen intensiven, über<br />
13 Arbeitsgruppen breit angelegten Diskussionsprozess<br />
zu den wichtigen Fragen<br />
des ländlichen Raumes! Es geht um<br />
die Bereiche: Bildung, <strong>Energie</strong>, Frauen,<br />
Gesundheit, Jugend, Kommunikation,<br />
Kultur/Vereine, Landwirtschaft, Natur/<br />
Umwelt, Soziales, Tourismus, Wirtschaft,<br />
50+!<br />
In diesen 13 Arbeitsgruppen werden mit<br />
Expertinnen und Experten aus dem jeweiligen<br />
Fachbereich bis Juni 2006 sowohl<br />
<strong>Zukunfts</strong>szenarios als auch konkrete<br />
Lösungsansätze erarbeitet!<br />
Es geht um die Beantwortung zweier<br />
wesentlicher Fragestellungen:<br />
• Wie wollen wir 2020 im ländlichen<br />
Raum leben, arbeiten, genießen, essen,<br />
trinken, kommunizieren, uns vergnügen,<br />
arbeiten, urlauben, alt werden<br />
...?<br />
• Und was müssen wir heute tun, verändern,<br />
planen, organisieren, umsetzen,<br />
projektieren ..., um dieses Szenario<br />
zu erreichen?<br />
Die <strong>Zukunfts</strong>konferenz am 8. Juni<br />
Bei dieser ganztägigen Veranstaltung am<br />
8. Juni werden die <strong>Zukunfts</strong>szenarios aus<br />
den 13 Arbeitsgruppen zusammengelegt<br />
und in ein gemeinsames Szenario integriert.<br />
Es werden die Kernbotschaften für<br />
einen STARKEN ländlichen Raum formuliert.<br />
Alle Akteure sind dazu herzlichst<br />
eingeladen und gebeten, sich einzubringen.<br />
Land findet Sta(d)tt!<br />
Der steirische ÖLE-Gemeindetag<br />
am 14. Juni 2006<br />
Die Ergebnisse aus dem <strong>Zukunfts</strong>forum<br />
werden anlässlich des ÖLE<br />
Gemeindetages am 14. Juni 2006<br />
– gleichzeitig eine Kooperationsveranstaltung<br />
mit der Akademie<br />
Graz – einer breiten Öffentlichkeit<br />
präsentiert!<br />
„Im ländlichen Raum hat die Seele des Landes ihre Heimat“,<br />
sagt LH-Stv. Hermann Schützenhöfer.<br />
Fotos: Höbel (4)<br />
Mittelfristiges Ziel des <strong>Zukunfts</strong>forums<br />
ist es, die erarbeiteten Strategien in<br />
der Ländlichen Entwicklung 2007–2013<br />
(LE 07-13) sowie in Agenda-21-Prozessen<br />
und Kooperationsmodellen im ländlichen<br />
Raum zu verankern!<br />
Es gilt Antworten zu finden auf<br />
die Fragen der Abwanderung,<br />
der Überalterung und der<br />
zuwachsenden Landschaften!<br />
Es gilt, den ländlichen Raum zu<br />
stärken!<br />
Es ist viel zu tun! Und es ist von<br />
uns zu tun!<br />
Seien Sie dabei!<br />
Reden Sie mit!<br />
Informationen zum „<strong>Zukunfts</strong>forum<br />
Starker ländlicher Raum“ erhalten Sie unter:<br />
Ökologische <strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> (ÖLE)<br />
Am Ökopark 9, 8230 Hartberg<br />
Tel.: 0 33 32 / 62 922; Fax: DW 4<br />
E-Mail: zukunftsforum@oele-stmk.at<br />
www.stark.steiermark.at<br />
l e b e n s We r t<br />
15
16<br />
Helmut Römer<br />
Im Westen<br />
viel Neues<br />
Im Gebiet um den Packer<br />
Stausee und rund um die<br />
Rucksackdörfer Hirschegg,<br />
Modriach, Pack und St.<br />
Martin tut sich einiges und<br />
die weststeirische Talschaft<br />
gibt kräftige Lebenszeichen<br />
von sich.<br />
Neben den ständig wachsenden touristischen<br />
Hauptattraktionen (Bundesgestüt<br />
Piber, Therme Nova, Golf in<br />
Maria Lankowitz) entwickeln sich auch<br />
die Rucksackdörfer unaufhaltbar und mit<br />
hoher Qualität weiter. Die Großinvestition<br />
im Bereich der Beschneiungstechnik<br />
auf der Hebalm, die mehrtägige Segelregatta<br />
am Packer Stausee und das neue<br />
Infocenter am Stausee sind der ansehbare<br />
Beweis für die Arbeitskraft der Umsetzungsaktivisten<br />
in unserer Region. Wie<br />
schön und wertvoll diese Natur- und Kulturlandschaft<br />
des Teigitschtals ist, kann<br />
man in einem kürzlich fertiggestellten<br />
Film leicht erkennen. Dieser Film wurde<br />
in Universum-Qualität im Auftrag der<br />
ARGE Teigitschtal produziert und Anfang<br />
März 2006 der Öffentlichkeit vorgestellt.<br />
Er ist als DVD in allen RAIBA-Filialen des<br />
Bezirkes zu erhalten. „Kernpunkt der Aktivitäten<br />
ist das im Vorjahr eröffnete Teigitschtalmuseum<br />
und Infozentrum am<br />
Stausee“, sagt Arnold Heidtman, der<br />
Regionalstellenobmann der Wirtschaftskammer<br />
<strong>Steiermark</strong> und Obmann der<br />
„Arge Teigitschtal-Drei-Seen-Gebiet“.<br />
Heidmann steht mit ganzem Herzen hinter<br />
diesen Projekten und ist Initiator des<br />
Museums und Infozentrums.<br />
UMWELT & LEBENSQUALITÄT<br />
Feierliche Eröffnung<br />
des Teigitschklamm-<br />
Museums im Herbst<br />
letzten Jahres.<br />
Fotos: Römer, ARGE Teigitsch-<br />
klamm (je 1)<br />
Über das Teigitschtalmuseum und Informationscenter<br />
Im Herbst 2005 wurde mit rund 250 Besuchern das Talschaftsmuseum-Informationscenter<br />
eröffnet. Es war das Ergebnis der Arbeit eines kleinen Aufbereitungsteams<br />
mit Unterstützung des ÖLE-Regionalbetreuers Ing. Hubert Langmann.<br />
Beeindruckend sind die liebevolle Gestaltung der kostbaren Bilddokumentationen<br />
über den Bau der Stauseen und Kraftwerksanlagen sowie die aufschlussreichen<br />
wissenschaftlichen Arbeiten über die Tier- und Pflanzenwelt dieser Talschaft. Neben<br />
der Geologie kommen auch die Veränderung der Landwirtschaft sowie die zukünftigen<br />
visionären Vorstellungen in einem nicht leichten Wirtschaftszweig zum<br />
Ausdruck, der die verantwortungsvolle Aufgabe hat, Landschaftspfleger und Erhalter<br />
zu sein. Computeranimationen und ein 14-minütiger Talschaftsfilm stehen dem<br />
interessierten Publikum zur Verfügung.<br />
In einem 5-D-Kino werden Unwetter akustisch naturgetreu vorgeführt, so dass man<br />
sich von den Urgewalten des Sturmes und Hagelschlages ein sehr realistisches Bild<br />
machen kann. Naturfilme und geologisches Filmmaterial werden weiter zur Verfügung<br />
stehen.<br />
Die Ökologische <strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> unter der Leitung von Landesrat Johann<br />
Seitinger stellt ihre Lokale-Agenda-Initiativen im Bereich der Rucksackdörfer<br />
dar, die in ökonomischer, sozialer und ökologischer Strukturverbesserung ihre positive<br />
Entwicklung fanden.<br />
Weiters wurde eine umfangreiche Schmankerlbörse eingerichtet, die Produkte aus<br />
der Landwirtschaft zeigen und bei einem Besuch in dieser Talschaft (bei Wanderungen<br />
oder im Kaufhaus Enderle in Hirschegg) zu erwerben sind.<br />
Gratis-Wanderkarten stehen den Besuchern dieser Talschaft genauso zur Verfügung<br />
wie drei wissenschaftliche Arbeiten, wo man die Tier- und Pflanzenwelt, aber<br />
auch die Mineralien besichtigen kann. Tierpräparate in kunstvoller Handarbeit sowie<br />
der modellhafte Nachbau der Teigitschklamm runden diese sehr heimelig gestaltete<br />
Ausstellung ab.<br />
Ab Mitte März wird das Talschaftsmuseum<br />
Teigitschklamm und das Infocenter um wei-<br />
tere Attraktionen erweitert, die sich mit der<br />
historischen, aber auch neuzeitlichen Kultur-<br />
landschaft in dieser Talschaft beschäftigen.<br />
Weiters wird ein Sommer- und Winterpro-<br />
gramm 2006 für Naturraumführungen zu ver-<br />
schiedenen Themen (pflanzenkundlich, geo-<br />
logisch etc.) angeboten, das von den Mitar-<br />
beitern der ARGE durchgeführt wird.<br />
Öffnungszeiten Freitag bis Sonntag<br />
von 11 bis 18 Uhr<br />
Besucher in Gruppen unter Voranmeldung<br />
(Tel. 0699/12603067) immer möglich.
Margret Zorn<br />
Der Welt-Wasser-Tag<br />
Wasser, besonders Trinkwasser, hat<br />
einen besonderen Wert. Gerade<br />
bei uns, wo Wasserreichtum herrscht, ist<br />
vielen nicht bewusst, dass heute mehr<br />
als 1,2 Milliarden Menschen keinen Zugang<br />
zu sauberem Trinkwasser haben.<br />
Über drei Millionen Kinder sterben jährlich<br />
an durch verunreinigtes Wasser verursachten<br />
Infektionen und Durchfallerkrankungen.<br />
Mehr als ein Fünftel des<br />
weltweiten Wasservorkommens wird<br />
durch die Industrie verbraucht, zwei Drittel<br />
des Wassers benötigt die Landwirtschaft,<br />
davon gehen rund 60 Prozent<br />
durch ineffiziente Bewässerung verloren.<br />
Im Jahr 2050 wird nach Schätzungen mindestens<br />
ein Drittel der Weltbevölkerung<br />
in Ländern mit Wassermangel leben – die<br />
Kriege der Zukunft werden vermutlich um<br />
Wasser geführt werden.<br />
Die Vereinten Nationen setzen zum<br />
Weltwassertag jedes Jahr ein bestimmtes<br />
Schwerpunktthema als Rahmen für<br />
verschiedene Aktionen fest. Diese sollen<br />
die Öffentlichkeit auf den besonderen<br />
Wert von sauberem, hygienisch einwandfreiem<br />
Trinkwasser aufmerksam machen.<br />
Dazu aufgerufen sind alle Organisationen,<br />
die wasserwirtschaftliche Aufgaben<br />
erfüllen oder zum Schutz der Gewässer<br />
beitragen. Standen in den letzten Jahren<br />
die Aktivitäten unter den Mottos „Wasser<br />
für die Gesundheit“, „Wasser und Gesundheit“<br />
oder „Wasser und Naturkatastrophen“,<br />
so hatte der heurige Weltwassertag<br />
das Schwerpunktthema „Wasser<br />
und Kultur“.<br />
WASSERLAND STEIERMARK<br />
Jedes Jahr am 22. März findet der „Internationale Tag des<br />
Wassers“ statt. An diesem Tag sollen die Mitgliedsländer der<br />
Vereinten Nationen mit konkreten Aktionen auf die Bedeutung<br />
des Wassers für unser tägliches Leben aufmerksam machen.<br />
„Wasser und Kultur“<br />
in der <strong>Steiermark</strong><br />
Dem heurigen Motto folgten die schon<br />
traditionellen Partner des Weltwassertages<br />
mit ihrer Veranstaltung am Gelände<br />
des ORF-Parks in Graz. Ein „Streifzug<br />
durch die Kulturgeschichte des Wassers“<br />
von Univ.-Prof. Dr. Ehalt eröffnete die Veranstaltung.<br />
Unter dem Titel „Mythen, Regulierungen,<br />
Erquickungen“ wurde das<br />
Wasser als jenes Naturelement dargestellt,<br />
das in der Geschichte der Menschheit<br />
am stärksten mit der Erhaltung und<br />
Entfaltung des Lebens verbunden ist. Der<br />
Höhepunkt des Abends war dann die<br />
„Enthüllung des Wassers“ – eine Land-<br />
Art-Performance von der Künstlerin Ona<br />
B. „Die Enthüllung des Wassers“ stellt<br />
das Element in den Mittelpunkt und erinnert<br />
daran, dass der Mensch zu einem<br />
Großteil aus Wasser besteht, dass Wasser<br />
unser wichtigstes Lebensmittel ist<br />
und wir den Auftrag haben, es zu schützen<br />
und zu bewahren“, meint die Künstlerin.<br />
Aber auch die ohne Rücksicht auf<br />
ökologische Auswirkungen vorherrschende<br />
Forschungseuphorie wurde kritisch<br />
hinterfragt.<br />
Lauf durch die Kanäle<br />
Der Sport kam ebenfalls nicht zu kurz:<br />
bereits zum zweiten Mal fand heuer der<br />
Wasser- und Kanallauf in Graz statt. Die<br />
Laufstrecke mit einer Distanz von 9,8 Kilometern<br />
führte vom Wasserwerk in An-<br />
Laufen für Wasser: 500 Teilnehmer bekamen<br />
dabei einen Einblick in die dunkle Kanalisation<br />
von Graz.<br />
Die Künstlerin Ona B. setzte das Thema „Wasser“<br />
in einer Art Dramaturgie mit Feuerwehrmännern,<br />
Rettungselementen und Segeln im Wind in Szene.<br />
dritz vorbei an vielen „Wasser-Sehenswürdigkeiten“<br />
der Stadt Graz, entlang<br />
der Mur bis zum murseitigen Einstieg in<br />
den Grazbachkanal. Nach rund 1,5 Kilometern<br />
im Kanal führte die Strecke dann<br />
oberirdisch über den Stadtpark bis zum<br />
Ziel am Karmeliterplatz.<br />
So unterschiedlich die Aktionen anlässlich<br />
des Weltwassertages in den letzten<br />
Jahren auch waren: Ein Ziel wurde<br />
vom Land <strong>Steiermark</strong> und den Partnerorganisationen<br />
im Wasserbereich immer<br />
verfolgt: durch die Initiativen „der Bevölkerung<br />
die Wichtigkeit des Schutzes der<br />
Wasservorkommen und deren nachhaltige<br />
Nutzung bewusst zu machen“ – wie es<br />
der Aufruf der Vereinten Nationen aus<br />
dem Jahr 1993 vorsieht.<br />
Mag. Dr. Margret Zorn ist Mitarbeiterin in der<br />
Fachabteilung 19A (Wasserwirtschaftliche<br />
Planung und Siedlungswasserwirtschaft) und<br />
Projektleiterin der Initiative „Wasserland Stei-<br />
ermark“. E-Mail: margret.zorn@stmk.gv.at<br />
l e b e n s We r t<br />
17
18<br />
WASSERLAND STEIERMARK<br />
Land unter?<br />
Hochwasserschutz in der <strong>Steiermark</strong><br />
Helmut Römer<br />
Hochwasser ist ein Naturereignis, das nicht verhindert werden<br />
kann. Allerdings trägt der Klimawandel dazu bei, dass der<br />
Umfang und die Häufigkeit von Hochwasserereignissen zunehmen<br />
werden. Fundierte Untersuchungen über das Hochwasserrisiko<br />
erleichtern Schutz- und Präventivmaßnahmen.<br />
Zwischen 1998 und 2004 gab es in Europa<br />
über 100 größere Hochwasserereignisse,<br />
insbesondere entlang der Flüsse<br />
Donau und Elbe im Jahr 2002. Diese haben<br />
rund 700 Menschenleben gefordert,<br />
eine halbe Million Menschen verloren ihr<br />
Zuhause, und es entstanden versicherte<br />
Schäden von mindestens 25 Milliarden<br />
Euro. Dies Zahlen stiegen durch die Hochwasser<br />
im Sommer 2005 in Österreich,<br />
Bulgarien, Frankreich, Deutschland, Rumänien<br />
und anderenorts weiter an.<br />
Die obigen Zeilen stammen nicht aus<br />
einem Skript für einen Katastrophenfilm,<br />
sondern aus dem Vorschlag für eine<br />
Richtlinie der Europäischen Union über<br />
die Bewertung und Bekämpfung von<br />
Hochwasser vom Jänner 2006. Diese<br />
Richtlinie wird vermutlich noch unter der<br />
österreichischen EU-Präsidentschaft im<br />
Sommer beschlossen und will „die hochwasserbedingten<br />
Risiken für die menschliche<br />
Gesundheit, die Umwelt, Infrastrukturen<br />
und Eigentum verringern und bewältigen“.<br />
Neben dem Schaden für die<br />
Wirtschaft (die EU schätzt die Gesamtheit<br />
an Vermögenswerten in hochwassergefährdeten<br />
Gebieten zwischen 500 und<br />
1.000 Milliarden Euro) und dem menschlichen<br />
Leid haben Hochwasser aber auch<br />
dramatische Auswirkungen für die Umwelt,<br />
etwa wenn Kläranlagen oder Fabriken<br />
überflutet werden. Durch den Klimawandel<br />
mit extremeren Wettererscheinungen<br />
erwarten europäische Experten<br />
eine weitere Zunahme von Hochwasserereignissen,<br />
deren Auswirkungen durch<br />
eine unzureichende Flussbewirtschaftung<br />
und Bautätigkeiten in hochwassergefährdeten<br />
Gebieten zerstörerischer<br />
Mehr als zwei Drittel der Katastrophenschä-<br />
den in den letzten 20 Jahren sind durch<br />
Hochwasser verursacht.<br />
sein werden. Die EU fordert unter anderem<br />
für gefährdete Gebiete Hochwasserkarten,<br />
die statistisch alle zehn Jahre beziehungsweise<br />
alle hundert Jahre überflutet<br />
werden könnten. Diese Hochwasser<br />
bezeichnet man als HQ 10 (zehnjähriges<br />
Hochwasser) und als HQ 100 (hundertjähriges<br />
Hochwasser).<br />
Hochwasseruntersuchungen seit<br />
15 Jahren in der <strong>Steiermark</strong><br />
Die Forderung der EU nach Ausweisung<br />
von Risikogebieten ist in der <strong>Steiermark</strong><br />
schon seit 15 Jahren Realität. Seit 1991<br />
werden Hochwasserabflussuntersuchungen<br />
durchgeführt, wird mittels Katasterplan,<br />
Luftbild und geologischen Modellen<br />
ein Hochwasserrisiko-Plan erstellt,<br />
der für die Gemeinden die Grundlage für<br />
die Erstellung der Flächenwidmungspläne<br />
ist. Mit Hilfe von Querprofilaufnahmen<br />
werden Gebiete ausgewiesen, die das Ri-
siko haben, alle 30 Jahre (HQ 30) beziehungsweise<br />
100 Jahre (HQ 100) von einem<br />
Hochwasser betroffen zu sein. Die<br />
Untersuchungen des Hochwasserrisikos<br />
erfolgen auf Wunsch der Gemeinden<br />
(nach einem entsprechenden Gemeinderatsbeschluss),<br />
welche die Ergebnisse im<br />
Zuge der Erstellung der Flächenwidmungspläne<br />
und als Baubehörde benötigen.<br />
Im jeweiligen Flächenwidmungsplan<br />
sind die Gefährdungen einzutragen<br />
und bei Bauvorhaben im HQ-30-Bereich<br />
sind beispielsweise zusätzlich zu den<br />
baurechtlichen auch wasserrechtliche<br />
Bewilligungen einzuholen.<br />
Jeweils 40 Prozent der Kosten übernehmen<br />
Bund und Land <strong>Steiermark</strong>, 20<br />
Prozent zahlt die Gemeinde.<br />
Derzeit sind bereits 1.600 Kilometer<br />
entlang der Gewässer untersucht und bis<br />
zum Jahr 2010 werden weitere 600 Kilometer<br />
dazukommen. „Die <strong>Steiermark</strong> ist<br />
Vorreiter auf diesem Gebiet und hat so<br />
viele Überflutungsausweisungen wie der<br />
Rest Österreichs zusammen“, meint Dr.<br />
Peter Fink von der Fachabteilung 19A<br />
(Wasserwirtschaftliche Planung und<br />
Siedlungswasserwirtschaft) des Landes<br />
<strong>Steiermark</strong> nicht ohne Stolz: „Die Enns<br />
wurde bereits vor drei Jahren abgeschlossen,<br />
die Raab wird derzeit im Bereich<br />
Feldbach untersucht und auch im Raum<br />
Weiz werden Karten erstellt. Die Abflussuntersuchungen<br />
dienen als Grundlage<br />
für den passiven Hochwasserschutz,<br />
etwa durch Bauverbote, und den aktiven<br />
Schutz für bestehende gefährdete Objekte.“<br />
Ein Beispiel:<br />
Abflussuntersuchung an der Mur<br />
Am 22. Mai 1938 waren das untere Murtal,<br />
Graz, Frohnleiten und Weinzöttl von<br />
einem etwa 100-jährlichen Hochwasserereignis<br />
(1100 m 3 /s) betroffen. Größere<br />
Ereignisse hat es auch in den Jahren 1966,<br />
1972, 1989 und 1993 gegeben. Diese<br />
Allein die Schäden<br />
des Hochwassers im<br />
Jahr 2002 haben für<br />
die <strong>Steiermark</strong> etwa<br />
40 Millionen Euro<br />
betragen.<br />
Fotos: Wasserland Archiv (1),<br />
Abteilung 19A (5)<br />
Hochwasserereignisse waren schließlich<br />
der Auslöser für die „Abflussuntersuchung<br />
an der Mur 1995“ südlich von<br />
Graz.<br />
Etwa 56 Prozent der Gesamtfläche der<br />
<strong>Steiermark</strong> von mehr als 9.100 km 2 werden<br />
durch die Mur entwässert. Das Einzugsgebiet<br />
bis Graz hat eine Größe von<br />
7.000 km 2 bei einer durchschnittlichen<br />
Wasserführung von rund 120 Kubikmeter<br />
pro Sekunde. Zum Vergleich: Bei einem<br />
hundertjährigen Hochwasser führt die<br />
Mur die zehnfache Wassermenge, bei einem<br />
dreißigjährigen Hochwasser die<br />
achtfache Menge. Diese Werte ändern<br />
sich bis zum Pegel Mellach beziehungsweise<br />
bis zur Einmündung der Kainach<br />
nicht wesentlich.<br />
Die von der Bundeswasserbauverwaltung<br />
beauftragten Untersuchungen begannen<br />
etwa einen Kilometer oberhalb<br />
der Querung mit der Autobahn A2 und<br />
reichen 18 Kilometer lang bis zur Einmündung<br />
der Kainach in Wildon. Ausgewiesen<br />
wurden die HQ5-, HQ10-, HQ30- und<br />
HQ100-Überflutungsflächen (entsprechend<br />
dem Risiko eines Hochwassers<br />
alle 5, 10, 30 oder 100 Jahre). Aufbauend<br />
auf diese Abflussuntersuchungen wurde<br />
eine generelle Planung für den Hochwasserschutz<br />
durchgeführt, da in diesem Bereich<br />
etwa 170 Objekte hochwassergefährdet<br />
sind. Im Rahmen dieses Projektes<br />
musste der ungünstigste Fall „einseitiger<br />
Dammbruch“ untersucht werden,<br />
da der Muruferdamm in Wirklichkeit bei<br />
Überströmung brechen wird. Für diesen<br />
Fall steigt der Wasserspiegel im Vorland<br />
stärker an und es sind insgesamt etwa<br />
270 Objekte vom Hochwasser betroffen.<br />
Generell kann gesagt werden, dass die<br />
Abfuhrfähigkeit der Mur von Nord nach<br />
Süd abnimmt. Ab der Kläranlage der<br />
Stadt Graz in Gössendorf etwa HQ30,<br />
oberhalb der Querung Kalsdorf-Fernitz<br />
HQ10 und darunter etwa HQ5 bis zum<br />
Stauraum Mellach.<br />
Historische Hochwasserereignisse<br />
Markante Hochwasser in der <strong>Steiermark</strong><br />
zwischen 1945 und 2005<br />
1948: Lobmingbach, Großlobming<br />
1954: Lafnitz, Rohrbach<br />
1956: Mur, Judenburg<br />
1958: Breitenau, Pernegg<br />
1960: Schlattingbach, St. Georgen o. M.<br />
1963: Feistritz, Ratten<br />
1965: Bretsteinbach, Bretstein<br />
1966: Purbach, Judenburg -Schöderbach,<br />
Schöder - Mur, Judenburg<br />
1970: Purbach, Judenburg<br />
1972: Lobmingbach, Kleinlobming<br />
1973: Mur, Murau - Paalbach, Stadl a. d. M.<br />
1975: Lafnitz, Rohrbach<br />
1977: Thayabach, Teufenbach<br />
1980: Lafnitz, Neudau<br />
1987: Schwarzaubach, Lipsch<br />
1991: Enns - Salza, Gusswerk<br />
1993: Sulm, Schwanberg - Kainach, Lieboch<br />
1998: Feistritz, St. Johann b. H. - Purbach,<br />
Judenburg<br />
1998: Dorfbach, Oberrohr - Safen, Bierbaum<br />
2001: lokales Hochwasser Waltersdorf<br />
2002: steiermarkweit diverse Hochwasser<br />
2004: Übelbach, Voraubach und Lafnitz<br />
2005: steiermarkweit diverse Hochwasser<br />
Im Internet kann man unter<br />
„www.raumplanung.steiermark.at/cms/bei-<br />
trag/10107064/2863310/“ das „Programm zur<br />
hochwassersicheren Entwicklung der Siedlungs-<br />
räume“ ebenso wie die jeweiligen Regionalen<br />
Entwicklungsprogramme herunterladen.<br />
Weitere Informationen erhalten Sie bei der Fach-<br />
abteilung 19A (Wasserwirtschaftliche Planung<br />
und Siedlungswasserwirtschaft), Dr. Peter Fink,<br />
E-Mail: peter.fink@stmk.gv.at.<br />
l e b e n s We r t<br />
19
20<br />
Michael Luidold<br />
„Verheerender Lawinenabgang“,<br />
„Mure verschüttet<br />
Straße“ – Schlagzeilen wie<br />
diese bringen uns zu Bewusstsein,<br />
dass die Menschen im<br />
alpinen Bereich auch Gefahren<br />
ausgesetzt sind.<br />
Allein in den nächsten zehn<br />
Jahren sind in der <strong>Steiermark</strong><br />
1.000 potenzielle Lawinenhänge<br />
zu sichern – der<br />
größte Teil der Sicherungen<br />
wird durch den Schutzwald<br />
gewährleistet.<br />
Die <strong>Steiermark</strong> gilt zu Recht als „grüne“<br />
Mark. Fast zwei Drittel des Landes<br />
sind bewaldet. Eine wichtige Funktion<br />
des Waldes wird aber oft unterschätzt<br />
– er sichert den Lebensraum im alpinen<br />
Bereich vor Lawinen und Vermurungen.<br />
Neben der wirtschaftlichen und ökologischen<br />
Bedeutung des Waldes besitzen<br />
etwa 190.000 Hektar davon im Gebirgsland<br />
eine hohe Schutzfunktion für die Sicherung<br />
der Lebens- und Wirtschaftsräume<br />
der <strong>Steiermark</strong>. Wald schützt den Boden<br />
vor Erosion und Verkarstung, vermindert<br />
den Oberflächenabfluss und verringert<br />
dadurch die Auswirkungen von<br />
Hochwasserereignissen und Vermurungen.<br />
Etwa 60.000 Hektar Schutzwald<br />
UMWELT & LEBENSQUALITÄT<br />
Fotos: WLV-<strong>Steiermark</strong> (4)<br />
Der Schutz-Wald<br />
üben in den dicht besiedelten Alpentälern<br />
eine direkte Schutzwirkung für den<br />
Dauersiedlungsraum und für viele teilweise<br />
stark frequentierte Verkehrsstrecken<br />
aus. Dem Schutzwald kommt eine<br />
immens große Bedeutung zu, er schützt<br />
vor Steinschlag und vermindert die Lawinengefahr.<br />
Infrastrukturverbesserungen<br />
im Siedlungsraum, insbesondere im Zusammenhang<br />
mit dem Ausbau von touristischen<br />
und fremdenverkehrstechnischen<br />
Maßnahmen, bewirken häufig Sicherungserfordernisse<br />
im Schutzwaldbereich,<br />
die bereits auf regionaler und<br />
Länderebene abgestimmt werden müssen.<br />
Zustand des Schutzwaldes<br />
Erhebungen haben jedoch gezeigt, dass<br />
der Schutzwald vielerorts in einem sehr<br />
schlechten Zustand ist und seine Funktion<br />
nur mehr mangelhaft erfüllen kann.<br />
Die Ursachen dafür liegen in der Überalterung<br />
der Bäume auf großer Fläche und<br />
der fehlenden oder mangelhaften Verjüngung<br />
des Gebirgswaldes. Viele Bestände<br />
wurden nie gepflegt und weisen daher<br />
viel zu hohe Stammzahlen auf und sind<br />
anfällig gegen Schneedruck, Windwurf<br />
und andere Gefährdungen. Forstgeschichtliches<br />
Erbe wie Aststreugewinnung,<br />
Streunutzung und Waldweide ist<br />
mitverantwortlich für den schlechten Gesundheitszustand<br />
des Schutzwaldes.<br />
Deshalb wurde vom Landesforstdienst<br />
<strong>Steiermark</strong> in Zusammenarbeit<br />
mit dem Forsttechnischen Dienst der<br />
Wildbach- und Lawinenverbauung flächendeckend<br />
der Verbesserungsbedarf<br />
hinsichtlich Pflege und Verjüngung erhoben.<br />
Objektschutzwälder wurden ausgewiesen,<br />
die örtlich oder überörtlich Menschen,<br />
Objekte, Siedlungs- und Verkehrsräume<br />
in Einzugsgebieten vor Wildbächen,<br />
Lawinen, Rutschungen oder Erosionen<br />
schützen. Das ausgearbeitete Landesschutzwaldkonzept<br />
<strong>Steiermark</strong> bildet<br />
die Grundlage zur Umsetzung der Schutzwaldverbesserungsprojekte.<br />
Landesschutzwaldkonzept<br />
<strong>Steiermark</strong><br />
Im Landesschutzwaldkonzept sind alle<br />
Waldflächen ausgewiesen, in denen<br />
Maßnahmen zur Verbesserung der<br />
Schutzwirkung erforderlich sind. Die notwendigen<br />
Maßnahmen werden nach<br />
Dringlichkeit gereiht, um die Planung<br />
und Durchführung der Sanierungsmaßnahmen<br />
zu steuern. Auf einer Fläche von<br />
rund 20.000 Hektar sind demnach in den<br />
nächsten 20 Jahren dringend Maßnahmen<br />
zur Sicherstellung der Schutzfunktion<br />
erforderlich. Diese Maßnahmen finden<br />
auf den bestehenden Schutzwaldflächen<br />
statt, Hochlagenneuaufforstungen<br />
sind dabei nur in sehr geringem Ausmaß<br />
vorgesehen. Besondere Bedeutung
kommt dabei auch der Entflechtung von<br />
Wald und Weide sowie einer sehr sorgfältigen<br />
Schalenwildbewirtschaftung im<br />
Schutzwaldbereich zu. Die aufwändige<br />
Waldpflege verursacht trotz der umfangreichen<br />
Eigenleistungen der Waldbesitzer<br />
sehr hohe Kosten, die nur unter der<br />
Bereitstellung öffentlicher und privater<br />
Mittel beglichen werden können.<br />
Die Information und Abstimmung aller<br />
Raumnutzer auf der Grundlage des von<br />
der <strong>Steiermark</strong> erstellten Landesschutzwaldkonzeptes<br />
sind die Voraussetzung<br />
für den gezielten, effizienten und sparsamen<br />
Einsatz öffentlicher Mittel und Eigenmittel<br />
der Interessenten und Schutzbegünstigten.<br />
Sehr wichtig sind dabei<br />
insbesondere die Gemeinden und die<br />
Fremdenverkehrs- und Tourismuswirtschaft<br />
als Flächenwidmer, Grundeigentümer<br />
und Finanziers von Infrastrukturprojekten.<br />
Ein Sechstel des Waldes in der <strong>Steiermark</strong> ist Schutzwald. Aber mehr als ein Viertel<br />
davon ist über 140 Jahre alt. Diese alten Bestände sind anfällig gegen Schneedruck und<br />
erfüllen nur unzureichend ihre Funktion.<br />
Technische Verbauungen kosten mit<br />
rund 220.000 Euro pro Hektar rund<br />
das Zehnfache einer Sanierung mit<br />
waldbaulichen Maßnahmen und das<br />
Hundertfache der Kosten einer laufenden<br />
Schutzwaldbewirtschaftung.<br />
www.wald.steiermark.at<br />
Schutzwaldplattform<br />
<strong>Steiermark</strong><br />
Um beim Einsatz dieser Mittel Synergieeffekte<br />
zu erreichen, ist über Initiative<br />
von Landesrat Johann Seitinger am 1. Juni<br />
2005 in Bruck an der Mur die Schutzwaldplattform<br />
<strong>Steiermark</strong> gegründet worden.<br />
Die Schaffung der Plattform geht zurück<br />
auf die „Österreichische Schutzwaldstrategie“,<br />
welche im Jänner 2002 in Salzburg<br />
von Bund, Ländern und allen relevanten<br />
Raumnutzern unterzeichnet wurde.<br />
Die Schutzwaldplattform dient der<br />
Bildung von Allianzen der für die Landschaftsnutzung<br />
befassten Institutionen<br />
zur Erhaltung und Verbesserung des<br />
Schutzwaldes. Dadurch wird zur nachhaltigen<br />
Sicherung des Dauersiedlungsraumes<br />
und der wirtschaftlichen und<br />
ökologischen Entwicklung des ländlichen<br />
Raumes beigetragen.<br />
Die Schutzwaldplattform ist ein Diskussionsforum<br />
für den Interessensausgleich<br />
zwischen Land- und Forstwirtschaft,<br />
Gemeinden und Städten, Kammern,<br />
Jägerschaft, Tourismus, Natur- und<br />
Umweltschutz, Raumplanung und Verkehr.<br />
Ziel ist, mögliche Konflikte, die infolge<br />
der Mehrfachnutzungen des Waldes<br />
und der unterschiedlichen Raumnutzungsinteressen<br />
des Waldes entstehen,<br />
zu vermeiden beziehungsweise zu entschärfen.<br />
Die mit der Umsetzung von Schutzwaldverbesserungsmaßnahmenzuständigen<br />
Dienststellen des Landes sowie<br />
Vertreter der raumnutzungsrelevanten<br />
Interessengruppierungen werden sich<br />
jährlich in dieser Plattform gegenseitig<br />
über schutzrelevante Planungen und<br />
Maßnahmen aus ihrem Aufgaben- und<br />
Zuständigkeitsbereich informieren und<br />
abstimmen. Nur durch einen funktionsfähigen<br />
Wald in Ergänzung zu technischen<br />
Maßnahmen wird der Schutz für die anliegenden<br />
Siedlungen und Verkehrswege<br />
langfristig garantiert.<br />
Die Lawinen- und Murengefahr wird steigen:<br />
Die Klimamodelle lassen einen weiteren Anstieg<br />
der Temperaturen mit einem vermehrten Nieder-<br />
schlag auf der Alpensüdseite erwarten.<br />
DI Michael Luidold ist Schutzwald-Referent<br />
der Fachabteilung 10C (Forstwesen) unter der<br />
Leitung von Forstdirektor HR DI Dr. Josef Kahls.<br />
E-Mail: michael.luidold@stmk.gv.at<br />
l e b e n s We r t<br />
21
22<br />
Chancenmanagement<br />
für Vereine<br />
Vereine können sich weiterentwickeln,<br />
indem sie auf neue Angebote setzen<br />
(und die „alten“ pflegen), neue Arbeitsweisen<br />
einführen (und die „alten“ auf<br />
neuen Schuss bringen), neue Gruppen<br />
integrieren (und die „alten“ neu entdecken),<br />
neue Kommunikationsformen lernen<br />
(und die „alten“ intensivieren) und<br />
generell ihre Organisation weiter entwickeln.<br />
Chancen für einen (kleinen) Neubeginn<br />
bieten sich viele. Natürlich können<br />
einem die Chancen in den Schoß fallen,<br />
ohne dass man etwas dafür tut. Die<br />
Regel wird dies in Zukunft nicht sein. Vereine<br />
werden sich hinkünftig ordentlich<br />
anstrengen müssen, um neue Chancen<br />
erkennen und nutzen zu können.<br />
Wie mache ich einen Neubeginn?<br />
Das Prinzip ist sehr einfach: Wir schauen<br />
uns die Potenziale unseres Vereines an<br />
und stellen die Möglichkeiten, die das<br />
Umfeld bietet, dazu (siehe Modell). Aus<br />
dieser Zusammenschau ergeben sich<br />
sehr oft neue Chancenfelder und vor allem<br />
recht brauchbare Hinweise für eine<br />
Fokussierung der Arbeit, für eine Schwerpunktbildung<br />
und für eine bessere Markenbildung.<br />
Ihre Meinung zählt!<br />
Schreiben Sie uns:<br />
redaktion@oele-stmk.at<br />
ZUKUNFT & ENTWICKLUNG<br />
Die sieben Schritte<br />
im Chancenmanagement<br />
1. Feststellen der Potenziale<br />
Potentiale sind alle sichtbaren und verborgenen<br />
<strong>Energie</strong>n, die für die Umsetzung<br />
von positiven Projekten vorhanden<br />
sind.<br />
Zu den Potentialen gehören zum einen<br />
alle Stärken, die im Verein vorhanden<br />
sind wie: Angebote, Werte und Prinzipien,<br />
Technologien, Methoden, Kommunikationsstärken,<br />
Organisationsstärken,<br />
vorhandene Partner und Netzwerke,<br />
Marktzugänge, Marktkenntnisse, Standorte<br />
…<br />
Besonders interessant sind zum anderen<br />
die verborgenen Stärken, die zu<br />
wenig genutzt werden und die dem Verein<br />
wesentliche <strong>Energie</strong> zuführen könnten.<br />
Unter den verborgenen Potenzialfeldern<br />
finden sich oft: fachliche Kenntnisse,<br />
kreative Fähigkeiten, kommunikative<br />
und soziale Kompetenzen, Präsentationskompetenzen<br />
und mediale Fähigkeiten<br />
…<br />
Ein Beispiel für eine verborgene Stärke:<br />
Ich habe eine Chefin eines großen<br />
Vereines getroffen, die eine besonders<br />
formale und sehr eingeschränkte Sprache<br />
pflegte. Etwas, was dem Verein <strong>Energie</strong><br />
raubte, weil die Kommunikation nicht<br />
besonders ansprechend war. Im Coaching<br />
dieser Führungskraft hat sich her-<br />
Ludwig Kapfer<br />
Erfolg in der Zukunft können<br />
die Vereine erwarten, die den<br />
Wandel der Gesellschaft erfolgreich<br />
bestehen und in einem<br />
veränderten Umfeld ein<br />
entsprechend weiter entwickeltes<br />
Erscheinungsbild<br />
bieten, um neuen Anforderungen<br />
gerecht zu werden.<br />
Neue Möglichkeiten: Sportvereine könnten eben-<br />
so wie Feuerwehren und Musikvereine ein abge-<br />
stimmtes Rahmenprogramm für die Familien, für<br />
den Partner und für die Kinder bieten.<br />
Fotos: Begsteiger (2)<br />
ausgestellt, dass sie eine Ausbildung<br />
durchlaufen hat, wo sinnliche, kreative,<br />
originelle Sprache nicht sehr geachtet<br />
wurde, ausschließlich die formale Richtigkeit<br />
der Sprache war erwünscht. In unserer<br />
Arbeit wurde ihr bewusst, dass sie<br />
über ein großes Talent für eine schöne,<br />
kreative, sinnliche, attraktive Sprache<br />
verfügte.<br />
Sie begann ihre kreativen Potenziale<br />
stärker zu nutzen und dies trug wesent-
Foto: Römer<br />
lich zur Verbesserung der Kommunikation<br />
im Verein bei. Das Potenzial wurde zur<br />
rechten Zeit entdeckt, da zur richtigen<br />
Zeit der Wunsch nach Stil und Schönheit<br />
von Sprache getroffen wurde.<br />
Bei vielen Menschen, die in Vereinen<br />
mitarbeiten, sind viele ungenützte Potenziale<br />
in vielen Ebenen vorhanden.<br />
2. Feststellen von Möglichkeiten<br />
Im zweiten Schritt untersuchen wir gegenwärtige<br />
und zukünftige Entwicklungen<br />
in unserem Umfeld: Welche Wünsche<br />
wachsen im Umfeld? Welche neuen Bedürfnisse<br />
entstehen? Gibt es Verhaltensänderungen,<br />
haben die Menschen neue<br />
Probleme? Welche Trends sind erkennbar?<br />
Ändern sich Orientierungen? Gibt es<br />
neue Anwendungen, neue Technologien,<br />
neue Methoden und Verfahren? Wie entwickeln<br />
sich die Ressourcen? Welche Entwicklungen<br />
gibt es bei den Medien? Wo<br />
entstehen neue Anwendergruppen, neue<br />
Märkte, neue Mitbewerber?<br />
Für einen Sportverein heißt dies, alle<br />
„Lebensbereiche“, die Sport betreffen,<br />
auf neue Entwicklungen zu untersuchen<br />
wie z.B.: Sportausübung im engeren<br />
Sinn, Freizeitverhalten, Gesundheit, Familien<br />
und Partnerschaften, Bildung ...<br />
Bei dieser Untersuchung ergeben sich<br />
eine Reihe von Möglichkeiten für den Verein,<br />
manche ohne viele Einschränkungen,<br />
manche mit erheblichen Hindernissen<br />
behaftet.<br />
Ein einfaches Beispiel: Klassischer<br />
Sportverein mit Fußballmannschaft,<br />
Sommerfest und fixem, meist männlichem<br />
Anhang. Bei der Analyse der Möglichkeiten<br />
gab es viele Hinweise. Einige<br />
wenige Beispiele aus dem Workshop:<br />
Frauen als neue Gruppe mit hohen Bedürfnissen<br />
im Bereich Gesundheit und<br />
Bewegung – neue Sportarten werden gewünscht<br />
– viele Menschen (auch Männer)<br />
sehnen sich nach einer anspruchsvolleren<br />
Freizeit – Gemeinschaft wird wichtiger<br />
– die Menschen wollen fallweise und<br />
ohne ständige (lebenslange) Verpflich-<br />
tung dabei sein können – sehr starke Differenzierung<br />
im Bereich der Familien –<br />
ein Teil der Menschen will mit Familie<br />
trainieren, ein Teil findet Sport als wichtigen<br />
Ausgleich zum Familienleben – der<br />
Urlaub ist eine besonders intensive<br />
Sportzeit.<br />
3. Potenzial und Möglichkeit<br />
ist Chance<br />
Die Chancen liegen dort, wo sich die Entwicklungen<br />
und Potenziale treffen. Das<br />
Problem beim Chancenmanagement: Die<br />
einfach zu erreichenden Erfolge mit einfachen<br />
Mitteln sind in der Regel schon<br />
besetzt. Die besten Chancen liegen dort,<br />
wo sich die Möglichkeiten, die mit einigen<br />
Hindernissen behaftet sind, mit den<br />
Potenzialen, die eher schwer zu wecken<br />
sind, treffen.<br />
Im angeführten Beispiel des Sportvereins<br />
wurden bei einigen Mitarbeitern<br />
starke Potentiale für eine neue Form des<br />
gesunden Sportes gefunden. Eine neue<br />
Chance war gefunden: Die „gesunde Bewegung“<br />
als Möglichkeit wurde angenommen<br />
und daraus wurden drei neue<br />
Angebote konzipiert: ein Gruppentraining<br />
„Nordic Walking“ wird seither angeboten<br />
und gut angenommen, das Angebot<br />
„Tanz“ passt sehr gut in die neue<br />
Tanzbewegung und ein Projekt, das langfristig<br />
angegangen wird, geht in die Richtung<br />
„Tanz und Meditation“.<br />
Eine neue Sektion des Vereines war<br />
geboren.<br />
4. Die Bewertung der Chancen<br />
Die gefundenen Chancenfelder sollten<br />
gemeinsam bewertet werden. Wie immer<br />
dies methodisch geschieht (zu empfehlen<br />
ist Punktebewertung), sollte getrennt<br />
bewertet werden: wie einfach das Chancenfeld<br />
zu besetzen ist – welche Auswirkungen<br />
die erfolgreiche Besetzung des<br />
Chancenfeldes mit sich bringt (z.B. für<br />
das Gemeinschaftsleben oder für die Finanzsituation,<br />
für die Jugendarbeit etc.)<br />
– welche Chancenfelder für die Entwicklung<br />
der Gemeinde am effizientesten<br />
sind oder ganz generell welche Auswirkungen<br />
die Besetzung des Chancenfeldes<br />
für die Zukunft des Vereines bringt.<br />
5. Beschreibung von<br />
<strong>Zukunfts</strong>szenarien<br />
Sind die Chancenfelder ausgewählt, sollte<br />
das <strong>Zukunfts</strong>szenario beschrieben<br />
werden. Wie wird der Verein in Zukunft<br />
arbeiten, leben, Projekte gestalten, in<br />
der Öffentlichkeit auftreten, Erfolge feiern,<br />
mit anderen zusammenarbeiten ...<br />
6. Die Projekte<br />
Was müssen wir heute tun, damit das<br />
Szenario Wirklichkeit wird? Aus dem Szenario<br />
werden Projekte abgeleitet, die<br />
sehr bald begonnen werden müssen.<br />
7. Die ersten Schritte<br />
Eine Chance ernst nehmen heißt, die ersten<br />
Schritte so bald wie möglich zu formulieren<br />
und auch die Verantwortungen<br />
dafür zu verteilen. Die Chancenkonferenz<br />
endet wie jedes anderes Meeting mit<br />
dem Plakat, das durch nichts ersetzt werden<br />
kann:<br />
WER tut WAS<br />
bis WANN ?<br />
Im nächsten Heft:<br />
Sitzungen, die effizient ablaufen<br />
Instrumente, Tipps und Tricks für<br />
ein erfolgreiches Sitzungsmanagement<br />
Ludwig Kapfer ist Organisationsberater<br />
und hat in den letzten zehn Jahren über<br />
200 Vereine beraten.<br />
E-Mail: office@gammatrainings.com<br />
www.gammatrainings.com<br />
l e b e n s We r t<br />
23
24<br />
,,<br />
„Die Menschen haben gewaltige Potenziale.<br />
Man muss sie nur ernst nehmen und einladen,<br />
mitzumachen“, sagt Bürgermeister Waltl.<br />
Fotos: Römer (4), Gemeinde Wies (1)<br />
Man muss auf der Hut sein“, sagt<br />
Bürgermeister Mag. Josef Waltl,<br />
„auch wenn auf den ersten Blick alles<br />
passt und alles funktioniert. Zum Beispiel<br />
im Bereich Nahversorgung oder bei<br />
der Infrastruktur. Wenn einmal etwas verloren<br />
ist, ist es nur schwierig wieder aufzubauen.“<br />
Die Gemeinde hat sich deshalb<br />
entschlossen, mit der professionellen<br />
Begleitung durch die Ökologische<br />
<strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> (ÖLE) eine<br />
„Lokale Agenda 21“ durchzuführen.<br />
Sich mit dem eigenen Lebensumfeld<br />
auseinandersetzen<br />
Die ÖLE unterstützt steirische Gemeinden<br />
bei der Umsetzung zukunftsträchtiger,<br />
nachhaltiger, innovativer und kreativer<br />
Entwicklungsleitbilder. „Wichtig ist<br />
ein ganzheitlicher Zugang zum Thema<br />
Gemeinde“, sagt der ÖLE-Regionalbetreuer<br />
Ing. Hubert Langmann: „Es ist kein<br />
Projekt, bei dem man sagt, man hat eine<br />
GEMEINDEN & REGIONEN<br />
Lebenswertes Wies<br />
Eine Lokale-Agenda-Gemeinde<br />
Startphase und nach neun Monaten sind<br />
wir fertig, sondern es ist ein langer Prozess,<br />
an dem die Gemeindeverantwortlichen<br />
gemeinsam mit den Bürgern beteiligt<br />
sind und der lange anhalten soll.“ Bei<br />
der Lokalen Agenda wird das Lebensumfeld,<br />
in dem die Leute leben, so gut wie<br />
möglich durchleuchtet und auf den zukünftigen<br />
Chancen und Möglichkeiten<br />
aufbauend werden Leitbilder und Zielsetzungen<br />
erarbeitet.<br />
An der Lokalen Agenda ist die gesamte<br />
Gemeinde beteiligt. Angesprochen<br />
sind der Gemeindevorstand, die Gemeinderäte,<br />
die Wirtschaftstreibenden, Vereinsobleute<br />
und Mitglieder – die gesamte<br />
Bevölkerung wird zur Mitarbeit eingeladen.<br />
„Dort, wo wir heute stehen, wurden<br />
vor 20, 30 Jahren die Leitplanken gelegt.<br />
Ebenso soll die „Lokale Agenda“, 20<br />
bis 30 Jahre in die Zukunft projiziert, ein<br />
Idealbild erstellen“, sagt Langmann, der<br />
diesen nachhaltigen Gemeinde-Entwicklungsprozess<br />
moderiert und begleitet.<br />
Helmut Römer<br />
Wies geht es gut. Es gibt ein Schulzentrum, ein reges Vereins-<br />
und Kulturleben, Bank, Post, Polizei, Apotheke sind noch da, die<br />
Umwelt ist intakt und relativ viele Klein- und Mittelbetriebe bieten<br />
Arbeitsplätze an. Eigentlich gibt es keinen Grund für die knapp<br />
2.500 Einwohner der im Süden des Bezirkes Deutschlandsberg<br />
gelegenen Gemeinde, an der Zukunft zu zweifeln.<br />
Wies – Zusammenarbeit in den<br />
Vordergrund stellen<br />
Zurück zur Marktgemeinde Wies. Im Mai<br />
2005 hat der Gemeinderat den Beschluss<br />
für eine Lokale Agenda gefasst. Dem vorausgegangen<br />
war im April 2005 ein von<br />
Hubert Langmann moderierter Klausur-<br />
Workshop der Gemeindeverantwortlichen<br />
im Schloss Burgstall. Es galt, sich<br />
von den Anstrengungen der Gemeinderatswahl<br />
zu erholen. Im Zuge der Wahl<br />
hat nämlich ein Bürgermeisterwechsel<br />
stattgefunden und bei der Klausur sollten<br />
die aufgerissenen Gräben zugeschüttet<br />
und der Grundstein für die Zusammenarbeit<br />
in der Zukunft gelegt werden.<br />
Der Erfolg dieser Klausur war durchschlagend<br />
und bereits damals wurde eine Reihe<br />
von Ideen für die Gemeinde entwickelt.
<strong>Zukunfts</strong>werkstatt und<br />
Bürgerversammlung<br />
Ende September 2005 wurde ebenfalls<br />
auf Schloss Burgstall eine von der ÖLE organisierte<br />
<strong>Zukunfts</strong>werkstatt durchgeführt,<br />
bei sich dutzende Bürgerinnen und<br />
Bürger gemeinsam mit den Gemeindeverantwortlichen<br />
Gedanken über die Zukunft<br />
der Gemeinde machten. Die Spanne<br />
der Ideen reichte von der Errichtung<br />
einer Gebärklinik bis zu einem Krematorium,<br />
die Leute machten sich Gedanken<br />
zum Ausbau der Biomasse, zur Sicherung<br />
der Nahversorgung oder wie man die Verkehrsanbindung<br />
verbessern könnte.<br />
Stärken und Schwächen wurden analysiert<br />
und Leitbilder für die Zukunft erarbeitet.<br />
Bei der <strong>Zukunfts</strong>werkstatt haben<br />
ÖLE-Regionalbetreuer Langmann bei der<br />
Bürgerversammlung: „Ihr habt es in der<br />
Hand, eure Zukunft zu gestalten.“<br />
sich ein Koordinationsteam unter der Leitung<br />
des pensionierten Landesbeamten<br />
Ing. Helmut Pelzmann und vier Arbeitsgruppen<br />
für die Bereiche „Wirtschaft“,<br />
„Umwelt“, „Verkehr und Infrastruktur“<br />
und „Gesellschaft und Soziales“ gebildet.<br />
Mitte Oktober 2006 wurde im Beisein<br />
von Landesrat Johann Seitinger eine<br />
Bürgerversammlung abgehalten, bei<br />
welcher der Bevölkerung die Ziele und Inhalte<br />
der „Lokalen Agenda“ vorgestellt<br />
wurden. Die Arbeitskreisleiter haben ihre<br />
Projekte präsentiert und die Menschen<br />
zur Mitarbeit eingeladen.<br />
Von der Fachmarktzeile bis zum<br />
betreuten Wohnen<br />
„Wir haben Stärken, aber wir haben auch<br />
Schwächen“, sagt Vizebürgermeister Peter<br />
Krasser, der sich im Wirtschafts-Arbeitskreis<br />
engagiert: „Es gibt wenige<br />
Fachgeschäfte im Ort, keine Fachärzte,<br />
manche Firmen wandern ab, wir haben<br />
nur wenig Tourismus und die Landwirtschaft<br />
schrumpft.“ Geplante Maßnahmen<br />
dagegen sind etwa die verstärkte<br />
Widmung von Betriebsflächen oder Förderungen<br />
für Bauern, um die ländlichen<br />
Strukturen zu erhalten. Es wird ein wöchentlicher<br />
Bauernmarkt abgehalten und<br />
es ist angedacht, ein Ärztezentrum aufzubauen.<br />
Ein konkretes Projekt ist die Realisierung<br />
einer „Fachmarktzeile“, bei<br />
der Betriebe angesiedelt werden. Vorgespräche<br />
sind im Gang und man hofft, das<br />
Projekt bis zum Sommer dieses Jahres zu<br />
realisieren.<br />
„Mitten in der Gemeinde soll ein Service-<br />
und Sozialzentrum entstehen, in<br />
dem betreutes Wohnen für Senioren, ein<br />
teilzeitbetreutes Wohnen für Menschen<br />
mit Behinderung und ein Ärztehaus für<br />
„Die Leute vor Ort leben in ihrem<br />
Umfeld. Sie wissen, wo sie hinkommen<br />
wollen, und erarbeiten ihre<br />
Ressourcen und Ausgangspunkte.“<br />
Ing. Hubert Langmann, ÖLE-Regionalbetreuer<br />
Zuständiger Regionalbetreuer:<br />
Ing. Hubert Langmann<br />
Baubezirksleitung Graz-Umgebung<br />
8010 Graz, Leonhardstraße 84<br />
Tel. 0316/877-5155<br />
E-Mail: hubert.langmann@stmk.gv.at<br />
ambulante Behandlungen angeboten<br />
werden“, sagt die Leiterin des Sozial-Arbeitskreises,<br />
Christine Stopper. Mittlerweile<br />
wird das Projekt von einer Gruppe<br />
um Gemeinde, den Sozialhilfeverband<br />
und den Verein Mosaik intensiv weiter<br />
verfolgt und es ist mit einer baldigen Realisierung<br />
zu rechnen.<br />
Ortserneuerung<br />
und Marktplatzgestaltung<br />
Als eines von vielen weiteren Projekten<br />
wird in Wies im Rahmen der Lokalen<br />
Agenda auch die bauliche Erneuerung<br />
des Ortszentrums durchgeführt. Ziel ist<br />
die Belebung des Marktplatzes und die<br />
Leitung der Verkehrsströme. Mit der Planung<br />
ist der Verkehrsplaner DI Johann<br />
Rauer betraut, der beeindruckt ist vom<br />
Engagement der Bürger. „Es ist gewaltig,<br />
was sich in Wies tut“, sagt er, „die vielen<br />
aktiven Bürgerinnen und Bürger, die sich<br />
in ihrer Freizeit in den Projektgruppen<br />
einbringen, sind ein ungeheures Potenzial<br />
und stellen sicher, dass die Ideen – wie<br />
die neue Marktplatzgestaltung – perfekt<br />
umgesetzt werden.“<br />
Sollten Sie interessiert sein an der<br />
Umsetzung einer „Lokalen Agenda“ in<br />
Ihrer Gemeinde, an einer <strong>Zukunfts</strong>werkstatt<br />
oder an einer Nahversorgungsinitiative,<br />
wenden Sie sich bitte an die<br />
Landeszentrale der Ökologischen<br />
<strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> (ÖLE)<br />
Tel. 03332/62922-11 (Fax DW 4)<br />
E-Mail: office@oele-stmk.at<br />
www.oele-stmk.at<br />
Sie bekommen rasche und kompetente<br />
Unterstützung!<br />
l e b e n s We r t<br />
25
26<br />
In St. Nikolai ob Draßling leben die 1.121<br />
Einwohner in einer idyllischen, ruhigen,<br />
landwirtschaftlich orientierten Gemeinde<br />
mit einem gewachsenen Ortskern.<br />
Die Infrastruktur und Nahversorgung<br />
ist noch intakt. Es gibt 25 Betriebe<br />
in der Gemeinde und der Ort wird durch<br />
die Kirche, die Volksschule, den Kindergarten,<br />
den Kaufmann, die Bank, der Bäckerei<br />
und das Wirtshaus belebt. Man<br />
lebt bis jetzt fernab der „Hauptverkehrsadern“,<br />
wie Autobahn und Schiene, recht<br />
gut. Derzeit gibt es auch keine augenscheinlichen<br />
Umweltprobleme in der Gemeinde.<br />
Wird es diese Rahmenbedingungen in 15<br />
bis 20 Jahren noch geben? Diese Frage<br />
wurde im Gemeinderat gestellt und man<br />
nimmt die <strong>Zukunfts</strong>entwicklung und die<br />
Gestaltung selbst in die Hand. Mit dem<br />
einstimmigen Gemeinderatsbeschluss,<br />
einen LA21-Prozess zu starten, wurde die<br />
Bevölkerung eingeladen, sich aktiv zu<br />
beteiligen.<br />
In der <strong>Zukunfts</strong>werkstatt am 9. und 16.<br />
November 2005 wurde nach einer genauen<br />
Analyse des Ist-Zustandes durch 45<br />
Gemeindebewohner ein Idealbild für die<br />
Zukunft erarbeitet. Die Teilnehmer wollten<br />
einhellig den Erhalt des intakten Lebensumfeldes<br />
mit einem lebenswerten<br />
Ortszentrum – dies ergaben die Ergebnisse<br />
in den einzelnen Gruppen. Es wurden<br />
Mottos wie „ Da möchte ich leben“, „Unsere<br />
Wellnessoase“, „Die Zukunft in unserer<br />
Hand“, I love Miglo“ oder „ St. Nikolai,<br />
der L(i)ebensbaum“ kreiert.<br />
Startprojekte<br />
Konkrete Projekte am Beginn des LA21-<br />
Prozesses in St. Nikolai ob Draßling sind<br />
die Vermarktung der regionalen Produkte<br />
und die Nutzung der eigenen Wirtschaftsbetriebe.<br />
Ein Projekt, das rasch<br />
umgesetzt werden soll, ist eine umweltfreundliche<br />
Wärmeversorgung mit eigenen<br />
Hackschnitzeln durch die Biowärme<br />
St. Nikolai. Weiters soll die Kinderbetreuung<br />
durch Tagesmütter ausgeweitet werden<br />
und als Naherholungsgebiet für Einheimische<br />
und Gäste bietet sich eine<br />
sanfte Erschließung des Lieberbaches<br />
GEMEINDEN & REGIONEN<br />
Hubert Langmann<br />
St. Nikolai ob Draßling<br />
Die Gemeinde St. Nikolai ob Draßling liegt geographisch zwischen<br />
dem Vulkanland und dem Südweststeirischen Weinland.<br />
Man ist auf der Suche nach einer Identität, die auf Bewusstsein,<br />
Offenheit und Bodenständigkeit aufbaut. Erarbeitet wird das neue<br />
Erscheinungsbild gemeinsam mit der Bevölkerung. Als Instrument<br />
verwendet man einen aktiven Bürgerbeteiligungsprozess,<br />
die Lokale Agenda 21.<br />
an. Bei diesem Projekt muss eine Abstimmung<br />
mit den Jägern erfolgen. Und die Installierung<br />
und Schaffung einer Kultur-<br />
und Tourismusgruppe als Plattform soll<br />
dafür sorgen, dass weitere Themen und<br />
Projekte in diesem Bereich erarbeitet<br />
werden.<br />
Bürgerversammlung<br />
Am 17. März 2006 wurde in der Gemeinde<br />
eine umfangreiche Bürgerinformationsveranstaltung<br />
abgehalten. Neben der<br />
Philosophie der Lokalen Agenda 21 wurden<br />
die ersten Arbeitsschritte und Inhalte<br />
der Bevölkerung präsentiert. Es wurde<br />
eine Fotokollage über die Gemeinde zusammengestellt,<br />
um aufzuzeigen, was<br />
man alles hat und auf welcher Basis man<br />
aufbauen kann. An diesem Abend stellten<br />
sich die drei Arbeitsgruppen „Wirtschaft<br />
und Infrastruktur“, „Kultur und<br />
Tourismus“ sowie „Freizeit und Gesell-<br />
Ergebnis der <strong>Zukunfts</strong>werkstatt: Drei Arbeits-<br />
kreise (Wirtschaft-Infrastruktur; Freizeit-Gesell-<br />
schaft; Kultur-Gesundheit-Tourismus) haben<br />
sich gebildet, wo unterschiedlichste Projekte<br />
entwickelt werden – von der Biowärme St. Niko-<br />
lai bis zur Organisation von Kinderbetreuung.<br />
Fotos: Langmann (2)<br />
schaft“ der Bevölkerung vor und die Menschen<br />
wurden zur weiteren Mitarbeit in<br />
den einzelnen Arbeitskreisen eingeladen.<br />
Bis Herbst 2006 wird der Aktionsplan<br />
mit Visionen, Leitzielen, Maßnahmen,<br />
Projekten und Messgrößen ausgearbeitet.<br />
Parallel dazu werden erste Projekte<br />
wie ein neu gestalteter Kinderspielplatz<br />
umgesetzt. Ziel der „St. Nikolaier“<br />
ist es, ein liebens- und lebenswertes Lebensumfeld<br />
zu erhalten und zu schaffen.<br />
Ing. Hubert Langmann (ÖLE-Regionalbetreuer)<br />
E-Mail: hubert.langmann@stmk.gv.at
In der Gemeinde St. Bartholomä leben<br />
1400 Einwohner, sie ist vorwiegend<br />
landwirtschaftlich strukturiert, die Infrastruktur<br />
im Ortskern ist noch okay, die<br />
Gemeinde ist eine beliebte Wohngemeinde<br />
und Tagestouristen nutzen den hohen<br />
Erholungswert, den die Landgemeinde<br />
bietet. In den letzten Jahren wurden zwei<br />
größere Bauvorhaben, nämlich die Errichtung<br />
des Amtsgebäudes sowie eines<br />
Gasthauses („Bartholomäer Kirchenwirt“)<br />
verwirklicht. Diese Bauwerke sind<br />
ein fester Bestandteil des Ortsbildes und<br />
der Infrastruktur. Der Gemeindevertretung<br />
geht es nun darum, als nächsten<br />
Schritt die Ortsgestaltung in Angriff zu<br />
nehmen.<br />
Ortserneuerung mit<br />
Bürgerbeteiligung<br />
Hubert Langmann<br />
Für eine professionelle Begleitung der<br />
damit verbundenen Maßnahmen hat der<br />
Gemeinderat einstimmig beschlossen,<br />
einen Lokalen-Agenda-21-Prozess, begleitet<br />
durch die Ökologische <strong>Landentwicklung</strong>,<br />
durchzuführen. „Ein Grund ist<br />
sicher, dass durch die Einbettung unseres<br />
ÖLE-Regionalbetreuers Ing. Langmann<br />
in die Landesstrukturen bestmögliche<br />
Förderungsmöglichkeiten für die Ortserneuerung<br />
erzielt werden“, sagt Bürgermeister<br />
Josef Birnstingl, „dabei ist<br />
uns selbstverständlich die Einbindung<br />
und Mitwirkung der Bevölkerung an<br />
wichtigen Maßnahmen eine Herzensangelegenheit.<br />
Denn nur gemeinsam und<br />
miteinander können Ziele erreicht werden.“<br />
Der Bürgermeister weiter: „Der Begriff<br />
,Nachhaltigkeit‘ ist für die Gemeinde<br />
St. Bartholomä kein Lippenbekenntnis,<br />
sondern ein Auftrag. Es sollen Visionen<br />
und Leitbilder erstellt werden, um zu erkennen,<br />
in welche Richtung sich unsere<br />
Gemeinde entwickelt.“<br />
GEMEINDEN & REGIONEN<br />
Gestaltung St. Bartholomä<br />
Die nordwestlich von Graz gelegene Gemeinde St. Bartholomä<br />
setzt auf nachhaltige Gemeindeentwicklung und setzt eine „Lokale<br />
Agenda 21“ um. Ein Schwerpunkt dabei ist die Ortserneuerung.<br />
Einer der Aktivbürger: Koordinationsteamlei-<br />
ter Pfarrer Pater Paulus<br />
„Der LA21-Prozess mit der<br />
Ökologischen <strong>Landentwicklung</strong><br />
soll der Leitfaden für unsere<br />
zukünftige Gemeindearbeit sein.“<br />
Fotos: St. Bartholomä<br />
Bgm. Josef Birnstingl<br />
In der <strong>Zukunfts</strong>werkstatt am 25. und 30.<br />
November 2005 erfolgte durch drei Dutzend<br />
Bürgerinnen und Bürger eine Bestandsaufnahme<br />
der derzeitigen Situation.<br />
Das dabei erarbeitete <strong>Zukunfts</strong>bild<br />
fußt auf einem lebenswerten Ortszentrum<br />
und einer gepflegten Kulturlandschaft.<br />
Es wurden Mottos wie „das Tor<br />
zum Paradies“, „liebens- und lebenswertes<br />
St. Bartholomä“, kreiert. In der Gemeinde<br />
ist man sich über Stärken und Defizite<br />
bewusst.<br />
Ein wichtiges Anliegen ist die Verbesserung<br />
der Sicherheit der Schul- und Kindergartenkinder<br />
auf dem Weg zur Schule<br />
bzw. zum Kindergarten. Zu verbessern ist<br />
ein wichtiges Anliegen in der Landgemeinde<br />
nordwestlich von Graz. Die 90<br />
Kinder werden mit reflektierenden Bändern<br />
seitens der Gemeinde ausgestattet.<br />
Damit soll die Sicherheit auf den Gemeindestraßen<br />
erhöht werden. Die Übergabe<br />
erfolgte bei der Bürgerinformationsveranstaltung<br />
am 19. März. Neben der Sicherheit<br />
für Kinder gibt es schon konkrete<br />
Projektansätze wie die Ortsbildgestaltung,<br />
den Bauernmarkt, den Wohnbau,<br />
einen Platz für die Jugend und das Jugendzentrum,<br />
die alte Kirche als kulturelles<br />
Zentrum, die Forcierung der erneuerbaren<br />
<strong>Energie</strong> oder die Platzsanierung<br />
beim Lagerhaus.<br />
Bei der Bürgerinformationsveranstaltung<br />
Mitte März wurden der Hintergrund<br />
der „Lokalen Agenda 21“ erklärt und die<br />
ersten Arbeitsschritte und Inhalte der Bevölkerung<br />
präsentiert. Um die Ideen und<br />
Anregungen aller Gemeindebewohner zu<br />
bekommen, wird ein Fragebogen gemeinsam<br />
mit der Universität Graz ausgearbeitet,<br />
dessen Ergebnisse in den LA21-Prozess<br />
einfließen.<br />
Ihre Meinung zählt!<br />
Schreiben Sie uns:<br />
redaktion@oele-stmk.at<br />
Ing. Hubert Langmann (ÖLE-Regionalbetreuer)<br />
E-Mail: hubert.langmann@stmk.gv.at<br />
l e b e n s We r t<br />
27
28<br />
,,<br />
Peter Uhl<br />
Kluge Köpfe<br />
Die Kinder von Eichberg<br />
Kinder und Jugend sind unsere Zukunft!“<br />
Unter diesem Motto startete<br />
die oststeirische Gemeinde Eichberg ein<br />
Förderungsprojekt, das von Initiativen<br />
vom Kindergarten bis zu Unterstützungen<br />
für Jungfamilien reicht. Diese Initiative<br />
entstand aus einem „Agenda-21-Arbeitskreis“,<br />
in welchem von der Kindergärtnerin<br />
bis zur Seniorenvertreterin<br />
Ideen für ein mehrjähriges <strong>Zukunfts</strong>projekt<br />
für junge Eichbergerinnen und Eichberger<br />
erarbeitet wurden.<br />
Wertschätzung für die Kinder<br />
Startschuss war bei der österreichischen<br />
Meisterschaft im Riesenkürbisabwiegen<br />
im Herbst 2004. Alle Kinder des Kindergartens<br />
und der Volksschule wurden als<br />
Models geladen und von einer professionellen<br />
Fotografin fotografiert. Die Bilder<br />
waren der erste Schritt einer begleitenden<br />
Dokumentation durch die Kinder-<br />
und Jugendjahre im gesellschaftlichen<br />
Gefüge der Gemeinde Eichberg. Ziel der<br />
Initiative ist, örtliche Identität zu stiften<br />
und damit die Zukunft der Kinder mit ihrem<br />
eigenen Lebensraum zu verbinden.<br />
Am wichtigsten ist aber, den Kindern zu<br />
zeigen, dass man sie schätzt und ernst<br />
nimmt. Im Rahmen einer Vernissage in<br />
der Volksschule im Frühjahr 2005 wurden<br />
GEMEINDEN & REGIONEN<br />
Ausdruck der Wertschätzung für die Jun-<br />
gen: Hunderte Grußkarten mit Motiven der<br />
Eichberger Kinder wurden gedruckt und an<br />
die Kinder verteilt. Die Bilder sind der<br />
Beginn einer Fotodokumentation durch die<br />
Kinder- und Jugendjahre.<br />
Den jungen Leuten Perspektive und Heimat geben –<br />
dies ist das Ziel der Gemeinde Eichberg. Eine Reihe von<br />
Kinder- und Jugendinitiativen soll die Jungen in das soziale<br />
und kulturelle Umfeld der Gemeinde einbinden.<br />
die Bilder nicht nur den Kindern, Eltern<br />
und Verwandten, sondern der gesamten<br />
Gemeindebevölkerung präsentiert. Bei<br />
diesem Fest wurde auf die Wichtigkeit<br />
der Familie und im Besonderen auf die<br />
Wertschätzung unserer Kinder verwiesen.<br />
Die Kindergartenleiterin konnte bei<br />
diesem Festakt die pädagogischen Ziele<br />
und Schwerpunkte des Kindergartenjahres<br />
den Anwesenden näher bringen.<br />
Tagesbetreuung mit Musikunterricht<br />
Als weiterer Schritt wurde mit dem laufenden<br />
Schuljahr eine Tagesbetreuung<br />
an der Volksschule gestartet: An jedem<br />
Mittwoch werden die Kindergartenkinder,<br />
welche die Tagesbetreuung in Anspruch<br />
nehmen, von einer Tagesmutter<br />
betreut. Auch Volksschulkinder können<br />
an diesem Betreuungsprojekt teilnehmen.<br />
Zusätzlich wird den Volksschulkindern<br />
nach einem gemeinsamen Mittagessen<br />
von pädagogisch gebildeten Lehrkräften<br />
Lernunterstützung geboten. Eine<br />
neue Idee ist, im Rahmen der Tagesbetreuung<br />
für die Kinder auch Musikunterricht<br />
anzubieten. Die Kreativität der jungen<br />
Leute soll durch gemeinsames Musizieren,<br />
Singen und Spielen gefördert<br />
werden – und manche der Kinder werden<br />
sicher den Nachwuchs für die örtliche<br />
Musikkapelle bilden. Da dieses Angebot<br />
von den Kindern und Eltern überaus positiv<br />
angenommen wird, wird diese Betreuung<br />
im kommenden Schuljahr auf mehrere<br />
Tage ausgedehnt.<br />
Reden mit den Jugendlichen<br />
Nicht nur für die „Jüngsten“ wird in Eichberg<br />
etwas gemacht. So erfüllt unsere Jugendgemeinderätin<br />
Susanne Schlick, die<br />
selber jugendliche 19 Jahre alt ist, den<br />
neuen Jugendraum thematisch mit Leben.<br />
Der Raum ist täglich geöffnet und in<br />
regelmäßigen Abständen treffen sich altersmäßig<br />
gestaffelt junge Menschen gemeinsam<br />
mit Streetworkern und besprechen<br />
und diskutieren für Sie interessante<br />
und aktuelle Themenbereiche.<br />
Und für Jungfamilien, die bauen wollen,<br />
hat sich die Gemeinde Eichberg etwas<br />
Besonderes einfallen lassen. Der Ankauf<br />
der Baugründe wird mit bis zu 50<br />
Prozent gefördert. Die Gemeinde Eichberg<br />
verbindet mit diesen Initiativen die<br />
Schaffung von örtlicher Identität bereits<br />
in den Kinder- und Jugendjahren und<br />
möchte junge Familien aktiv unterstützen.<br />
Es soll damit einerseits Zukunft und<br />
Heimat mit dem Lebensraum Gemeinde<br />
verbunden werden und andererseits einer<br />
späteren Abwanderung durch bewusstes<br />
Erleben des sozialen und kulturellen<br />
Umfeldes entgegengesteuert werden.<br />
Ing. Peter Uhl ist Bürgermeister<br />
der LA21-Gemeinde Eichberg.<br />
E-Mail: bgm@eichberg.at<br />
www.eichberg.at<br />
Fotos: Rauchenberger, Römer
Öffentlicher Wohnbau, Sportstätten,<br />
Feuerwehrhäuser, Industriebauten,<br />
Referenzbauten im Tourismus – das Prozedere<br />
läuft immer ähnlich ab: Der Bedarf<br />
ist da – eine Idee wird geboren – man<br />
entscheidet sich für ein bestimmtes Projekt<br />
– ein Projektkonzept wird erstellt –<br />
das Projekt wird geplant – Ausschreibung<br />
– Spatenstich und Baubeginn.<br />
Die <strong>Steiermark</strong> ist eines der führenden<br />
Bundesländer im Holzbau, trotzdem<br />
werden viele öffentliche Bauten zum Teil<br />
aufgrund des noch herrschenden Informationsdefizits<br />
nicht mit dem wertvollen<br />
heimischen Baustoff Holz umgesetzt.<br />
Gründe dafür gibt es viele: Entweder wird<br />
an den Baustoff Holz gar nicht gedacht,<br />
oder der Planer hat zu wenig Erfahrung<br />
mit Holzbauten und somit zu wenig<br />
Kenntnis über den Baustoff, es fehlt die<br />
Fachberatung vor Ort, es fehlt die Kenntnis<br />
über bereits realisierte Holzbau-Leitprojekte<br />
– und immer wieder kommt<br />
dann, wenn es zu spät ist, der Satz:<br />
„Wenn wir das gewusst hätten, hätten<br />
wir das Ganze in Holz gebaut“...<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
PR<br />
„Wenn wir das<br />
gewusst hätten …“<br />
Dass trotz der unbestrittenen<br />
Vorteile des Holzes nicht mehr<br />
mit diesem genialen Baustoff<br />
gebaut wird, liegt vielfach an<br />
der mangelnden Information.<br />
Die neue Fachberatung von<br />
proHolz informiert und unterstützt<br />
bei der Projektabwicklung<br />
und beim Bau.<br />
Holzfachberatung neu<br />
Und hier setzt die „Holzfachberatung<br />
neu“ von proHolz <strong>Steiermark</strong> an: Laufende<br />
aktive Marktbeobachtung, wo größere<br />
Bauvorhaben geplant sind – Prüfung,<br />
ob eine Umsetzung dieser Bauten mit<br />
Holz beziehungsweise in Mischbauweise<br />
sinnvoll wäre und auf Wunsch der Bauherren<br />
Unterstützung bei der Projektabwicklung<br />
und der Projektfinanzierung<br />
(zum Beispiel durch Hinweise auf mögliche<br />
Förderungen), damit auch der Rohstoff<br />
„Holz“ eine gerechte Chance erhält<br />
und ebendiese „Wenn ...“-Aussagen von<br />
vornherein vermieden werden.<br />
Natürlich zählt in weiterer Folge auch<br />
die Begleitung der Bauumsetzung zu den<br />
Aufgaben der „Holzfachberatung neu“.<br />
Im Hintergrund steht dabei ein starkes<br />
Netzwerk aus Holzbauunternehmen, Statikern,<br />
Architekten, Finanzierungsinstituten,<br />
Förderungsexperten etc. Auch die<br />
permanente Öffentlichkeitsarbeit beispielsweise<br />
mit der medialen Berichterstattung<br />
über Baufortschritte, dem Erstellen<br />
von Baudokumentationen oder<br />
der Durchführung von Veranstaltungen<br />
auf der Baustelle wird von proHolz <strong>Steiermark</strong><br />
angeboten.<br />
Wenn auch Sie in nächster Zeit Bauvorhaben<br />
planen und sich die Frage stellen,<br />
ob der Baustoff „Holz“ in Ihrem Gebäude<br />
sinnvoll eingesetzt werden kann,<br />
steht unser Team der „Holzfachberatung<br />
neu“ unter der Leitung von DI (FH) Erhard<br />
Pretterhofer jederzeit gerne mit aktuellen,<br />
umfangreichen Informationen zur<br />
Verfügung!<br />
proHolz <strong>Steiermark</strong><br />
DI (FH) Erhard Pretterhofer<br />
8020 Graz, Reininghausstraße 13a<br />
Tel. 0316/587860-212<br />
E-Mail: pretterhofer@proholz-stmk.at<br />
Ein innovatives Konzept<br />
für innovative Bauten ...<br />
Wir von proHolz <strong>Steiermark</strong> haben das<br />
Konzept für die „Holzfachberatung neu“<br />
aus aktuellem Anlass für den Markt aufbereitet.<br />
Dabei sprechen wir ein breites Zielpublikum<br />
an: Ob Auftraggeber aus dem<br />
kommunalen Wohnbau, dem Gewerbe-<br />
und Industriebau, dem Tourismus oder<br />
dem Sportstättenbau – das Einsatzgebiet<br />
ist umfangreich! Unser Ziel ist, durch den<br />
vermehrten Einsatz von Holz den Holzabsatz<br />
nachhaltig zu steigern und dadurch<br />
die regionale Wertschöpfung in der <strong>Steiermark</strong><br />
zu erhöhen. Eng damit verbunden ist<br />
natürlich die Sicherung von wichtigen Arbeitsplätzen<br />
in der Region. Bei all diesen<br />
Bauten steht die optimale Kombination<br />
aus wirtschaftlichen und qualitativen Faktoren<br />
im Mittelpunkt – kurz gesagt: Qualitativ<br />
hochwertigste Bauten aus Holz beziehungsweise<br />
in Mischbauweise, und das zu<br />
einem angemessenen Preis-Leistungs-Verhältnis.<br />
Weiters wird der Fokus auf eine<br />
möglichst ganzheitliche Projektbetreuung<br />
gelegt – das heißt, dass der Bauherr einen<br />
zentralen Ansprechpartner hat, der einerseits<br />
das Know-how rund um den Baustoff<br />
„Holz“ besitzt und andererseits ein profundes<br />
Fachwissen im Bereich Projektabwicklung<br />
und Projektumsetzung aufweist.<br />
Überzeugen Sie sich selbst vom hohen Potenzial<br />
des Holz-Netzwerkes in der <strong>Steiermark</strong>!<br />
Ing. Joachim Reitbauer ist der Geschäftsführer<br />
von proHolz <strong>Steiermark</strong>.<br />
l e b e n s We r t<br />
29
30<br />
Der Maiswurzelbohrer dringt von<br />
Osten her in die <strong>Steiermark</strong> vor.<br />
Mit wöchentlich kontrollierten Lock-<br />
stoff-Fallen wird die Verbreitung des<br />
Schädlings überwacht.<br />
Fotos: FA10B (6), Begsteiger (1)<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
Peter Hohengaßner<br />
Pflanzenschädlinge auf<br />
Globalisierungskurs<br />
Land- und forstwirtschaftliche Kulturen werden durch eine<br />
Vielzahl von Schaderregern bedroht. Neue Bedrohungen für<br />
die heimischen Kulturen bringen aber zunehmend in Österreich<br />
bisher unbekannte Schaderreger. Ein Bericht über Biologie,<br />
Verbreitung und behördliche Strategien zur Verhinderung<br />
ihrer Ausbreitung in der <strong>Steiermark</strong> .<br />
Insekten, Nematoden, Pilze, Bakterien<br />
und Viren verursachen jährlich weltweit<br />
enorme Schäden und strengere Umweltstandards<br />
schränken vor allem in<br />
den Industriestaaten die Möglichkeiten<br />
für eine chemische Schädlingsbekämpfung<br />
in der landwirtschaftlichen Produktion<br />
zunehmend ein; alternative Bekämpfungsmöglichkeiten,<br />
wie der Einsatz von<br />
Nützlingen und die Verwendung resistenter<br />
Sorten nehmen daher zu.<br />
Maiswurzelbohrer – der Milliarden-Dollar-Käfer<br />
Ein neuer Schaderreger, der Maiswurzelbohrer,<br />
der trotz aller Bekämpfungsanstrengungen<br />
(einschließlich des Einsatzes<br />
von gentechnisch veränderten Maissorten)<br />
in seinem Ursprungsgebiet, den<br />
USA, große Schäden verursacht und zu<br />
Recht als Milliarden-Dollar-Käfer bezeichnet<br />
wird, wächst auch in Europa zu<br />
einem Problem heran. Er hat seit den frühen<br />
1990er Jahren – ausgehend vom<br />
Raum Belgrad – große Teile Südosteuropas<br />
erobert. Dass er auch in anderen europäischen<br />
Staaten immer in der Nähe<br />
von Flughäfen gefangen worden ist, deutet<br />
auf seine zügellose Reiselust hin. Europaweit<br />
verursacht der Blattkäfer einen<br />
Schaden von jährlich 300 Millionen Euro<br />
– Tendenz stark steigend.<br />
Seit 2003 wird im Zuge von EU-Monitoringprogrammen,<br />
mit wöchentlich kontrollierten<br />
Lockstofffallen, sein Vordringen<br />
auch in der <strong>Steiermark</strong> überwacht<br />
und seine geographische Verbreitung<br />
festgestellt. „Wir haben im Vorjahr an 160<br />
ausgewählten Standorten Fallen aufgestellt<br />
und in 75 Fällen wurde der Maiswurzelbohrer<br />
nachgewiesen“, sagt DI Josef<br />
Pusterhofer, der Leiter des Landwirtschaftlichen<br />
Versuchszentrums in Haidegg,<br />
dessen Mitarbeiter vom Amtlichen<br />
Pflanzenschutzdienst die Untersuchungen<br />
durchführen. Der Käfer und seine<br />
Larven haben in Niederösterreich, dem<br />
Burgenland und der <strong>Steiermark</strong> bereits<br />
Maisanbauflächen von 80.000 Hektar erfasst.<br />
Fruchtfolge und gebeiztes Saatgut<br />
Für die politischen Bezirke Radkersburg<br />
und Fürstenfeld sowie für festgelegte Gemeinden<br />
in den Bezirken Feldbach, Hartberg<br />
und Weiz sind im Vorjahr zur Bekämpfung<br />
des Schaderregers noch vor<br />
der Saat Maßnahmen (Fruchtfolge mit
„Durch die rechtzeitigen Maßnahmen<br />
ist es gelungen, nennenswerte<br />
Ernteausfälle zu vermeiden.“<br />
Landesrat Johann Seitinger.<br />
Mais nur jedes zweite Jahr oder alternativ<br />
dazu Saatgutbeizung gegen den Larvenfraß)<br />
verordnet worden. Die Überwachungsergebnisse<br />
im Vorjahr haben zur<br />
Erweiterung des von den Maßnahmen<br />
betroffenen Gebiets (etabliertes Gebiet)<br />
in der <strong>Steiermark</strong> mit der Anfang des Jahres<br />
2006 beschlossenen Maiswurzelbohrerverordnung<br />
geführt.<br />
Zum Vergleich: Im burgenländischen<br />
Seewinkel hat der Maiswurzelbohrer bereits<br />
die gesamte Maianbaufläche von<br />
27.000 Hektar befallen und teilweise zu<br />
Ertragsausfällen geführt. Der Einsatz zugelassener<br />
chemischer Bekämpfungsmittel<br />
gegen den flugfähigen Käfer im Erwachsenenstadium<br />
scheitert bislang an<br />
der schwierigen und teuren Ausbringungstechnik<br />
(Ausbringung in den stehenden<br />
Mais notwendig). Für wirtschaftliche<br />
Schäden in den steirischen Maisbeständen<br />
sind die Käferpopulationen noch<br />
zu klein, die Einhaltung der verordneten<br />
Maßnahmen soll helfen, den Käferbestand<br />
weiterhin gering zu halten. Dennoch<br />
ist die Zeit zu nutzen, weitere wirksame<br />
und praxistaugliche Strategien gegen<br />
diesen Schaderreger zu entwickeln.<br />
Der Kampf gegen den Feuerbrand<br />
Das Bakterium „Erwinia amylovora“ als<br />
Erreger des Feuerbrandes verursacht seit<br />
dem Jahr 2000 in der <strong>Steiermark</strong> alljährlich<br />
Schäden. Auch im Vorjahr waren<br />
Kernobstanlagen davon wieder betroffen.<br />
Selbst wenn bei Apfelbäumen durch<br />
sachgerechten Rückschnitt Anlagen teilweise<br />
erhalten werden können, führt bei<br />
Birnen und Quitten meist kein Weg an der<br />
gänzlichen Rodung befallener Anlagen<br />
vorbei. Die landesrechtlichen Regelungen<br />
mit landesweiten Verboten für Produktion,<br />
Auspflanzung und Verbringung<br />
bestimmter Wirtspflanzen und mit Be-<br />
Feuerbrandsbefallzonen 2006:<br />
In den betroffenen Gemeinden gelten beson-<br />
dere Vorsichtsmaßnahmen – etwa Beschrän-<br />
kungen für die Bienenwanderung. Der Feuer-<br />
brand wird durch ein Bakterium verursacht<br />
und ist nur sehr schwierig zu bekämpfen, oft<br />
ist die Rodung der letzte Ausweg.<br />
schränkungen für die Bienenwanderung<br />
in Feuerbrandbefallszonen sollen die<br />
weitere Ausbreitung bremsen und die<br />
wirtschaftlichen Schäden gering halten.<br />
In mehreren Projekten wird daran gearbeitet,<br />
weitere geeignete Bekämpfungs-<br />
und Eindämmungsmaßnahmen zu finden.<br />
Ein geschärftes Problembewusstsein<br />
in allen Bevölkerungskreisen für die ersten<br />
Verdachtssymptome, wie hakenförmige<br />
Triebverkrümmungen, angesengt<br />
aussehende Blütenbüschel und dörrobstähnliche<br />
Fruchtmumien, kann der Früherkennung<br />
erster Infektionen, zuvorderst<br />
in den überwiegend noch befallsfreien<br />
Landesteilen, wesentlich dienen. Die gesetzlich<br />
verpflichtende Meldung an den<br />
Feuerbrandbeauftragten der Gemeinde<br />
gewährleistet in weiterer Folge, dass<br />
Sachverständige der Behörde den Verdachtsfall<br />
inspizieren und erforderlichenfalls<br />
Proben nehmen. Bestätigt sich ein<br />
Befallsverdacht, werden vom Amtlichen<br />
Pflanzenschutzdienst <strong>Steiermark</strong> geeignete<br />
Bekämpfungsmaßnahmen angeordnet.<br />
Eigenmächtige Bekämpfungsversuche<br />
können bei Unterlassung der da-<br />
Weitere detaillierte Informationen<br />
über den Feuerbrand bis hin zu aktuel-<br />
len geographischen Informationen für<br />
Imker gibt es unter der Internetadresse<br />
http://feuerbrand.steiermark.at<br />
bei unerlässlichen Hygienemaßnahmen<br />
mehr Schaden als Nutzen anrichten!<br />
Bebildertes Informationsmaterial<br />
über Feuerbrand liegt bei allen steirischen<br />
Gemeinden auf.<br />
Die angeführten Schaderreger sind<br />
Beispiele dafür, wie wichtig behördliche<br />
Reglementierungen und die Überwachung<br />
ihrer Einhaltung zur Verhinderung<br />
größerer Schäden sind. Und sie sind Beispiele<br />
dafür, dass der durch die Globalisierung<br />
verursachte, immer schrankenloser<br />
werdende Warenverkehr den Schädlingen<br />
die Verbreitung über größere Distanzen<br />
erlaubt.<br />
Mag. Peter Hohengaßner ist Mitarbeiter<br />
im „Referat Amtlicher Pflanzenschutzdienst<br />
und Qualitätskontrolle“ der Fachabteilung<br />
10B – Landwirtschaftliches Versuchszentrum,<br />
Graz-Haidegg<br />
l e b e n s We r t<br />
31
32<br />
Ilzer Weinler, Krummstiel,<br />
Schafnase, Mostbirn’... –<br />
gab es früher Dutzende geschmackvolle<br />
Obstsorten, ist<br />
das Angebot heute auf eine<br />
Handvoll Sorten geschrumpft.<br />
Schade eigentlich, denn<br />
die alten Sorten sind vielfach<br />
geschmack- und wertvoller<br />
als heutiges Obst.<br />
In der Versuchsstation für<br />
Obst- und Weinbau Haidegg<br />
werden die alten Sorten gesammelt<br />
und die genetische<br />
Vielfalt gesichert.<br />
Der Obstbau war schon seit jeher ein<br />
wichtiger Betriebszweig der Landwirtschaft<br />
in der <strong>Steiermark</strong>. Immer wieder<br />
gab es große Initiativen, um den<br />
Obstbau zu fördern. Man denke dabei nur<br />
an Erzherzog Johann, den großen Förderer<br />
des Obst- und Weinbaues in der <strong>Steiermark</strong>.<br />
Auch heute noch ist die <strong>Steiermark</strong><br />
das bedeutendste Obstbau betreibende<br />
Bundesland in Österreich. Über 80<br />
Prozent der Intensivkulturen Österreichs<br />
stehen in diesem Bundesland. Besonders<br />
herausragend ist die Bedeutung der<br />
<strong>Steiermark</strong> beim Anbau von Äpfeln und<br />
Birnen, die Tafelapfelproduktion hat heute<br />
ein Volumen von über 165.000 Tonnen<br />
erreicht.<br />
Obstbau früher ...<br />
Der Wandel der Wirtschaft hat dazu geführt,<br />
dass die Bedeutung des landschaftsprägenden<br />
Obstbaumes auf Sämlingsunterlage<br />
stark abgenommen hat.<br />
Früher wurden die Früchte als Tafelobst<br />
vermarktet und zu Most verarbeitet; auch<br />
die Holznutzung für den Möbelbau war<br />
mit diesen landschaftsprägenden Obstbäumen<br />
möglich. Durch das ständige Ansteigen<br />
der Kosten für die Handarbeit<br />
wurde die Umstellung auf kleinere Baumformen<br />
beschleunigt. Heute findet der<br />
Marktobstanbau ausschließlich in Intensivanlagen<br />
mit schwach wachsenden Unterlagen<br />
statt.<br />
... und heute<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
Leonhard Steinbauer<br />
Schafnase und Mostbirn<br />
Zwei Drittel des Apfelangebotes<br />
werden heute mit nur mehr<br />
drei Sorten gestellt.<br />
Durch die Globalisierung und die damit<br />
stattfindende Vergrößerung des Angebotes<br />
an verschiedenen Obstarten kam es<br />
zu einer Einengung des Sortenspiegels.<br />
Da die Verkaufsabteilungen in der Größe<br />
nicht so stark zunehmen wie das Angebot<br />
an den verschiedenen Obstarten, können<br />
pro Obstart nur mehr wenige Sorten angeboten<br />
werden.<br />
Auch die zunehmende Mechanisierung<br />
verringert die Sortenvielfalt, da viele<br />
alte Streuobstbäume gerodet wurden,<br />
um die Flächen an die Bewirtschaftung<br />
mit größeren Maschinen und Geräten anzupassen.<br />
Die gedrückte Erlössituation<br />
für Mostobst hat diesen Trend noch zusätzlich<br />
beschleunigt. Alles in allem eine<br />
leider sehr negative Entwicklung. Mit<br />
dem österreichischen Programm für eine<br />
umweltschonende Landwirtschaft wurde<br />
versucht, dieser Entwicklung entgegenzuwirken.<br />
Deshalb wurde schon vor zwanzig Jahren<br />
an der Versuchsanstalt für Obst- und<br />
Weinbau Haidegg damit begonnen, alte<br />
Apfel- und Birnensorten zu sammeln. Aus<br />
den verschiedensten Bezirken der <strong>Steiermark</strong><br />
haben Univ.-Prof. DI Dr. Herbert<br />
Keppel und Dr. Heinz Otto – mit Unterstützung<br />
des landwirtschaftlichen Schulwesens<br />
– Sorten identifiziert, gesammelt<br />
und an einem Standort östlich von Graz<br />
ausgepflanzt. Dieser so genannte „Gen-<br />
„Genpool“ für alte Sorten:<br />
Über dreihundert Apfelsorten und über<br />
80 Birnensorten werden derzeit in der Obst-<br />
bau-Versuchsanstalt Haidegg gezüchtet.<br />
Foto: Römer<br />
pool“ befindet sich in Wagersbach mit eieiner Fläche von 70.000 Quadratmetern.<br />
Genetischer Fingerabdruck<br />
Seit fünf Jahren werden diese Sorten<br />
durch Mitarbeiter des Institutes für Pflanzenwissenschaften<br />
an der Universität<br />
Graz weitestgehend untersucht. So wurden<br />
durch Analysen die Zuckermuster,<br />
die Säure- und Gerbstoffgehalte der einzelnen<br />
Sorten genau festgestellt und ein<br />
„genetischer Fingerabdruck“ mittels der<br />
Mikrosatellitenanalyse festgehalten. Damit<br />
wird diese pomologische Sammlung<br />
nach dem letzten Stand der Technik geführt.<br />
Die Erhaltung dieser alten Sorten<br />
ist ein wesentlicher Beitrag des Landes<br />
zur Sicherung der genetischen Vielfalt.<br />
Vielleicht kommt es einmal zu einer Renaissance<br />
einiger alter Sorten, sei es,<br />
weil spezielle Inhaltsstoffe eine besondere<br />
Bedeutung bekommen, sei es für<br />
touristische Zwecke. Die <strong>Steiermark</strong> ist<br />
auf jeden Fall dafür gerüstet!<br />
Dr. Leonhard Steinbauer ist Referatsleiter<br />
in der Fachabteilung 10B<br />
E-Mail: leonhard.steinbauer@stmk.gv.at
In der Region Feldbach entsteht<br />
ein weltweit einzigartiges<br />
Pilotprojekt, um den Klimawandel<br />
zu untersuchen.<br />
150 Messstationen werden<br />
genaue Aufschlüsse über die<br />
Erderwärmung geben.<br />
Viele, die sich den heurigen schneereichen<br />
Winter und den vorigen verregneten<br />
Sommer vor Augen führen, können<br />
kaum glauben, dass es die durch die<br />
Treibgase verursachte Erderwärmung<br />
und den Klimawandel gibt. Dennoch –<br />
Klimamodelle für dieses Jahrhundert sagen<br />
voraus, dass die globale Temperatur<br />
beim derzeitigen Treibhausgas-Ausstoß<br />
bis zum Jahr 2100 um bis zu 3,5 Grad Celsius<br />
ansteigen wird. Dieser Temperaturanstieg<br />
ist die größte Klimaveränderung<br />
seit der letzten Eiszeit und die Prognosen<br />
sprechen davon, dass bis zum Jahr 2080<br />
der Nordpol im Sommer eisfrei sein wird.<br />
Diese Entwicklung wird ungeahnte Auswirkungen<br />
auf unser Ökosystem haben,<br />
flachen Küstenregionen droht die Überflutung,<br />
Naturkatastrophen wie Dürren<br />
oder Hurrikane werden zunehmen. Der<br />
Hurrikan-Sommer 2005 mit dem traurigen<br />
Höhepunkt der Überflutung New Orleans’<br />
ist noch in trauriger Erinnerung.<br />
Dies ist eine Entwicklung, die bereits jetzt<br />
zu beobachten ist – und dabei halten wir<br />
erst bei einem vom Menschen verursachten<br />
globalen Temperaturanstieg von rund<br />
0,6 Grad Celsius.<br />
Feldbach als Musterregion zur<br />
Klimaerforschung<br />
Der Klimawandel als weltweites Phänomen<br />
hat unmittelbare Auswirkungen auf<br />
unseren Lebensraum. Beispielsweise ist<br />
in der Südoststeiermark die globale Erwärmung<br />
seit 1960 mit 3,1 Grad wesentlich<br />
höher als im globalen Durchschnitt.<br />
Sommertrockenheit und Wassermangel<br />
stellen Landwirte und Touristikverantwortliche<br />
regelmäßig vor große Herausforderungen.<br />
Doch wie genau geht die<br />
Temperaturänderung vonstatten? In der<br />
Region Feldbach wird seit heuer das weltweit<br />
einzigartige Meteorologie-Projekt<br />
„WegenerNet“ umgesetzt. 150 Messstationen<br />
in einem 15 mal 20 Kilometer großen<br />
Gebiet zwischen Kirchberg und Hatzendorf<br />
und zwischen Gnas und Kapfen-<br />
Helmut Römer<br />
Es wird wärmer –warum?<br />
Wegener-Netzwerk – Untersuchungen<br />
über den Klimawandel<br />
Projektleiter Univ.-Prof. Kirchengast:<br />
„Die Klima- und Umweltänderungen haben<br />
gravierende wirtschaftliche Folgen für<br />
die Menschen.“<br />
UMWELT & LEBENSQUALITÄT<br />
stein werden die klein-regionale Klimaentwicklung<br />
in neuartiger Feinheit und<br />
Genauigkeit vermessen. Alle fünf Minuten<br />
werden Daten über Temperatur, Niederschlag<br />
oder Bodenfeuchtigkeit über<br />
das Funknetz in das Wegener-Zentrum in<br />
Graz übertragen.<br />
„Wir gewinnen damit Wetter- und Klimadaten<br />
in einer Dichte, wie es sie bisher<br />
noch nie gab“, freut sich der Geophysiker<br />
Univ.-Prof. Gottfried Kirchengast, der Leiter<br />
des Pilotprojektes: „Bisher hatten wir<br />
trotz Wetter-Radar zu wenig Daten, um<br />
die Entwicklung von Niederschlag, Gewittern,<br />
Sturm oder Hagel genau bestimmen<br />
zu können.“ Partner des Projektes<br />
sind die Agrarunion-Südost und die Landwirtschaftskammer.<br />
Die Region Feldbach<br />
wird damit zur Musterregion zur Erforschung<br />
zukünftiger Klima-, Wetter- und<br />
Umweltrisiken im Rahmen des Klima-<br />
wandels und möglicher wirtschaftlicher<br />
und gesellschaftlicher Folgen. Darüber<br />
hinaus entsteht auch ein vielfältiger weiterer<br />
Nutzen für die Gemeinden und alle<br />
Einwohner. Das System erlaubt etwa die<br />
Diagnose kleinregionaler Wetterereignisse,<br />
zum Beispiel von Starkniederschlägen<br />
und Hagelereignissen, es unterstützt<br />
die Wettervorhersage und überwacht<br />
die Wasserverfügbarkeit in der Region<br />
Oststeiermark.<br />
Weitere Informationen über<br />
das Wegener-Netzwerk bei:<br />
Mag. Sophia Binder<br />
Wegener-Zentrum für Klima<br />
und Globalen Wandel<br />
Tel. 0316/380-8461<br />
E-Mail: sophia.binder@uni-graz.at<br />
In mehr als 40 Jahren ist die<br />
Temperatur im Raum Feldbach<br />
um über drei Grad gestiegen.<br />
Im Rahmen des Wegener-Netz-<br />
werkes werden die Auswirkun-<br />
gen auf Luft, Wasser, Boden und<br />
die Pflanzen untersucht.<br />
l e b e n s We r t<br />
33
34<br />
Das Angebot an verschiedensten Nahrungsmitteln,<br />
vor allem der Fertig-,<br />
Teilfertig-, Genussmittel- und Gebäckkategorie,<br />
ist für den Konsumenten bereits<br />
unüberschaubar. Es ist alles ganz einfach:<br />
was gekauft wird, wird produziert.<br />
Und was nicht gekauft wird, verschwindet<br />
schon nach kürzester Zeit aus den Regalen.<br />
Der Markt ist anpassungsfähig wie<br />
eine Amöbe an die Kaufentscheidungen<br />
der Konsumenten. Die Nachfrage bestimmt<br />
das Angebot – umgekehrt bestimmt<br />
auch das Angebot die Nachfrage.<br />
Das funktioniert aber nur dann, wenn wir<br />
dazu verführt werden, weil wir uns verführen<br />
lassen. Die Werbung weckt in uns<br />
den vermeintlichen Bedarf oder vielmehr<br />
das Bedürfnis nach bestimmten Produkten,<br />
sie suggeriert uns, was wir zu brauchen<br />
haben. Logische Konsequenz: WIR<br />
allein entscheiden, was produziert wird!<br />
Wir Konsumenten, Sie und ich und all die<br />
anderen. Und weil wir täglich beim Einkaufen<br />
so handeln, wie wir meinen, selbst<br />
zu entscheiden, steht das im Regal, was<br />
uns die Nahrungsmittelindustrie suggeriert<br />
hat. So einfach ist das.<br />
Bioprodukte statt Chips, Snacks<br />
und Medikamente<br />
Was könnten wir nun aktiv beeinflussen?<br />
Wir könnten zum Beispiel das Angebot an<br />
Bioprodukten erhalten beziehungsweise<br />
steigern. Die paar Cent Mehrpreis könnten<br />
wir dann dort einsparen, wo wir zum<br />
Beispiel längerfristig diverse Chips,<br />
Snacks und Fertigsuppen aus den Regalen<br />
verbannen oder wenigstens dezimieren.<br />
Das wiederum hätte den positiven<br />
Nebeneffekt, dass wir das Geld für Medikamente<br />
einsparen, die unsere Allergien,<br />
Hautprobleme, Verstopfung und anderen<br />
Auswirkungen industrieller Humanfuttermittel<br />
lindern. Dieses Geld verwenden<br />
wir dann zum Beispiel, um uns gute Lauf-<br />
Sabine Hollomey<br />
UMWELT & LEBENSQUALITÄT<br />
Die Macht der<br />
Konsumenten<br />
Wie wir das Angebot in unseren<br />
Geschäften beeinflussen könn(t)en<br />
Haben Sie sich schon einmal überlegt, wer eigentlich entscheidet,<br />
was im Supermarkt angeboten wird? Und wer bestimmt,<br />
was produziert wird? Unweigerlich drängt sich da die<br />
Frage auf, wer denn all diese Artikel kauft, vermutlich auch<br />
isst und womöglich sogar vorwiegend davon lebt.<br />
schuhe zu kaufen – die kosten ungefähr<br />
so viel wie insgesamt 20 Tafeln Schokolade,<br />
10 Packungen Chips und 20 Tiefkühlpizzen.<br />
Klingt viel, aber in zwei bis drei<br />
Monaten bringt das eine durchschnittliche<br />
Familie spielend zusammen. Zugegeben:<br />
das Modell ist etwas simpel, aber<br />
die einfachen Dinge im Leben sind meist<br />
auch die nachhaltigsten. Warum ist es<br />
wohl ratsam, diverse Produkte möglichst<br />
gar nicht zu essen?<br />
Die Existenz der meisten Fertig- und<br />
Teilfertigprodukte (Convenience) ist<br />
nur durch den ausgeklügelten Einsatz<br />
von Zusatzstoffen möglich.<br />
Außerdem werden Technologien und<br />
chemische Substanzen eingesetzt, um<br />
aus Gewinngründen teurere, zeitaufwendigere,<br />
aber dem Menschen zuträglichere<br />
Methoden zu ersetzen. Hierbei ist die<br />
Selber kochen – vielleicht<br />
einmal einen Versuch wert.<br />
Die Gesundheit wird es<br />
danken.<br />
Fotos: Begsteiger (4), Römer (1)<br />
Industrie ganz unbeschreiblich erfinderisch.<br />
Die Zulassungsbestimmungen dieser<br />
Stoffe sind mittlerweile sehr aufgeweicht,<br />
weil die wissenschaftlichen Möglichkeiten<br />
der Kontroll- und Zulassungsinstanzen<br />
jenen der Industrie weit nachhinken.<br />
Und wer die Nase vorne hat, bestimmt<br />
Tempo und Bedingungen. So sind<br />
natürliche Aromen längst nicht mehr das,<br />
wofür wir sie halten mögen.<br />
Zwei Beispiele: Sägespäne sind so natürlichen<br />
Ursprungs, dass sie zur Herstellung<br />
von „natürlichem“ Erdbeeraroma legalisiert<br />
sind. Und was mit „Rauch“ auf<br />
dem Würstel bezeichnet wird, gibt es<br />
heute vorwiegend in flüssiger Form: 10<br />
Sekunden flüssige Raucharomadusche<br />
und fertig ist der Räucherlachs. Oder der<br />
Schinken. Die Liste ist noch sehr lange,<br />
die Tatsachen sind ungeheuerlich. Nachzulesen<br />
in den Büchern „Die Suppe lügt“<br />
von Hans-Ulrich Grimm im Klett-Cotta-<br />
Verlag und „Vorsicht Geschmack“ von<br />
Udo Pollmer u.a. im Hirzel-Verlag.
Frische regionale Produkte contra<br />
Fertig- und Halbfertigwaren<br />
Das Argument, gesundes, vollwertiges<br />
Essen sei zu teuer, um von Familie „Normalverbraucher“<br />
bewältigt zu werden,<br />
kann tausendfach widerlegt werden. Bei<br />
richtigem Verständnis und bei entsprechender<br />
Auswahl der Rohprodukte lässt<br />
sich – im Gegenteil – sogar sparen. (Vorrangiges<br />
Ziel zur Erhaltung der Gesundheit<br />
sollte diese Überlegung allerdings<br />
nicht sein). Aber immerhin: es wird nicht<br />
teurer! Wie könnte nun ein Preisvergleich<br />
aussehen bei der Herstellung eines Menüs<br />
für vier Personen? Lassen Sie sich<br />
doch in einen Supermarkt entführen. Unser<br />
geplantes Menü sieht folgendermaßen<br />
aus: Rohkostsalat aus Rohnen und<br />
Apfel, Lauchcremesuppe, Reisfleisch,<br />
Obstsalat. Wir wollen dieses Menü ein<br />
Mal aus frischen Zutaten, weitgehend<br />
aus biologischer Landwirtschaft und ein<br />
vergleichbares aus Fertig- oder Teilfertig-<br />
„Einfach essen,<br />
gesund genießen“<br />
von Sabine Hollomey<br />
Leykam 1999<br />
(zu bestellen unter Tel. 0316/696397)<br />
Bei jedem Einkauf gilt es abzuwägen: Fertigprodukte, wo man nicht wirklich weiß,<br />
was man isst – oder frische regionale Waren.<br />
produkten bereiten. Wir berechnen für<br />
4 Personen:<br />
Der Salat aus roher Rohne, Äpfeln, Sauermilch<br />
und Sauerrahm kostet 1,5 €, die<br />
Suppe aus Lauch, Erdäpfeln, Milch,<br />
Schlag, Öl, Liebstöckl und Sellerie 2 €.<br />
Das Reisfleisch aus Naturreis, Styriabeef<br />
(seit 1996 ausschließlich vom Biobauern),<br />
Butterschmalz und Gewürzen kostet<br />
5,5 € und die Nachspeise 2 €. Macht<br />
insgesamt 11 € für 4 Personen, das sind<br />
2,75 € pro Person für ein drei- bis viergängiges<br />
Menü. Zeitaufwand für die Zubereitung:<br />
etwa 45 Minuten.<br />
Mag. Sabine Hollomey ist Ernährungs-<br />
Ernährungs-<br />
wissenschaftlerin und betreut beim Verein<br />
Styria vitalis das Projekt „Naturküche –<br />
Grüne Haube“.<br />
E-Mail: sabine.hollomey@aon.at<br />
Ihre Meinung zählt!<br />
Schreiben Sie uns:<br />
redaktion@oele-stmk.at<br />
Wie schaut jetzt unser<br />
Fastfood-Essen aus?<br />
Rohnensalat aus dem Glas (Konserve)<br />
kostet 2 € (ohne Verfeinerung durch<br />
Sauerrahm und Sauermilch), Instantsuppe<br />
(aus Aromen und Geschmacksverstärkern)<br />
1,5 €. Für diverse Fertigmenüs (z.B.<br />
Cordon bleu oder Pizza oder Zwiebelrostbraten<br />
mit Spätzle oder Ähnliches)<br />
zahlt man zwischen 3 und 4,5 € pro Portion<br />
(ca. 15 € für 4 Personen). Obstsalat<br />
aus der Dose (Vitamine ade) kostet etwa<br />
2 €. Summe: 20 € bzw. 5 € pro Person,<br />
das ist fast das Doppelte! Zeitaufwand<br />
für das Aufreißen der Packungen, Müllentsorgung,<br />
Auftauen oder Aufwärmen:<br />
ca. 25 Minuten.<br />
Die Bilanz<br />
20 Minuten Mehraufwand zum halben<br />
Preis für den zehnfachen Gesundheitswert.<br />
Und den Rest der Zeit verhocken wir<br />
vor dem Fernseher oder im Internet – welchen<br />
Wert hat das in Wirklichkeit? Ehrlich:<br />
wir beschummeln uns täglich aufs<br />
Neue, wenn wir annehmen, die Industrie<br />
kann uns mehr Lebensqualität durch<br />
mehr Bequemlichkeit bieten.<br />
Man muss kein Hellseher sein, um zu<br />
erahnen, dass sich die vorgegaukelten<br />
Idealbilder bequemer Lebensweise hinter<br />
den Kulissen zu unserem (gesundheitlichen)<br />
Nachteil auswirken. Es wird<br />
auch künftig kein Weg daran vorbeigehen,<br />
dass ein gesundes Essen eben frisch<br />
gekocht und appetitlich angerichtet werden<br />
muss. Diese Zeit werden wir uns nehmen<br />
müssen – am besten jetzt, sonst wird<br />
sie uns wahrscheinlich am Ende unseres<br />
Lebens vorzeitig ungefragt abgezogen.<br />
l e b e n s We r t<br />
35
36<br />
Heribert Hegedys<br />
Nachhaltiges Bauen war in den vergangenen<br />
Jahrzehnten nicht einfach<br />
und in vielen Gemeinden mussten die<br />
Baubewilligungen für nachhaltige Gebäude<br />
hart erkämpft werden. Vielleicht<br />
erinnert sich noch jemand daran, dass<br />
sogar diskutiert wurde, ob Solaranlagen<br />
nicht verboten werden sollten, weil sie<br />
den Flugverkehr stören könnten ... Dennoch<br />
entstehen derzeit viele sinnvolle,<br />
reizreiche und leistbare Traumhäuser,<br />
die die Ressourcen unserer Kinder nicht<br />
schänden. Untenstehend zeigen ein paar<br />
Beispiele aus dem Erfahrungsschatz des<br />
Autors, wie die Entwicklung in den letzten<br />
Jahren war – und worauf es beim<br />
nachhaltigen Bauen ankommt.<br />
Nachhaltig bauen bis ins<br />
kleinste Detail<br />
Baujahr 1998 – Plus-Solarhaus „Lang“<br />
Einem „Kunststoffprofessor“ verdanke<br />
ich die Erfahrung, konsequent ohne Verwendung<br />
von PVC zu bauen. Neben der<br />
Vorgabe, möglichst die gesamte Wohnenergie<br />
solar abzudecken, stand<br />
der Wunsch, ausschließlich halogenfreie<br />
Werkstoffe einzusetzen.<br />
Im Zuge des Projektverlaufes<br />
wurden verschiedene<br />
Technologien verfeinert.<br />
So wurden für diese<br />
Projekte besondere<br />
Holzfenster entwickelt,<br />
patentiert und gebaut,<br />
die dem derzeitigen<br />
WIRTSCHAFT & NACHHALTIGKEIT<br />
Nachhaltig bauen –<br />
Der Weg zum Passivhaus<br />
Nicht zuletzt durch die <strong>Energie</strong>preise, aber auch durch das<br />
gestiegene Umweltbewusstsein hat sich beim Bauen eine<br />
Trendwende vollzogen. Immer häufiger sieht man Niedrigenergie-,<br />
Passiv- und sogar Aktivhäuser. Bei Letzteren wird<br />
mehr <strong>Energie</strong> erzeugt, als verbraucht wird.<br />
Passivhausstandard entsprechen. Im<br />
Zuge der Erprobung von Ökokunststoffen<br />
wurde eine transparente Wärmedämmung<br />
auf Basis von Zellulose entwickelt,<br />
die, architektonisch integriert, nicht unerheblich<br />
die Heizlast des Gebäudes abdeckt.<br />
Ein nach Süden ausgerichteter<br />
„Solarflügel“ mit 110 m 2 Fotovoltaik,<br />
35 m 2 thermische Kollektoren und ebensoviel<br />
an transparenter Wärmedämmung<br />
ergänzen den in teilmassiver Bauweise<br />
errichteten, im Landhausstil gehaltenen<br />
Westflügel des gut 300 m 2 großen Wohn-<br />
und Arbeitshauses. Einen Kamin gibt es<br />
bei diesem Gebäude zwar, den ehemals<br />
geplanten Kachelofen aber nicht. Das Ergebnis<br />
– behagliche Wärme für eine fünfköpfige<br />
Familie, Elektrizität und automa-<br />
Plus-Solarhaus „Lang”<br />
tisiert zugeführte frische Luft ausschließlich<br />
durch die Kraft der Sonne. Betriebskosten<br />
kennt das Gebäude keine, es erzielt<br />
sogar elektrisch solare Überschüsse,<br />
mit denen die Familie noch symbolische<br />
Anteile am Straßen- und Schienenverkehr<br />
abdecken kann.<br />
Ein Aktivhaus, verkleidet<br />
als Passivhaus<br />
Baujahr 2001 – Wohnhaus Krasser<br />
Im nebelreichen Leibnitz, inmitten historischer<br />
römischer Schauplätze zeigt das<br />
Gebäude der Umgebung, dass weniger<br />
<strong>Energie</strong>verbrauch Lust und Platz schafft<br />
für andere Freuden und Schönheiten. Die<br />
einfache und klar gehaltene Architektur<br />
zweier ineinandergeschobener Quader<br />
ist langgezogen zweigeschossig mit einem<br />
dreigeschossigen Wintergarten,<br />
durch welchen die Familie auf ein intensiv<br />
begrüntes Flachdach gelangt. Der<br />
massive Baukörper wurde mit einer sehr<br />
starken Kalkzement-Dämmplatte ökologisch<br />
gedämmt und versorgt sich dank<br />
äußerst sparsamem Umgang mit Elektrizität<br />
über eine knapp 20 m2 große Fotovoltaik-Anlage<br />
annähernd solarautark.<br />
Die benötigte <strong>Energie</strong> wird also selbst erzeugt.<br />
Zusätzlich sorgen 12 m2 äußerst sparsamem Umgang mit Elektrizität<br />
über eine knapp 20 m<br />
thermische<br />
Kollektoren für warmes Wasser. Wären<br />
hier nicht die durchaus unüblichen<br />
Baustoff- und Innenraumqualitäten<br />
(baubiologisch geprüfte Naturfarben an<br />
Boden und Wand, keine Verwendung von<br />
PVC, keine Mineralfasern und kein<br />
Polystyrol, kein unnötiger<br />
elektrischer<br />
<strong>Energie</strong>verbrauch<br />
und höchste Luftqualität<br />
in radongasdichtenErdrohren<br />
…) – man könnte<br />
dieses Aktivhaus<br />
für ein Passivhaus<br />
halten.<br />
2 große Fotovoltaik-Anlage<br />
annähernd solarautark.<br />
Die benötigte <strong>Energie</strong> wird also selbst erzeugt.<br />
Zusätzlich sorgen 12 m2 thermische<br />
Kollektoren für warmes Wasser. Wären<br />
hier nicht die durchaus unüblichen<br />
Baustoff- und Innenraumqualitäten<br />
(baubiologisch geprüfte Naturfarben an<br />
Boden und Wand, keine Verwendung von<br />
PVC, keine Mineralfasern und kein<br />
Polystyrol, kein unnötiger<br />
elektrischer<br />
<strong>Energie</strong>verbrauch<br />
und höchste Luftqualität<br />
in radongasdichtenErdrohren<br />
…) – man könnte<br />
dieses Aktivhaus<br />
für ein Passivhaus<br />
halten.<br />
Wohnhaus Krasser
Über nachhaltiges<br />
Bauen<br />
Die Architektur: Im Laufe der<br />
letzten beiden Jahrzehnte<br />
hat sich die Architektur der<br />
Gebäude beruhigt, sie ist<br />
klarer und einfacher, dabei<br />
gleichzeitig energiesparsamer<br />
geworden.<br />
Die Baustoffe: Das Angebot<br />
an ökologisch vertretbaren<br />
Baustoffen wurde über die<br />
Jahre etwas reichhaltiger in<br />
Richtung nachwachsender<br />
Dämmstoffe (Flachs, Hanf<br />
und Stroh, Altstoffzellulose<br />
und Weichfasern). Transparente<br />
Wärmedämmung und<br />
Mineralschaumplatten sind<br />
ebenfalls junge Produkte.<br />
Holz wird vermehrt als statisches<br />
Element eingesetzt.<br />
Es wird konstruktiv geschützt<br />
und gegebenenfalls<br />
mit natürlichen Ölen und<br />
Wachsen behandelt.<br />
Zemente werden weitgehend<br />
zumahlstofffrei, also ohne<br />
Schlackenrückstände etc.,<br />
verarbeitet. Ziegel wird wieder<br />
auf seine primären Eigenschaften<br />
als Speicherelement<br />
und statisches Element<br />
zurückgeführt. Auf unsinniges<br />
Aufblähen wird verzichtet.<br />
Die Dämmung übernehmen<br />
echte Dämmstoffe.<br />
Die Kosten: Die Kosten der<br />
Gebäude liegen im Bereich<br />
der m 2 -Preise des sozialen<br />
Wohnbaues. Der Wohnwert<br />
und Wiederverkaufswert<br />
steigt angesichts der zu erwartenden<br />
<strong>Energie</strong>kosten.<br />
Keines der angeführten Häuser<br />
fürchtet die neue EU-Gebäuderichtlinie.<br />
Wohnhaus Walcher<br />
Neue <strong>Energie</strong>qualitäten<br />
Baujahr 2003 – Wohnhaus Walcher<br />
Ein energiereiches Gebäude – sowohl im<br />
klassischen <strong>Energie</strong>bedarf als auch in<br />
feinstofflichen <strong>Energie</strong>qualitäten – mit<br />
durchwegs hochwertigen Bau- und Werkstoffen<br />
wurde für die Familie Walcher in<br />
ihrem „Hexenhaus” umgesetzt. In einer<br />
kompakten Bauhülle und einem wärmebrückenfreien<br />
und hochgedämmten<br />
Wandaufbau wurden übliche Wohnkonzepte<br />
auf den Kopf gestellt: Schlafraum<br />
im Untergeschoß – Wohnraum im Obergeschoss<br />
– Wellnessbereich unter dem<br />
Dach. Ein Holzhaus mit nicht nur versteckten<br />
Qualitäten. Lehmputze an den<br />
Wänden, Wand- und Deckenheizungen,<br />
Solaranlage, automatisierte Komfortlüftung,<br />
Staubsauganlage, Regenwasseranlage,<br />
geölte und gewachste Holzfußböden,<br />
Naturstein statt Fliesen, effektive<br />
Mikroorganismen in Mörtel und Beton<br />
umschreiben nur einen Teil der Aktivhauselemente<br />
diese Gebäudes.<br />
Das Aktivhaus – der Weg<br />
in die Zukunft<br />
Das Grundprinzip eines Aktivhauses ist<br />
es, gebauter Lebensraum für die Gesundheit<br />
und das Wohlbefinden der bewohnenden/benutzenden<br />
Menschen zu sein.<br />
Designlust zum Selbstzweck und architektonische<br />
Denkmalsetzung sind hier<br />
fehl am Platz. Minimierte Belastung der<br />
Natur und der Umwelt sind selbstverständlich.<br />
Das AktivHaus baut auf sieben<br />
Qualitäten auf: Platzqualität, Planungsqualität,<br />
Materialqualität, Raumqualität,<br />
Lebensqualität und Ausführungsqualität.<br />
Baumeister Ing. Heribert Hegedys ist seit<br />
1984 bemüht, stoffliche und energetische<br />
Bauökologie und Baubiologie entsprechend<br />
den verfügbaren Werkstoffen und Techniken<br />
konsequent umzusetzen.<br />
E-Mail: hegedys.haas@aon.at<br />
Der sichere<br />
Spielplatz<br />
Ein Seminar für alle, die mit<br />
Spielplätzen zu tun haben<br />
Etwa 6.600 Kinder verunglücken jährlich auf österreichischen<br />
Spielplätzen. Wenn dieser Fall eintritt, sollten die<br />
Spielplatzbetreiber dafür sorgen, dass sie nicht dafür<br />
vor dem Richter landen.<br />
Die Verantwortung für die Sicherheit bei öffentlichen<br />
Spielplätzen (von Gemeinden, Zimmervermietern, Gasthäusern,<br />
Jausenstationen etc.) hat der jeweilige Betreiber.<br />
Er muss alle davon ausgehenden Gefahrenquellen<br />
ausschalten und die Anlage in einem verkehrssicheren<br />
und gefahrlosen Zustand erhalten.<br />
Die Ökologische <strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> organisiert<br />
Seminare zum Thema „Der sichere Spielplatz“ mit dem<br />
Sachverständigen Mag. Rainer Schaller. Der Besuch des<br />
Seminars ist Voraussetzung für die Inanspruchnahme<br />
von Fördermitteln im Rahmen der Aktion zur Sanierung<br />
von bestehenden Spielplätzen des Landes <strong>Steiermark</strong>.<br />
Nähere Informationen bei<br />
ÖLE <strong>Steiermark</strong><br />
8230 Hartberg, Am Ökopark 9<br />
Tel. 03332/62922<br />
E-Mail: office@oele-stmk.at<br />
bzw. beim<br />
Sachverständigen Mag. Schaller<br />
8020 Graz, Oeverseegasse 12<br />
E-Mail: office@schaller-sv.at<br />
Online-Anmeldemöglichkeit:<br />
www.oele.steiermark.at/cms/<br />
beitrag/10183110/3024803/<br />
l e b e n s We r t<br />
37
38<br />
MELDUNGEN<br />
Naturpark ist keine Käseglocke<br />
Es sind die Menschen, die<br />
die Landschaft prägen! Im<br />
Mürzer Oberland ist man<br />
stolz auf einen Naturpark, der<br />
es wert ist, der Öffentlichkeit<br />
gezeigt zu werden!<br />
„Ein Naturpark ist dazu da, Natur zu erleben<br />
und Natur zu begreifen“, vertritt Dr.<br />
Gerd Stefanzl, stellvertretender Leiter<br />
der Baubezirksleitung Bruck an der Mur,<br />
die Philosophie der vier Mürzer Oberland-Gemeinden<br />
Altenberg an der Rax,<br />
Neuberg an der Mürz, Kapellen und Mürzsteg.<br />
„Spüren heißt verstehen“, deshalb<br />
ist die Funktion der Wissensvermittlung<br />
eine wesentliche Aufgabe des Naturparks.<br />
Da sind sich all jene einig, die mit<br />
ihren Ideen, ihrer <strong>Energie</strong> und ihren Erfahrungen<br />
die <strong>Zukunfts</strong>entwicklung der<br />
Region Mürzer Oberland mittragen!<br />
Und es sind viele engagierte Menschen,<br />
denen ihre Heimat etwas wert ist,<br />
die ihr Naturjuwel erkennen und stolz<br />
darauf sind – so stolz, dass sie ihren Naturpark<br />
der Öffentlichkeit präsentieren<br />
und ihn für den Besucher erlebbar machen<br />
möchten. So haben sich die vier Naturparkgemeinden<br />
unter Obmann Bürgermeister<br />
Stefan Teveli zusammengetan,<br />
um – professionell unterstützt von<br />
Die Seckauer Jugendlichen sind bereit,<br />
sich einzubringen und Eigenverantwortung<br />
zu übernehmen.<br />
Naturpark-Obmann Bgm. Teveli:<br />
„Der Naturpark, die Entwicklung des Touris-<br />
mus und die Bürgerbeteiligung stehen im<br />
Mürzer Oberland im Vordergrund.“<br />
der Ökologischen <strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong><br />
– ihre Zukunft gemeinsam mit den<br />
Menschen vor Ort zu planen.<br />
Die Ideen und Vorhaben wurden kürzlich<br />
in Kapellen erstmals einer breiten Öffentlichkeit<br />
vorgestellt und können sich<br />
sehen lassen: Die Naturparkspezialitäten,<br />
die Einführung eines „Naturpark-<br />
Euro“ sowie die Einrichtung einer mobilen<br />
Nahversorgung sollen dazu beitra-<br />
Seckau: Jugend weiß, was Jugend will<br />
„Jugend beteiligt euch, denn nur die Jugend weiß, was Jugend will“ – unter diesem<br />
Motto luden die Gemeindevertreter von Seckau gemeinsam mit der ÖLE ins<br />
Seckauer Jugendgästehaus. Eine erste Maßnahme ist die Einrichtung des Jugendstammtisches<br />
an jedem ersten Samstag im Monat. Ein Problem sind auch<br />
die fehlenden Arbeitsplätze für die Jugend. „Wir als Gemeinde können keine Arbeitsplätze<br />
schaffen, wir werden uns aber Mühe geben im Rahmen einer Ferialjobaktion<br />
jene zu unterstützen, denen es beispielsweise aus Mobilitätsgründen<br />
nicht möglich ist, außerhalb von Seckau einen Job zu finden“, versprachen Bgm.<br />
Pletz und Vizebgm. Weitenthaler. Angedacht ist auch ein Nacht-Shuttledienst in<br />
Kooperation mit den Nachbargemeinden Kobenz und Gaal, denn gerade die Jugend<br />
im ländlichen Raum ist bei der möglichen Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel<br />
extrem benachteiligt. Aktivitäten wie ein kostenloses Rhetorikseminar,<br />
Vorträge zu Gesundheitsthemen und gemeinsame sportliche Aktionen runden<br />
das vorläufige Programm ab.<br />
Mag. Gudrun Göttfried (ÖLE-Regionalbetreuerin)<br />
E-Mail: gudrun.goettfried@stmk.gv.at<br />
Mag. Gerhard Vötsch<br />
Sandra Höbel<br />
gen, das regionale Angebot zu stärken.<br />
Mit der verstärkten Nutzung von Biomasse<br />
und anderen erneuerbaren <strong>Energie</strong>trägern,<br />
wie z. B. der Biomasse-Nahwärme<br />
in Altenberg, sowie der Sicherung der<br />
Wasserversorgung und der Bewirtschaftung<br />
der Almflächen will man das attraktive<br />
Landschaftsbild erhalten und die Lebensgrundlagen<br />
Luft, Wasser, Boden<br />
schützen. Aber auch Kultur und Brauchtum,<br />
Tourismus und Freizeit sowie die<br />
enge Kooperation im Bereich der Verwaltung<br />
sind den vier Naturparkgemeinden<br />
ein Anliegen!<br />
Wo Gemeinschaft gelebt wird, ist<br />
nachhaltige Entwicklung möglich. Diese<br />
Gemeinschaft ist den Menschen im Mürzer<br />
Oberland Ziel und Motivation zugleich:<br />
„Wir wollen vieles gemeinsam tun<br />
und erreichen!“<br />
ÖLE-Regionalbetreuer für die Bezirke Leoben,<br />
Bruck/Mur und Mürzzuschlag<br />
E-Mail: gerhard.voetsch@stmk.gv.at<br />
Naturpark Mürzer Oberland<br />
8692 Neuberg an der Mürz,<br />
Hauptstraße 11<br />
Tel. und Fax: 03857/8321<br />
info@muerzeroberland.at)<br />
www.muerzeroberland.at
REZENSIONEN<br />
Wahrheit? Lüge? Bullshit!<br />
Selbst notorischen Viellesern wird so rasch kein vergleichbares<br />
Buch einfallen: Kleinstformat, großzügiges Drucklayout<br />
und nicht einmal 70 Seiten Text. „Bullshit“ ist der naturgemäß<br />
unübersetzbare Titel dieses kurzen und kurzweiligen Essays.<br />
Eine Polemik gegen Geschwätzigkeit und Sprachmüll.<br />
Unter Garantie: Jeder auch nur ein wenig<br />
in die Tiefe gehende Essay in der „Zeit“<br />
verfügt über einen größeren Umfang.<br />
Doch das seit Jahresbeginn 2006 nun<br />
auch in deutscher Übersetzung vorliegende<br />
„Bändchen“ – und hier ist der in<br />
der Bücherszene so gar nicht geschätzte<br />
Begriff durchaus berechtigt – des amerikanischen<br />
Philosophen Harry G. Frankfurt<br />
hat auch hierzulande innerhalb weniger<br />
Wochen eine äußerst lebhafte Rezeption<br />
erfahren.<br />
„Zu den auffälligsten Merkmalen<br />
unserer Kultur gehört die Tatsache,<br />
dass es viel Bullshit gibt.<br />
Jeder kennt Bullshit. Und jeder trägt<br />
sein Scherflein dazu bei.“<br />
Wie es sich für eine ordentliche Polemik<br />
(?) gehört, geht der Text gleich in medias<br />
res: „Zu den auffälligsten Merkmalen unserer<br />
Kultur gehört die Tatsache, dass es<br />
viel Bullshit gibt. Jeder kennt Bullshit.<br />
Und jeder trägt sein Scherflein dazu bei.“<br />
Was folgt, ist ein Furor gegen unsere Kultur<br />
(?) der Geschwätzigkeit und eine<br />
stringent vorgetragene Analyse unserer<br />
öffentlichen Meinungsbildung, noch<br />
mehr der Meinungsbildner. „Heiße Luft“<br />
ist es, so Frankfurt, der wir immer mehr,<br />
immer öfter und in immer neuen Zusammenhängen<br />
ständig begegnen. Am<br />
nächsten komme „Bullshit“ noch dem<br />
Begriff „Humbug“. Hier wie dort gehe es<br />
um gewichtig vorgetragene Nullbotschaften,<br />
doch „Bullshit“ sei infolge der rhetorischen<br />
Aggressivität der ungleich treffendere<br />
Ausdruck.<br />
Menschen, die Bullshit reden – von<br />
sich geben, wäre natürlich die weitaus<br />
stimmigere Metapher –, tun dies in erster<br />
Linie, um sich selbst zum Thema zu ma-<br />
Der allgegenwärtige Sprachmüll,<br />
je nachdem mit heißer Luft oder mit<br />
Exkrementen, wird „stets achtlos und<br />
ohne jede Sorgfalt produziert“.<br />
chen. Der allgegenwärtige Sprachmüll, je<br />
nach dem mit heißer Luft oder mit Exkrementen,<br />
denen alle Lebensstoffe entzogen<br />
worden sind, zu übersetzen, wird<br />
„stets achtlos und ohne jede Sorgfalt<br />
produziert“. Vor allem die Medien und<br />
die Politik haben längst den Anspruch<br />
aufgegeben, „Wahres“ zu sagen. Zugleich<br />
sind es aber auch keine Lügen, die<br />
sie von sich geben. Denn wer lügt, muss<br />
um die Wahrheit wissen, er muss ein<br />
komplexes Gedankengebäude aufrechterhalten<br />
können, er muss sich inhaltlich<br />
zur Disposition stellen. Bullshit heißt<br />
gleichgültig gegenüber der Frage, „wie<br />
die Dinge wirklich sind“, zu sein.<br />
Bevorzugte Orte für das Erzeugen von<br />
Bullshit sind so genannte „bull sessions“,<br />
meist als informelle Gespräche unter<br />
Männern bezeichnet. Hier „erproben<br />
die Teilnehmer oft diverse Gedanken und<br />
Einstellungen, weil sie wissen möchten,<br />
wie es ist, solche Dinge zu sagen, und<br />
weil sie herausfinden möchten, wie andere<br />
darauf reagieren, ohne dass sie annehmen<br />
müssen, auf das, was sie sagen,<br />
festgenagelt zu werden. Alle Teilnehmer<br />
[...] wissen, dass die dort gemachten Äußerungen<br />
nicht unbedingt auch die tatsächlichen<br />
Vorstellungen oder Gefühle<br />
ihres Urhebers zum Ausdruck bringen.<br />
[...] Deshalb billigt man [...] in diesem<br />
Rahmen das Recht auf eine gewisse Verantwortungslosigkeit<br />
zu, damit sie frei<br />
heraus sagen, was ihnen in den Sinn<br />
kommt, ohne allzu sehr befürchten zu<br />
müssen, beim Wort genommen zu werden.“<br />
Man könne Bullshit inhaltlich auch mit<br />
Bluffen in Verbindung bringen oder, wie<br />
es in einem Roman von Eric Ambler heißt:<br />
„Never tell a lie when you can bullshit<br />
your way out.“ Höchst unbeholfen zu<br />
übersetzen mit: „Lüge nie, wenn du dich<br />
durchmogeln kannst.“ Und „bullshit your<br />
way out“ erinnert die Leserinnen und Leser<br />
schließlich an die gängige Redewendung<br />
„bluff your way out.“ Wer Bullshit<br />
redet – und für Frankfurt werden es täglich<br />
mehr – will uns nichts „Falsches“ sagen,<br />
sein Merkmal ist das „Verfälschen“<br />
der Redeabsicht. Er unterscheidet nicht<br />
zwischen wahr und unwahr, sondern zwischen<br />
gut oder nicht gut für ihn selbst.<br />
Und warum ist das alles so?<br />
Frankfurt liefert drei Erklärungen.<br />
Hans Putzer<br />
Erstens: Immer mehr Menschen werden<br />
gezwungen, auf Fragen Antworten zu geben,<br />
von deren Materie sie keine Ahnung<br />
haben. Zweitens: Ein postmoderner<br />
Skeptizismus hat den Glauben an jegliche<br />
Form von Wahrheit zerstört – Alles ist<br />
möglich. Drittens: Die Kategorie „Aufrichtigkeit“<br />
hat nur mehr als Postulat im<br />
Sinne der Selbstdarstellung Gültigkeit.<br />
kommt, ohne allzu sehr befürchten zu Mag. Hans Putzer ist Chefredakteur<br />
der Wochenzeitung „Neues Land“.<br />
E-Mail: hans.putzer@stmk.gv.at<br />
l e b e n s We r t<br />
39
40<br />
MELDUNGEN<br />
Projekt Weidenbau –<br />
Wachstum für alle<br />
Ein LA21-Projekt<br />
der Gemeinde Blumau<br />
Seit Anfang 2005 führt die Gemeinde Bad<br />
Blumau gemeinsam mit der Ökologischen<br />
<strong>Landentwicklung</strong> <strong>Steiermark</strong> einen<br />
nachhaltigen Gemeinde-Entwicklungsprozess<br />
durch. Im Rahmen dieser<br />
„Lokalen Agenda 21“ wurde von den Bürgerinnen<br />
und Bürgern eine Vision für Bad<br />
Blumau im Jahre 2020 erarbeitet, worin<br />
festgelegt wurde, wo die Gemeinde in 15<br />
Jahren stehen will beziehungsweise wohin<br />
sie sich hin entwickeln möchte. Auf<br />
Basis dieser Vision wurden dann Ziele<br />
und dazugehörige Maßnahmen für die<br />
Umsetzung formuliert. Die vorgenommenen<br />
Ziele reichen von der Erhaltung der<br />
Lebensqualität und Nahversorgung in<br />
Bad Blumau bis hin zur Erhaltung und Revitalisierung<br />
alter Gebäude. Bereits vor<br />
dem Sommer wurde auch ein Jugendworkshop<br />
durchgeführt, um die Jugend<br />
besser in die Gemeindeentscheidungen<br />
einbinden zu können.<br />
Daraus entstanden mehrere Projektideen.<br />
Eine davon ist die Planung eines<br />
Weidenbaus im Thermenpark. Bereits am<br />
24. Jänner 2006 wurde für diesen Weidenbau<br />
eine Infoveranstaltung mit über<br />
100 Interessierten durchgeführt, gemeinsam<br />
mit dem dafür engagierten Architekten<br />
Marcel Kalberer. Über 100 Interessierte<br />
folgten der Einladung und informierten<br />
sich über den geplanten Ablauf.<br />
Der Weidenbau soll gemeinsam mit verschiedenen<br />
Institutionen wie zum Beispiel<br />
der Lebenshilfe oder der Chance B,<br />
aber auch mit Jugendlichen aus Slowenien,<br />
umgesetzt werden.<br />
Geplant ist eine „Weidenblume“, welche<br />
im Thermenpark der Gemeinde Bad<br />
Blumau errichtet wird. Der Bau soll bewusst<br />
als Treffpunkt genutzt werden, als<br />
ein Ort der Begegnung und der Kommunikation<br />
zwischen den jungen Leuten und<br />
zwischen Jung und Alt. Auch Veranstaltungen<br />
sollen hier durchgeführt werden.<br />
Die geplante Bauzeit beträgt zwei<br />
Wochen und soll zwischen dem 14. und<br />
dem 28. Mai 2006 umgesetzt werden.<br />
Dieses LA21-Projekt soll Bad Blumau<br />
noch ER-LEBENS-WERTER machen.<br />
Silvia Samer (ÖLE-Regionalbetreuerin)<br />
E-Mail: silvia.samer@stmk.gv.at<br />
Lernen im Enns-Grimming-Land<br />
Ein Schwerpunktthema für Schulen<br />
Ziel der Initiative „Schule im Enns-Grimming-Land“<br />
ist, das Bewusstsein der<br />
Kinder für das Enns-Grimming-Land zu<br />
stärken und wichtige Themen der Region<br />
verstärkt in den Unterricht einzubauen.<br />
Damit wird die Regionale Agenda,<br />
die in den neun Enns-Grimming-Land<br />
Gemeinden läuft, auch im schulischen<br />
Bereich ergänzt.<br />
Seit einigen Jahren haben sich neun Gemeinden<br />
im oberen Ennstal zum „Enns<br />
Grimming Land“ zusammengeschlossen.<br />
Im Rahmen einer nachhaltigen Regionalentwicklung<br />
arbeiten die Gemeinden mit<br />
Unterstützung der Ökologischen <strong>Landentwicklung</strong><br />
<strong>Steiermark</strong> in den unterschiedlichsten<br />
Bereichen eng zusammen.<br />
Die Spanne reicht vom Bürgermeisternetzwerk<br />
und Amtsleitertreffen über<br />
gemeinsame Beschaffungen und Jugendprojekte<br />
bis zur Einbindung der Schulen<br />
in die Regionale Agenda.<br />
Die Schulen werden betreut vom Umwelt-Bildungs-Zentrum<br />
<strong>Steiermark</strong> (UBZ<br />
Stmk.) im Auftrag des Amts der Steiermärkischen<br />
Landesregierung, Fachabteilung<br />
19D (Abfall- und Stoffflusswirtschaft).<br />
Gemeinsam mit den Schulen wird<br />
eine Lern-CD-Rom und eine Schulmappe<br />
zum Enns-Grimming-Land erstellt. Daneben<br />
gibt es ein verstärktes Angebot an<br />
Lehrerfortbildungen und Projekttagen.<br />
Ausgangspunkt der Aktivitäten war die<br />
Start-Veranstaltung des UBZ-<strong>Steiermark</strong><br />
Mitte Oktober letzten Jahres. 13 Vertreterinnen<br />
und Vertreter von Schulen im<br />
Enns-Grimming trafen sich damals in<br />
Wörschach und die Schulleiter legten<br />
nach der Vorstellung der Angebotspalette<br />
gemeinsam den weiteren Ablauf des<br />
Projektes fest. Diese Initiative wird auch<br />
durch die Bezirksschulinspektoren in<br />
Gröbming und Liezen unterstützt.<br />
Die Startprojekte<br />
Enns-Grimming-Land – Lern-CD. Erster<br />
Schwerpunkt für die Volks- und Hauptschulen<br />
ist die Quiz-CD-ROM „Entde-<br />
Ihre Meinung zählt!<br />
Schreiben Sie uns:<br />
redaktion@oele-stmk.at<br />
ckungsreise Enns Grimming Land“. Die<br />
Lehrenden und Kinder erkundeten die<br />
Gemeinden und sammelten rund 300 Fragen<br />
zu Geschichte, Geografie, Wirtschaft,<br />
Landwirtschaft, Kultur, Freizeit und Sport.<br />
Mit dem Quiz können die Kinder das<br />
Enns-Grimming-Land spielerisch näher<br />
kennen lernen und ihr Wissen erweitern.<br />
Enns-Grimming-Land – Schulmappe.<br />
In weiterer Folge haben sich die Schulleiter<br />
auf die Erarbeitung einer Schulmappe<br />
zum Enns-Grimming-Land geeinigt. Tipps<br />
für Exkursionen, Schnuppermöglichkeiten<br />
und Wandertage sollen dabei ebenso<br />
enthalten sein wie Erfahrungen aus der<br />
Praxis und Unterrichtsmaterialien zu<br />
wichtigen Themen der Region.<br />
Enns-Grimming-Land – Lernfest. Am<br />
4. Juli 2006 wird es eine regionale Veranstaltung<br />
auf Schloss Trautenfels geben,<br />
wo die Schüler in Stationen auf spielerische<br />
Weise ihr Wissen verstärken und<br />
sich freiwillig einem Quiz stellen können.<br />
Zusätzlich wird für die Schüler ein buntes<br />
Rahmenprogramm im und rund um das<br />
Schloss Trautenfels geboten, bei dem<br />
auch Schulen ihre Projekte präsentieren<br />
können.<br />
Dieses gemeinsame Lernfest der<br />
Schulen ist der Startpunkt für weitere Aktivitäten<br />
im nächsten Schuljahr.<br />
Das Projekt „Schule im Enns Grimming<br />
Land“ wird ergänzt durch spezielle<br />
Fortbildungen des Umwelt-Bildungs-<br />
Zentrums für die Lehrenden. Sie erhalten<br />
vielfältige Anregungen, wie sie mit den<br />
Schulkindern aktiv die eigene Gemeinde<br />
erkunden und dabei verschiedene<br />
Schwerpunkte setzen können. Besonders<br />
die Themen Lebensqualität, Nahversorgung<br />
und Arbeitsplätze kommen dabei<br />
zur Sprache.<br />
Gudrun Gruber<br />
ÖLE-Regionalbetreuerin und Betreuerin der<br />
Regionalen Agenda im Enns-Grimming-Land<br />
E-Mail: gudrun.gruber@stmk.gv.at<br />
Sabine Baumer<br />
Umweltpädagogin und Betreuerin der<br />
Schulagenda im Enns-Grimming-Land<br />
E-Mail: sabine.baumer@ubz-stmk.at
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der ganzen <strong>Steiermark</strong><br />
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