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Fälle, Fallstricke und die komparative Methode in der ...

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<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden<br />

Politikwissenschaft<br />

Manuskriptversion<br />

Detlef Jahn<br />

1 E<strong>in</strong>leitung<br />

Der Vergleich nimmt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Politikwissenschaft e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert e<strong>in</strong>. Kurt<br />

Sontheimer konstatiert <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em klassischen Überblick über <strong>die</strong> vergleichende<br />

Politikwissenschaft, dass <strong>der</strong> Politikwissenschaftler vergleichen muss (1971: 112). Doch<br />

wie, was <strong>und</strong> warum verglichen wird, wird oftmals nicht reflektiert. So beg<strong>in</strong>nt e<strong>in</strong>e neuere<br />

vergleichende Analyse <strong>der</strong> Regierungssysteme Osteuropas mit dem Versprechen: „Die<br />

Arbeit ist nicht nur vergleichend, son<strong>der</strong>n ziemlich vergleichend“ (Rüb 2001: 19). Der<br />

Autor führt den Unterschied zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Vergleichstypen nicht aus, macht<br />

jedoch darauf aufmerksam, dass es verschiedene Grade des Vergleichs geben kann. Dieter<br />

Nohlen (1994: 507-517) differenziert denn auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er lexikalischen Def<strong>in</strong>ition zwischen<br />

<strong>der</strong> „umfassenden“ <strong>und</strong> „engen“ vergleichenden <strong>Methode</strong>. Die umfassende <strong>Methode</strong> bleibt<br />

dabei verschwommen, <strong>und</strong> es ist zweifelhaft, ob man dafür überhaupt den Begriff <strong>der</strong><br />

<strong>Methode</strong> verwenden sollte. Denn jedes wissenschaftliche Vorgehen – <strong>und</strong> wohl auch jedes<br />

Alltagswissen – beruht auf Vergleichen. Damit wäre <strong>die</strong> Bezeichnung vergleichende<br />

Politikwissenschaft jedoch <strong>in</strong>haltsleer <strong>und</strong> bedeutungslos.<br />

Die vergleichende <strong>Methode</strong> im engeren S<strong>in</strong>n gilt, neben <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong>, als<br />

e<strong>in</strong> nicht-experimentelles wissenschaftliches Verfahren (Lijphart 1971; 1975). Doch liegt<br />

ke<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige <strong>in</strong>haltliche Ausgestaltung <strong>und</strong> positive Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> vergleichenden<br />

<strong>Methode</strong> vor. Arend Lijphart grenzt sie gegenüber <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong> ab, <strong>in</strong>dem er<br />

postuliert, dass <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> ke<strong>in</strong>e statistischen Verfahren anwendet.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs weist er auch auf <strong>die</strong> bedeutende Rolle <strong>der</strong> Fallauswahl h<strong>in</strong>. In dem<br />

vorliegenden Beitrag wird <strong>die</strong>ser letzte Aspekt als konstitutives Element <strong>der</strong> vergleichenden<br />

<strong>Methode</strong> betrachtet. Dadurch gew<strong>in</strong>nt <strong>die</strong> Fallauswahl e<strong>in</strong>e hervorgehobene Bedeutung <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft.<br />

Der Forschungsstand zur Fallauswahl ist <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen Politikwissenschaft<br />

allerd<strong>in</strong>gs ebenso unterentwickelt wie an<strong>der</strong>e methodologische Reflexionen des Vergleichs.<br />

Selbst <strong>in</strong> den e<strong>in</strong>schlägigen E<strong>in</strong>führungen <strong>in</strong> <strong>die</strong> vergleichende Politikwissenschaft<br />

(Naßmacher 1991: 20-27; Hartmann 1995: 30-38) wird nur sehr rudimentär <strong>und</strong> zum Teil<br />

unpräzise auf <strong>die</strong> Fallauswahl e<strong>in</strong>gegangen. Die umfassendste deutschsprachige<br />

Behandlung des Themas „Fallauswahl“ leisten <strong>die</strong> beiden norwegischen<br />

Politikwissenschaftler Frank Aarebrot <strong>und</strong> Pal Bakka (2003: 57) mit ihrem Aufsatz <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>führungswerk. In jüngster Zeit gehen auch Hans-Joachim Lauth <strong>und</strong> Jürgen<br />

W<strong>in</strong>kler (2002: 55-64) auf <strong>die</strong>sen Aspekt e<strong>in</strong>. Doch lassen auch <strong>die</strong>se Abhandlungen noch<br />

viele Fragen offen, <strong>und</strong> praxisorientierte Anweisungen s<strong>in</strong>d selten zu f<strong>in</strong>den. An<strong>der</strong>s <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

angelsächsischen Literatur: Allgeme<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führungen gehen auf <strong>die</strong> Fallauswahl <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Probleme e<strong>in</strong> (Przeworski/Teune 1970; Dogan/Pelassy 1990: Teil 3; Peters 1998: Kapitel 3;


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 2<br />

Landman 2003: Teil 1) <strong>und</strong> Gary K<strong>in</strong>g, Robert Keohane <strong>und</strong> Sidney Verba (1994) sowie<br />

<strong>die</strong> Autoren <strong>in</strong> Henry Brady <strong>und</strong> David Collier (2004) demonstrieren <strong>die</strong> Schwierigkeiten<br />

<strong>der</strong> Fallauswahl im Forschungsdesign. Spezielle Abhandlungen def<strong>in</strong>ieren <strong>in</strong> Buchlänge,<br />

was e<strong>in</strong> Fall ist (Rag<strong>in</strong>/Becker 1992), <strong>und</strong> sporadisch werden <strong>in</strong> führenden<br />

wissenschaftlichen Zeitschriften Potenzial <strong>und</strong> Probleme <strong>der</strong> Fallauswahl aus<br />

unterschiedlichsten Perspektiven angesprochen (Lijphart 1971; 1975; Skocpol/Somers<br />

1980; Jackman 1987; Geddes 1990; W<strong>in</strong>ship/Mare 1992; Collier/Mahoney 1996).<br />

Der vorliegende Aufsatz fasst e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong> <strong>in</strong>ternationale Debatte zur Fallauswahl <strong>in</strong><br />

wesentlichen Aspekten zusammen, geht aber darüber h<strong>in</strong>aus, <strong>in</strong>dem e<strong>in</strong>e neue Typologie<br />

<strong>der</strong> vergleichenden Verfahren anhand <strong>der</strong> Fallauswahl <strong>und</strong> des forschungsleitenden<br />

Erkenntnis<strong>in</strong>teresses entwickelt wird. Dabei wird ausschließlich auf fallvergleichende<br />

Analysen e<strong>in</strong>gegangen <strong>und</strong> es werden ke<strong>in</strong>e fall<strong>in</strong>terne Vergleiche behandelt. 1 Bevor <strong>die</strong><br />

etablierte Klassifikation <strong>der</strong> methodologischen Verfahren <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden<br />

Politikwissenschaft dargestellt <strong>und</strong> darauf aufbauend e<strong>in</strong>e alternative Typologie<br />

vergleichen<strong>der</strong> Ansätze anhand von Fallauswahl, Erkenntnis<strong>in</strong>teresse <strong>und</strong> Theoriewahl<br />

entwickelt wird, soll jedoch zunächst <strong>der</strong> Unterschied zwischen Vergleich <strong>und</strong><br />

vergleichen<strong>der</strong> <strong>Methode</strong> näher erläutert werden.<br />

2 Vergleich <strong>und</strong> vergleichende <strong>Methode</strong><br />

Vergleiche <strong>die</strong>nen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>- <strong>und</strong> Abgrenzung, mit <strong>der</strong>en Hilfe oftmals bewertende<br />

Interpretationen empirischer Bef<strong>und</strong>e vorgenommen werden. In e<strong>in</strong>er normativen Absicht,<br />

gemessen an Idealtypen o<strong>der</strong> theoretischen Reflexionen, wird <strong>die</strong> Wirklichkeit „verortet“.<br />

Bisher Unbekanntes wird mittels Bekanntem durch Vergleiche verständlich gemacht, <strong>und</strong><br />

es kann heuristisch erfasst werden, ob etwas neu o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s ist. Doch birgt <strong>die</strong>ses<br />

Vorgehen auch e<strong>in</strong>e Gefahr <strong>in</strong> sich. Wenn <strong>die</strong> normativen o<strong>der</strong> idealtypischen Standards<br />

<strong>und</strong> Bezugsfälle nicht zweifelsfrei vorgegeben s<strong>in</strong>d, kann durch Vergleiche alles bewiesen<br />

werden. Dies ist umso fataler, wenn <strong>die</strong> Standards je nach Beweis<strong>in</strong>teresse gewechselt<br />

werden. Politiker beherrschen <strong>die</strong>se „Kunst“ des rhetorischen Vergleichs, wenn sie darauf<br />

verweisen, dass <strong>in</strong> Land A Bed<strong>in</strong>gung X besser o<strong>der</strong> schlechter sei als im eigenen Land.<br />

Unsystematische strategische Vergleiche s<strong>in</strong>d auch <strong>in</strong> den Sozialwissenschaften sehr häufig<br />

anzutreffen. Diese Art des Ad-hoc- <strong>und</strong> manipulativen Vergleichs hat zur schlechten<br />

Reputation des Vergleichs beigetragen. „Vergleiche h<strong>in</strong>ken“, sagt <strong>der</strong> Volksm<strong>und</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

norwegischen Methodiker Frank Aarebrot <strong>und</strong> Pal Bakka (2003: XXX: 49) wissen sogar zu<br />

berichten, dass Goethe behauptet haben soll, „nur Dummköpfe“ würden „vergleichen.“<br />

Vergleiche – <strong>und</strong> nicht <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> – stellen <strong>in</strong> <strong>der</strong> deutschen<br />

vergleichenden Politikwissenschaft <strong>die</strong> dom<strong>in</strong>ierende Forschungspraxis dar. <strong>Fälle</strong> werden<br />

oftmals unreflektiert ausgewählt o<strong>der</strong> je nach „Beweislage“ passende <strong>Fälle</strong> herangezogen.<br />

In vielen Untersuchungen besteht zuerst das (diffuse) Interesse am Fall (Land, Gegenstand<br />

etc.) <strong>und</strong> erst dann wird versucht, aus <strong>die</strong>sem Interesse e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong> mehrere<br />

1 Fall<strong>in</strong>terne Vergleiche wenden verschiedene Techniken an, um <strong>die</strong> kausale Inferenz zu steigern (Campbell 1975;<br />

George 1979). Gerade auf <strong>die</strong>sem Gebiet s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht worden (Bates<br />

u.a. 1999; Mahoney 1999; 2000; Hall 2003; George/Bennett i.E.). Allerd<strong>in</strong>gs geben <strong>die</strong>se Stu<strong>die</strong>n, selbst wenn sie<br />

fallvergleichend angelegt s<strong>in</strong>d, bis auf wenige Ausnahmen ke<strong>in</strong>e Wege für den Vergleich von <strong>Fälle</strong>n an, <strong>die</strong> über<br />

<strong>die</strong> weiter unten dargestellten Millschen <strong>Methode</strong>n h<strong>in</strong>ausreichen. Auch werden <strong>die</strong> Defizite <strong>der</strong> Generalisierung<br />

durch Stu<strong>die</strong>n mit kle<strong>in</strong>er Fallzahl nicht gelöst (Collier u.a. 2004: 100).


3 Detlef Jahn<br />

Vergleichsdimensionen zu entwickeln. E<strong>in</strong> solches Vorgehen kann durchaus <strong>in</strong>teressante<br />

Aspekte bieten <strong>und</strong> unsere Wissensbestände erweitern, es nutzt jedoch nicht das Potenzial<br />

<strong>der</strong> vergleichenden <strong>Methode</strong> aus. Auch bleibt zu fragen, ob <strong>der</strong> Vergleich ausreicht, um<br />

schon von vergleichen<strong>der</strong> Politikwissenschaft zu sprechen. Vergleiche f<strong>in</strong>det man ebenfalls<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> politischen Theorie, <strong>der</strong> Ideengeschichte, <strong>in</strong> den <strong>in</strong>ternationalen Beziehungen, ja<br />

sogar im Bereich <strong>der</strong> Behandlung des politischen Systems <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esrepublik. Wenngleich<br />

viele führende Politikwissenschaftler, <strong>die</strong> sich im Bereich <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft<br />

engagieren, postulieren, dass <strong>die</strong> vergleichende Politikwissenschaft <strong>die</strong><br />

vergleichende <strong>Methode</strong> anwenden muss, um als solche bezeichnet werden zu können (vgl.<br />

zu <strong>die</strong>ser Auffassung etwa: Marcidis 1955; Holt/Turner 1970: 5; Lijphart 1971: 682; Sartori<br />

1991: 243; Rose 1991), 2 so hat sich <strong>die</strong>ser Anspruch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Diszipl<strong>in</strong> nicht durchsetzen<br />

können (Mayer 1989).<br />

Die vergleichende <strong>Methode</strong> gilt als „Fachbegriff für e<strong>in</strong>e <strong>Methode</strong> zum systematischen<br />

Vergleich e<strong>in</strong>er begründeten Auswahl von <strong>Fälle</strong>n aus e<strong>in</strong>er Gr<strong>und</strong>gesamtheit zum Zweck<br />

<strong>der</strong> Entwicklung <strong>und</strong> Überprüfung von Hypothesen <strong>und</strong> Sachverhalten, Vorgängen <strong>und</strong><br />

Wechselbeziehungen zweier o<strong>der</strong> mehrerer Variablen“ (Schmidt 1995: 100). Im<br />

Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> steht dabei das Interesse an <strong>der</strong> Generalisierbarkeit von empirischen<br />

Zusammenhängen (Nohlen 1994: 509). Bei <strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> empirischen<br />

Zusammenhänge stellt <strong>die</strong> Kovarianz das entscheidende Kriterium dar: Variieren e<strong>in</strong>e o<strong>der</strong><br />

mehrere unabhängige Variable mit <strong>der</strong> abhängigen Variable, wenn ja, <strong>in</strong> welchem Ausmaß?<br />

Des Weiteren gilt es <strong>die</strong> Kovarianz zwischen <strong>der</strong> <strong>in</strong>teressierenden Variable im Kontext zu<br />

an<strong>der</strong>en Variablen zu bestimmen: Wie stark ist <strong>die</strong> Kovarianz zwischen abhängiger<br />

Variable <strong>und</strong> unabhängigen Variablen unter sonst konstanten Bed<strong>in</strong>gungen (ceteris paribus<br />

Bed<strong>in</strong>gung)? Um <strong>die</strong> Kovarianz erfassbar zu gestalten, müssen gr<strong>und</strong>sätzlich sowohl <strong>die</strong><br />

unabhängigen Variablen als auch <strong>die</strong> abhängige Variable variieren. 3 Guy Peters (1998: 30;<br />

siehe auch: Lijphart 1975: 163 f.) fasst <strong>die</strong>s <strong>in</strong> dem folgenden Postulat prägnant zusammen:<br />

Maximiere <strong>die</strong> experimentelle Varianz, m<strong>in</strong>imiere <strong>die</strong> Fehlervarianz <strong>und</strong> kontrolliere <strong>die</strong><br />

externe Varianz.<br />

Die experimentelle Varianz ist <strong>die</strong> von uns zu untersuchende Varianz. Dabei soll <strong>die</strong><br />

Verän<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er unabhängigen Variablen e<strong>in</strong>e Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> abhängigen Variablen<br />

verursachen. Beispielsweise sollte <strong>der</strong> Anstieg <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Arbeiter mit e<strong>in</strong>em Anstieg des<br />

Wählerzuspruchs von Arbeiterparteien e<strong>in</strong>hergehen. Zur Untersuchung <strong>die</strong>ses<br />

Zusammenhangs sollten wir e<strong>in</strong>e möglichst große Varianz im Bezug auf <strong>die</strong> Anzahl <strong>der</strong><br />

Arbeiter sowie <strong>die</strong> Stärke von Arbeiterparteien besitzen. Es wäre also s<strong>in</strong>nvoller,<br />

Gesellschaften mit deutlichen Unterschieden <strong>in</strong> <strong>der</strong> Quantität von Arbeitern <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Stärke von Arbeiterparteien zu untersuchen als Län<strong>der</strong>, <strong>in</strong> denen <strong>der</strong> Arbeiteranteil <strong>und</strong> <strong>die</strong><br />

Stärke von Arbeiterparteien ähnlich hoch s<strong>in</strong>d.<br />

Fehlervarianz entsteht, wenn <strong>der</strong> Unterschied <strong>der</strong> unabhängigen o<strong>der</strong> abhängigen<br />

Variable nicht real ist, son<strong>der</strong>n durch Messfehler, Fehlko<strong>die</strong>rungen u. Ä. verursacht wird.<br />

Die externe Varianz bezeichnet jene Varianz, <strong>die</strong> durch an<strong>der</strong>e, von uns nicht unmittelbar<br />

2 Dabei können Vergleiche durchaus zunächst als Gr<strong>und</strong>lage für <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> <strong>die</strong>nen, durch <strong>die</strong><br />

Hypothesen generiert werden. Im Laufe des Forschungsprozesses sollten jedoch Hypothesen auch getestet <strong>und</strong><br />

nicht nur aufgestellt <strong>und</strong> plausibel gemacht werden.<br />

3 Auf Ausnahmen haben Collier u.a. (2004) h<strong>in</strong>gewiesen.


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 4<br />

untersuchten Faktoren entsteht. Das beschriebene Verhältnis von Arbeitern <strong>und</strong><br />

Wählerschaft von Arbeiterparteien könnte zum Beispiel durch historische o<strong>der</strong> kulturelle<br />

Faktoren durchbrochen werden. Um <strong>die</strong> externe Varianz zu kontrollieren, könnten Län<strong>der</strong><br />

untersucht werden, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e ähnliche Kultur <strong>und</strong> geschichtliche Entwicklung aufweisen.<br />

E<strong>in</strong>e Untersuchung aller westeuropäischen Staaten zu <strong>der</strong> genannten Forschungsfrage kann<br />

den Aspekt des Islams <strong>und</strong> <strong>der</strong> Diktatur vernachlässigen. An<strong>der</strong>erseits müsste <strong>die</strong>se<br />

Variable bei e<strong>in</strong>er Untersuchung, <strong>die</strong> auch <strong>die</strong> Türkei <strong>in</strong>tegriert, aufgenommen werden. In<br />

<strong>die</strong>sem Beispiel wäre also e<strong>in</strong> Fall (Land) dafür verantwortlich, dass weitere Variablen<br />

(Islam, defekte Demokratie etc.) <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung e<strong>in</strong>bezogen werden müssen. Oftmals<br />

lässt es sich nicht zweifelsfrei bestimmen, welche <strong>Fälle</strong> für e<strong>in</strong>e bestimmte Fragestellung zu<br />

untersuchen s<strong>in</strong>d. Durch theoretische Überlegungen sollten möglichst alle wesentlichen<br />

Aspekte – <strong>und</strong> nur <strong>die</strong>se! – <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung E<strong>in</strong>gang f<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> dann anhand<br />

entsprechen<strong>der</strong> <strong>Fälle</strong> zu analysieren s<strong>in</strong>d.<br />

3 Etablierte Forschungsstrategien <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft<br />

In <strong>der</strong> etablierten vergleichenden Politikwissenschaft werden vor allem drei<br />

wissenschaftliche <strong>Methode</strong>n unterschieden: das Experiment, <strong>die</strong> statistische <strong>Methode</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong>. Die Fallstu<strong>die</strong> kann als e<strong>in</strong>e weitere Möglichkeit angeführt<br />

werden, jedoch s<strong>in</strong>d an sie dann beson<strong>der</strong>e Ansprüche zu stellen, damit sie als<br />

wissenschaftliche <strong>Methode</strong> bezeichnet werden kann (Lijphart 1971; 1975; Smelser 1976;<br />

Collier 1993). Lijphart stellt <strong>die</strong>s wie folgt graphisch dar:<br />

Wissenschaftliche<br />

<strong>Methode</strong><br />

Quelle: Lijphart 1975: 162<br />

Experimentelle<br />

<strong>Methode</strong><br />

Nicht-experimentelle<br />

<strong>Methode</strong><br />

Abbildung 1: Typologie wissenschaftlicher <strong>Methode</strong>n nach Lijphart<br />

Statistische<br />

<strong>Methode</strong><br />

Vergleichende<br />

<strong>Methode</strong><br />

Fallstu<strong>die</strong>


5 Detlef Jahn<br />

Das Experiment ist <strong>die</strong> re<strong>in</strong>ste Form wissenschaftlichen Arbeitens. In e<strong>in</strong>em isolierten<br />

Raum wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Versuchsanordnung e<strong>in</strong>e unabhängige Variable systematisch verän<strong>der</strong>t<br />

<strong>und</strong> ihr E<strong>in</strong>fluss auf <strong>die</strong> abhängige Variable beobachtet. Es existieren ke<strong>in</strong>e Störfaktoren<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Forscher selbst bestimmt <strong>die</strong> experimentelle Varianz. 4 In <strong>der</strong> Politikwissenschaft<br />

lassen sich Experimente jedoch nur sehr selten durchführen. Man kann <strong>die</strong><br />

Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung Deutschlands nicht e<strong>in</strong>mal unter Führung <strong>der</strong> CDU/CSU <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

an<strong>der</strong>es Mal unter SPD-Leitung ablaufen lassen. 5<br />

In <strong>der</strong> Fallstu<strong>die</strong> ist man bemüht, anhand e<strong>in</strong>es Falles Kausalität zu erfassen. Dabei<br />

f<strong>in</strong>den <strong>die</strong> <strong>in</strong>teraktiven, konfigurativen Prozesse, <strong>die</strong> zu e<strong>in</strong>em Ergebnis geführt haben,<br />

Berücksichtigung (process trac<strong>in</strong>g) (Becker 1992; George/Bennett i.E.). Da jedoch e<strong>in</strong> Fall<br />

ke<strong>in</strong>e experimentelle Varianz erzeugt, muss <strong>die</strong> Varianz durch Theorien, Zeitvergleich o<strong>der</strong><br />

Beobachtungspunkte (with<strong>in</strong> comparison) konstruiert werden. Es ist jedoch problematisch,<br />

Theorien vorzuf<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> so spezifisch formuliert s<strong>in</strong>d, dass sie als e<strong>in</strong> Varianzkriterium<br />

für <strong>die</strong> detailliert verästelte Analyse e<strong>in</strong>er Fallstu<strong>die</strong> geeignet s<strong>in</strong>d. Zwar kann man <strong>in</strong><br />

Fallstu<strong>die</strong>n Theorien bzw. theoretische Aussagen überprüfen, jedoch ist <strong>die</strong> Brauchbarkeit<br />

<strong>die</strong>ser Tests heftig umstritten. E<strong>in</strong>erseits kann ke<strong>in</strong>e Theorie durch Fallstu<strong>die</strong>n bestätigt<br />

werden, dazu bedarf es e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong> gültigen Perspektive. Zum an<strong>der</strong>en können kaum<br />

Theorien wi<strong>der</strong>legt werden, da es sich zumeist um probabilistische Aussagen handelt <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> Falsifikation e<strong>in</strong>es Falles <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Irrtumswahrsche<strong>in</strong>lichkeit fällt.<br />

Die statistische <strong>Methode</strong> erreicht e<strong>in</strong> „quasi-experimentelles“ Design durch <strong>die</strong><br />

Untersuchung vieler <strong>Fälle</strong>. Hier wird nicht durch <strong>die</strong> Forscher<strong>in</strong> o<strong>der</strong> den Forscher bewusst<br />

e<strong>in</strong>gegriffen, son<strong>der</strong>n es werden <strong>Fälle</strong> untersucht, <strong>die</strong> sich h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong> unabhängigen<br />

Variablen <strong>und</strong> <strong>der</strong> abhängigen Variable unterscheiden. Das Kriterium, ob e<strong>in</strong>e unabhängige<br />

Variable <strong>die</strong> abhängige Variable bee<strong>in</strong>flusst, wird durch <strong>die</strong> partielle Korrelation erreicht –<br />

e<strong>in</strong> statistisches Maß, welches <strong>die</strong> Kovarianz zwischen unabhängigen Variablen <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

abhängigen Variable ceteris paribus e<strong>in</strong>schätzt (Lijphart 1971: 684).<br />

Die statistische <strong>Methode</strong>, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e <strong>in</strong> Form <strong>der</strong> Regressionsanalyse, besitzt <strong>die</strong><br />

Fähigkeit, Beziehungen verallgeme<strong>in</strong>erbar <strong>und</strong> kontrolliert zu erfassen. Dies wird dadurch<br />

erreicht, dass entwe<strong>der</strong> <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit untersucht o<strong>der</strong> aber – bei e<strong>in</strong>er zu großen<br />

Gr<strong>und</strong>gesamtheit – e<strong>in</strong>e Zufallsstichprobe genutzt wird. Ohne <strong>die</strong> Nutzung e<strong>in</strong>er<br />

Zufallsstichprobe kann <strong>die</strong> Generalisierbarkeit <strong>der</strong> Ergebnisse nicht gewährleistet werden<br />

<strong>und</strong> es entstehen Verzerrungseffekte (selection bias) (W<strong>in</strong>ship/Mare 1992). Für den<br />

Län<strong>der</strong>vergleich bedeutet <strong>die</strong>s, dass <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit durch alle Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde<br />

vorgegeben wird. 6 Übersteigt <strong>die</strong> Fallzahl (Län<strong>der</strong>) <strong>die</strong> Kapazität des Forschers, so muss<br />

4 Experimente können auch mit Hilfe von Kontrollgruppen durchgeführt werden. In <strong>die</strong>ser Versuchsanordnung<br />

werden zwei gleiche Gruppen untersucht. E<strong>in</strong>e Gruppe erhält e<strong>in</strong>en Stimulus (Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> unabhängigen<br />

Variablen), <strong>die</strong> an<strong>der</strong>e nicht. Im nächsten Schritt wird dann <strong>der</strong> Unterschied bei<strong>der</strong> Gruppen h<strong>in</strong>sichtlich <strong>der</strong><br />

abhängigen Variablen untersucht.<br />

5 Manchmal entstehen Situationen, <strong>die</strong> Quasi-Experimente ermöglichen. So kann <strong>der</strong> Effekt von Wahlsystemen bei<br />

e<strong>in</strong>em Wechsel des Wahlsystems, wie 1993 <strong>in</strong> Neuseeland, untersucht werden. O<strong>der</strong> es lassen sich <strong>die</strong><br />

Volksbefragungen zum EU-Beitritt <strong>in</strong> Österreich, F<strong>in</strong>nland, Schweden <strong>und</strong> Norwegen als Quasi-Experiment<br />

betrachten (Jahn 1999).<br />

6 Ebenso könnte man <strong>die</strong> For<strong>der</strong>ung stellen, dass alle bisher <strong>in</strong> Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart existierenden (bzw.<br />

auch <strong>die</strong> zukünftigen) Gesellschaften ebenfalls berücksichtigt werden müssen. Damit ließe sich aber ke<strong>in</strong>e<br />

repräsentative Stichprobe mehr ziehen.


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 6<br />

e<strong>in</strong>e repräsentative (d.h. zufällige) Auswahl getroffen werden. 7 Da jedoch Nationen<br />

komplexere Gebilde s<strong>in</strong>d als z.B. Individuen, verbieten sich meistens Zufallsauswahlen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> län<strong>der</strong>vergleichenden Forschung.<br />

In <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft existieren jedoch oftmals für <strong>die</strong><br />

Anwendung <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong> nicht ausreichend viele <strong>Fälle</strong> (Län<strong>der</strong>). Das bedeutet,<br />

dass <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> <strong>der</strong> Logik des Experiments <strong>und</strong> <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong><br />

entspricht, <strong>die</strong>se jedoch nicht <strong>die</strong> experimentelle o<strong>der</strong> statistische Kontrolle nutzen kann.<br />

„The comparative method resembles the statistical method <strong>in</strong> all respects but one. The<br />

crucial difference is that the number of cases it deals with is too small to permit systematic<br />

control by means of partial correlation” (Lijphart 1971: 684).<br />

Lijphart lässt uns jedoch im Unklaren, was tatsächlich das entscheidende<br />

Kontrollverfahren für <strong>die</strong> Erfassung von Kovarianz <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden <strong>Methode</strong> ist.<br />

Überhaupt ist <strong>die</strong> positive Bestimmung <strong>der</strong> vergleichenden <strong>Methode</strong> bei Lijphart unklar. Er<br />

grenzt <strong>die</strong>se zwar vom Experiment, <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Fallstu<strong>die</strong> ab, was<br />

aber letztendlich <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> ist, bleibt im Dunkeln. Ab wann <strong>die</strong> Fallzahl<br />

für <strong>die</strong> statistische Kontrolle zu kle<strong>in</strong> ist, wird ebenfalls nur vage beschrieben „ … perhaps<br />

less than ten …“ (Lijphart 1971: 686) <strong>und</strong> <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> Stu<strong>die</strong> von Rea (1971) löst er<br />

<strong>die</strong> Demarkationsl<strong>in</strong>ie zwischen statistischer <strong>und</strong> vergleichen<strong>der</strong> <strong>Methode</strong> vollends auf.<br />

E<strong>in</strong>erseits weist er Reas Stu<strong>die</strong> <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong> zu, an<strong>der</strong>erseits auch <strong>der</strong><br />

vergleichenden <strong>Methode</strong>, da <strong>die</strong>ser „lediglich“ zwanzig Län<strong>der</strong> untersucht <strong>und</strong> <strong>die</strong>se <strong>in</strong><br />

jener H<strong>in</strong>sicht ausgewählt hat, dass kulturelle Variablen konstant gehalten wurden <strong>und</strong><br />

somit vernachlässigt werden konnten. Die vergleichbare-<strong>Fälle</strong>-Strategie (comparable-cases<br />

strategy) o<strong>der</strong> das most-similar systems design (Przeworski/Teune 1970: 32-39) zählt<br />

Lijphart zur vergleichenden <strong>Methode</strong>, da <strong>die</strong> Kovarianz <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden <strong>Methode</strong><br />

durch <strong>die</strong> Fallauswahl ermittelt wird: “… the cases are selected <strong>in</strong> such a way as to<br />

maximize the variance of the <strong>in</strong>dependent variables and to m<strong>in</strong>imize the variance of the<br />

control variables” (Lijphart 1975: 164; kursiv im Orig<strong>in</strong>al). Die Fallauswahl übernimmt<br />

also <strong>die</strong> Kontrollfunktion, <strong>die</strong> im Experiment durch <strong>die</strong> bewusste <strong>und</strong> kontrollierte<br />

Manipulation e<strong>in</strong>er unabhängigen Variable existiert <strong>und</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> statistischen <strong>Methode</strong> <strong>die</strong><br />

partielle Korrelation darstellt: „… the selection of cases acts as a partial substitute for<br />

statistical or experimental control“ (Collier 1993: 106).<br />

Somit existieren zwei sich wi<strong>der</strong>sprechende Def<strong>in</strong>itionskriterien für <strong>die</strong> vergleichende<br />

<strong>Methode</strong>: (a) e<strong>in</strong>e <strong>Methode</strong> ohne statistische Analysen, da <strong>die</strong> Fallzahl zu kle<strong>in</strong> ist, <strong>und</strong> (b)<br />

e<strong>in</strong>e <strong>Methode</strong>, bei <strong>der</strong> <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> nicht zufällig, son<strong>der</strong>n bewusst ausgewählt werden (<strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

aber auch durchaus statistische Analysen durchgeführt werden können). Im Folgenden<br />

möchte ich <strong>die</strong> bewusste Fallauswahl als das entscheidende Charakteristikum für <strong>die</strong><br />

vergleichende <strong>Methode</strong> auswählen <strong>und</strong> nicht <strong>die</strong> Tatsache, dass statistische Verfahren <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er Untersuchung durchgeführt werden. Denn wie Neil Smelser (1976: 158) bemerkt,<br />

s<strong>in</strong>d vergleichende <strong>und</strong> statistische <strong>Methode</strong> identisch h<strong>in</strong>sichtlich ihrer vergleichenden<br />

Logik. Da es ke<strong>in</strong>e unmissverständlichen Kriterien für <strong>die</strong> Anzahl <strong>der</strong> Beobachtungen gibt,<br />

ab wann <strong>die</strong> statistische <strong>Methode</strong> angewendet werden kann, ist Lijpharts Unterscheidung<br />

zwischen statistischer <strong>und</strong> vergleichen<strong>der</strong> <strong>Methode</strong> arbiträr. Als Alternative möchte ich e<strong>in</strong>e<br />

Klassifikation <strong>der</strong> <strong>komparative</strong>n <strong>Methode</strong>n <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft<br />

7 Dies sieht auch Lijphart (1975: 166/7) so: „The logic of the statistical method requires that the entire universe of<br />

cases be taken <strong>in</strong>to account <strong>in</strong> or<strong>der</strong> to maximize control. If the universe becomes too large to handle, a<br />

representative sample should be drawn from it.”


7 Detlef Jahn<br />

vorschlagen, <strong>die</strong> stärker an <strong>der</strong> Fallauswahl orientiert ist. Als wesentliche<br />

Unterscheidungskriterien werden zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>e positive <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e negative Fallauswahl<br />

gewählt <strong>und</strong> zum an<strong>der</strong>en <strong>die</strong> Orientierung an e<strong>in</strong>er zugr<strong>und</strong>e liegenden Forschungslogik.<br />

4 Negative <strong>und</strong> positive Fallauswahl<br />

E<strong>in</strong>e positive Fallauswahl liegt vor, wenn <strong>Fälle</strong> unter bestimmten Aspekten ausgewählt<br />

werden (E<strong>in</strong>schlussverfahren). Bezogen auf e<strong>in</strong>e räumliche Auswahl wählt man<br />

beispielsweise Frankreich als e<strong>in</strong> westeuropäisches Land aus. Wenn zu <strong>die</strong>ser Auswahl<br />

ke<strong>in</strong>e analytischen Aspekte h<strong>in</strong>zukommen, dann ist <strong>die</strong>se Art <strong>der</strong> Auswahl äußerst<br />

willkürlich. E<strong>in</strong> erstes schwaches analytisches Auswahlkriterium besteht zum Beispiel<br />

dar<strong>in</strong>, dass man <strong>die</strong> wichtigsten Län<strong>der</strong> Europas auswählt o<strong>der</strong> aber auch e<strong>in</strong>e Mischung<br />

aus Bedeutung <strong>und</strong> Beson<strong>der</strong>heit. Viele amerikanische E<strong>in</strong>führungen <strong>in</strong> <strong>die</strong> vergleichende<br />

Politikwissenschaft verfolgen <strong>die</strong>se Strategie (siehe auch: Lehner/Widmaier 1995;<br />

Widmaier et. al. 1999). In E<strong>in</strong>führungstexten <strong>und</strong> Lehrbüchern hat <strong>die</strong>ses Vorgehen den<br />

Vorteil, dass Län<strong>der</strong> exemplarisch vorgestellt werden. Für wissenschaftliche Arbeiten ist es<br />

jedoch weniger effizient, da <strong>die</strong> Auswahl sehr beliebig bleibt. E<strong>in</strong>e Konzentration auf <strong>die</strong><br />

wichtigen Län<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Region, etwa e<strong>in</strong>e Untersuchung <strong>der</strong> wichtigen EU-Staaten<br />

Deutschland, Großbritannien <strong>und</strong> Frankreich, mag aus politischen Gründen s<strong>in</strong>nvoll se<strong>in</strong>,<br />

unter methodologischen Aspekten ist <strong>die</strong>s aber weniger <strong>in</strong>struktiv. Es gibt nämlich ke<strong>in</strong>en<br />

Anhaltspunkt dafür, dass <strong>die</strong> wichtigsten Län<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Region auch <strong>die</strong> gesamte Varianz <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Region h<strong>in</strong>sichtlich analytischer Kriterien abbilden. Ste<strong>in</strong> Rokkan (1970: 49)<br />

nannte den ungerechtfertigten Bezug auf große Län<strong>der</strong> den large-nation bias.<br />

Die negative Auswahl basiert dagegen zunächst auf <strong>der</strong> Festlegung, was überhaupt <strong>die</strong><br />

Gr<strong>und</strong>gesamtheit ausmacht. So könnten <strong>die</strong>s bei allgeme<strong>in</strong>en Fragestellungen alle Län<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Erde se<strong>in</strong> o<strong>der</strong> nur demokratische Staaten o<strong>der</strong> auch nur Entwicklungslän<strong>der</strong> etc.<br />

Untersucht man <strong>die</strong> demokratischen Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt, scheiden alle nichtdemokratischen<br />

Län<strong>der</strong> für <strong>die</strong> Untersuchung aus. 8 Nach <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit versucht<br />

man alle Län<strong>der</strong> <strong>die</strong>ser Gr<strong>und</strong>gesamtheit <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung aufzunehmen. Dieser Aspekt<br />

ist Bed<strong>in</strong>gung für <strong>die</strong> Repräsentativität <strong>der</strong> Untersuchung. Falls nun aus<br />

forschungspragmatischen Gründen (Aufwand, F<strong>in</strong>anzen, Qualifikation, Kapazität etc.) nicht<br />

alle Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit untersucht werden können, sollten gr<strong>und</strong>legende<br />

analytische Kriterien zur E<strong>in</strong>grenzung <strong>der</strong> Fallzahl genutzt werden (Ausschlussverfahren).<br />

Jedoch wird e<strong>in</strong>e Fallauswahl auch unter <strong>die</strong>sen Kriterien immer mit verzerrten Ergebnissen<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Repräsentativität bezahlt, wenngleich <strong>die</strong>se pr<strong>in</strong>zipiell<br />

ger<strong>in</strong>ger s<strong>in</strong>d als bei <strong>der</strong> positiven Fallauswahl.<br />

Neben <strong>der</strong> Fallauswahl spielt <strong>die</strong> Analyselogik <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden<br />

Politikwissenschaft e<strong>in</strong>e wesentliche Rolle. Mehr noch als <strong>die</strong> Anwendung von statistischen<br />

Verfahren spaltet <strong>die</strong> Auffassung über das Ziel <strong>und</strong> <strong>die</strong> Durchführung <strong>der</strong> vergleichenden<br />

<strong>Methode</strong> <strong>die</strong> vergleichende Politikwissenschaft <strong>in</strong> unterschiedliche Lager (Przeworski/<br />

Teune 1970; Achen/Snidal 1989). Abgesehen von Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> lediglich vergleichen, nicht<br />

8 An <strong>die</strong>ser Stelle ersche<strong>in</strong>t es mir wesentlich darauf h<strong>in</strong>zuweisen, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Untersuchung, <strong>die</strong> alle<br />

demokratischen Län<strong>der</strong> berücksichtigt, nicht <strong>der</strong> E<strong>in</strong>fluss <strong>der</strong> Demokratie untersucht werden kann; hierzu benötigt<br />

man als Abgrenzung auch nichtdemokratische Staaten. Demokratie stellt lediglich e<strong>in</strong> Homogenisierungspotenzial<br />

für <strong>die</strong> Fallauswahl dar.


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 8<br />

aber <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> anwenden, lassen sich ideographische <strong>und</strong> nomothetische<br />

vergleichende Ansätze unterscheiden.<br />

5 Ideographisch vergleichende Ansätze<br />

Zum e<strong>in</strong>en existieren Analysestrategien, <strong>die</strong> den Vergleich systematisch anwenden, <strong>die</strong>sen<br />

jedoch nicht als <strong>Methode</strong> für <strong>die</strong> Durchführung multivariater Analysen nutzen. Diese, von<br />

Lijphart <strong>und</strong> Smelser kaum beachteten, ideographischen Analysen können als<br />

kontrastierende (contrast oriented comparative method) <strong>und</strong> parallel-vergleichende<br />

theoretische Analysen (parallel demonstration of theory) bezeichnet werden<br />

(Skocpol/Somers 1990). 9<br />

Kontrastierende Untersuchungen betrachten den Fall <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ganzheit <strong>und</strong> stellen <strong>die</strong><br />

Eigenart <strong>der</strong> E<strong>in</strong>zelfälle heraus, <strong>die</strong> Logik <strong>der</strong> atheoretischen (Lijphart 1971) bzw.<br />

konfigurativ-ideographischen (Eckste<strong>in</strong> 1975) E<strong>in</strong>zelfallstu<strong>die</strong> wird also auf mehrere <strong>Fälle</strong><br />

übertragen. In <strong>die</strong>sen Untersuchungen geht es weniger um <strong>die</strong> Darstellung <strong>der</strong><br />

verallgeme<strong>in</strong>erbaren Aspekte zwischen <strong>Fälle</strong>n als vielmehr um <strong>die</strong> E<strong>in</strong>zigartigkeit <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelnen <strong>Fälle</strong>, <strong>die</strong> oftmals durch <strong>die</strong> Analyse mit Idealtypen o<strong>der</strong> kontrafaktischen<br />

Gedankenspielen hervorgehoben werden (Tetlock/Belk<strong>in</strong> 1996). Klassische Stu<strong>die</strong>n <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>ser Tradition s<strong>in</strong>d etwa Clifford Geertz’ Arbeit (1971) über religiöse Entwicklungen <strong>in</strong><br />

Marokko <strong>und</strong> Indonesien o<strong>der</strong> Re<strong>in</strong>hard Bendix’ Stu<strong>die</strong> (1977; zuerst 1964) über <strong>die</strong><br />

Entstehung von Nationen, <strong>die</strong> nicht auf <strong>die</strong> Entdeckung generalisierbarer Erkenntnisse<br />

zielen, son<strong>der</strong>n vielmehr <strong>die</strong> Grenzen allgeme<strong>in</strong>er Theorien aufzeigen. Verallgeme<strong>in</strong>erbare<br />

Elemente s<strong>in</strong>d eher Zufallsprodukte <strong>der</strong> detaillierten Fallanalyse <strong>und</strong> so kann gehofft<br />

werden „… to stumble upon general truth while sort<strong>in</strong>g through special cases“ (Geertz<br />

1971: 4). Um <strong>die</strong> Eigenarten <strong>der</strong> <strong>Fälle</strong> zu illustrieren, s<strong>in</strong>d klar unterscheidbare <strong>Fälle</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong><br />

Untersuchung aufzunehmen. So betont Bendix (1977: 16-17), dass <strong>der</strong> europäische<br />

Feudalismus besser im Vergleich mit dem japanischen Feudalismus erfasst werden kann.<br />

Kontrastierende Untersuchungen dom<strong>in</strong>ieren <strong>die</strong> vergleichende Politikwissenschaft,<br />

obgleich <strong>der</strong> analytische Nutzen solcher Stu<strong>die</strong>n sehr e<strong>in</strong>geschränkt ist. Sicherlich ist es<br />

nicht schwierig, durch e<strong>in</strong>e detaillierte Analyse e<strong>in</strong>es Falles auf dessen Beson<strong>der</strong>heit<br />

aufmerksam zu machen. In e<strong>in</strong>er solchen Perspektive ist je<strong>der</strong> Fall, auch jedes Individuum,<br />

e<strong>in</strong>e Beson<strong>der</strong>heit, weil er bzw. es sich von an<strong>der</strong>en <strong>Fälle</strong>n unterscheidet. So sehr e<strong>in</strong>e<br />

<strong>der</strong>artige Perspektive auch ihre Berechtigung hat, so sehr verschließt sie sich jedoch e<strong>in</strong>er<br />

verallgeme<strong>in</strong>erbaren Perspektive, <strong>die</strong> notwendig ist, um über <strong>die</strong> untersuchten <strong>Fälle</strong> h<strong>in</strong>aus<br />

Schlussfolgerungen ziehen zu können.<br />

Die parallele Demonstration von Theorien ist e<strong>in</strong>e deduktive Annäherung an den<br />

Forschungsgegenstand, <strong>in</strong>dem zunächst e<strong>in</strong>e Theorie formuliert <strong>und</strong> ausgeführt wird. In<br />

e<strong>in</strong>em nächsten Schritt wird <strong>die</strong>se Theorie anhand ausgewählter <strong>Fälle</strong> <strong>in</strong> ihrer Korrektheit<br />

betrachtet. Auch hier haben wir es mit e<strong>in</strong>er vergleichenden Fallstu<strong>die</strong> zu tun, bei <strong>der</strong> <strong>die</strong><br />

Logik <strong>der</strong> <strong>in</strong>terpretativen (Lijphart) bzw. diszipl<strong>in</strong>iert-konfigurativen Fallstu<strong>die</strong> (Eckste<strong>in</strong>)<br />

angewandt wird. Um e<strong>in</strong>e breite Gültigkeit <strong>der</strong> Theorie zu erreichen, beziehen sich <strong>die</strong>se<br />

9 Theda Skocpol <strong>und</strong> Margeret Somers (1980) betrachten unterschiedliche historisch-vergleichende Stu<strong>die</strong>n.<br />

Neben den genannten Forschungsmethoden gehen beide auch ausführlich auf <strong>die</strong> makro-kausalen Analysen e<strong>in</strong>,<br />

<strong>die</strong> sich stark an John Stuart Mills Konkordanz- <strong>und</strong> Differenzmethode anlehnen <strong>und</strong> im weiteren Verlauf im<br />

Kontext nomothetischer <strong>Methode</strong>n noch diskutiert werden.


9 Detlef Jahn<br />

Untersuchungen auf recht unterschiedliche <strong>Fälle</strong>. Samuel Eisenstadt (1963) betrachtet so<br />

verschiedenartige E<strong>in</strong>heiten wie Ägypten, Babylon, das Inka- <strong>und</strong> das Azteken-Reich,<br />

Ch<strong>in</strong>a, Persien, das römische <strong>und</strong> byzant<strong>in</strong>ische Reich, das antike Griechenland, bestimmte<br />

h<strong>in</strong>duistische <strong>und</strong> arabisch-moslemische Staaten, das ottomanische Reich sowie<br />

verschiedene europäische Staaten <strong>in</strong> Raum <strong>und</strong> Zeit, um se<strong>in</strong>e struktur-funktionalistische<br />

Theorie <strong>der</strong> Entstehung, Persistenz <strong>und</strong> des Verfalls von Weltreichen zu belegen. Er<br />

versucht anhand <strong>die</strong>ser <strong>Fälle</strong> <strong>die</strong> Gültigkeit se<strong>in</strong>er Theorie mit Verweis auf <strong>der</strong>en<br />

Ähnlichkeiten zu belegen (siehe auch Perrow 1984 für e<strong>in</strong>e Analyse „normaler<br />

Katastrophen“).<br />

Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tradition <strong>der</strong> Demonstration von Theorien stehen, gehen weit über<br />

empirielose theoretische Darstellungen h<strong>in</strong>aus, <strong>in</strong>dem sie Kausaleffekte illustrieren.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs können auch <strong>die</strong>se Untersuchungen niemals e<strong>in</strong>e Theorie verifizieren, da <strong>die</strong><br />

<strong>Fälle</strong> <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie aus <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> „getesteten“ Theorie ausgewählt wurden <strong>und</strong><br />

wi<strong>der</strong>sprechende <strong>Fälle</strong> nicht auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> Kontrolle ausgewählt s<strong>in</strong>d, son<strong>der</strong>n um <strong>die</strong><br />

Theorie <strong>in</strong> unterschiedlichen Kontexten darzustellen.<br />

6 Nomothetische Ansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft<br />

Das Aufspüren von generalisierbaren Gesetzen ist das höchste Ziel <strong>der</strong> nomothetischen<br />

Ansätze <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft. Bei Arend Lijphart <strong>und</strong> auch Neil<br />

Smelser stand vor allem <strong>die</strong>se Art sozialwissenschaftlicher Arbeiten im Fokus ihres<br />

Interesses. Lei<strong>der</strong> schöpfen jedoch viele vergleichende Stu<strong>die</strong>n nicht das Potenzial e<strong>in</strong>er<br />

systematischen Anwendung <strong>der</strong> vergleichenden <strong>Methode</strong> aus. Ideographische Stu<strong>die</strong>n<br />

dom<strong>in</strong>ieren noch immer <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft, sodass man <strong>der</strong><br />

Feststellung Mark I. Lichbachs <strong>und</strong> Alan S. Zuckermans (1997: ix) zustimmen kann: „Too<br />

few stu<strong>die</strong>s are nomothetic, creatively comb<strong>in</strong><strong>in</strong>g theory and cases and develop<strong>in</strong>g general<br />

propositions. Too many stu<strong>die</strong>s are ideographic, offer<strong>in</strong>g no more than a wave to the<br />

systematic development and assessment of powerful explanatory arguments.“ Im<br />

Folgenden werden verschiedene nomothetisch vergleichende Ansätze diskutiert, <strong>die</strong> von<br />

John Stuart Mills Konkordanz- <strong>und</strong> Differenzmethode ausgehen <strong>und</strong> bis h<strong>in</strong> zu globalen<br />

Vergleichen reichen. Dazwischen siedeln sich Stu<strong>die</strong>n im S<strong>in</strong>ne des most different <strong>und</strong> most<br />

similar systems designs an.<br />

6.1 Konkordanz- <strong>und</strong> Differenzmethode<br />

Innerhalb <strong>der</strong> Analyse mit ger<strong>in</strong>gen Fallzahlen nehmen <strong>die</strong> Analysemethoden John Stuart<br />

Mills (1872) e<strong>in</strong>en prom<strong>in</strong>enten Platz e<strong>in</strong>. Durch se<strong>in</strong>e Kausalgesetze <strong>der</strong> Konkordanz- <strong>und</strong><br />

Differenzmethode hat er <strong>die</strong> Logik e<strong>in</strong>er vergleichenden <strong>Methode</strong> dargelegt. Dabei betont<br />

er <strong>die</strong> Interaktion zwischen unabhängigen <strong>und</strong> abhängigen Variablen (Kovarianz).<br />

Allerd<strong>in</strong>gs existiert kaum e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>er Bereich <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft, <strong>in</strong><br />

dem es so viel Verwirrung über <strong>die</strong> Art <strong>und</strong> Weise <strong>der</strong> Umsetzung <strong>die</strong>ser<br />

Forschungsstrategien gibt.<br />

Mills <strong>in</strong>duktive <strong>Methode</strong>n des Vergleichs basieren auf <strong>der</strong> Elim<strong>in</strong>ierung von Faktoren<br />

(unabhängige Variablen), <strong>die</strong> logischerweise ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf das Ergebnis (abhängige<br />

Variable) haben können. In <strong>der</strong> Konkordanzmethode wird <strong>die</strong> Ausprägung <strong>der</strong> abhängigen


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 10<br />

Variable konstant gehalten <strong>und</strong> es werden jene unabhängigen Variablen elim<strong>in</strong>iert, <strong>die</strong> <strong>in</strong><br />

unterschiedlichen <strong>Fälle</strong>n Varianz aufweisen. Die Differenzmethode fußt auf e<strong>in</strong>em<br />

Paarvergleich, bei dem <strong>die</strong> abhängige Variable e<strong>in</strong>mal positiv (das Ereignis tritt e<strong>in</strong>) <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>mal negativ (das Ereignis tritt nicht e<strong>in</strong>) ausschlägt. Nun werden all jene Variablen<br />

elim<strong>in</strong>iert, <strong>die</strong> <strong>in</strong> beiden <strong>Fälle</strong>n konstant s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> nur jene Variablen beibehalten, <strong>die</strong> mit<br />

<strong>der</strong> abhängigen Variable kovariieren. Klassische Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> auf Mills<br />

Konkordanzmethode aufbauen, s<strong>in</strong>d Barr<strong>in</strong>gton Moores (1966) Analysen über <strong>die</strong><br />

Entstehung von Diktaturen <strong>und</strong> Demokratien sowie Theda Skocpols (1979) Arbeit über<br />

soziale Revolutionen. Beide Stu<strong>die</strong>n wenden ebenfalls <strong>die</strong> Differenzmethode an, um<br />

weitere unabhängige Variable zu elim<strong>in</strong>ieren.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs erfüllt Mills methodologische Darlegung eher illustrative Zwecke <strong>und</strong> ist<br />

daher nur <strong>in</strong> äußerst e<strong>in</strong>fachen Forschungszusammenhängen anwendbar. Mills <strong>Methode</strong>n<br />

versagen, wie Stanley Lieberson (1992: 1994) deutlich macht, wenn es sich um<br />

multikausale probabilistische Aussagen handelt, <strong>die</strong> im Bereich <strong>der</strong> Politikwissenschaft<br />

jedoch sehr häufig anzutreffen s<strong>in</strong>d. Selten haben wir es mit determ<strong>in</strong>istischen<br />

Zusammenhängen zu tun. Nur e<strong>in</strong> Teil <strong>der</strong> Arbeitnehmer wählt Arbeiterparteien, nicht alle.<br />

Und sozialwissenschaftliche Hypothesen s<strong>in</strong>d bestätigt, wenn e<strong>in</strong> signifikanter Anteil <strong>der</strong><br />

Arbeiter von <strong>die</strong>sem Zusammenhang nicht abweicht. Auch s<strong>in</strong>d fast alle<br />

politikwissenschaftlichen Phänomene von mehreren Faktoren abhängig. Darüber h<strong>in</strong>aus<br />

basiert Mills Logik auf e<strong>in</strong>er (willkürlichen) Betrachtung e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Anzahl von <strong>Fälle</strong>n.<br />

Lieberson (1992: 114) fasst se<strong>in</strong>e Kritik an Mills <strong>Methode</strong> wie folgt zusammen:<br />

„... obviously the small-N application of Mill’s method cannot be causally used with all macro-societal data<br />

sets. The method requires very strong assumptions: a determ<strong>in</strong>istic set of force; the existence of only one<br />

cause; the absence of <strong>in</strong>teraction effects; confidence that all possible causes are measured; the absence of<br />

measurement errors; and the assumption that the same “clean” pattern would occur if data were obta<strong>in</strong>ed for<br />

all cases <strong>in</strong> the universe of relevant cases.”<br />

Liebersons letzter Punkt bezieht sich auf das Problem <strong>der</strong> positiven Fallauswahl. Denn auch<br />

<strong>in</strong> den klassischen Anwendungen <strong>die</strong>ser <strong>Methode</strong>n bei Moore <strong>und</strong> Skocpol wurden <strong>die</strong><br />

<strong>Fälle</strong> auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> <strong>Methode</strong> bzw. Theorie ausgesucht, was <strong>die</strong> Generalisierbarkeit <strong>der</strong><br />

Ergebnisse e<strong>in</strong>schränkt.<br />

Dennoch gelten Mills Überlegungen auch heute noch <strong>in</strong> vielen Stu<strong>die</strong>n als Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>der</strong> Fallauswahl. Viele vergleichende Fallstu<strong>die</strong>n mit e<strong>in</strong>er ger<strong>in</strong>gen Anzahl von <strong>Fälle</strong>n<br />

beziehen sich auf <strong>die</strong> Differenzmethode, wenn sie mit ähnlichen unabhängigen Variablen<br />

<strong>und</strong> variierenden abhängigen Variablen arbeiten. Dieses Forschungsdesign <strong>der</strong> ähnlichen<br />

<strong>Fälle</strong> <strong>und</strong> unterschiedlichen Ergebnisse (similar systems with different outcomes, SS-DO)<br />

ist jedoch nur e<strong>in</strong>e sehr gr<strong>und</strong>sätzliche Ausrichtung e<strong>in</strong>er Untersuchung.<br />

Fehle<strong>in</strong>schätzungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fallauswahl zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>, also e<strong>in</strong>em Zeitpunkt, zu dem<br />

relativ wenige Informationen über <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> vorliegen, können nur selten wie<strong>der</strong><br />

ausgeglichen werden. Im Forschungsverlauf e<strong>in</strong>er solchen Stu<strong>die</strong> gilt es dann jene<br />

Variablen aufzuspüren, <strong>die</strong> für <strong>die</strong> Unterschiede <strong>in</strong> <strong>der</strong> abhängigen Variable verantwortlich<br />

s<strong>in</strong>d. Weil aber viele Variable im Spiel s<strong>in</strong>d, <strong>die</strong> dann noch <strong>in</strong> bestimmten Beziehungen<br />

zue<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong> Prozessen gefiltert se<strong>in</strong> können, besteht bei <strong>die</strong>ser Art von Untersuchung<br />

<strong>die</strong> Schwierigkeit, <strong>die</strong> externe Varianz zu kontrollieren.<br />

Umgekehrt können auch Ähnlichkeiten <strong>der</strong> abhängigen Variablen <strong>in</strong> sehr<br />

unterschiedlichen Systemen (Län<strong>der</strong>n) <strong>die</strong> Untersuchung leiten (Konkordanzmethode).<br />

Selbst Forschungsdesigns, <strong>die</strong> sehr unterschiedliche Systeme mit ähnlichen Ereignissen


11 Detlef Jahn<br />

(different systems with similar outcomes, DS-SO) betrachten, stehen vor dem gleichen<br />

Problem, dass <strong>die</strong> externe Varianz schwer kontrollierbar ist. Das Ziel solcher<br />

Untersuchungen ist <strong>die</strong> Suche nach geme<strong>in</strong>samen – o<strong>der</strong> unterschiedlichen – Gründen, <strong>die</strong><br />

für <strong>die</strong> ähnlichen Ereignisse verantwortlich s<strong>in</strong>d. Durch <strong>die</strong> ger<strong>in</strong>ge Fallzahl des SS-DO-<br />

<strong>und</strong> DS-SO-Forschungsdesigns ist ihre Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit begrenzt. Jedoch lösen sich<br />

solche Stu<strong>die</strong>n vom Vergleich <strong>und</strong> orientieren sich an <strong>der</strong> Logik <strong>der</strong> vergleichenden<br />

<strong>Methode</strong>, ohne <strong>die</strong>se konsequent anzuwenden. Guy Peters (1998: 65; siehe auch Collier u.a.<br />

2004: 100) verweist auf <strong>die</strong> Gefahr bei vergleichenden Stu<strong>die</strong>n mit sehr kle<strong>in</strong>em N, ihre<br />

Ergebnisse gerade durch <strong>die</strong>ses bewusste Forschungsdesign vali<strong>der</strong> zu betrachten, als <strong>die</strong>s<br />

durch <strong>die</strong> ger<strong>in</strong>ge Fallzahl <strong>und</strong> <strong>die</strong> begrenzte Kontrolle <strong>der</strong> externen Varianz gerechtfertigt<br />

wäre.<br />

Das SS-DO- <strong>und</strong> DS-SO-Forschungsdesign mit extrem niedrigen N darf nicht mit dem<br />

noch zu behandelnden most similar o<strong>der</strong> most different systems design verwechselt werden.<br />

Die Stärke des most similar systems design besteht dar<strong>in</strong>, dass (fast) alle Län<strong>der</strong>, <strong>die</strong> den<br />

Kriterien entsprechen, <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung aufgenommen werden (negative Fallauswahl).<br />

Nur dadurch lässt sich <strong>die</strong> externe Varianz kontrollieren. Das most different systems design,<br />

welches von Adam Pzerworski <strong>und</strong> Henry Teune (1970) ohne Rückgriff auf John Stuart<br />

Mill entwickelt wurde, bezieht se<strong>in</strong>e analytische Stärke durch <strong>die</strong> Mehrebenenanalyse.<br />

6.2 Global-vergleichende Untersuchungen<br />

Welche Forschungsstrategien ohne bzw. mit e<strong>in</strong>er negativen Fallauswahl stehen nun für <strong>die</strong><br />

län<strong>der</strong>vergleichende Untersuchung zur Verfügung? Zunächst e<strong>in</strong>mal können alle Län<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Erde gleichzeitig untersucht werden. Die Analyse aller Län<strong>der</strong> ist von <strong>der</strong> Untersuchung<br />

<strong>der</strong> Weltgesellschaft zu unterscheiden. In letzterer stehen nicht <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> als<br />

Untersuchungs- bzw. Analysee<strong>in</strong>heit im Mittelpunkt, son<strong>der</strong>n globale Trends. Solche<br />

Untersuchungen (Toffler 1980; Wallerste<strong>in</strong> 1980) erzeugen ke<strong>in</strong>e experimentelle Varianz,<br />

da sie <strong>die</strong> Weltgeme<strong>in</strong>schaft als e<strong>in</strong>en Fall untersuchen. Durch <strong>die</strong> Globalisierungsprozesse<br />

entsteht das Problem, dass <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> (Län<strong>der</strong>) nicht mehr unabhängig vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> s<strong>in</strong>d <strong>und</strong><br />

<strong>die</strong> verschiedenen Län<strong>der</strong> zu e<strong>in</strong>er Weltgesellschaft verschmelzen. Inwieweit <strong>die</strong>ser Prozess<br />

e<strong>in</strong> methodologisches Problem für <strong>die</strong> vergleichende <strong>Methode</strong> darstellt, steht im<br />

Brennpunkt <strong>der</strong> heutigen Debatte, kann jedoch an <strong>die</strong>ser Stelle nicht weiter ausgeführt<br />

werden (Jahn 2003).<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Forschungsfragen, <strong>die</strong> alle Gesellschaften <strong>der</strong> Erde berühren, beziehen<br />

sich zum Beispiel auf Demokratisierungsprozesse, politische Stabilität, wirtschaftliche<br />

Prosperität o<strong>der</strong> soziale Entwicklung. Umfassende Stu<strong>die</strong>n hierzu bemühen sich darum, alle<br />

Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung aufzunehmen. Dies scheitert aber oftmals daran, dass<br />

nicht für alle Län<strong>der</strong> entsprechende Informationen zur Verfügung stehen, so dass etwa 130<br />

bis 180 <strong>der</strong> ca. 200 Nationen ausreichen müssen. Beispiele für <strong>der</strong>artige Stu<strong>die</strong>n s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

Untersuchung Przeworskis et. al. (2000) über den Zusammenhang von Regierungstypen<br />

<strong>und</strong> wirtschaftlicher Entwicklung, Vanhanens (1997) Stu<strong>die</strong> über den Prozess <strong>der</strong><br />

Demokratisierung o<strong>der</strong> <strong>die</strong> Arbeit von Lane <strong>und</strong> Ersson (1994) über politische Stabilität<br />

<strong>und</strong> wirtschaftliche Entwicklung.<br />

Untersuchungen, <strong>die</strong> an <strong>die</strong>sem Analysefokus ansetzen, kommen natürlich zu<br />

allgeme<strong>in</strong> gültigen Aussagen, da alle Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung e<strong>in</strong>bezogen


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 12<br />

werden. Sie können sich dann auch elaborierter statistischer Analysen be<strong>die</strong>nen.<br />

Untersuchungen aller Gesellschaften erfüllen somit <strong>in</strong> höchstem Maße alle Kriterien, <strong>die</strong> an<br />

wissenschaftliches, nomothetischen Forschen gestellt worden s<strong>in</strong>d. 10<br />

Wenn jedoch aus forschungspragmatischen Gründen (z.B. ungenügende Ressourcen<br />

für <strong>die</strong> Untersuchung aller Län<strong>der</strong>) e<strong>in</strong>e Auswahl <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> getroffen werden muss,<br />

entstehen erhebliche Probleme (W<strong>in</strong>ship/Mare 1992). Um daraus dennoch e<strong>in</strong> für alle<br />

Län<strong>der</strong> geltendes Forschungsdesign entwickeln zu können, schlagen Robert Perry <strong>und</strong> John<br />

Robertson (2002: 14-18) folgende Auswahlkriterien <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> vor: (a)<br />

Bevölkerungsgröße, (b) Verfügbarkeit von Daten <strong>und</strong> (c) geopolitische, regionale<br />

Verteilung. Das Hauptkriterium besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Verfügbarkeit von Daten, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Selektion<br />

von Län<strong>der</strong>n begründet. Die Bevölkerungsgröße stellt e<strong>in</strong>e Variable dar, welche <strong>die</strong><br />

bedeutendsten Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Welt <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung aufnehmen soll. Mit <strong>die</strong>sen beiden<br />

Kriterien würde jedoch e<strong>in</strong> Zerrbild entstehen, weil manche Regionen (Afrika, vor allem<br />

Sub-Sahara Afrika) unterrepräsentiert <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Regionen, wie Europa, überrepräsentiert<br />

werden. Deshalb schlagen <strong>die</strong> Autoren – willkürlich <strong>und</strong> nicht nachvollziehbar – vor, drei<br />

Län<strong>der</strong> – Belgien, Ungarn <strong>und</strong> Portugal – aus <strong>der</strong> Untersuchung auszuglie<strong>der</strong>n. Sie<br />

gelangen damit zu e<strong>in</strong>em Sample von 50 Län<strong>der</strong>n, <strong>die</strong> als repräsentativ für alle Län<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Welt gelten sollen. Anhand e<strong>in</strong>er Schlüsselvariable (sechs Regionen <strong>der</strong> Erde) <strong>und</strong> e<strong>in</strong>em<br />

Chi-Quadrattest stellen sie fest, dass <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit <strong>und</strong> das Sample nicht signifikant<br />

verschieden s<strong>in</strong>d. Im weiteren Verlauf führen <strong>die</strong> Autoren Analysen mit den gleichen<br />

Inferenzstatistiken durch, <strong>die</strong> auch auf Individualdatenebene angewendet werden, um<br />

Rückschlüsse vom Sample auf <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit zu ziehen. Auf <strong>die</strong>se Weise belegen sie<br />

<strong>die</strong> Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit ihrer Ergebnisse. Es muss an <strong>die</strong>ser Stelle hervorgehoben werden,<br />

dass e<strong>in</strong>e solche Län<strong>der</strong>auswahl nur auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> fehlenden Daten ihren<br />

Ausgangspunkt nehmen kann. Jede an<strong>der</strong>e Auswahl von Län<strong>der</strong>n bleibt suspekt.<br />

6.3 Most Similar Systems Design<br />

Most similar <strong>und</strong> most different systems design wenden im Wesentlichen <strong>die</strong> gleichen<br />

Verfahren wie <strong>die</strong> global-vergleichende Analyse an. Allerd<strong>in</strong>gs wird durch e<strong>in</strong>e bewusste<br />

Auswahl von <strong>Fälle</strong>n <strong>der</strong> Analysefokus für spezifische Fragestellungen geschärft. Das most<br />

similar systems design konzentriert sich auf e<strong>in</strong>e relativ homogene Län<strong>der</strong>gruppe. Diese<br />

Homogenität wird durch <strong>die</strong> Forschungsfrage <strong>und</strong> <strong>die</strong> theoretischen Überlegungen (siehe<br />

unten) bestimmt. Bezieht sich e<strong>in</strong>e Stu<strong>die</strong> nur auf demokratische Staaten, ist e<strong>in</strong>e<br />

Untersuchung nicht-demokratischer Staaten auch nicht notwendig. Wie bei <strong>der</strong> Analyse<br />

aller Län<strong>der</strong> sollten nur dann Län<strong>der</strong> <strong>die</strong>ser Gruppe nicht berücksichtigt werden, wenn<br />

ke<strong>in</strong>e Daten verfügbar s<strong>in</strong>d. Analysedesigns können mit hoch <strong>in</strong>dustrialisierten<br />

Demokratien, Entwicklungslän<strong>der</strong>n, Transformationsstaaten etc. durchgeführt werden.<br />

Der Vorteil <strong>die</strong>ser Stu<strong>die</strong>n besteht dar<strong>in</strong>, dass allgeme<strong>in</strong> gültige Aussagen für <strong>die</strong> für<br />

<strong>die</strong> Forschungsfrage relevanten Län<strong>der</strong> getroffen werden können. Die experimentelle<br />

Varianz kann durch statistische Verfahren analysiert werden. Durch neue Analysetechniken<br />

(Rag<strong>in</strong> 1987; 2000) können auch konfigurative Zusammenhänge erfasst werden, <strong>die</strong> <strong>in</strong><br />

10 Die Grenze besteht allerd<strong>in</strong>gs dar<strong>in</strong>, dass nicht alle vergangenen <strong>und</strong> zukünftigen Gesellschaften untersucht<br />

werden <strong>und</strong> somit durchaus Zusammenhänge bestehen können, <strong>die</strong> <strong>in</strong> den untersuchten Län<strong>der</strong>n nicht<br />

identifizierbar s<strong>in</strong>d.


13 Detlef Jahn<br />

fallorientierten Forschungsdesigns im Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> stehen, so dass bei <strong>die</strong>ser Art von<br />

Untersuchungen lediglich das Defizit besteht, Prozesse zu identifizieren, <strong>die</strong> oftmals <strong>in</strong><br />

ideographischen Stu<strong>die</strong>n von Bedeutung s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> weiterer wesentlicher Vorteil besteht <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> externen Varianz durch <strong>die</strong> Fallauswahl.<br />

6.4 Most Different Systems Design<br />

Das most different systems design geht e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Weg. In <strong>die</strong>sem Design werden<br />

möglichst unterschiedliche <strong>Fälle</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> Untersuchung aufgenommen. Anschließend werden<br />

<strong>die</strong> Zusammenhänge <strong>in</strong>nerhalb <strong>die</strong>ser <strong>Fälle</strong> untersucht, z.B. das Wahlverhalten von<br />

Arbeitern. Ist <strong>der</strong> Zusammenhang <strong>in</strong> allen hoch verschiedenen <strong>Fälle</strong>n gleich, kann mit e<strong>in</strong>er<br />

gewissen Sicherheit von stabilen Zusammenhängen ausgegangen werden. Diese<br />

Kausalbeziehungen werden zumeist mit Hilfe von Individualdaten o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en E<strong>in</strong>heiten<br />

mit hoher Fallzahl (Kommunen, Verwaltungen etc.) untersucht. Weichen <strong>die</strong><br />

Kausalitätserklärungen jedoch <strong>in</strong> den jeweiligen Län<strong>der</strong>n vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ab, so sollte man<br />

sich auf <strong>die</strong> Unterschiede zwischen den <strong>Fälle</strong>n (Län<strong>der</strong>n) konzentrieren. Hierbei besteht das<br />

Problem dar<strong>in</strong>, dass es ke<strong>in</strong>e Regel dafür gibt, welche <strong>Fälle</strong> genügend „most different“ s<strong>in</strong>d<br />

<strong>und</strong> wie viele <strong>Fälle</strong> für e<strong>in</strong>e Untersuchung genügen (Tiemann 2003). Auch ist <strong>die</strong><br />

Bestätigung von Hypothesen nur möglich, wenn sich <strong>die</strong>se <strong>in</strong> den verschiedenen Systemen<br />

bestätigen, denn auf <strong>der</strong> systemvergleichenden Ebene existieren nicht mehr genügend<br />

Freiheitsgrade (z.B. zu ger<strong>in</strong>ge Anzahl von Län<strong>der</strong>n), um e<strong>in</strong>e verifizierende Analyse auf<br />

<strong>die</strong>ser Ebene zu ermöglichen.<br />

Die bisherige Darstellung geht davon aus, dass <strong>die</strong> Fallauswahl zu den konstitutiven<br />

Elementen <strong>der</strong> vergleichenden <strong>Methode</strong> gehört <strong>und</strong> je nach benutztem Forschungsdesign<br />

Probleme verursacht, <strong>die</strong> f<strong>und</strong>amentale Verzerrungen <strong>in</strong> den Ergebnissen hervorrufen. Um<br />

<strong>die</strong>sen Aspekt zu konkretisieren, soll im Folgenden nochmals auf <strong>die</strong> Frage des selection<br />

bias näher e<strong>in</strong>gegangen werden.<br />

7 Selection Bias<br />

E<strong>in</strong> beson<strong>der</strong>es Problem <strong>der</strong> Fallauswahl, das von Barbara Geddes (1990) unter dem Titel:<br />

„How the Cases You Choose Affect the Answers You Get“ behandelt wurde, besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

systematischen Verzerrung <strong>der</strong> Ergebnisse durch <strong>die</strong> Fallauswahl. David Collier <strong>und</strong> James<br />

Mahoney (1996: 59; siehe auch W<strong>in</strong>ship/Mare 1992: 328) def<strong>in</strong>ieren <strong>die</strong>ses Phänomen wie<br />

folgt: „Selection bias is commonly <strong>und</strong>erstood as occurr<strong>in</strong>g when some form of selection<br />

process <strong>in</strong> either the design of the study or the real-world phenomena <strong>und</strong>er <strong>in</strong>vestigation<br />

results <strong>in</strong> <strong>in</strong>ference that suffer from systematic error.“ Es tritt bei <strong>der</strong> positiven Fallauswahl<br />

<strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dann auf, wenn <strong>die</strong> Fallauswahl anhand <strong>der</strong> abhängigen Variablen<br />

durchgeführt wird. Aber auch bei <strong>der</strong> negativen Fallauswahl treten – wenngleich oftmals<br />

abgemil<strong>der</strong>t – ähnliche Effekte auf.<br />

Das bei <strong>der</strong> Fallauswahl aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> abhängigen Variable auftretende Problem kann<br />

man so beschreiben: Wenn zum Beispiel festgestellt wird, dass <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> A <strong>und</strong> B höher<br />

entwickelt s<strong>in</strong>d als <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> C bis G, geht man implizit davon aus, dass <strong>die</strong> unabhängigen<br />

Variablen X bis Z, welche <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> A <strong>und</strong> B, aber nicht C bis G besitzen, <strong>die</strong>sen


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 14<br />

Unterschied verursachen. Wenn wir also nur <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> A <strong>und</strong> B untersuchen, betrachten<br />

wir lediglich <strong>die</strong> Hälfte <strong>der</strong> Informationen, <strong>die</strong> für e<strong>in</strong>e Aussage notwendig s<strong>in</strong>d.<br />

Untersuchen wir aber <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> C bis G (o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Zufallsauswahl von <strong>die</strong>sen) nicht,<br />

können wir nicht feststellen, ob <strong>die</strong> Abwesenheit von X bis Z entscheidend für <strong>die</strong><br />

unterschiedliche Entwicklung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ist.<br />

In Abbildung 2 ist <strong>der</strong> bivariate Zusammenhang zwischen dem gesellschaftlichen<br />

Entwicklungsgrad <strong>und</strong> <strong>der</strong> wirtschaftlichen Freiheit wie<strong>der</strong>gegeben. Der Entwicklungsgrad<br />

wurde mittels des Human Development Index (HDI) aus dem Jahre 1998 gemessen (United<br />

Nations 1999: 127-133). Die wirtschaftliche Freiheit wurde durch den Index <strong>der</strong> Heritage<br />

Fo<strong>und</strong>ation erfasst. Dieser wurde anhand von 50 Indikatoren über 10 Kategorien gemessen<br />

<strong>und</strong> umfasst Handelspolitik, Staatsverschuldung, staatliche Intervention <strong>in</strong> <strong>die</strong> Wirtschaft,<br />

Geldpolitik, Kapitalströme <strong>und</strong> Auslands<strong>in</strong>vestitionen, Banken <strong>und</strong> F<strong>in</strong>anzpolitik, Löhne<br />

<strong>und</strong> Preise, Eigentumsrechte, Regulierungen <strong>und</strong> Schwarzmarktaktivitäten. Wirtschaftliche<br />

Freiheit wird def<strong>in</strong>iert als „… the absence of government coercion or constra<strong>in</strong>t on the<br />

production, distribution, or consumption of goods and services beyond the extent necessary<br />

for citizens to protect and ma<strong>in</strong>ta<strong>in</strong> liberty itself.” (Heritage Fo<strong>und</strong>ation 2000: 71)<br />

Wirtschaftlicher Freiheitsgrad 2000<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

,5<br />

0,0<br />

0,0<br />

,1<br />

,2<br />

,3<br />

,4<br />

,5<br />

Human Development Index (HDI) 1998<br />

Abbildung 2: Darstellung des Selection Bias<br />

Stärke des Zusammenhangs:<br />

Über alle <strong>Fälle</strong> mit verfügbaren Daten <strong>Fälle</strong>, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e wirtschaftliche Freiheit von > 2,5 besitzen<br />

(N = 155) (schwarze durchgezogene L<strong>in</strong>ie) (N = 34) (gestrichelte L<strong>in</strong>ie)<br />

y = 0.169 + 2.539x y = 2.095 + 0.923x<br />

,6<br />

,7<br />

,8<br />

,9<br />

1,0


15 Detlef Jahn<br />

r = 0.609 (t = 9.494); R 2 = 0.371 r = 0.245 (t = 1.426); R 2 = 0.06<br />

Für 50 <strong>Fälle</strong> nach Perry/Robertsons Auswahlkriterium<br />

(N = 50) (Strich-Punkt-L<strong>in</strong>ie)<br />

y = -0.1 + 2.984<br />

r = 0.698 (t = 6.748); R 2 = 0.487<br />

Der Zusammenhang <strong>die</strong>ser beiden Variablen ist zunächst für 155 Län<strong>der</strong>, für <strong>die</strong> <strong>die</strong>se<br />

Informationen verfügbar waren (negative Fallauswahl), berechnet worden. 11 Dabei<br />

betrachten wir <strong>die</strong> wirtschaftliche Freiheit als abhängige Variable, wenngleich sich auch<br />

plausibel <strong>die</strong> umgekehrte Kausalannahme formulieren lässt. Dies würde sich <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Hypothese nie<strong>der</strong>schlagen, dass hoch entwickelte Län<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e freie Wirtschaft ermöglichen.<br />

Die bivariate Korrelation deutet auf e<strong>in</strong>en signifikanten Zusammenhang zwischen <strong>die</strong>sen<br />

beiden Variablen h<strong>in</strong> (r = .61; p = 0,000). Führen wir <strong>die</strong> gleiche Analyse mit den 34<br />

Län<strong>der</strong>n durch, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>en hohen Freiheitsgrad ihrer Wirtschaft besitzen (Cut Off Po<strong>in</strong>t von<br />

2,5), 12 also e<strong>in</strong>e positive Fallauswahl anhand <strong>der</strong> abhängigen Variable, so verän<strong>der</strong>t sich<br />

<strong>der</strong> Zusammenhang. Pearsons r nimmt e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>signifikanten Wert von .25 an (p = 0,163).<br />

Bei e<strong>in</strong>er negativ gewichteten Fallauswahl, wie sie von Robert Perry <strong>und</strong> John Robertson<br />

(2002: 14-18) vorgeschlagen <strong>und</strong> weiter oben dargestellt wurde, fällt <strong>die</strong> Verzerrung<br />

weitaus ger<strong>in</strong>ger aus.<br />

Zwei Schlussfolgerungen lassen sich aus <strong>die</strong>sem Beispiel ableiten, wenn wir zunächst<br />

<strong>die</strong> negative (durchgezogene <strong>und</strong> Strich-Punkt-L<strong>in</strong>ie) mit <strong>der</strong> positiven Fallauswahl<br />

(gepunktete L<strong>in</strong>ie) vergleichen. Zum e<strong>in</strong>en unterschätzen quantitative Forscher den<br />

Zusammenhang zwischen zwei Variablen, wenn sie nur e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Varianz <strong>der</strong><br />

abhängigen Variable berücksichtigen. So schlussfolgert Todd Landman (2003: 61-93) <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er Übersicht von Stu<strong>die</strong>n über den Zusammenhang von Demokratie <strong>und</strong><br />

wirtschaftlicher Entwicklung, dass Untersuchungen mit e<strong>in</strong>er großen Fallzahl (zwischen 48<br />

<strong>und</strong> 135) e<strong>in</strong>en Zusammenhang <strong>die</strong>ser beiden Aspekte identifizieren (Lipset 1959; Dahl<br />

1971; Jackman 1973; Bollen 1979; Przeworski/Limongi 1997), quantitative Stu<strong>die</strong>n mit<br />

wenigen <strong>Fälle</strong>n (6 bis 23) dagegen nicht (Neubauer 1967; Landman 1999). Der zweite<br />

Fehler, <strong>der</strong> durch <strong>die</strong> Fahlauswahl anhand <strong>der</strong> abhängigen Variable auftritt, ist <strong>der</strong>, dass <strong>die</strong><br />

vermutete Beziehung <strong>der</strong> ausgewählten <strong>Fälle</strong> auf <strong>die</strong> Population <strong>der</strong> <strong>Fälle</strong> ausgedehnt<br />

(generalisiert) wird. Mit <strong>die</strong>sem Problem ist man vor allem bei qualitativen Stu<strong>die</strong>n<br />

konfrontiert, <strong>die</strong> vermuten, dass sich ihre <strong>Fälle</strong> im oberen rechten Quadranten <strong>der</strong> Graphik<br />

bef<strong>in</strong>den <strong>und</strong> <strong>die</strong> an<strong>der</strong>en nicht untersuchten <strong>Fälle</strong> im unteren l<strong>in</strong>ken. Tatsächlich stellt sich<br />

<strong>die</strong> Beziehung aber wie <strong>in</strong> Abbildung 3 im Oval veranschaulicht dar. Es besteht ke<strong>in</strong><br />

Zusammenhang <strong>in</strong> <strong>der</strong> Auswahl <strong>die</strong>ser <strong>Fälle</strong>.<br />

11 Die Daten wurden <strong>der</strong> CD-ROM zu dem E<strong>in</strong>führungswerk von Perry <strong>und</strong> Robertson (2002) entnommen, wobei<br />

<strong>der</strong> Index <strong>der</strong> wirtschaftlichen Freiheit so umco<strong>die</strong>rt wurde, dass hohe Werte e<strong>in</strong>e große wirtschaftliche Freiheit<br />

bedeuten.<br />

12 Die Variable wirtschaftliche Freiheit variiert über <strong>die</strong> 155 Län<strong>der</strong> empirisch zwischen 3,55 für S<strong>in</strong>gapur mit dem<br />

höchsten Grad e<strong>in</strong>er freien Wirtschaft <strong>und</strong> dem Irak mit 0,1 <strong>und</strong> <strong>der</strong> unfreiesten Wirtschaft. Das arithmetische<br />

Mittel liegt bei 1,90 mit e<strong>in</strong>er Standardabweichung von 0,75. Betrachten wir <strong>die</strong> 34 Län<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> höchsten<br />

wirtschaftlichen Freiheit, so erhalten wir e<strong>in</strong>en Mittelwert von 2,90 <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Standardabweichung von 0,23. In<br />

<strong>die</strong>sem Datensatz besitzt Peru mit 2,55 <strong>die</strong> unfreieste Wirtschaft.


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 16<br />

Human Development Index (HDI) 1998<br />

1,0<br />

,9<br />

,8<br />

,7<br />

,6<br />

,5<br />

,4<br />

,3<br />

,2<br />

1,5<br />

2,0<br />

2,5<br />

3,0<br />

3,5<br />

4,0<br />

4,5<br />

5,0<br />

Regulierung <strong>der</strong> politischen Partizipation, 1999<br />

Quelle: United Nations Human Development Program (1999) Human Development Report, 1999, New York:<br />

Oxford University Press. S. 127-133; Marshall, Monty G./Jaggers, Keith (2000) Polity IV Project, Center for<br />

International Development and Conflict Management, University of Maryland. Benutzte Daten stammen von <strong>der</strong><br />

CD-Rom zu Perry/Robertson 2002.<br />

Abbildung 3: Die Beziehung zwischen <strong>der</strong> Regulierung <strong>der</strong> politischen Partizipation <strong>und</strong><br />

dem gesellschaftlichen Entwicklungsgrad<br />

Angesichts <strong>der</strong> <strong>in</strong> Abbildung 3 dargestellten Beziehung zwischen <strong>der</strong> Regulierung <strong>der</strong><br />

politischen Partizipation <strong>und</strong> <strong>der</strong> Entwicklung e<strong>in</strong>er Gesellschaft <strong>der</strong> im Oval<br />

zusammengefassten Län<strong>der</strong> würde <strong>der</strong> unreflektierte quantitative Forscher zu dem Schluss<br />

kommen, dass zwischen beiden Variablen ke<strong>in</strong> Zusammenhang besteht, da <strong>die</strong>s aus se<strong>in</strong>em<br />

Sample nicht deutlich hervorgeht. Der vergleichende Forscher kommt dagegen zu dem<br />

Ergebnis, dass sich <strong>die</strong> beiden Variablen bed<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> kausal vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abhängig se<strong>in</strong><br />

müssen, da beide Variablen e<strong>in</strong>e hohe Ausprägung besitzen. Das bedeutet, „… whereas for<br />

the quantitative researcher the most commonly discussed risk <strong>der</strong>iv<strong>in</strong>g from selection bias<br />

lies <strong>in</strong> <strong>und</strong>erestimat<strong>in</strong>g the importance of the ma<strong>in</strong> causal factors that are relevant for the<br />

larger frame of comparison, for the qualitative researcher an important part of the risk may<br />

also lie <strong>in</strong> overestimat<strong>in</strong>g the importance of explanations discovered <strong>in</strong> case stu<strong>die</strong>s of<br />

extreme observations” (Collier/Mahoney 1996: 71-72).<br />

Allerd<strong>in</strong>gs kann durch <strong>die</strong> dargestellte Konstellation im Oval ke<strong>in</strong>e Schlussfolgerung<br />

gezogen werden, weil zu wenige Informationen vorliegen. Betrachten wir den Rest <strong>der</strong><br />

Abbildung, so erkennen wir, dass durchaus e<strong>in</strong> Zusammenhang zwischen <strong>der</strong> Regulierung<br />

5,5


17 Detlef Jahn<br />

<strong>der</strong> politischen Partizipation <strong>und</strong> dem Entwicklungsgrad e<strong>in</strong>er Gesellschaft besteht. Je<br />

offener <strong>der</strong> Zugang zur politischen Beteiligung, desto höher entwickelt ist e<strong>in</strong>e Gesellschaft<br />

(Eta = .61). Allerd<strong>in</strong>gs erkennen wir auch gravierende Ausnahmen <strong>in</strong> beiden Dimensionen.<br />

Die beiden E<strong>in</strong>träge unter dem Oval (Mongolei <strong>und</strong> Papua-Neugu<strong>in</strong>ea) verdeutlichen, dass<br />

<strong>die</strong> gesellschaftliche Entwicklung trotz politischer Offenheit nicht weitreichend se<strong>in</strong> muss.<br />

An<strong>der</strong>erseits demonstrieren <strong>die</strong> Län<strong>der</strong> oben l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> <strong>der</strong> Abbildung, dass gesellschaftliche<br />

Entwicklung auch ohne politische Zugangschancen für e<strong>in</strong>en großen Teil <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

hoch ausgeprägt se<strong>in</strong> kann.<br />

Die fallspezifische Interpretation lässt sich wie<strong>der</strong>um an Landmans Survey zur<br />

Begründung <strong>der</strong> Entstehung <strong>und</strong> Stabilität von Demokratie <strong>in</strong>nerhalb unterschiedlicher<br />

Untersuchungsstrategien belegen. Qualitativ vergleichende Stu<strong>die</strong>n <strong>und</strong> Fallstu<strong>die</strong>n betonen<br />

fallspezifische Aspekte für <strong>die</strong> Qualität <strong>der</strong> Demokratie, wie <strong>die</strong> historische Entwicklung<br />

<strong>und</strong> politische Kultur (Moore 1966; Putnam 1993).<br />

Die Konkordanzmethode verstößt eklatant gegen <strong>die</strong> For<strong>der</strong>ung, dass <strong>die</strong> abhängige<br />

Variable e<strong>in</strong>e möglichst deutliche Varianz aufweisen muss. Wenngleich <strong>die</strong><br />

Konkordanzmethode wertvolle H<strong>in</strong>weise für <strong>die</strong> Elim<strong>in</strong>ierung von ursächlichen Faktoren<br />

geben kann, so ist sie nicht für <strong>die</strong> Verifizierung von Theorien geeignet. „We can also learn<br />

noth<strong>in</strong>g about a causal effect from a study which selects observations so that the dependent<br />

variable does not vary” (K<strong>in</strong>g et. al. 1994: 147). Das Problem <strong>der</strong> Invarianz trifft – im<br />

Gegensatz zum selection bias – auch auf <strong>die</strong> unabhängigen Variablen zu (Collier/Mahoney<br />

1996: 74). 13 Die Erzeugung von Varianz durch das Forschungsdesign ist <strong>die</strong> wesentliche<br />

Voraussetzung, um Kovarianz <strong>und</strong> damit Zusammenhänge zu erfassen. Ohne <strong>die</strong><br />

Beurteilung von Kovarianz kann ke<strong>in</strong>e Hypothese falsifiziert <strong>und</strong> noch viel weniger<br />

verifiziert werden. Deshalb ist <strong>die</strong> e<strong>in</strong>gangs erwähnte Maxime von Guy Peters so<br />

bedeutungsvoll <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Sozialforschung.<br />

Auch im Bereich von Zeitreihen kann e<strong>in</strong> selection bias auftreten, wenn nicht auf<br />

neutrale Weise <strong>der</strong> Endpunkt festgelegt werden kann. Ersche<strong>in</strong>t zum Beispiel e<strong>in</strong> Wert auf<br />

<strong>der</strong> abhängigen Variable als beson<strong>der</strong>s <strong>und</strong> möchte man <strong>die</strong>sen erklären, wählt man auf <strong>der</strong><br />

abhängigen Variable aus. Geddes (1990: 146-148) bezieht sich <strong>in</strong> ihrem Beispiel auf Albert<br />

Hirschmans (1973) Stu<strong>die</strong> <strong>der</strong> Inflationsbekämpfung <strong>in</strong> Chile. Er stellt <strong>die</strong> Hypothese auf,<br />

dass Inflation e<strong>in</strong>en pazifizierenden E<strong>in</strong>fluss hat, da sie allen Beteiligten den E<strong>in</strong>druck<br />

vermittelt, e<strong>in</strong>en größeren Teil vom gesamten Kuchen zu erhalten. Wenn <strong>die</strong><br />

gesellschaftlichen Gruppen <strong>die</strong>ses „Spiel“ lange genug gespielt haben, entstehe e<strong>in</strong><br />

Lerneffekt über <strong>die</strong> Nutzlosigkeit <strong>die</strong>ses Spiels <strong>und</strong> <strong>die</strong> Inflation nimmt ab. Hirschman<br />

beobachtet <strong>die</strong> Inflation <strong>in</strong> Chile von 1930 bis 1961, <strong>die</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser Zeit zwischen -5 <strong>und</strong> 84<br />

Prozent schwankte. Er beendet se<strong>in</strong>e Analyse mit <strong>der</strong> Stabilisierungspolitik von Jorge<br />

Allessandri, als es gelang, <strong>die</strong> Inflation bei 10 Prozent zu halten. Geddes hebt hervor, dass<br />

<strong>die</strong>ser Rückgang <strong>der</strong> Inflation nur e<strong>in</strong>e Episode <strong>der</strong> chilenischen Inflation darstellt <strong>und</strong><br />

schon zwei Jahre danach ke<strong>in</strong>e Gültigkeit mehr besitzt, wie <strong>die</strong>s auch aus Abbildung 4<br />

deutlich hervorgeht.<br />

13 E<strong>in</strong> schlechtes Auswahlkriterium ist es ebenfalls, <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> anhand von vermuteten Kausalitäten auszuwählen. In<br />

<strong>die</strong>ser Situation werden <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> nach <strong>der</strong> abhängigen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er wesentlichen unabhängigen Variable ausgewählt<br />

<strong>und</strong> es ist fast unmöglich, e<strong>in</strong>e Hypothese auf Gr<strong>und</strong>lage e<strong>in</strong>er solchen Fallauswahl zu falsifizieren (K<strong>in</strong>g et. al.<br />

1994: 142-144). Wie schon zuvor erwähnt, kann unter gewissen Bed<strong>in</strong>gungen von <strong>die</strong>ser For<strong>der</strong>ung abgewichen<br />

werden (Brady/Collier 2004). Allerd<strong>in</strong>gs führen solche abweichenden Forschungsdesigns eher zu f<strong>und</strong>amentalen<br />

Fehl<strong>in</strong>terpretationen, als wenn man sich an <strong>die</strong> Regeln hält. Wie so oft kann man gewisse Regeln missachten,<br />

wenn man sich <strong>der</strong> Implikationen bewusst ist.


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 18<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

1930<br />

1933<br />

1936<br />

1939<br />

1942<br />

1945<br />

Quelle: 1930 bis 1961 von Hirschman (1973: 160); 1962 bis 1972 von World Bank (2002).<br />

1948<br />

1951<br />

Abbildung 4: Inflationsrate <strong>in</strong> Chile, 1930 – 1972<br />

1954<br />

1957<br />

1960<br />

Hirschmans Endpunkt<br />

<strong>der</strong> Untersuchung (1961)<br />

Selbst wenn man <strong>die</strong> Hyper<strong>in</strong>flation Mitte <strong>der</strong> 70er Jahre, als <strong>die</strong>se auf über 500 Prozent<br />

anstieg, nicht berücksichtigt, zeigt sich, dass <strong>die</strong> Inflation nach dem Endpunkt von<br />

Hirschmans Stu<strong>die</strong> eher über <strong>der</strong> Inflationsrate von 1930 bis 1950 lag. Geddes (1990: 147)<br />

schlussfolgert daraus: „Even with the hyper<strong>in</strong>flation of 1973-76 excluded, the figure shows<br />

no evidence that groups had learned the futility of press<strong>in</strong>g <strong>in</strong>flation demands or that<br />

political lea<strong>der</strong>s had learned to solve the problem. Rather, 1960 and 1961 appear to be<br />

unusual years, best expla<strong>in</strong>ed by the orthodox stabilization policies of Chile’s last<br />

conservative adm<strong>in</strong>istration before the military seized power <strong>in</strong> 1973.”<br />

E<strong>in</strong>e Lösung des Problems besteht dar<strong>in</strong>, nicht auf Gr<strong>und</strong>lage <strong>der</strong> abhängigen<br />

Variablen – o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er Variablen, <strong>die</strong> unmittelbar mit <strong>der</strong> abhängigen Variablen<br />

zusammenhängt, – <strong>die</strong> Fallauswahl zu treffen, da <strong>die</strong>s zu verfälschten Ergebnissen führt<br />

(Achen 1986; K<strong>in</strong>g 1989: Kapitel 9): „In short, select<strong>in</strong>g cases on the dependent variable<br />

entails the high probability of gett<strong>in</strong>g the wrong answer“ (Geddes 1990: 149). Selbst wenn<br />

solche Stu<strong>die</strong>n durchaus e<strong>in</strong>en ideographischen Nutzen besitzen <strong>und</strong> detailliert Prozesse<br />

nachzeichnen können, vermögen sie nicht Theorien o<strong>der</strong> Hypothesen zu testen<br />

(Achen/Snidal 1989). Vielmehr sollten auf Gr<strong>und</strong>lage e<strong>in</strong>er möglichst irrelevanten<br />

unabhängigen Variable <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> ausgewählt werden. Geschieht <strong>die</strong> Auswahl <strong>der</strong> <strong>Fälle</strong><br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> unabhängigen Variable, also sozusagen durch e<strong>in</strong>e vertikale Trennl<strong>in</strong>ie <strong>in</strong><br />

Graphik 2, ist <strong>die</strong> abhängige Variable immer noch frei, um über das gesamte Spektrum zu<br />

variieren. Solange wir es mit e<strong>in</strong>em l<strong>in</strong>earen, homogenen Zusammenhang zu tun haben,<br />

1963<br />

1966<br />

1969<br />

1972


19 Detlef Jahn<br />

bee<strong>in</strong>trächtigt <strong>die</strong> Auswahl auf <strong>der</strong> unabhängigen Variablen den Steigungsgrad <strong>der</strong> Geraden<br />

nicht (K<strong>in</strong>g et. al. 1994: 137). Dies wird <strong>in</strong> Abbildung 2 an <strong>der</strong> Fallauswahl nach dem<br />

Auswahlkriterium von Perry <strong>und</strong> Robertson deutlich.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs wählen viele Stu<strong>die</strong>n ihre <strong>Fälle</strong> nach <strong>der</strong> abhängigen Variable aus.<br />

Schließlich s<strong>in</strong>d wir an e<strong>in</strong>em Phänomen <strong>in</strong>teressiert, das wir erklären wollen. Wenn jedoch<br />

auf <strong>der</strong> abhängigen Variable ausgewählt wird, gilt, dass <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> möglichst repräsentativ<br />

das Spektrum <strong>der</strong> Ausprägung <strong>der</strong> abhängigen Variablen abdecken müssen (K<strong>in</strong>g et. al.<br />

1994: 141). Man sollte also Überlegungen anstellen, welche Kausalmechanismen h<strong>in</strong>ter<br />

dem <strong>in</strong>teressierenden Phänomen Gültigkeit besitzen können <strong>und</strong> danach <strong>Fälle</strong> auswählen,<br />

welche <strong>die</strong> Kausalmechanismen belegen, vor allem aber auch falsifizieren können. Auf<br />

jeden Fall ist beson<strong>der</strong>e Vorsicht bei Forschungsdesigns geboten, <strong>die</strong> aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

abhängigen Variablen <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> auswählen. E<strong>in</strong>e weitere analytisch anspruchsvollere <strong>und</strong><br />

zuverlässigere Möglichkeit <strong>der</strong> Fallauswahl besteht im Rückgriff auf Theorien, wobei<br />

Theorien mittlerer Reichweite beson<strong>der</strong>e Vorteile für Analysen <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden<br />

Politikwissenschaft bieten.<br />

8 Theorie, theoretische Reichweite <strong>und</strong> Fallauswahl<br />

Theorien strukturieren den Untersuchungsbereich <strong>und</strong> leiten <strong>die</strong> empirische Untersuchung.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus geben sie auch H<strong>in</strong>weise für <strong>die</strong> Fallauswahl, denn <strong>Fälle</strong> s<strong>in</strong>d jene<br />

E<strong>in</strong>heiten e<strong>in</strong>es Untersuchungsdesigns, welche <strong>die</strong> Informationen für <strong>die</strong> Variablen tragen.<br />

E<strong>in</strong> wesentliches Kriterium für <strong>die</strong> E<strong>in</strong>teilung von Theorien <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden<br />

Politikwissenschaft ist <strong>die</strong> Reichweite e<strong>in</strong>er Theorie (Jahn i.E.). Es lassen sich Theorien<br />

unterscheiden, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit anstreben. Diese gehen entwe<strong>der</strong> von<br />

<strong>in</strong>dividuellem Verhalten aus <strong>und</strong> konstruieren <strong>die</strong> gesellschaftlichen Abläufe aus <strong>der</strong><br />

Perspektive des <strong>in</strong>dividualistischen Methodologismus. Neben <strong>die</strong>sen Mikrotheorien<br />

existieren auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite so genannte Makrotheorien, <strong>die</strong> gesellschaftliche Prozesse<br />

anhand kybernetischer Gesetze o<strong>der</strong> funktionalistischer Prämissen bestimmen. Daneben<br />

lassen sich noch Theorien mittlerer Reichweite bestimmen, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e explizite<br />

Fallperspektive aufweisen, weil sie ke<strong>in</strong>e Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit beanspruchen, son<strong>der</strong>n<br />

lediglich auf bestimmte <strong>Fälle</strong> zutreffen (Merton 1968, LaPalombara 1974).<br />

Allgeme<strong>in</strong>e Theorien s<strong>in</strong>d bei allen Forschungsdesigns mit unterschiedlichster Fallzahl<br />

anwendbar. Allerd<strong>in</strong>gs können solche Theorien nur <strong>in</strong> Untersuchungsdesigns bestätigt<br />

werden, <strong>die</strong> alle <strong>Fälle</strong> berücksichtigen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Fallauswahl auf Gr<strong>und</strong>lage des<br />

Zufallpr<strong>in</strong>zips treffen. Die Zufallsauswahl ist jedoch, wie schon zuvor angemerkt, oftmals<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft nicht praktikabel. E<strong>in</strong> alternatives Vorgehen ist<br />

<strong>die</strong> gewichtete negative Fallauswahl, wie sie im Zusammenhang mit <strong>der</strong> globalvergleichenden<br />

Analyse vorgestellt wurde o<strong>der</strong> das most different systems design, welches<br />

auf e<strong>in</strong>er positiven Fallauswahl beruht <strong>und</strong> <strong>der</strong> Logik folgt, dass <strong>die</strong> Ergebnisse<br />

höchstwahrsche<strong>in</strong>lich verallgeme<strong>in</strong>erbar s<strong>in</strong>d. Allerd<strong>in</strong>gs deutet <strong>die</strong> E<strong>in</strong>schränkung<br />

„höchstwahrsche<strong>in</strong>lich“ schon auf Grenzen <strong>der</strong> Allgeme<strong>in</strong>gültigkeit von Untersuchungen <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Tradition des most different systems designs h<strong>in</strong>. Zwar ist es plausibel, dass, wenn e<strong>in</strong><br />

Verhalten <strong>in</strong> unterschiedlichen Gesellschaften, wie Burma, den USA, Pakistan, Sierra<br />

Leone <strong>und</strong> Lichtenste<strong>in</strong>, anzutreffen ist, <strong>die</strong>ses auch <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en ca. 200 Staaten <strong>der</strong>


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 20<br />

Erde Gültigkeit besitzt. Sicher kann man bei <strong>die</strong>sem Forschungsdesign jedoch letztendlich<br />

nicht se<strong>in</strong>.<br />

Daher erlangen Theorien mittlerer Reichweite ihre beson<strong>der</strong>e Bedeutung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

vergleichenden Politikwissenschaft. Durch <strong>die</strong> Festlegung des Gültigkeitsbereichs<br />

spezifizieren sie <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit <strong>der</strong> <strong>Fälle</strong>, auf welche <strong>die</strong> Aussagen zutreffen sollen.<br />

Somit unterstützen Theorien mittlerer Reichweite <strong>die</strong> Fallauswahl.<br />

Theorien mittlerer Reichweite lassen sich <strong>in</strong> beson<strong>der</strong>s produktiver Weise mit dem<br />

most similar systems design komb<strong>in</strong>ieren, da <strong>die</strong>se Theorien e<strong>in</strong>deutige Kriterien für ihren<br />

Gültigkeitsbereich angeben <strong>und</strong> somit verifizierbar s<strong>in</strong>d. Aus <strong>die</strong>sem Gr<strong>und</strong> stellen global<br />

vergleichende Analysen <strong>und</strong> das most similar systems design <strong>die</strong> zuverlässigsten<br />

Forschungsdesigns <strong>in</strong> <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft dar.<br />

9 Schlussfolgerungen<br />

<strong>Fälle</strong> <strong>und</strong> Fallauswahl s<strong>in</strong>d zentrale Begriffe <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft. <strong>Fälle</strong><br />

s<strong>in</strong>d Informationsträger für Kausalanalysen. Deshalb ist es notwendig, sich <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es<br />

Forschungsdesigns ausgiebig Gedanken über <strong>die</strong> Fallauswahl zu machen. Die Fallauswahl<br />

muss zum<strong>in</strong>dest begründet werden <strong>und</strong> es muss sichergestellt werden, wofür <strong>der</strong> Fall e<strong>in</strong>en<br />

Fall darstellen soll. Diese Frage bezieht sich auf <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit, zu welcher <strong>der</strong> Fall<br />

o<strong>der</strong> <strong>die</strong> <strong>Fälle</strong> gehören. Wenn Aussagen gemacht werden, <strong>die</strong> über den untersuchten Fall<br />

o<strong>der</strong> <strong>die</strong> untersuchten <strong>Fälle</strong> h<strong>in</strong>ausreichen, muss zum<strong>in</strong>dest <strong>der</strong> Status des Falles o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Fälle</strong> im Rahmen e<strong>in</strong>er def<strong>in</strong>ierten Gr<strong>und</strong>gesamtheit geklärt werden.<br />

Anhand des Kriteriums Fallauswahl lassen sich Typen von vergleichenden<br />

Analysestrategien entwickeln, welche <strong>die</strong> ambivalente Trennung von statistischen <strong>und</strong><br />

nichtstatistischen Verfahren umgehen. In Verb<strong>in</strong>dung mit den unterschiedlichen<br />

Erkenntnis<strong>in</strong>teressen ergibt sich <strong>die</strong> folgende E<strong>in</strong>teilung:<br />

Fallauswahl<br />

Positiv<br />

Negativ<br />

Ideographisch<br />

Kontrastierende Analysen<br />

Parallel-vergleichende theoretische<br />

Analysen<br />

Forschungslogik<br />

Nomothetisch<br />

Konkordanzmethode<br />

Differenzmethode<br />

DS-SO<br />

SS-DO<br />

Most Different Systems Design<br />

Global-vergleichende Ansätze<br />

Most Similar Systems Design


21 Detlef Jahn<br />

Abbildung 5: Strategien des Vergleichs<br />

Abbildung 5 verdeutlicht, dass das wesentliche Problem ideographischer Stu<strong>die</strong>n <strong>die</strong><br />

positive Fallauswahl ist, <strong>die</strong> immer mit dem Problem des selection bias zusammenfällt.<br />

Wenngleich ideographische Stu<strong>die</strong>n den Vergleich durchaus s<strong>in</strong>nvoll anwenden können,<br />

besteht e<strong>in</strong> wesentliches Problem dar<strong>in</strong>, dass Theorien mit <strong>die</strong>ser Art von Stu<strong>die</strong>n nicht<br />

falsifiziert <strong>und</strong> noch weniger verifiziert werden können. E<strong>in</strong> Hauptziel ideographischer<br />

Stu<strong>die</strong>n besteht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Generierung von Hypothesen <strong>und</strong> (eventuell) Theorien. Die<br />

Konsequenz, <strong>die</strong> sich aus <strong>die</strong>sem Verfahren ergibt, besteht dar<strong>in</strong>, dass immer mehr<br />

Hypothesen generiert werden, <strong>die</strong> aber letztendlich nicht auf ihre Gültigkeit getestet<br />

werden. 14 Durch <strong>die</strong>se Praxis entsteht e<strong>in</strong>e unübersichtliche Konkurrenz verschiedenster<br />

Hypothesen, <strong>die</strong> <strong>der</strong> Effizienz <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft im Wege steht.<br />

Daher ist es notwendig, vermehrt Forschungsdesigns <strong>der</strong>art zu entwickeln, dass<br />

Hypothesen falsifizierbar s<strong>in</strong>d (K<strong>in</strong>g et. al. 1994: 100-105; Brady/Collier 2004). Noch<br />

anspruchsvoller s<strong>in</strong>d Forschungsdesigns, <strong>die</strong> es ermöglichen Hypothesen <strong>und</strong> Theorien zu<br />

verifizieren, was nur mit repräsentativen <strong>Fälle</strong>n praktiziert werden kann, <strong>die</strong> den selection<br />

bias m<strong>in</strong>imieren. Stu<strong>die</strong>n <strong>der</strong> vergleichenden Politikwissenschaft s<strong>in</strong>d potenziell dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lage. Von <strong>die</strong>sem Anspruch aus betrachtet s<strong>in</strong>d global vergleichende Stu<strong>die</strong>n <strong>und</strong><br />

Untersuchungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tradition des most similar systems designs am besten geeignet,<br />

<strong>die</strong>se Aufgaben zu erfüllen. In beiden Stu<strong>die</strong>n wird <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit selbst, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

(große) Anzahl <strong>der</strong> <strong>Fälle</strong> durch e<strong>in</strong>e negative Fallauswahl ermittelt. Bei <strong>der</strong> global<br />

vergleichenden Strategie ist <strong>die</strong> Gr<strong>und</strong>gesamtheit durch alle Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erde vorgegeben.<br />

Im most similar systems designs wird <strong>die</strong>s durch Theorien mittlerer Reichweite erreicht.<br />

Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> das most different systems design anwenden, erfüllen <strong>die</strong> Kriterien <strong>der</strong><br />

Hypothesenfalsifikation <strong>und</strong> -verifikation unter gewissen Umständen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>die</strong><br />

analytisch stärkste <strong>Methode</strong> mit e<strong>in</strong>er positiven Fallauswahl. Werden <strong>die</strong> Zusammenhänge<br />

zwischen den unterschiedlichen Systemen nicht bestätigt, ist <strong>die</strong> Hypothese e<strong>in</strong>deutig<br />

falsifiziert. 15 Bestätigt sich <strong>die</strong> Hypothese über unterschiedliche Systeme, ist sie mit<br />

E<strong>in</strong>schränkungen bestätigt. Diese E<strong>in</strong>schränkungen beziehen sich auf <strong>die</strong><br />

Unterschiedlichkeit <strong>der</strong> <strong>Fälle</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, doch noch wi<strong>der</strong>sprechende <strong>Fälle</strong><br />

zu entdecken.<br />

Der Großteil <strong>der</strong> vergleichenden Strategien fällt jedoch <strong>in</strong> den Bereich ideographischer<br />

<strong>und</strong> nomothetischer Untersuchungen mit e<strong>in</strong>er positiven Fallauswahl. Wenngleich <strong>die</strong>se<br />

Untersuchungsstrategien den Vergleich systematisch <strong>und</strong> bewusst anwenden können, leiden<br />

sie doch alle am selection bias, was <strong>der</strong> Falsifikation <strong>und</strong> Verifikation von Hypothesen <strong>und</strong><br />

Theorien im Wege steht.<br />

14 Dies wird auch durch Qualifikationsfor<strong>der</strong>ungen begünstigt, <strong>die</strong> davon ausgehen, dass Hypothesen möglichst<br />

bestätigt werden müssen. Beiträge, <strong>die</strong> Hypothesen lediglich falsifizieren, werden oftmals von Verlagen <strong>und</strong><br />

Zeitschriften abgelehnt (Peters 1998: 135). Dieses Problem wird dadurch verschärft, dass Qualifikationsarbeiten<br />

aus (vermeidbaren) forschungspragmatischen Gründen häufig ideographische Stu<strong>die</strong>n o<strong>der</strong> Stu<strong>die</strong>n mit e<strong>in</strong>er<br />

positiven Fallauswahl darstellen. Damit bieten viele junge Wissenschaftler immer wie<strong>der</strong> neue Theorieangebote<br />

an, <strong>die</strong> nicht h<strong>in</strong>reichend getestet wurden. Diese wissenschaftliche Sozialisation führt darüber h<strong>in</strong>aus dazu, dass<br />

dann ideographische Vorgehensweisen erlernt wurden <strong>und</strong> im späteren Wissenschaftlerleben ke<strong>in</strong> Bedürfnis mehr<br />

besteht, auch nomothetische <strong>und</strong> möglichst repräsentative Stu<strong>die</strong>n durchzuführen.<br />

15 Allerd<strong>in</strong>gs stoßen wir auch hier auf das Problem <strong>der</strong> probabilistischen Kausalmechanismen, welche <strong>die</strong><br />

E<strong>in</strong>deutigkeit <strong>der</strong> Untersuchungsergebnisse e<strong>in</strong>schränkt.


<strong>Fälle</strong>, <strong>Fallstricke</strong> <strong>und</strong> <strong>die</strong> <strong>komparative</strong> <strong>Methode</strong> 22<br />

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