download - Lernwerkstatt im Wasserschloss
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Foto: Reinhard Kraus<br />
Einzelverkaufspreis: Eur 5,00<br />
Jahres-Abo (4 Ausgaben): Eur 18.–<br />
ausgabe herbst 2011<br />
freilerner<br />
„mehr matsch“ - kinder brauchen natur<br />
ha<strong>im</strong> omer <strong>im</strong> interview<br />
zeitschrift für freie pädagogik<br />
herausgegeben von der lernwerkstatt <strong>im</strong> wasserschloss pottenbrunn – für aktives und selbstbest<strong>im</strong>mtes lernen
freigeist herbst 2011 2<br />
Geyrecker.qxd:Layout 1 25.11.10 11:42 Seite 1<br />
Gern bin ich aus freien Stücken<br />
außer Haus und außer mir.<br />
Gleich hab ich den Wind <strong>im</strong> Rücken<br />
und der pfeift mich weg von hier.<br />
Fritz Eckenga<br />
Fortschritt für FußgängerInnen<br />
erhältlich bei<br />
www.geyrecker.com<br />
Sie möchten auch <strong>im</strong> freigeist inserieren? Infos & Mediadaten-Bestellung unter Tel: 02782/83160 oder bw.gaugg@aon.at<br />
bezahlte Anzeigen<br />
freigeist herbst 2011 3<br />
inhalt<br />
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36<br />
editorial, <strong>im</strong>pressum<br />
todo se apprende - alles lernt man!<br />
asi es la vida - so ist das!<br />
freilernen: leben ohne schule<br />
permakultur austria<br />
unser weg in die lws: brandl<br />
pädagogischer lieblingstext<br />
istrien 2011<br />
interview ha<strong>im</strong> omer<br />
KreaMont - eine schule <strong>im</strong> wandel<br />
der zeit<br />
buchtipp: mehr matsch<br />
an schulschwächen sind wir<br />
erwachsenen schuld<br />
ich muss dir was erzählen<br />
dramolett, cartoon<br />
veranstaltungen<br />
<strong>im</strong>pressum<br />
Medieninhaber und Herausgeber (Verleger):<br />
Verein „Mit Kindern wachsen“ -<br />
Initiative für aktives und offenes Lernen<br />
Verlagspostamt: 3140 Pottenbrunn<br />
Aufgabepostamt: 3100 St. Pölten<br />
Redaktion: Bert Ehgartner, Kay Mühlmann, Maria<br />
Altmann-Haidegger, Rainer Wisiak, Luise Muschailov<br />
(Cartoon), Paul Braunstätter, Reinhard Kraus<br />
Fon/Fax 02772-55183, redaktion@lernwerkstatt.ws<br />
<strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>im</strong> <strong>Wasserschloss</strong> Pottenbrunn<br />
Josef-Trauttmansdorff-Str. 10<br />
3140 Pottenbrunn<br />
Schulinfo/Aboservice: Fon/Fax 02742-43550<br />
info@lernwerkstatt.ws, www.lernwerkstatt.ws<br />
Kto 22996, Sparkasse Herzogenburg, BLZ 20219<br />
IBAN: AT 382021900000022996, BIC: SPHEAT21<br />
Anzeigen: Brigitte Gaugg, gaugg@lernwerkstatt.ws<br />
Layout: Franz-Josef Gaugg, Reinhard Kraus<br />
Druck: Druckhaus Schiner Krems<br />
Offenlegung gemäß §25 Mediengesetz: ,<br />
Der Verein „Mit Kindern wachsen“ ist zu 100% Inhaber<br />
dieser Zeitschrift. Es erscheinen keine weiteren<br />
Medien.<br />
Gedruckt nach den Richt linien des österreichischen<br />
Umweltzeichens!<br />
editorial<br />
Liebe LeserInnen,<br />
die meisten Blätter sind gefallen und das<br />
Jahr geht mit kräftigen Windböen ins<br />
kahle Finale: in eine hoffentlich ruhige<br />
und warme Zeit der Innenräume, die<br />
genügend Freiraum bietet, nicht ganz<br />
so wichtige Dinge zu erledigen - Dinge,<br />
die wir aber gerne tun. Zeit, Bücher zu<br />
lesen, die in der geschäftigen warmen<br />
Saison liegen geblieben sind. Zeit für<br />
gemeinsames Spielen, Musizieren, Filme<br />
ansehen. Zeit, ausgiebig miteinander zu<br />
reden, zu streiten und zu lachen. Zeit, gemeinsam<br />
mit den Kindern in deren Welt<br />
einzutauchen und auch ein Stück der eigenen<br />
Kindheit darin wieder zu finden:<br />
Als noch die Augenblicke den Tag best<strong>im</strong>mten<br />
und nicht der Online-Kalender<br />
mit Alarmfunktion.<br />
Unsere aktuelle Ausgabe des freigeist ist<br />
auch diesmal wieder prall gefüllt mit den<br />
verschiedensten Spielarten der Pädagogik<br />
und ihrer Interpreten. In der <strong>Lernwerkstatt</strong><br />
Pottenbrunn kam es zu einem<br />
Wechsel in der Leitung der Schule. Der<br />
langjährige „Direktor“ Norbert Mlinar<br />
geht für ein Jahr in Bildungskarenz und<br />
widmet sich jenen vielfältigen Dingen<br />
des Lebens, die <strong>im</strong> Berufsalltag liegen<br />
geblieben sind. Neuer Schulleiter ist nun<br />
David Meixner und er wird es auch bleiben,<br />
wenn Norbert nach seiner Auszeit<br />
zurückkehrt. Zwei Dreier-Teams aus der<br />
Sekundaria der LWS sind nun ausgerückt<br />
und haben die beiden interviewt.<br />
Was dabei heraus gekommen ist, welche<br />
Gehe<strong>im</strong>nisse die Mädchen den beiden<br />
Herrn entlockt haben - und wie unterschiedlich<br />
man die journalistische Form<br />
eines Interviews interpretieren kann, ist<br />
hier <strong>im</strong> Heft nachzulesen.<br />
Wie Lernen ganz ohne Schule stattfinden<br />
kann, beschreibt Joya Michaela<br />
Marschnig, eine Mutter aus der Südstei-<br />
ermark, deren ernüchternde Erlebnisse<br />
bei der Einschulung ihrer Tochter Lisa in<br />
die Abmeldung zum häuslichen Unterricht<br />
mündeten. Weil weit und breit keine<br />
Alternativschule exisitierte, nahmen<br />
die Eltern die Sache selbst in die Hand<br />
und kamen über vielfältige Erfahrungen<br />
in den letzten sechs Jahren zu einer eigenständigen<br />
Neudefinition von Schule.<br />
Aus einigen wenigen in ganz Österreich<br />
verstreuten Familien entstand mittlerweile<br />
eine ganze Bewegung, die so genannte<br />
Freilerner-Initiative, eine ebenso<br />
interessante wie unbekannte Sparte des<br />
he<strong>im</strong>ischen Bildungssystems.<br />
„Neue Autorität und Gewaltloser Widerstand“<br />
sind Kernbegriffe der Lehren von<br />
Prof. Ha<strong>im</strong> Omer, der <strong>im</strong> kommenden<br />
Jänner in Wien einen Workshop leitet.<br />
Ein Team der LWS bat den prominenten<br />
israelischen Reformpädagogen exklusiv<br />
für den freigeist zum Interview und stellt<br />
darin seine wichtigsten Thesen vor.<br />
Weitere Artikel befassen sich mit Wild-<br />
und Wildnis-Pädagogik. Das eine ist ein<br />
Text der bekannten Pionierin selbstbest<strong>im</strong>mten<br />
Lernens, das zweite die Rezension<br />
eines aktuellen Buches, das unter<br />
dem Titel „Mehr Matsch!“ die Forderung<br />
nach einer anderen Spielumgebung für<br />
unsere Kinder prägnant zusammen fasst.<br />
Wer schließlich die Vorfreude auf die<br />
nächste Gartensaison langsam wachsen<br />
lassen und sich die Grundlagen der Permakultur<br />
näher bringen möchte, dem sei<br />
der Artikel von Gerald Bauer vom Verein<br />
Permakultur Austria empfohlen.<br />
Viel Lesestoff steht also bereit für ein<br />
paar ruhige Stunden. Und somit entlasse<br />
ich Sie mit freundlichen Wünschen von<br />
der freigeist Redaktion in eine - zumindest<br />
emotional - warme Jahreszeit<br />
Bert Ehgartner
freigeist herbst 2011 4<br />
todo se apprende -<br />
alles lernt man!<br />
Seit Schulbeginn hat die <strong>Lernwerkstatt</strong> einen neuen Schulleiter. David Meixner hat die<br />
Nachfolge von Norbert Mlinar übernommen. Leonie, Emily und Susanne baten David<br />
zum Interview.<br />
l<br />
WS Schülerinnen: Was war der Grund,<br />
warum du Schulleiter geworden bist<br />
und wie fühlt es sich jetzt an?<br />
David: Tja, als Norbert letztes Frühjahr verkündete,<br />
<strong>im</strong> darauf folgenden Schuljahr<br />
ein Pausenjahr einzulegen, waren wir <strong>im</strong><br />
Team erst mal etwas baff. Plötzlich galt es,<br />
unmittelbar zu entscheiden, was schon<br />
einige Zeit davor vage (und in Richtung<br />
Pensionsantritt) <strong>im</strong> Raum stand: „Was<br />
tun, wenn Norbert mal nicht mehr in der<br />
LWS ist?“ Es folgte eine Zeit des Überlegens<br />
und Abwägens,... für alle <strong>im</strong> Team.<br />
Ich für mich hab die große Verbundenheit<br />
mit dieser Schule bemerkt und es<br />
hat mich interessiert, in einem neuen<br />
Aspekt Verantwortung für eine gute Zukunft<br />
dieses Schul-Biotops zu tragen.<br />
Vom restlichen Team gabs und gibts Unterstützung<br />
- und auch keine weiteren Anwärter.<br />
So waren wohl alle ein bisschen erleichtert,<br />
als ich gesagt habe: „Ja, ich will!“<br />
Wie es sich anfühlt? Hmmm..., es ist spannend<br />
und, noch mal hmmm..., es lässt<br />
mir gar nicht so viel Zeit darüber nachzudenken,<br />
wie es sich anfühlt.<br />
LWS Schülerinnen: Du hast letztes Jahr<br />
das erste Halbjahr <strong>im</strong> Ausland verbracht,<br />
hat das die Entscheidung Schulleiter zu<br />
werden beeinflusst?<br />
David: Eigentlich nicht, auf meiner Reise<br />
waren andere Themen für mich wichtig,<br />
da hab ich mich ganz wenig bewusst mit<br />
der <strong>Lernwerkstatt</strong> beschäftigt. Obwohl,<br />
ich erinnere mich an einige längere Gespräche<br />
mit Lilli über die LWS während<br />
unserer Überfahrt in die USA. Und einige<br />
weitere mit Verena, Gavino und Giacomo<br />
(Welser) in Massachusetts.<br />
LWS Schülerinnen: Hast du dich davor<br />
schon mal damit beschäftigt, Schulleiter<br />
zu werden?<br />
David: Vor fünf, sechs Jahren kann ich<br />
mich an eine Aussage eines Schulvaters<br />
erinnern, der in einem Nebensatz gemeint<br />
hat, er glaube, ich würde mal die<br />
Schulleitung machen. Das hab ich damals<br />
sehr witzig gefunden (und mirs gar<br />
nicht vorstellen können).<br />
LWS Schülerinnen: Du bist jetzt seit zwölf<br />
Jahren als Begleiter in der <strong>Lernwerkstatt</strong>,<br />
was hat sich seit damals verändert bzw.<br />
verschlechtert oder verbessert?<br />
David: Als ich begonnen hab, bin ich als<br />
siebenter Begleiter dazugekommen, damals<br />
waren, wenn ich mich richtig erinnere,<br />
um die 75 Kinder in der Schule, also<br />
schon rein von der Größe der Schule hat<br />
sich einiges über die Jahre verändert, sie<br />
ist ziemlich gewachsen! Dabei denk ich,<br />
einerseits total schön, wenn eine Schule<br />
so wächst und gedeiht, größer und stärker<br />
wird - und die pädagogische Idee<br />
mehr und mehr Feuer entfacht. Gleichzeitig<br />
besteht die Herausforderung auch<br />
darin, in einem Verein unserer heutigen<br />
Größe - mit mehr als 250 Kindern, Jugendlichen,<br />
Eltern-, möglichst gut vernetzt zu<br />
bleiben - um den direkten Kontakt untereinander<br />
zu erhalten und zu pflegen.<br />
LWS Schülerinnen: Wie kam es dazu, dass<br />
du Begleiter in der LWS geworden bist?<br />
David: Direkt vor dem Beginn in der Lernwerkstett<br />
hatte ich ja die Pädak in Krems<br />
gemacht. Schon während meiner Ausbildung<br />
trieb mich (wie viele KollgegInnen)<br />
die Vision an, „dann, als LehrerInnen“ ein<br />
ganz anderes „Ding“ zu machen, als das,<br />
worauf wir hintrainiert wurden.<br />
Im letzten Jahr, durch einen glücklichen<br />
Telefonanruf, hörte ich, dass „die in der<br />
<strong>Lernwerkstatt</strong> Herzogenburg“ jemanden<br />
suchen - bevorzugt Mann und bevorzugt<br />
mit Pädak-Ausbildung - und so wurde<br />
aus mir das erste Versuchskaninchen (jemand<br />
mit offizieller Lehrer-Ausbildung)<br />
in der <strong>Lernwerkstatt</strong>.<br />
LWS Schülerinnen: Wie war deine Schulzeit,<br />
bist du gerne in die Schule gegangen?<br />
David: Man merkt sich ja glücklicherweise<br />
hauptsächlich die positiven Sachen.<br />
Also in meiner Erinnerung bin ich schon<br />
gern in die Schule gegangen, weil ich in<br />
der Vorfreude auf Schulfreunde, nicht auf<br />
Unterricht hingegangen bin. Notenmä-<br />
Fotos: Janina Wisiak, David Meixner<br />
freigeist herbst 2011 5<br />
ßig wars oft recht an der Kippe, ich hab<br />
meistens knapp weniger als das Notwendigste<br />
getan, aber den Vorteil gehabt,<br />
in einer Riesenklasse mit 35 Leuten zu<br />
sitzen, oft als (glücklicher) blinder Passagier.<br />
Denke ich genauer nach, kommen<br />
auch Erinnerungen an sehr fragwürdige<br />
Lehrerpersönlichkeiten, Fünfer, Minusse,<br />
urfade Lern-Nachmittage und -Wochenenden.......stooopp!<br />
LWS Schülerinnen: Wie bist du auf den<br />
Berufswunsch Lehrer gekommen?<br />
David: Naja, da gab es, wenn ich so nachdenke,<br />
hauptsächlich zwei Gründe: Ei-<br />
steckbrief<br />
David Meixner<br />
Alter: 37<br />
Sternzeichen: Löwe<br />
Lieblingstier: Humuhhumunukunuku‘apua‘a *)<br />
Lieblingsessen: Marillenknödel, Sushi, Gemüse (á la Oma)<br />
Hobbys: Musik u. Filmemachen, Sport, Zeichnen, Schnarchen (leise)<br />
Lieblingsmusik: Alles Mögliche und Unmögliche! na z.B.: Meshell N‘Degeocello,<br />
Luke Vibert, Aphex Twin, Wayne Shorter, Dave Holland, ...<br />
(Derzeit höre ich gerade das neue Björk-Album. Hurra.)<br />
Film: Eternal Sunshine of The Spotless Mind, Big Fish, LemonySnicket<br />
Liebstes<br />
Jugendbuch: Englischwörterbuch (ja, echt)<br />
Lebensmotto: S<strong>im</strong>plify, s<strong>im</strong>plify<br />
*) Hawaiianischer Nationalfisch<br />
nerseits hatte ich ein paar sehr miese<br />
Lehrer in meiner Schule und ich hab<br />
mir gedacht „so kann man das einfach<br />
nicht lassen, da muss man irgendwie<br />
was verändern!“ Der andere Grund war<br />
schlicht und weg, dass ich viele andere<br />
Interessen hab und <strong>im</strong>mer hatte, Filme<br />
und Musik machen vor allem, und dass<br />
es auch ein Beruf ist, wo es für mich so<br />
geklungen hat, als bliebe auch genug<br />
Zeit diesen Interessen nachzugehen.<br />
(leise:) Da hab‘ ich mich wohl ziemlich<br />
verschätzt.<br />
LWS Schülerinnen: Und was glaubst du<br />
wärst du geworden, wenn du nicht Lehrer<br />
geworden wärst?<br />
David: Gute Frage (überlegt), vielleicht<br />
wäre ich Kameramann und Filmemacher<br />
geworden, oder Hörspielproduzent.<br />
LWS Schülerinnen: Was hast du von Norbert<br />
gelernt?<br />
David: Pfuuu. Na, irrsinnig viel, das passt<br />
da jetzt nie alles her.<br />
Bei Norbert, um ein Beispiel zu erzählen,<br />
habe ich erlebt, was es bedeutet, jemandem<br />
unvoreingenommen und voller<br />
Vertrauen zu begegnen. Selbstlosigkeit.<br />
Schlauheit. Und den Spruch „Todo se apprende“<br />
(alles lernt man).<br />
LWS Schülerinnen: Warum nahmst du dir<br />
ein halbes Jahr Bildungskarenz?<br />
David: Raus aus dem Alltag, Weggehen,<br />
Reisen, Loslassen, Neues kennen lernen,<br />
Menschen besuchen....es war der perfekte<br />
Zeitpunkt dafür.<br />
Übrigens, ich habe gehört, dass in den<br />
meisten Waldorf-Schulen den Lehrern<br />
alle 7-8 Jahre ein Freijahr zusteht.<br />
Schlau.<br />
LWS Schülerinnen: Was beeindruckte<br />
dich in diesem Jahr? Was war besonders<br />
lustig oder traurig?<br />
David: Uff, ihr habt Fragen (grinst). Lustig<br />
war es zum Beispiel, fast direkt aus Hawaii<br />
ins grantlerisch-winterliche Österreich<br />
zurückzukehren. Herrlich.<br />
Das wohl traurigste Ereignis <strong>im</strong> letzten<br />
Schuljahr war der Tod von Arthur, der<br />
jahrelang geniale Elektronik- und Bastelangebote<br />
für die LWS machte.<br />
LWS Schülerinnen: Was machst du am<br />
liebsten, wenn du allein bist? Fad? Nicht<br />
fad?<br />
David: Äh, alles Mögliche, drinnen, draußen.<br />
Mir ist meistens unfad.<br />
LWS Schülerinnen: Wo siehst du dich in<br />
10 Jahren? Familie? Kinder?<br />
David: Äh, hoffentlich noch gerne <strong>im</strong><br />
Spiegel! Ja! Ja!
freigeist herbst 2011 6<br />
asi es la vida - so ist das<br />
Norbert Mlinar, langjähriger Schulleiter der <strong>Lernwerkstatt</strong> beschloss, ein<br />
Pausenjahr einzulegen. Für Janina, Sina und Tanja machte er eine Ausnahme,<br />
kam in die Schule und ließ sich von ihnen porträtieren.<br />
n<br />
norbert macht sich Kaffee!<br />
Kaffemaschine:<br />
Brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr... Brrr....<br />
Norbert: Und, habt ihr schon was hergerichtet?<br />
Janina: Ja!<br />
Tanja: Ja! Und das Aufladegerät liegt<br />
schon auf dem Tisch!<br />
Norbert: Echt? Soo klein?<br />
Tanja: Ja, das ist ein Handy!<br />
(Alle lachen)<br />
Norbert: Jaijaijaijaijaijaijaijai. Na guad. Ist<br />
das Teil schon eingeschalten?<br />
Tanja: Ja!<br />
Sina: Ja!<br />
Janina: Ja!<br />
Norbert: Okay.<br />
Sina: Als erstes machen wir mal einen<br />
Steckbrief, dass alle wissen, wer du bist!<br />
Also: Wie alt bist du?<br />
Norbert: Muss ich das jetzt wirklich sagen?!<br />
(Alle lachen)<br />
Janina: Nein.<br />
Norbert: (Lacht) Ich bin 1952 geboren.<br />
Janina: Uiuiuiui... Jetzt müssen wir rechnen!<br />
Sina: Was ist dein Sternzeichen?<br />
Norbert: Äääh... Krebs!<br />
Sina: Okay.. Hast du Geschwister? Wenn<br />
ja, wie viele?<br />
Norbert: Vier!<br />
Janina: Vier Geschwister, oh mein Gott!<br />
Bist du der Älteste, der Jüngste, oder einer<br />
dazwischen?<br />
Norbert: (Leise) Ich bin der Älteste. Ist das<br />
drauf?<br />
Tanja: Ja!<br />
Norbert: (laut) ICH BIN DER ÄLTESTE!!!!<br />
(Alle lachen)<br />
Sina: Ääähm... Hast du ein Lieblingstier?<br />
Norbert: Mhm.. Ja!<br />
Sina: Und zwar?<br />
Norbert: Kolibri, Rabe und Specht!<br />
Janina: Das sind alles Vögel...Hat das einen<br />
Grund?<br />
Norbert: Ja, jeder Mensch hat einen Vogel!<br />
(Alle lachen)<br />
Sina: Gut. Dein Lieblingsessen?<br />
Norbert: Grießkoch!<br />
Sina: Und....deine Hobbys?<br />
Norbert: Lesen, Theater, zeitweise puzzeln,<br />
ich hab manchmal Puzzlephasen!<br />
Und <strong>im</strong> Garten arbeiten!<br />
Sina: Und Musik? Was hörst du so?<br />
Norbert: Phaphaphaphapha...Das kommt<br />
drauf an...wenn ich auf der Alm bin, dann<br />
hör ich Volksmusik.<br />
Sina: Und wenn du Zuhause bist?<br />
Norbert: Klassisch, so Manu Chao, und natürlich:<br />
Brujos del Solda!<br />
Sina: Und deine Lieblingsfilme?<br />
Norbert: Puh! Ich geh fast nie ins Kino,<br />
und wenn, dann merk ich mir die Filme<br />
nicht!<br />
(Alle lachen)<br />
Sina: Und dein liebstes Jugendbuch?<br />
Norbert: Hmmm.....Jugendbuch...(überlegt<br />
lange) Ronja Räuberstochter!<br />
Sina: Und hast du ein best<strong>im</strong>mtes Lebensmotto?<br />
Norbert: Asi es la vida!<br />
Tanja: Aaah, und was heißt das?<br />
Norbert: So ist das Leben!<br />
Janina: Ist der Steckbrief jetzt fertig?<br />
Sina: Ja, jetzt fang ma halt an! Was war<br />
es eigentlich für ein Gefühl, David alle<br />
deine Erfahrungen zu überreichen und<br />
loszulassen?<br />
Norbert: Ich weiß nicht, ob ich ihm alle<br />
meine Erfahrungen erzählt hab´, aber ich<br />
glaube, er ist erwachsen genug, denn<br />
ich glaube, dass jeder sein Leben selber<br />
gestaltet! Er hat mir ein paar Fragen gestellt,<br />
und die hab ich beantwortet!<br />
Sina: Und wie viele Jahre warst du jetzt<br />
genau in der <strong>Lernwerkstatt</strong>?<br />
Norbert: 16!<br />
Sina: Okay. Und warum bist du gegangen?<br />
Norbert: (Hustet) Ich bin noch nicht gegangen!!!<br />
Ich hab jetzt einmal ein Jahr<br />
Pause gemacht, nach 16 Jahren.... Erstens<br />
mal, um eine Pause zu machen, weil 16<br />
Norbert und David bei der<br />
Leiterübergabe<br />
Fotos: Peter Binder<br />
freigeist herbst 2011<br />
Jahre ohne Pause ist ziemlich lang! Zweitens<br />
mal, um die Übergabe vorzubereiten<br />
und in die Wege zu leiten. Und dann<br />
ruft ja schon die Pension... (lacht)!<br />
Sina: Und warum hast du dich damals<br />
entschieden, Montessori- und nicht Regelschullehrer<br />
zu werden?<br />
Norbert: ICH WAR Regelschullehrer! Und<br />
es war von Anfang an klar, dass unsere<br />
Kinder nicht in eine Regelschule gehen<br />
würden! Und dass ich Lehrer war, das hat<br />
sich so ergeben, und wenn nicht, dann<br />
wäre ich wahrscheinlich Schauspieler<br />
geworden!<br />
Sina: Was machst du jetzt so nach der<br />
<strong>Lernwerkstatt</strong>?<br />
Norbert: Du meinst, in meinem „Pausenjahr“?<br />
Für Dinge halt, die früher <strong>im</strong>mer<br />
liegen geblieben sind!<br />
Sina: Und was machst du, wenn du alleine<br />
für dich bist?<br />
Norbert: Ich? Für mich? Alleine? Alles<br />
Mögliche... Lesen, ich sitze <strong>im</strong> Garten und<br />
schau in die Luft, oder ich tu...Nüsse knacken!!!<br />
Spazieren gehen <strong>im</strong> Wald, Lesen.<br />
Ooh, das hab ich schon mal gesagt!!!<br />
Sina: Okay. Und wie warst du so selber als<br />
Schüler???<br />
Norbert: Faul... Nein mich hat die Schule<br />
eigentlich überhaupt nicht gefreut. Ich<br />
habe lieber Theater gemacht und gelesen.<br />
Ich habe <strong>im</strong>mer geschaut, dass ich<br />
grad durchkomme. Lieblingsfächer hatte<br />
ich überhaupt keine.<br />
Sina: Also warst du nicht so gerne in der<br />
Schule!?<br />
Norbert: Ja, denn ich wollte nicht <strong>im</strong>mer<br />
das tun, was mir dort vorgekaut wurde!<br />
(Dann platzt Angela in den Raum!)<br />
Norbert: Guten Tag!<br />
Angela: Hallo!<br />
Janina: (Zu Angela) Du bist jetzt da<br />
drauf!!!<br />
Angela: (Schaut entsetzt und widmet sich<br />
dann wieder der Kaffeemaschine!)<br />
Sina: Machen wir weiter... Was hat sich alles<br />
in den Jahren verändert, in denen du<br />
in der LWS warst?<br />
Norbert: Es sind mehr Kinder geworden...<br />
Es sind mehr Betreuer und mehr Betreuerinnen<br />
geworden. UND es ist die Überflutung<br />
durch die Massenmedien und<br />
die Kommunikationsmedien größer geworden,<br />
und die Sucht, haben zu wollen<br />
statt zu sein!<br />
Janina: (Grinsend mit dem Handy in der<br />
Hand) Gut! Und hast du eine enge Bindung<br />
zur Familie?<br />
Norbert: Ja..schon! Zu welcher?<br />
(Alle lachen)<br />
Sina: Zu deiner!<br />
Norbert: Zu meiner eigenen, oder zu der,<br />
aus der ich stamme?<br />
Sina: (Seufzt theatralisch) Okay, nochmal<br />
von vorne! Hast du eine enge Bindung zu<br />
deinen GESAMTEN Verwandten?<br />
Norbert: Jaja schon... Egal welche!<br />
7<br />
Sina,<br />
Tanja und Janina<br />
Sina: Und wo siehst du dich in 10 Jahren?<br />
Norbert: Wo ich mich da sehe? In Herzogenburg..<br />
Oder auf der Alm!<br />
Sina: Und wo siehst du deine Familie?<br />
Norbert: Hmmm.. Ich weiß nicht! Mein<br />
ältester Sohn ist schon in Schweden,<br />
die Margarita plant in Herzogenburg zu<br />
bleiben und wo es meinen Jüngsten hinzieht,<br />
das weiß ich nicht! Ich glaub, das ist<br />
noch zu weit weg!!!<br />
Sina: Tja, dann mal danke, dass du dir Zeit<br />
für dieses Interview genommen hast!<br />
Norbert: Bitteschön. (Dann lächelt er,<br />
steht auf und geht durch die Bürotür<br />
nach draußen!)<br />
Sina: Das war´s!<br />
Tanja: (Nickt)!<br />
Janina: n<strong>im</strong>mt ihr Kommunikationsmedium<br />
(Handy) in die Hand und schaltet das<br />
darauf installierte Aufnahmegarät aus!
freigeist herbst 2011 8<br />
freilernen:<br />
leben ohne schule<br />
Was ist Bildung? Wie findet Lernen statt und was braucht es, um die Entwicklung eines Kindes bestmöglich<br />
zu begleiten? Mit diesen Fragen haben sich wohl schon die meisten LeserInnen beschäftigt, und ich habe<br />
<strong>im</strong> Lauf der letzten Jahre <strong>im</strong>mer neue Antworten darauf gefunden. In diesem Artikel möchte ich aus meiner<br />
persönlichen Geschichte, vom Lernen ohne Schule in der Praxis und von aktuellen Entwicklungen bei der<br />
Vernetzung von Freilernern und Privatschulen erzählen.<br />
Von Joya Michaela Marschnig<br />
s<br />
seit dem Ausstieg meiner Tochter<br />
Lisa aus der Schule <strong>im</strong> Schuljahr<br />
2005/2006 (und natürlich auch in<br />
unserem ersten und einzigen Schuljahr<br />
davor) habe ich mich intensiv mit den in<br />
Österreich praktizierten Bildungswegen<br />
beschäftigt. Ein Jahr Regelschule hatte<br />
mir deutlich gezeigt, dass meine Tochter<br />
in diesem System nicht die geeigneten<br />
Möglichkeiten für ihre Entwicklung vorfindet.<br />
Innerhalb kurzer Zeit hatte sie sich<br />
von einem aufgeweckten, fröhlichen,<br />
interessierten Kind in ein Häufchen aus<br />
Überforderung, Selbstzweifeln und Un-<br />
Joya und Julia und die beiden Hundemädchen<br />
<strong>im</strong> Garten<br />
lust verwandelt... und ich wollte dabei<br />
nicht länger tatenlos zusehen!<br />
Ich erinnerte mich, dass meine Tochter<br />
doch schon vor dem ersten Schultag so<br />
viele Dinge gelernt hatte - erste Schritte<br />
<strong>im</strong> Lesen, Schreiben und Rechnen ergaben<br />
sich ganz nebenbei <strong>im</strong> Alltag, Zeichnen,<br />
Basteln, Forschen und Entdecken<br />
sowieso - und dann kam die Schule und<br />
der Stundenplan und Hausübungen und<br />
Diktate und Lernwörter und Lesepass<br />
und jeden Freitag ein Gedicht... Da war<br />
keine Leichtigkeit und Freude mehr! Und<br />
auch für Lisas künstlerische Begabung<br />
und das freie Spielen mit Freunden war<br />
kaum noch Zeit.<br />
Ich führte viele Gespräche mit der Lehrerin,<br />
die auf ihre Weise auch sehr um Lisa<br />
bemüht war, aber all diese Gespräche<br />
führten nur dazu, dass ich <strong>im</strong>mer überzeugter<br />
wurde: es muss einen anderen<br />
Weg für uns geben. Ein Wohnortwechsel<br />
kam nicht in Frage (wir waren erst zwei<br />
Jahre vorher aus Graz in die Südsteiermark<br />
übersiedelt und fühlten uns auf<br />
unserer Waldlichtung mit unseren Tieren<br />
sehr wohl), die nächste Privatschule war<br />
viel zu weit entfernt und damit blieb nur<br />
noch die Abmeldung in den Häuslichen<br />
Unterricht.<br />
Dieser Schritt war für mich eine große<br />
Herausforderung, und ich hatte einige<br />
Zweifel und Ängste zu bearbeiten, bis ich<br />
dazu bereit war. Dass ein Kind den vorgesehenen<br />
Volksschullehrplan leicht erarbeitet,<br />
war mir klar, aber ich konnte mir<br />
nicht vorstellen, wie ich für meine Tochter<br />
gleichzeitig die Mutter- und Lehrerinnen-<br />
Rolle erfüllen soll! Mein Lebenspartner<br />
und Lisas Vater hatte den Beschluss zum<br />
häuslichen Unterricht mitgetragen, allerdings<br />
auch keine Ahnung, wie das<br />
alles in der Praxis funktionieren sollte.<br />
Andererseits war mit Lisa besprochen,<br />
dass wir dieses neue Abenteuer „Schule<br />
zu Hause“ ohnehin alle gemeinsam neu<br />
lernen müssen, und wir waren somit guten<br />
Mutes, unseren ganz eigenen, zu uns<br />
passenden Weg zu entwickeln.<br />
Wir begannen also mit unserer herkömmlichen<br />
Vorstellung von Unterricht:<br />
täglich von 8 bis 12 Uhr treffen wir uns<br />
am Küchentisch und arbeiten mit den<br />
Schulbüchern. Sehr bald war uns klar,<br />
dass wir auf diese Weise auch nicht mehr<br />
Freude am Lernen erreichen als vorher<br />
in der Schule, und wir versuchten uns<br />
an verschiedenen Exper<strong>im</strong>enten: Lisa<br />
entscheidet selbst, welches Buch sie<br />
nehmen möchte, und wir beschäftigen<br />
uns nur solange damit, wie es für sie interessant<br />
ist. Sobald Langeweile oder<br />
Genervt-Sein auftritt, hören wir auf und<br />
machen was anderes. Und wir wollen darauf<br />
achten, wo in unserem Alltagsleben<br />
Lernsituationen zu finden sind, die wir in<br />
den Unterricht einbeziehen können.<br />
Damit verschoben sich natürlich als<br />
Nächstes auch die Unterrichtszeiten:<br />
wenn Lisa am Vorabend eine Geschichte<br />
geschrieben und illustriert hatte, konnte<br />
sie doch einmal am Vormittag mit den<br />
Hunden spielen, und ein Nachmittag mit<br />
zwei Stunden Würfelspielen (=Rechnen)<br />
konnte doch auch noch angerechnet<br />
werden auf die „Schulzeiten“. Bald stellten<br />
wir fest, dass an den Abenden und<br />
Wochenenden ebenso oft gelernt wird<br />
Fotos: beigestellt<br />
freigeist herbst 2011<br />
wie tagsüber. Kuchenbacken, Einkaufen<br />
und Haushaltskassa zählten zu Mathematik,<br />
Chorprobe mit Mama oder Singen<br />
mit Papa zu Musik, Spielen <strong>im</strong> Garten<br />
und mit den Tieren zu Sachkunde, Lesen,<br />
Schreiben und natürlich Zeichnen<br />
und Werken waren sowieso dauernd<br />
präsent!<br />
Ferien sind für Erholung, Ausflüge und<br />
Reisen da, aber wäre es nicht sinnvoller,<br />
die Ferien genau dann zu machen, wenn<br />
wir eine Ruhephase brauchen oder einen<br />
Besuch bei Freunden unternehmen<br />
wollen?<br />
In unserem ersten Jahr zu Hause (Lisas 2.<br />
Schulstufe) hatte ich noch sehr stark den<br />
Volksschullehrplan <strong>im</strong> Auge, allerdings<br />
auch das große Glück, unsere künftige<br />
Prüfungslehrerin in meiner damaligen<br />
Chorgruppe kennenzulernen. Diese<br />
wunderbare Frau hat mich in dieser ersten<br />
Zeit begleitet und sehr bestärkt,<br />
indem sie mir aus ihrer langjährigen Erfahrung<br />
mit Externisten überwiegend<br />
sehr positive Eindrücke von den hausunterrichteten<br />
Kindern schilderte. Auch<br />
die Prüfungen waren sehr einfühlsam<br />
gestaltet, sodass Lisa sich richtig darauf<br />
freute, ihre Werke und Arbeiten am Jahresende<br />
zu präsentieren.<br />
Inzwischen hatte ich mich intensiv<br />
mit den Werken von Wild, Montessori,<br />
Freinet, verschiedener Homeschooling-<br />
und Unschooling-Literatur beschäftigt<br />
und mich auf die Suche nach gleichgesinnten<br />
Familien gemacht. In meinem<br />
näheren Umkreis lernten wir nur einige<br />
wenige Familien kennen, die entweder<br />
ihren Unterricht eher nach den herkömmlichen<br />
Methoden gestalteten oder<br />
gerade ihre ersten Erfahrungen machten.<br />
Eine Anfrage be<strong>im</strong> Bundesdachverband<br />
für Selbstbest<strong>im</strong>mtes Lernen brachte<br />
auch kein Ergebnis, bis ich dann endlich<br />
<strong>im</strong> Internet fündig wurde. Anfangs<br />
waren es nur wenige, in ganz Österreich<br />
verstreute Familien, die per Mailingliste<br />
Sommertreffen 2011 der Freilerner in Waidhofen/Ybbs<br />
ihre Erfahrungen teilten, sich <strong>im</strong> Umgang<br />
mit den Behörden und auf der Suche<br />
nach geeigneten Prüfungsschulen<br />
unterstützten. Daraus entwickelten sich<br />
dann ein Internetforum, mehrere lokale<br />
Gruppen mit persönlichen Treffen, ein<br />
jährliches, österreichweites Freilerner-<br />
Sommertreffen und ein reger Zulauf an<br />
praktizierenden und interessierten Familien.<br />
Und <strong>im</strong>mer deutlicher sichtbar wurden<br />
die Schwierigkeiten, passende Prüfungsschulen<br />
zu finden, die uns mit Wohlwollen<br />
und Interesse aufnehmen, gemeinsam<br />
eine entspannte Atmosphäre für<br />
die Prüfungen schaffen wollen, und vor<br />
allem: auf die individuellen Lernprozesse<br />
der Kinder ebenso eingehen, wie wir Eltern<br />
das <strong>im</strong> täglichen Leben mit unseren<br />
Kindern tun.<br />
Unsere Kinder können „dranbleiben“,<br />
wenn ein Thema aktuell ist - und zwar<br />
so lange, bis es fertig ist! Da gibt es keine<br />
Unterbrechung durch die Pausenglocke<br />
oder weil jetzt die Schule aus ist. Und<br />
sie können auch am Abend länger aufbleiben,<br />
weil es nichts ausmacht, wenn<br />
9<br />
einmal der halbe Vormittag verschlafen<br />
wird. Übrigens steht meine Tochter gerne<br />
früh auf und beginnt ihren Tag oft mit<br />
einem Buch, bevor sie dann viel später<br />
an Frühstücken und Anziehen denkt.<br />
Und wenn sie zum Beispiel alles über<br />
Schildkröten wissen will, dann beschäftigt<br />
sie sich (und mich, und in diesem<br />
Fall noch eine Reihe anderer Menschen)<br />
stunden- oder tagelang mit diesem Thema:<br />
die Frage nach he<strong>im</strong>ischen Schildkrötenarten<br />
tauchte heuer <strong>im</strong> April das<br />
erste Mal auf und hatte weitreichende<br />
Konsequenzen!<br />
Ich will mit diesen Schilderungen keineswegs<br />
den Eindruck erwecken, dass sich in<br />
unserem Leben alles um die Bedürfnisse<br />
der Kinder dreht und wir Eltern rund um<br />
die Uhr bereit stehen, um ihre Impulse<br />
zeitnah aufzugreifen! Natürlich passiert<br />
es oft genug, dass einer dringlichen Frage<br />
sofort nachgegangen werden will.<br />
Aber als ebenso wertvoll empfinde ich<br />
das Teilnehmen der Kinder an den verschiedenen<br />
Bereichen des „richtigen Lebens“.<br />
Da ist ein gegenseitiges Wahrneh
freigeist herbst 2011 10<br />
men und Annehmen von Bedürfnissen,<br />
eine Partnerschaft und echtes Miteinander<br />
von Eltern und Kindern, wobei ich<br />
es so erlebe, dass wir für diese Form von<br />
Leben und Lernen weitgehende Freiheit<br />
von vorgegebenen Zeitstrukturen<br />
benötigen. Es darf vorkommen, dass<br />
wir unser Mittagessen erst am späten<br />
Nachmittag zubereiten, weil wir vorher<br />
so beschäftigt waren, die Holzarbeiten<br />
für das Schildkrötengehege fertig zu<br />
stellen. Und manchmal wird aus einem<br />
schnellen Einkauf ein längeres Projekt<br />
mit intensivem Studium von Preisen und<br />
Inhaltsstoffen, was dahe<strong>im</strong> dann zu weiteren<br />
Recherchen über Lebensmittelchemie<br />
führen kann. Be<strong>im</strong> informellen<br />
Lernen, das ganz nebenbei <strong>im</strong> Alltag<br />
stattfindet, werden so viele Themen und<br />
Fachbereiche besprochen, dass ich <strong>im</strong>mer<br />
wieder erstaunt feststelle, wie sich<br />
Lisa ganz ohne Vorgaben, Lehrpläne<br />
und Prüfungen unglaublich viel Wissen<br />
angeeignet hat.<br />
„Nicht für die Schule, sondern für das<br />
Leben lernen wir!“ Bei uns sieht es so<br />
aus, dass wir nicht für das Leben, sondern<br />
vom und <strong>im</strong> Leben lernen. Natürlich<br />
weiß ich, dass Kinder ihre eigenen<br />
Räume brauchen, ebenso wie intensive<br />
Zeiten mit Erwachsenen, die mit ihrer<br />
ganzen Aufmerksamkeit für sie da sind.<br />
Aber <strong>im</strong>mer öfter frage ich mich, ob<br />
durch die Institution Schule (auch wenn<br />
sie noch so kindgerecht und liebevoll<br />
organisiert ist) nicht künstliche Parallelwelten<br />
geschaffen werden, die unsere<br />
Kinder von der Teilhabe am „echten Leben“<br />
abschneiden. Diese Parallelwelten<br />
sind auch für die Erwachsenen durch die<br />
strikte Trennung von Arbeit und Freizeit<br />
vorhanden, und wie viele Arbeitsplätze<br />
gibt es, an denen Kinder willkommen<br />
sind, zusehen, Fragen stellen und einfach<br />
mitmachen (kurz: lernen) können?<br />
Fließende Übergänge zwischen Familie<br />
und Schule, Arbeit und Freizeit... das<br />
bringt aus meiner Erfahrung so viel mehr<br />
an Lebensqualität und Entwicklungspotenzial<br />
für alle Beteiligten!<br />
Unsere berufliche Situation hat sich deutlich<br />
verändert, als wir die gewonnenen<br />
Erkenntnisse <strong>im</strong>mer mehr auch auf unser<br />
Erwachsenenleben umlegten. Die Freude<br />
am Tun wurde zur obersten Priorität,<br />
was dazu führte, dass mein Partner heute<br />
als Musiker und Grafiker selbstständig tätig<br />
ist und seine Zeit weitgehend frei einteilt.<br />
Ich selbst habe mich als ehemalige<br />
Karrierefrau vorrangig mit der Aufgabe<br />
Julia<br />
mit Modell<br />
Die<br />
Baustelle<br />
kontakt<br />
Interessierte LeserInnen sind herzlich eingeladen,<br />
uns auf www.freilerner.at zu besuchen und<br />
Kontakt aufzunehmen:<br />
Joya Michaela Marschnig<br />
joya@freilerner.at<br />
als Mutter und Hausfrau versöhnt, die <strong>im</strong><br />
Zusammenhang mit den unzähligen <strong>im</strong><br />
Alltag enthaltenen Lernsituationen noch<br />
eine zusätzliche Qualität erhält. Dazu<br />
kamen <strong>im</strong> Lauf der letzten Jahre einige<br />
Projekte wie zB die Mitarbeit in einem<br />
kleinen Seminarhaus (Organisation, Abrechnung,<br />
Küche), Satz und Layout für<br />
ein Buchprojekt, mehrere Webseiten<br />
und natürlich mein Engagement für die<br />
Freilerner-Vernetzung - alles Tätigkeiten,<br />
bei denen Lisa mehr oder weniger teilnehmen<br />
und Neues lernen kann.<br />
Was das Finanzielle betrifft: ich habe<br />
festgestellt, dass weniger Erwerbsarbeit<br />
zwar weniger Einkommen bedeutet,<br />
dass dadurch aber auch einiges an Ausgaben<br />
wegfällt. Zum Beispiel haben wir<br />
jetzt nur mehr ein Auto, brauchen viel<br />
weniger „Ausgeh-Kleidung“ (weil wir zu<br />
Hause ohnehin hauptsächlich bequeme<br />
Sachen zum Schmutzigmachen tragen)<br />
und haben auch die Zeit, mehr selber zu<br />
machen, was wir uns früher einfach fertig<br />
gekauft haben.<br />
Mit diesem Hintergrund sehe ich Lehrpläne<br />
und Prüfungen heute als unzulässige<br />
Eingriffe in die selbstbest<strong>im</strong>mte Entwicklung<br />
eines Kindes, und somit sehe<br />
ich meine Hauptaufgabe als freilernende<br />
freigeist herbst 2011 11<br />
Mutter, mit den Behörden und Schulen<br />
die passenden Rahmenbedingungen<br />
für unsere Form des freien Lernens zu<br />
schaffen. Immer stärker wurde mein<br />
Wunsch nach einer Partnerschule (statt<br />
Prüfungsschule!), die diesen Bildungsweg<br />
unterstützt, die keine Prüfungen<br />
oder Leistungsfeststellungen abhält,<br />
sondern die natürlich stattfindenden<br />
Lernprozesse meines Kindes begleitet<br />
und würdigt. Ja, ich wünschte mir ganz<br />
unbescheiden eine Partnerschule, die<br />
sich mit mir gemeinsam über diese Entwicklung<br />
freut und war mir sicher, in<br />
Österreichs Privatschullandschaft mit<br />
meinen Ansichten und Methoden willkommen<br />
zu sein.<br />
Im Frühjahr 2010 haben wir die Zusammenarbeit<br />
mit der Heinrich-Jacoby-Schule<br />
Telfs begonnen und dort alles vorgefunden,<br />
was wir uns wünschten - und<br />
noch einiges mehr: wertvolle Inspiration<br />
durch die Gespräche und E-Mails mit unserem<br />
Betreuer, die Besuche in der Schule<br />
und das Zusammensein mit den anderen<br />
Schülern, die Reisen nach Tirol, uvm.<br />
Auch die Vernetzung der Freilerner hat<br />
sich weiter entwickelt: <strong>im</strong> November<br />
2010 haben wir unseren Verein Familiennetzwerk<br />
der Freilerner gegründet,<br />
<strong>im</strong> April 2011 wurde unsere Internetplattform<br />
eröffnet und Ende Juni 2011<br />
gab es be<strong>im</strong> Sommertreffen unsere erste<br />
offizielle Generalversammlung. Wir<br />
haben viele Kontakte geknüpft und aus<br />
den Reihen der Privatschulen einige sehr<br />
engagierte Menschen gefunden, die mit<br />
uns an der Umsetzung unserer Ziele arbeiten.<br />
Erste Partnerschaften sind entstanden<br />
und entwickeln sich weiter, bei<br />
den Behörden arbeiten wir uns mit vielen<br />
kleinen Schritten stetig vorwärts und<br />
informieren auch gerne öffentlich über<br />
unsere Bildungswege, bei denen die Eigenverantwortung<br />
der Familien <strong>im</strong> Vordergrund<br />
steht.<br />
Ich sehe viele Gemeinsamkeiten bei Freilernern<br />
wie uns und den freien Schulen<br />
wie zB auch der <strong>Lernwerkstatt</strong>: wir haben<br />
ja alle das selbstbest<strong>im</strong>mte Lernen<br />
unserer Kinder zum erklärten Ziel! Als<br />
begleitende Erwachsene wollen wir eine<br />
breite Vielfalt an Angeboten und Impulsen<br />
für unsere Kinder schaffen, und diese<br />
Vielfalt verbinden wir jetzt in unserer österreichweiten<br />
Freilerner-Akademie auf<br />
www.freilerner.at<br />
Es gibt bereits bundesländerübergreifenden<br />
„Schüleraustausch“ und gemeinsame<br />
Aktivitäten, dazwischen Briefwech-<br />
Materialprüfung<br />
Fertig!<br />
sel und Online-Kontakte, eine <strong>im</strong>mer<br />
größer werdende Gruppe an selbstbest<strong>im</strong>mt<br />
lebenden und lernenden Menschen,<br />
die sich mit Gleichgesinnten verbinden<br />
und vernetzen. Die Akademie<br />
ist ein Sammelplatz von Ressourcen<br />
und Lernmöglichkeiten für kleine und<br />
große Menschen, eine Kontaktbörse für<br />
gemeinsame Aktivitäten und steht allen<br />
Interessierten offen.<br />
Im Akademieforum finden angemeldete<br />
Benutzer einen Ort für Entwicklung und<br />
Austausch: hier werden Projekte geplant<br />
und besprochen, pädagogische und philosophische<br />
Themen ausführlich behandelt,<br />
Erfahrungen reflektiert, uvm.<br />
Joya Michaela<br />
Marschnig<br />
Freilernerin, Mutter<br />
einer unbeschulten<br />
Tochter, Mitgründerin<br />
des Familiennetzwerkes<br />
der Freilerner
freigeist herbst 2011 12<br />
permakultur austria -<br />
ein verein stellt sich vor<br />
Permakultur als Werkzeug zur Nachhaltigkeit. Gerald Bauer<br />
i<br />
in den 1970er Jahren entwickelten<br />
die Australier Bill Mollison (Alternativer<br />
Nobelpreis 1981) und David<br />
Holmgren das Konzept der Permakultur.<br />
Ursprünglich bedeutet der Begriff „permaculture“<br />
(engl. aus „permanent“ und<br />
„agriculture“), soviel wie permanente,<br />
nachhaltige Landwirtschaft. Daraus<br />
entwickelten sich Ansätze der Permakultur,<br />
die in vielfältigen Lebensbereichen<br />
angewendet werden können: z.B. ökonomische<br />
Konzepte, Gemeinschaftsbildung,<br />
Regional- und Freiraumplanung<br />
aber natürlich auch Hausbau, Gärtnern<br />
und Selbstversorgung. Die Bezeichnung<br />
selbst steht nicht nur für „Permanente<br />
Agrikultur“, sondern auch „Permanente<br />
Kultur“, da Kulturen ohne nachhaltige<br />
landwirtschaftliche Basis und Ethik der<br />
Landnutzung nicht lange überleben<br />
können. Die Permakultur befasst sich<br />
mit den Beziehungen zwischen Pfl anzen,<br />
Tieren, Gebäuden und Versorgungseinrichtungen<br />
(Wasser, Energie,<br />
Verbindungswege) und der Landschaft,<br />
in die wir eingreifen.<br />
Ursprüngliche Defi nition der<br />
Permakultur nach Bill Mollison:<br />
„Permakultur ist das bewusste Design,<br />
sowie die Unterhaltung von landwirtschaftlich<br />
produktiven Ökosystemen, die<br />
die Diversität, Stabilität und Widerstandsfähigkeit<br />
von natürlichen Ökosystemen<br />
besitzen. Die Philosophie hinter Permakultur<br />
ist eine Philosophie, die mit und<br />
nicht gegen die Natur arbeitet, eine Philosophie,<br />
der fortlaufenden und überlegten<br />
Observation und nicht der fortlaufenden<br />
und gedankenlosen Aktion; sie betrachtet<br />
Systeme in all ihren Funktionen, anstatt<br />
nur eine Art von Ertrag von ihnen zu<br />
verlangen, und sie erlaubt Systemen ihre<br />
eigenen Evolutionen zu demonstrieren.“<br />
Permakultur handelt also vom Aufbau<br />
landwirtschaftlich produktiver, selbsterhaltender<br />
Öko- und kultureller Systeme<br />
zum Wohl des Planeten Erde, zum<br />
Wohl von Natur und Menschen. Permakultur<br />
beschreibt nicht eine spezielle<br />
Anbaumethode, sondern ganzheitliche<br />
Prinzipien und Vorgehensweisen, wie<br />
landwirtschaftliche und gesellschaftliche<br />
Systeme zukunftsfähig aufgebaut<br />
werden können. Permakultur zeigt uns,<br />
wie wir unsere Verantwortung für die<br />
Schöpfung wahrnehmen und unsere<br />
Ressourcen zur regionalen Selbstversorgung<br />
besser nutzen können. Pfl anzen<br />
und Tiere, Menschen und Strukturen,<br />
Techniken und Strategien, Architektur<br />
und angepasste Technologien werden<br />
zu intelligenten, sich selbst erhaltenden<br />
Systemen verwoben, deren Teile sich gegenseitig<br />
ergänzen und bereichern.<br />
Die ethischen Grundwerte decken die<br />
oben erwähnten ökologischen, ökonomischen<br />
und sozialen Komponenten<br />
ab und lassen sich mit folgenden drei<br />
Bereichen zusammenfassen:<br />
- Sorge für die Erde<br />
- Sorge um den Menschen<br />
- Gerechtes Teilen und Begrenzen des<br />
Wachstums<br />
Permakultur Austria hat sich mit ihrer<br />
Akademie und ihren Büchern zum Ziel<br />
gesetzt, dieses Know How zu vermitteln:<br />
Wir organisieren und halten Vorträge,<br />
Workshops, Permakultur-Zertifi katskurse,<br />
Exkursionen, regionale „Permakultur-<br />
Fotos: Gerald Bauer<br />
freigeist herbst 2011 13<br />
Stammtisch-Treff en“ und mehr. Bewusstes<br />
und zukunftsfähiges Gestalten von Landschaft<br />
und Gesellschaft, von Lebensraum<br />
und Lebensstil wird heute weltweit von<br />
vielen Tausend Menschen mitgetragen.<br />
Möglichst viele Menschen mit Permakultur-Gedanken<br />
in Kontakt zu bringen und<br />
ihnen die Möglichkeit zu bieten, Permakultur-Projekte<br />
zu sehen, zu erleben und<br />
mitzugestalten, ist eine reale Chance, Verhalten<br />
und Verhältnisse <strong>im</strong> Sinne von mehr<br />
Zukunftsfähigkeit zu verändern.<br />
Ein Gratisexemplar der periodischen Zeitschrift<br />
„Permakultur Austria“ mit Vorstellung<br />
wertvoller Initiativen, Kontaktadressen, und<br />
Veranstaltungsinfos, etc. kann gerne bei<br />
Gerald Bauer angefordert werden.<br />
Gerald Bauer<br />
Permakulturdesigner, Kassierstellvertreter von<br />
Permakultur Austria, Photovoltaik & Elektroauto<br />
Info: gerald.bauer@permakultur.net<br />
Tel: 0664/2263329<br />
Permakultur Austria<br />
c/o Institut für Bodenforschung, Universität für<br />
Bodenkultur, Peter-Jordan-Straße 82, 1190 Wien<br />
Büro: Schiff mühlenstr. 53/15, 1220 Wien<br />
buero@permakultur.net,<br />
www.permakultur.net<br />
kurs<br />
info<br />
In unserem Zertifi katskurs lernen Sie, wie<br />
Sie die Prinzipien der Permakultur in Ihre<br />
eigene Lebensraumgestaltung und in Ihr<br />
berufl iches und gesellschaftliches Wirken<br />
einfl ießen lassen können. Im Rahmen des<br />
Kurses werden Exkursionen, Einzel- sowie<br />
Gruppenprojekts-Planungen durchgeführt.<br />
Ein von der Gruppe geplantes<br />
Permakultur-Element wird auf dem Areal<br />
praktisch umgesetzt.<br />
Schwerpunkte des Permakultur Zertifi<br />
katskurses sind:<br />
- Biologische Kreisläufe und Wasserkreisläufe,<br />
Systemtheorie, Pk-System praktisch,<br />
Pk-Designarbeit, Pattern Language, Design<br />
Drivers.<br />
- Naturräumliche Grundlagen, Land-,<br />
Forst-, Gartenwirtschaft, Pfl anzengilden,<br />
Gemüse, City Farming,<br />
Energie und Bauen, Planung und Designarbeit<br />
an Gruppen- und Einzelprojekten<br />
- Soziale und ökonomische Aspekte der Permakultur,<br />
Exkursion zu einem städtischen<br />
Permakultur-Bauprojekt,<br />
Realisierung der Gruppenprojekte,<br />
Projektpräsentationen von Einzelprojekten.<br />
Die Termine des kommenden Zertifi katskurses<br />
sind noch nicht fi xiert, werden aber<br />
<strong>im</strong> Sommersemester 2012 stattfi nden.<br />
buch<br />
tipp<br />
Sepp Holzer:<br />
„Wüste oder Paradies“<br />
208 Seiten, zahlreiche Farbabbildungen,<br />
Hardcover, € 21,90<br />
Als Beispiel, hier das neue Buch von Sepp<br />
Holzer das sich dem brisanten Thema<br />
der zunehmenden Umweltkatastrophen,<br />
verursacht durch Fehler in der Land- und<br />
Forstwirtschaft widmet. Im Zentrum<br />
von Sepp Holzers neuem Buch stehen<br />
die Anlage von Teichen und Seen und<br />
das naturgemäße Wasser-Management<br />
als Grundlage jeder Renaturierung von<br />
Landschaften. Waldaufbau, Mischkultur<br />
und Regenerierung des Bodenlebens<br />
sind weitere zentrale Themen in Sepp<br />
Holzers Strategie für die Welternährung.<br />
Eine komplette Bücherliste fi nden sie auf<br />
www.permakultur.net<br />
Buchversand: Bezahlen Sie nach Erhalt<br />
der Ware mit Rechnung.
freigeist herbs 2011 14<br />
unser weg<br />
in die lernwerkstatt<br />
Familie Brandl<br />
a<br />
als ich mit meiner Tochter Shana,<br />
damals 2 Jahre alt, in Wien auf den<br />
Spielplatz ging, empfahl mir eine<br />
Mutter, unbedingt zu einem tollen Vortrag<br />
<strong>im</strong> Audi Max der Uni Wien zu gehen.<br />
Mauricio und Rebecca Wild würden einen<br />
Vortrag über ihre Schule „Pesta“ in<br />
Ecuador halten. Ich hatte bislang von<br />
ihnen noch nichts gehört, die Begeisterung<br />
dieser Mutter machte mich jedoch<br />
neugierig. Nach dem Vortrag war ich von<br />
der Begeisterung angesteckt und dachte<br />
nur „Wow, so tolle Schulen gibt es!“ Ich<br />
erinnerte mich an die Schwärmereien<br />
meiner Mutter für „Summerhill“, eine Alternativschule<br />
in England, die sie sich für<br />
mich gewünscht hätte, wäre sie nicht so<br />
weit entfernt und mit einem Internatsbesuch<br />
verbunden gewesen. Ich schaute<br />
mir die Schule „Freiraum“ in Kritzendorf<br />
an, trotz Begeisterung dafür war es für<br />
mich als berufstätige Alleinerzieherin<br />
unrealistisch, täglich ohne Auto vom 8.<br />
Bezirk in Wien nach Kritzendorf zu gelangen.<br />
Einige Jahre darauf hatten zwei<br />
Freundinnen ihre Kinder in der LWS<br />
Herzogenburg/Pottenbrunn, von der sie<br />
begeistert waren, aber das wäre für uns<br />
noch weiter und noch unrealistischer<br />
gewesen. Als Shana 5 Jahre als war, entdeckte<br />
ich die LWS Ottakring und war<br />
begeistert, eine tolle Schule in der Nähe<br />
gefunden zu haben. Es war für mich klar,<br />
dies ist die richtige Schule für Shana.<br />
Zeitgleich mit Shana begannen<br />
zwei neue Mädchen in der Schule.<br />
Ein ebenfalls neues Mädchen „Christine“<br />
und ein Geschwisterkind. Die drei neuen<br />
Mädchen wurden von den Sekundariamädchen<br />
so liebevoll und herzlich aufgenommen,<br />
dass es mir warm ums Herz<br />
wurde. Keine Spur von Machtgehabe der<br />
Älteren gegenüber den Jüngeren, so wie<br />
ich es kannte. Shana fühlte sich in der Gemeinschaft<br />
so wohl, dass sie nicht zögerte<br />
gleich <strong>im</strong> September einige Tage mit<br />
der Schule auf eine Berghütte zu fahren.<br />
Shana fühlte sich pudelwohl.<br />
Nach dem Besuch einiger organisatorischer<br />
Elternabende wurde mir zunehmend<br />
mulmiger. Ich hörte <strong>im</strong>mer wieder<br />
von finanziellen Nöten des Vereins, von<br />
Kindermangel und Unst<strong>im</strong>migkeiten<br />
<strong>im</strong> Lehreteam. Es gäbe Gerüchte vom<br />
geplanten Abriss des Schulhauses und<br />
einem dadurch notwendigen Umzug<br />
der Schule, ohne die nötigen finanziellen<br />
Mittel <strong>im</strong> Verein. Ich sollte, so wie alle anderen<br />
Vereinsmitglieder, anteilsmäßig<br />
für den Verein haften! Ich konnte doch<br />
gerade für Shana und mich aufkommen!<br />
Was mach ich, wenn der Verein Pleite<br />
geht oder Schulden macht? Ich wollte<br />
nur so schnell wie möglich raus aus dem<br />
Krisendilemma. Andererseits sah ich, wie<br />
gut es Shana ging, sie sprühte vor Freude<br />
und Leichtigkeit. Dies ließ für mich<br />
keine Alternative zu. Ich beschloss zu<br />
vertrauen und zu bleiben. Im folgenden<br />
Schuljahr übernahm ich die Funktion der<br />
Obfrau <strong>im</strong> Verein und lebte mich gut in<br />
dieser familiären Gemeinschaft ein.<br />
Shanas Freundin Christine hatte einen,<br />
wie ich fand, sehr netten Vater (ebenfalles<br />
Alleinerzieher). Was einige Leute<br />
<strong>im</strong> Verein schon lange vor uns wussten,<br />
trat <strong>im</strong> Frühling nach unserem Eintritt in<br />
die LWS ein. Dominik und ich wurden ein<br />
Paar und wir 4 dadurch eine Familie.<br />
Nach der Spaltung der LWS Ottakring<br />
verließen wir die Schule und gingen<br />
gemeinsam mit einigen anderen Eltern<br />
in die damals gerade neu gegründete<br />
„Neue Schule“. Wir übersiedelten nach<br />
Eichgraben. Die LWS Pottenbrunn<br />
hörten wir damals <strong>im</strong>mer wieder, sei<br />
freigeist herbst 2011 15<br />
voll und hätte eine lange Warteliste.<br />
Unsere Bekannten aus Ottakring gingen<br />
<strong>im</strong> folgenden Jahr in die LWS –<br />
und wir folgten ihnen ein Jahr später.<br />
Shana begann ihre Schulzeit in der Rolle<br />
der Katze, des Säbelzahntigers und später<br />
als Pferd. Dieses ist sie, allerdings mit<br />
<strong>im</strong>mer größer werdenden Abständen,<br />
bis heute noch. Durch die Theatergruppe<br />
Pistatschios hatte sie die Möglichkeit,<br />
viele verschiedene Rollen auf echten<br />
Theaterbühnen zu spielen und sich als<br />
Schauspielerin zu erproben.<br />
Christine begann ihre Schulzeit in der<br />
Werkstatt und blieb dieser die meiste<br />
Zeit ihrer Schuljahre treu. Mit Begeisterung<br />
zeichnete sie, arbeitete viel mit Ton<br />
und mit allerhand anderen Materialien.<br />
Ihr künstlerisches und musikalisches Talent<br />
konnte sich während ihrer Schulzeit<br />
voll entfalten.<br />
Wann die beiden rechnen, schreiben<br />
und lesen lernten, konnten wir nicht so<br />
genau beobachten. Das lief nebenher.<br />
Nun, mit 16 Jahren gingen beide Mädchen<br />
aus der Schule. In der LWS haben sie<br />
gelernt Träume zu haben und Ideen zu<br />
verwirklichen. Sie haben die Erfahrung<br />
machen dürfen, wie sie ihr Feuer der Begeisterung<br />
für eine Sache in ein Projekt<br />
umsetzen und vollenden können. Dass<br />
viele Wege möglich sind und unkonventionelle<br />
Wege besonders reizvoll sind.<br />
Lebendig, mutig und voller Neugier und<br />
Tatendrang sind sie nun bereit sich auf<br />
neue Herausforderungen einzulassen.<br />
In diesem Jahr starteten wir erneut unseren<br />
Weg in die <strong>Lernwerkstatt</strong> mit unserer<br />
jüngsten Tocher Fiona. Durch die<br />
vorangegangenen Erfahrungen kann<br />
ich den neuen Start gelassener angehen.<br />
Schwierigkeiten in Elterninitiativen gehören<br />
zum Alltag, egal wie groß oder klein<br />
der Verein ist. Lernen passiert, wenn wir<br />
Eltern (gerade) nicht hinsehen. Wir sind<br />
schon sehr gespannt zu beobachten, wie<br />
Fiona sich auf ihrem Weg entfalten wird.<br />
Christa<br />
Angelika Waldmann Brandl
freigeist herbst 2011 16<br />
leben heißt<br />
begrenzt sein<br />
Der Alltag mit Kindern präsentiert uns Grenzsituationen in vielen Varianten. Selbst in einem kindgerechten<br />
Haushalt kommen wir <strong>im</strong>mer wieder in die Lage, „nein“ sagen zu müssen. Unzählige Gelegenheiten<br />
– um das Kind nicht zu „erziehen“, sondern ihm echte Zuwendung zu geben. Zusammenfassende<br />
Gedanken aus dem Buch „Freiheit und Grenzen – Liebe und Respekt“ von Rebeca Wild.<br />
t<br />
trifft ein Kind instinktiv starken inneren<br />
Entwicklungstrieben folgend auf<br />
Umstände, die seinem <strong>im</strong>pulsiven<br />
Treiben eine Grenze setzen, so ist es -<br />
nicht selten schmerzlich - gezwungen,<br />
erst einmal sich selbst zu spüren, seine<br />
Position zu klären, Abstand zu nehmen<br />
und sich dann neu zu orientieren. Dieser<br />
Vorgang findet, wenn er auf angemessene<br />
Art begleitet wird, in einer kom-<br />
Foto: David Meixner<br />
freigeist herbst 2011 17<br />
pädagogik begleiter der lws stellen ihre lieblingstexte vor<br />
plexen Auseinandersetzung zwischen<br />
innerem Drang und äußeren Wirklichkeiten<br />
statt. Vorausgesetzt, dass die Umgebung<br />
reich an Alternativen ist, ermöglicht<br />
er dem heranwachsenden Kind die<br />
Möglichkeit, auf einer höheren Stufe<br />
seines Bewusstseins Entscheidungen zu<br />
treffen und neue Schlüsse über die Beschaffenheit<br />
der Wirklichkeit zu ziehen.<br />
Tatsächlich verraten uns Kinder, denen<br />
diese organische Entwicklung fehlt, mit<br />
ihrem Verhalten, dass es ihnen nicht gut<br />
geht, dass ihnen eindeutig etwas fehlt.<br />
Sie blasen vielleicht Trübsal, zeigen sich<br />
leicht aggressiv, fühlen sich bei Konflikten<br />
mit anderen sofort angegriffen<br />
und sind unfähig, andere Standpunkte<br />
als ihren eigenen gleichwertig in Betracht<br />
zu ziehen.<br />
Kinder wie Erwachsene müssen in ihrem<br />
Leben <strong>im</strong>mer wieder durch Zeiten<br />
gehen, die Veränderungen bedeuten.<br />
Vielleicht sind es Veränderungen in den<br />
äußeren Umständen, doch selbst wenn<br />
das Umfeld noch so stabil erscheint, ist<br />
jeder einem inneren Wandel ausgesetzt,<br />
der als Krise oder Engpass, als Restrukturierung<br />
oder als Durchbruch zu einem<br />
neuen Zustand empfunden werden<br />
kann. Jedesmal wird eine Phase abgeschlossen<br />
und Altes zurückgelassen,<br />
obwohl das Neue noch nicht fassbar ist.<br />
Das beinhaltet <strong>im</strong>mer Ratlosigkeit, Unsicherheit,<br />
aber auch eine Suche, die unter<br />
Umständen jahrelang anhalten mag. Im<br />
Vergleich zu solchen speziellen Zeiten<br />
des Abschieds und der Ungewissheit<br />
sind die Schwierigkeiten, die aus alltäglichen<br />
Grenzerlebnissen entstehen,<br />
eher ein „Kinderspiel“. Doch wenn schon<br />
kleine Kinder <strong>im</strong>mer wieder erfahren<br />
können, dass Grenzen nicht „das Ende“,<br />
sondern Wendepunkte für etwas Neues<br />
bedeuten, so wächst in ihnen eine Stärke<br />
und das Verständnis für ihre eigenen<br />
Möglichkeiten. Solche Vertrautheit mit<br />
der inneren Umstellung auf neue Per-<br />
spektiven kann aber nur dann entstehen,<br />
wenn Kinder stets aufs Neue erleben<br />
konnten, dass sie selbst ihre Weichen für<br />
etwas Neues stellen durften und ihnen<br />
die Lösungen und Erklärungen nicht von<br />
außen übergestülpt worden sind.<br />
In der Schule haben wir es uns zum Anliegen<br />
gemacht, die spontanen kindlichen<br />
Aktivitäten zu respektieren. Jeder<br />
kann frei entscheiden, in welchem<br />
Bereich er sich jeweils aufhalten will.<br />
Dabei hat jeder Ort seine best<strong>im</strong>mten<br />
Regelungen: Draußen kann man laut<br />
sein und soviel herumspringen, wie man<br />
möchte, solange man andere nicht umrempelt.<br />
Drinnen gibt es stillere Bereiche<br />
mit verschiedenen Abstufungen. Wer <strong>im</strong><br />
Galopp hereinkommt und drinnen lärmt,<br />
bekommt die Grenze zu spüren und<br />
muss sich entscheiden, ob er drinnen<br />
leise oder draußen laut sein will. Kinder<br />
und Jugendliche wählen frei, an welchen<br />
Gruppenaktivitäten sie teilhaben<br />
möchten. Jede Gruppe einigt sich, unter<br />
welchen Bedingungen sie arbeiten will.<br />
Wer gegen diese selbstbest<strong>im</strong>mten Regelungen<br />
mehrfach verstößt, fliegt aus<br />
der Gruppe raus.<br />
In einer reich vorbereiteten Umgebung<br />
mit der Möglichkeit für spontane Aktivitäten<br />
aller Art erlebt sich jeder gleichzeitig<br />
als Individuum und als Teil einer<br />
Gemeinschaft, doch einer Gemeinschaft,<br />
die authentische Bedürfnisse respektiert<br />
und nicht a priori die Anpassung des<br />
einzelnen an die „anderen“ verlangt. Wir<br />
glauben, dass unter solchen Umständen<br />
Florian Ungerböck<br />
ist LWS-Abgänger<br />
und Begleiter in der<br />
<strong>Lernwerkstatt</strong><br />
echte Entwicklungsprozesse stattfinden<br />
können.<br />
Das Erleben von Grenzen hat etwas damit<br />
zu tun, ob Kinder sich selbst in ihrer<br />
Umgebung so wahrnehmen, dass sie<br />
sich orientieren und Verantwortung für<br />
sich selbst und das, was sie verursachen,<br />
übernehmen können. In unserer Situation,<br />
in der Kinder nicht durch einen<br />
Stundenplan best<strong>im</strong>mt werden, wird ein<br />
Für-sich-Einstehen dann zur Grundlage,<br />
sodass sie sich auch für ihren eigenen<br />
Lernprozess verantwortlich fühlen, dass<br />
sie Schwierigkeiten angehen, Hindernisse,<br />
die auch eine Art Grenze sind,<br />
überwinden und die Angebote der vorbereiteten<br />
Umgebung wahrnehmen,<br />
Rebeca<br />
Wild<br />
„Ich habe das Buch „Freiheit und Grenzen – Liebe<br />
und Respekt“ von Rebeca Wild gewählt, da es für<br />
mich <strong>im</strong>mer noch ein sehr zeitgemäßes Buch ist,<br />
das in berührender Klarheit die Rolle des Erwachsenen<br />
<strong>im</strong> Umgang mit Kindern aufzeigt – eine<br />
Rolle, in der es nicht darum geht, Kinder zu „erziehen“,<br />
sondern um echte Entwicklungsprozesse<br />
zuzulassen.“<br />
dank derer sie ihr Verständnis der Wirklichkeit<br />
<strong>im</strong>mer neu strukturieren können.<br />
Kinder, die mit Grenzen umzugehen<br />
lernen, stellen sich bereitwillig den<br />
Herausforderungen der operativen Entwicklungsphase<br />
und finden Übergänge<br />
zum abstrakten Denken, ohne den Boden<br />
unter den Füßen zu verlieren.
freigeist herbst 2011 18<br />
istrien 2011<br />
Fotos: Christian Haiden, Martin Huber, Elisabeth Mayr, David Meixner, Reinhard Kraus<br />
freigeist herbst 2011 19<br />
Unter vielen Namen<br />
Bin ich bekannt,<br />
Auch Papa werd ich<br />
gern genannt<br />
Und alle sagen zu mir :<br />
Hallo Papa!<br />
In da Schul,<br />
Do geht der Trubl weita<br />
Und ich brauch<br />
Fünf neue Kuglschreiba,<br />
Ich bin der Earl of Istriana<br />
Und alle sagen - Ahhh!<br />
Wenn ich<br />
auch ein David bin,<br />
In mir steckt ein richtiger<br />
Goliath drinn,<br />
Ich bin der Earl of Istriana<br />
und alle sagen - Ahhh!<br />
Earl<br />
of<br />
Istriana<br />
Thank you very much<br />
Englisch is ka Quatsch.<br />
Mit an Riddle<br />
Is des leicht vermittelt<br />
Und alle sagen zu mir<br />
Hello, how do you do?<br />
Im Geschäft<br />
Fühl ich mich so richtig wohl<br />
Und bald sind<br />
Die Einkaufstaschen voll,<br />
Und alle, die das sehen,<br />
Die sagen - was?<br />
Ich bin der neue Leiter,<br />
Ich geh mit der LWS weiter<br />
Ich bin und bleibe Begleiter,<br />
Entscheidungen<br />
sind jetzt gefragt<br />
Und wenns auch<br />
ein Würfel mir sagt.<br />
Ich bin<br />
eine künstlerische Natur,<br />
Ich hab lieber Mol statt Dur,<br />
Und alle, die meine<br />
Zeichnungen sehn,<br />
sagen - Wow!
freigeist herbst 2011 20<br />
„traditionelle autorität ist<br />
nicht akzeptabel“<br />
Antiautoritäre Erziehung, einst als Kritik an den rigoroseren Konzepten gedacht, hat inzwischen selber<br />
eine Gegenbewegung ausgelöst. Zu dieser kann man auch Ha<strong>im</strong> Omer zählen. Ein Team des freigeist<br />
befragte den Psychologieprofessor der Universität Tel Aviv, der Gandhis Vorstellungen von gewaltfreiem<br />
Widerstand auf Pädagogik und Familienarbeit überträgt.<br />
w<br />
ie ist Dein Konzept der „Neuen<br />
Autorität“ entstanden? Ist Dein<br />
Ansatz nur für „hochschwierige<br />
und gewaltbereite“ Kinder und Jugendliche<br />
gedacht?<br />
Als ich das Buch „Autorität und Beziehung“<br />
veröff entlicht hatte, da hatte ich<br />
ein Modell für „problematische“ Kinder<br />
entwickelt. Kein Modell für die allgemeine<br />
Erziehung, sondern ein korrektives<br />
Modell mit Lösungen, wie man problematische<br />
Situationen besser machen<br />
kann. Das Buch war wirklich an die Eltern<br />
von schwierigen und gewalttätigen<br />
Kindern gerichtet. Nachdem ich dieses<br />
Buch veröff entlicht hatte, sprachen mich<br />
Menschen an und meinten: aber das<br />
sind vielleicht auch ganz gute Ideen, wie<br />
man „normale“ Kinder großziehen kann.<br />
D.h. wie die „Neue Autorität“ von Eltern<br />
besser gelebt werden kann. Also diese<br />
Idee leuchtete ein. Aber dann musste<br />
ich meine Konzepte aufs Neue defi nieren<br />
und aufs Neue erdenken. Auf diese<br />
Weise begann ich über die Frage der<br />
Autorität nachzudenken. Jetzt war es<br />
schon eine normative Frage: „Wie kann<br />
man eine positive Form von Autorität<br />
defi nieren?“ Eine Autorität, die akzeptabel<br />
für unsere Gesellschaft - für eine freie<br />
Gesellschaft - ist und auch akzeptabel<br />
ist bezüglich unserer Ideale, wie wir<br />
als Eltern sein wollen. Das traditionelle<br />
Konzept einer Autorität, die auf Macht<br />
und Gehorsam basiert, ist für uns nicht<br />
mehr akzeptabel. Deshalb wurde Autorität<br />
diskreditiert und die Frage war, ob es<br />
vielleicht eine Form von Autorität gibt,<br />
die für uns, für unsere Generation, richtig<br />
sein könnte. Das war also der Ursprung<br />
dieser Idee der neuen Autorität.<br />
Was ist diese „Neue Autorität“?<br />
Eine Art von Autorität die unsere Generation<br />
anspricht, die für uns akzeptabel<br />
ist, die uns hilfreich ist, die für eine freie<br />
Gesellschaft relevant sein kann. Die<br />
Defi nition dieser Art von Autorität ist<br />
geeignet, die Ideen, die ich vorher für<br />
besonders schwierige Kinder dargestellt<br />
hatte, für alle Eltern vorzuschlagen und<br />
darzustellen. Die Idee besteht darin:<br />
wie kann der gewaltlose Widerstand in<br />
ein normatives Konzept für Kindererziehung<br />
übersetzt werden. So ist die Idee<br />
der „Neuen Autorität“ entstanden.<br />
Wie erkennen Kinder/Jugendliche die<br />
„Neue Autorität“ als Stärke?<br />
Kinder haben oft - ebenso wie ihre Eltern<br />
- ein Bild von Autorität als Macht. D.h. Autorität<br />
heißt für jemanden: wenn du ihm<br />
nicht gehorchst, wird etwas sehr Schl<strong>im</strong>mes<br />
passieren. Aber wir alle haben auch<br />
eine intuitive Idee: es gibt Leute, die<br />
stark sind, aber nicht zuschlagen. Es gibt<br />
auch ruhige Stärke, die wir alle aus unserer<br />
Erfahrung kennen. Eltern können<br />
also ihre Autorität statt auf Macht, wie es<br />
traditionellerweise gemacht wurde, auf<br />
Stärke aufbauen. Diese ruhige Stärke,<br />
also diese Ausstrahlung von einer sehr,<br />
sehr klaren und entschiedenen Haltung<br />
von einer Person die man nicht sehr<br />
leicht aus einer Haltung bringen kann.<br />
Kannst Du ein konkretes Beispiel<br />
beschreiben, das den Unterschied<br />
<strong>im</strong> Handeln (und in der Haltung) zwischen<br />
„alter“ und „neuer Autorität“<br />
zeigt?<br />
Traditionelle Autorität: die Eltern drohen<br />
oder bestrafen: “Entweder machst<br />
du das, oder…!” Die Betonung liegt<br />
gänzlich an dem Verhalten des Kindes.<br />
Die Interaktion ist eine Machtprobe, bei<br />
der entweder der Elternteil oder das Kind<br />
gewinnt. Wenn das Kind nicht gehorcht,<br />
müssen die Eltern weiter bestrafen, ansonsten<br />
haben sie verloren. Das Kind<br />
hingegen spürt, dass das Nachgeben<br />
eine totale Kapitulation bedeutet. Das<br />
Ergebnis: Das Kind fühlt sich verpfl ichtet<br />
den Befehlen zu widerstehen, um sich<br />
nicht als schwach und wertlos zu fühlen.<br />
Foto: Ha<strong>im</strong> Omer<br />
freigeist herbst 2011 21<br />
Manche Kinder werden dann lieber die<br />
Strafen einstecken als nachzugeben.<br />
Und sich darüber vielleicht sogar noch<br />
lustig machen: “Was, du willst mir den<br />
Computer wegnehmen? N<strong>im</strong>m auch<br />
gleich meine Stereo-Anlage und den<br />
Fernseher mit! Ich gebe nicht nach!”<br />
Und was wäre in diesem Bild die<br />
„neue Autorität“?<br />
Wenn die Eltern sagen: “Wir werden<br />
gegen dein gefährliches Verhalten Wi-<br />
derstand leisten, es ist unsere Pfl icht!”<br />
Das Kind: “Es wird nichts helfen! Ich<br />
mache es noch schl<strong>im</strong>mer!” Die Eltern:<br />
“Vielleicht hilft es nicht, es bleibt trotzdem<br />
unsere Pfl icht!” Das Kind versucht<br />
den Eltern zu zeigen, dass es nichts<br />
hilft. Es schreit, geht weg, schlägt die<br />
Tür zu und verschwindet stundenlang.<br />
Die Eltern machen eine Telefonrunde,<br />
geben nicht nach, und wiederholen:<br />
“Wir haben keine Kontrolle über deine<br />
Beine oder dein Mundwerk. Aber wir<br />
haben eben keine andere Wahl, wir sind<br />
nicht bereit dich aufzugeben!” Es ist<br />
nicht mehr eine Machtprobe. Nach und<br />
nach wird das Kind den Versuch machen,<br />
zu kooperieren. Das wurde möglich für<br />
das Kind, da die Kooperation nicht mehr<br />
ein Zeichen der Kapitulation ist. Eine<br />
Machtprobe – wenn die Eltern <strong>im</strong> Sinne<br />
der traditionellen Autorität gehandelt<br />
hätten – wird auf diese Weise zu einer<br />
ganz anderen Erfahrung der elterlichen<br />
Stärke. Am Ende sagt das Kind: “Ich<br />
habe mitgemacht, weil ich wollte!” Und<br />
das st<strong>im</strong>mt. Das Kind fühlt, dass es die<br />
Möglichkeit hatte zu kooperieren, ohne<br />
das Gefühl zu bekommen, dass seine<br />
Würde erniedrigt wurde.<br />
Kannst du ein Beispiel für den Erfolg<br />
des Konzeptes der neuen Autorität<br />
beschreiben?<br />
Wir haben diese Idee der neuen Autorität<br />
erprobt und untersucht. Wir wollten<br />
checken und überprüfen, ob Eltern oder<br />
Lehrer, die in dieser Richtung trainiert<br />
werden, als stark angesehen werden<br />
und ob sich die Verhaltensprobleme<br />
ändern. Aber auch ob diese Eltern und<br />
diese Lehrer auch weniger Ausbrüche<br />
haben, ob sie weniger aufbrausen, weniger<br />
die eigene Selbstkontrolle verlieren?<br />
Und genau das haben wir herausgefunden.<br />
Eltern und Lehrer, die so trainiert<br />
werden, zeichnen sich dadurch aus, dass<br />
sich das Verhalten der Kinder ändert,<br />
ohne dass sie die Kinder bedrohen und<br />
bestrafen müssen.<br />
Warum sollte die eigene Stärke an<br />
sich etwas bei Kindern/Jugendlichen<br />
bewirken?<br />
Es ist nicht nur die Stärke, es ist vor allem<br />
die Haltung! Stärkend kann auch eine<br />
Empfi ndungslosigkeit sein: eine Person<br />
die total stumpf ist, kann auch stark sein.<br />
Es geht nicht einfach um Stärke, sondern<br />
es geht um Stärke, die <strong>im</strong> Dienst der<br />
elterlichen Haltung entsteht. Wenn ich<br />
meine Pfl icht als Eltern fühle und stark<br />
bin, dann bewirkt das etwas bei Kindern<br />
und Jugendlichen. Wenn ich nur diese<br />
Pfl icht spüre und keine Stärke empfi nde,<br />
dann bin ich vielleicht nicht <strong>im</strong> Stande,<br />
das durchzusetzen oder die Kinder bekommen<br />
nicht ein Gefühl, dass meine<br />
Pfl icht in ihrem Leben etwas Wichtiges<br />
bewirken kann.<br />
Was ist an der „Erwachsenenpräsenz“<br />
so wichtig?<br />
Elterliche Präsenz ist die Erfahrung, die<br />
Kinder bekommen, wenn der Vater, die<br />
Mutter sich so verhalten, dass sie die<br />
Botschaft geben: ich bin deine Mutter,<br />
ich bleibe deine Mutter, du kannst mich<br />
nicht wegschieben, du kannst dich nicht<br />
von mir scheiden lassen, du kannst mich<br />
nicht vertreiben, du kannst mich nicht<br />
einschüchtern, ich bin da und ich bleibe<br />
da. Wenn das Kind diese Erfahrung<br />
hat, erlebt es die Mutter, den Vater als<br />
präsent. Und was für uns nicht weniger<br />
wichtig ist: auch die Mutter und der<br />
Vater erleben sich selbst als präsent.<br />
Sie sind nicht mehr einfach nur eine<br />
Geldmaschine oder ein Dienstgeber, sie<br />
sind da, als Eltern und sie bleiben da, als<br />
Eltern.<br />
Woran erkennen Kinder/Jugendliche<br />
den Unterschied zwischen Präsenz<br />
und Kontrolle?<br />
Wenn Kontrolle bedeutet, dass ich best<strong>im</strong>me,<br />
was das Kind macht und was<br />
nicht, dann ist Kontrolle nicht gleich<br />
Präsenz. Präsenz ist nicht das Vermögen,<br />
das Kind zu kontrollieren <strong>im</strong> Sinne<br />
von: zu best<strong>im</strong>men, zu diktieren, zu<br />
forcieren was es machen soll. Wir haben<br />
diese Kontrolle nicht! Aber wenn wir<br />
achtsame Sorge üben, d.h. wir da sind,<br />
dann best<strong>im</strong>men wir nicht, was Kinder<br />
machen. Wir best<strong>im</strong>men nur, was wir<br />
machen. Die Botschaft ist nicht mehr:<br />
du wirst machen, was ich sage, das ist<br />
die Botschaft der Kontrolle, sondern: ich<br />
werde machen, was ich sage, also Selbstkontrolle,<br />
statt Kontrolle.
freigeist herbst 2011 22<br />
Du betonst, dass durch die „Neue<br />
Autorität“ das gesellschaftliche<br />
Zugehörigkeitsgefühl des Kindes/Jugendlichen<br />
gestärkt wird. Wirkt die<br />
„Neue Autorität“ nur bei jenen, die<br />
diese Zugehörigkeit suchen?<br />
Neu ist auch die Zugehörigkeit der<br />
Eltern. Wir bilden ein Unterstützungsnetzwerk<br />
für die Eltern. Damit sind sie<br />
nicht mehr einsam, sie sind nicht mehr<br />
allein, sie fühlen sich unterstützt. Diese<br />
Unterstützung, die die Eltern spüren,<br />
färbt auf die Kinder ab. Von nun ab sehen<br />
sie die Eltern nicht mehr als einsam,<br />
sie werden die Eltern als Teil von einem<br />
größeren Netzwerks erleben. Kinder<br />
und besonders Jugendliche sind sehr<br />
gruppenorientiert. Sehr oft ist die einzige<br />
Erfahrung von Zugehörigkeit, die Zugehörigkeit<br />
zu ihrer eigenen Bande. Und<br />
plötzlich gehören nun auch die Eltern zu<br />
einer Gruppe und dann wird vielleicht<br />
das Gefühl in den Kindern geweckt: vielleicht<br />
ist das nicht so eine schlechte Idee,<br />
mich auch dieser Gruppe anzuschließen,<br />
da die Eltern nun nicht mehr einsam<br />
sind. Sie haben auch eine Gruppe und<br />
diese Gruppe ist nicht so schl<strong>im</strong>m, es<br />
gibt dort Leute, die Kinder sehr gern<br />
haben und die auch das Kind sehr liebt!<br />
Ich glaube, dass sich alle Kinder nach Zugehörigkeit<br />
sehnen. Es gibt Kinder, die<br />
nicht glauben, dass sie zu einer Gruppe<br />
gehören können, es gibt Kinder die dadurch<br />
schon verzweifelt sind. Gerade für<br />
diese Kinder kann es besonders wichtig<br />
sein, dass jetzt die Eltern nicht alleine<br />
auftreten, sondern zusammen mit einer<br />
unterstützenden Gruppe, die ihre Unterstützung<br />
den Kindern auch anbietet. Das<br />
wäre eine Möglichkeit, das Kind auf eine<br />
sehr positive Weise zu irritieren.<br />
Welche Rolle hat Schule und Pädagogik<br />
in Deinem Konzept?<br />
Die Idee der Neuen Autorität ist nicht<br />
nur eine Idee, die für Eltern relevant ist,<br />
sondern es ist eine Defi nition von Autorität<br />
in der Erziehung, also es ist genauso<br />
relevant für Lehrer, als auch für Eltern.<br />
Deshalb beschäftigt sich das Buch: „Die<br />
Neue Autorität“, in den ersten drei Kapiteln<br />
mit Eltern, dann die nächsten vier<br />
Kapitel mit Schule, Lehrern und Pädagogen<br />
und das letzte Kapitel mit ganzen<br />
Gemeinden.<br />
Können PädagogInnen, welche die<br />
alte Autorität leben, mit solchen,<br />
welche sich an der neuen Autorität<br />
orientieren, auf gute Weise zusammenarbeiten?<br />
Es gibt keinen Scheidepunkt, wo die alte,<br />
die traditionelle Autorität endet und die<br />
neue Autorität beginnt. Es gibt eine Zeit,<br />
wo die traditionelle Autorität sich mit der<br />
Neuen Autorität überlagert, man pendelt<br />
hin und her zwischen den beiden und<br />
nach und nach werden die Eltern bzw.<br />
die Lehrer vielleicht mehr und mehr überzeugt:<br />
ja, es kann auch so gut klappen,<br />
auch so auf die neue Weise! Auch in einer<br />
Schule wird es Lehrer geben die sagen,<br />
„das ist alles Stuss“, aber dann werden<br />
andere Lehrer anfangen, sich mit dieser<br />
neuen Weise zu versuchen und nach und<br />
nach werden sich Erfolgserfahrungen herumsprechen.<br />
Wir sind aber keine Missionare,<br />
wir sagen nicht, ihr müsst aufhören,<br />
Heiden zu sein. Wenn es so wäre, würden<br />
wir sehr wenige Leute mit unseren Konzepten<br />
beeinfl ussen!<br />
Welche Bedeutung hat die Gemeinschaft,<br />
die Gruppe <strong>im</strong> gewaltfreien<br />
Widerstand?<br />
Es gibt keinen isolierten gewaltfreien<br />
Widerstand. Wenn ich allein Widerstand<br />
zu leisten versuche, dann werde ich entweder<br />
gewalttätig werden oder nachgeben.<br />
Gewaltfreier Widerstand ist etwas,<br />
das <strong>im</strong>mer – wirklich <strong>im</strong>mer – in Gruppen<br />
stattfi ndet oder überhaupt nicht. Es gibt<br />
vielleicht einen Heiligen oder zwei, die<br />
gewaltfreien Widerstand einsam praktiziert<br />
haben, es ist eine sehr schlechte<br />
Idee. Es ist etwas ganz Wesentliches des<br />
gewaltfreien Widerstandes, dass er nicht<br />
allein betrieben wird.<br />
Die Methode der Neuen Autorität<br />
fordert ein starkes Augenmerk der<br />
Gemeinschaft auf die bestehenden<br />
Probleme. Verstärkt dieser Fokus<br />
Foto: David Meixner<br />
freigeist herbst 2011 23<br />
nicht nur die Orientierung an den<br />
Problemen? Insbesondere, wenn<br />
an einer Schule mehrere Probleme<br />
auftreten, wo die Gemeinschaft ja als<br />
Unterstützer involviert ist.<br />
Ich würde sagen, dass das Augenmerk<br />
nicht auf die Probleme gelegt wird, sondern<br />
auf die Autoritätspersonen. Statt<br />
<strong>im</strong>mer über die Probleme des Kindes zu<br />
denken: es macht dies, es macht das….<br />
Wir nennen das eine negative Hypnose:<br />
wir sagen, dass die Eltern von den Problemen<br />
negativ hypnotisiert sind. Das Augenmerk<br />
in der Idee der Neuen Autotität<br />
wird hingerückt zu einem andern Fokus.<br />
Der andere Fokus ist: ich kann dich nicht<br />
kontrollieren, aber mich - zumindest teilweise<br />
- schon. Also das Augenmerk wird<br />
auf die Autoritätsperson gelegt: was<br />
kann ich anders machen. Ich kann die<br />
Probleme nicht kontrollieren, ich kann<br />
sie nicht zum Verschwinden bringen.<br />
Und es wird auch Kinder geben, die noch<br />
gewalttätig sein werden, zumindest<br />
manchmal. Es wird noch Ausbrüche geben.<br />
Ich werde ein Kind nie so gestalten<br />
können, wie ich es will. Aber ich werde<br />
mich dazu annähern, dass ich mich ein<br />
bisschen besser kontrollieren kann und<br />
dadurch werden auch progressiv Änderungen<br />
in den Kindern gesehen. Diese<br />
Änderungen werden, das können wir auf<br />
Grund unserer Untersuchungen und Erfahrungen<br />
sagen, schnell erreicht. Aber<br />
sie werden nicht direkt bei den Kindern<br />
erreicht. Wir können sagen, dass bei der<br />
Neuen Autorität die Änderungen zuerst<br />
bei den Eltern oder Lehrern erzielt werden<br />
und progressiv nach und nach auch<br />
in der Interaktion zwischen Eltern oder<br />
Lehrern und Kindern. Die Interaktionen<br />
werden weniger durch Eskalation und<br />
durch Kontrollversuche gekennzeichnet<br />
sein und danach werden wir auch die<br />
Zeichen der Veränderung bei den Kindern<br />
beobachten können. Das sieht sehr<br />
langsam aus, ist aber ziemlich schnell.<br />
Bei mehreren Kindern zeigen sich diese<br />
Anzeichen schon nach einigen Tagen,<br />
bei anderen Kindern dauert es Wochen<br />
und bei anderen Kindern sehen wir nur<br />
sehr kleine Zeichen von Änderungen in<br />
den ersten zwei bis drei Monaten und<br />
erst nach vier bis fünf Monaten sehen<br />
wir tiefgreifende Änderungen.<br />
Warum ist das „förderliche Schamgefühl“<br />
des Täters hilfreich in der Vorbeugung<br />
erneuter Gewalttaten?<br />
Hier haben wir keine großen neue Sachen<br />
zu sagen, wir wissen, dass es keine<br />
menschlichen Gesellschaften gab, wo<br />
Scham nicht ein Mittel war, um Kinder<br />
zu belehren. Das ist absolut universal.<br />
Nur unsere Gesellschaft hat das Schamgefühl<br />
total negativ besetzt. Ich glaube,<br />
es ist nur dann negativ, wenn wir das<br />
Kind aktiv erniedrigen. Ich bin sicher, es<br />
ist negativ, wenn wir ihm mit den Finger<br />
vor dem Gesicht schütteln und sagen,<br />
du gehst dort in die Ecke und bist kein<br />
Teil von uns. Das ist diese Ausgrenzung,<br />
diese Erniedrigung ist ganz negativ.<br />
Aber wenn ich ganz anders verfahre,<br />
wenn ich sage: ich bin nicht bereit mit<br />
dem zu leben, was du tust und ich werde<br />
mit dem nicht allein bleiben. Ich werde<br />
andere Leute mit einbeziehen, die mich<br />
und dich lieben, dann schämt sich das<br />
Kind. Am Anfang manchmal schrecklich<br />
und versucht auch den Eltern das sehr<br />
scharf zu beweisen: das ist schl<strong>im</strong>m , das<br />
ist schrecklich, du hast mich verraten!<br />
Aber dann gibt es eine große Änderung,<br />
das ist nicht die bekannte Beschämung.<br />
Weil diese Leute, diese Unterstützer zu<br />
den Kindern kommen und sagen: du<br />
weist ich liebe dich, deine Ehre ist mir<br />
teuer und wir müssen Lösungen fi nden,<br />
die deine Ehre bewahrt, aber auch<br />
der Gewalt ein Ende setzt. Das ist ganz<br />
anders. Scham wird best<strong>im</strong>mt aufkommen,<br />
aber der Kontext der Scham ist<br />
ganz anders geworden. Und deshalb<br />
kann das Kind anders mit dieser Scham<br />
zurecht kommen, es gibt Alternativen.<br />
Also, es ist nicht das Gefühl, dass Scham<br />
<strong>im</strong>mer negativ ist, nein, es gibt keine Gesellschaft<br />
in der ganzen Weltgeschichte,<br />
die Kinder erzogen hat, ohne, dass die<br />
Kinder Scham spürten. Scham wurde<br />
<strong>im</strong>mer als legit<strong>im</strong>es erzieherisches Mittel<br />
angesehen. Wir haben die negative<br />
Seite der Scham verstanden, die es gibt
freigeist herbst 2011 24<br />
und die sehr bedeutend ist. Aber wir<br />
sind vielleicht zu dem anderen Extrem<br />
gegangen und haben Scham zur Pornographie<br />
gemacht. Kinder müssen lernen,<br />
mit dem Gefühl der Scham besser<br />
umzugehen. Sie brauchen sich dadurch<br />
nicht total zerbrochen fühlen und müssen<br />
darauf nicht sofort zurück schlagen.<br />
Kinder können lernen, dass sie dieses<br />
Gefühl verkraften können und eine andere<br />
Option wählen können.<br />
Die Forderung nach Wiedergutmachung<br />
ist ja kein neues Konzept. Warum<br />
ist es in der heutigen Pädagogik<br />
in Vergessenheit geraten?<br />
Wir haben alles, was mit Pfl icht zu tun<br />
hat, negativ besetzt. Also, Wiedergutmachung<br />
hat mit Pfl icht zu tun: „hey, du<br />
hast Schaden angerichtet, jetzt musst du<br />
ihn wieder gut machen“. Diese Idee ist<br />
keine moralische Idee. Wir versuchen,<br />
Kinder ohne moralisches Konzept zu<br />
erziehen.<br />
In den Seminaren und in den Büchern<br />
weist Du auf die Konsequenzen<br />
einer zu nachgiebigen Haltung gegenüber<br />
Kindern/Jugendlichen hin:<br />
Positives Feedback allein scheint zu<br />
wenig für eine vitale Entwicklung des<br />
Menschen zu sein. Wie sieht die notwendige<br />
Ergänzung zum positiven<br />
Feedback aus, wenn wir dabei eine<br />
non-direktive, liebevoll-respektvolle<br />
Grundhaltung wahren wollen?<br />
Es geht nicht um negatives Feedback,<br />
sondern um Forderungen. Wenn wir<br />
einem Kind sagen: „Das musst du tun,<br />
das ist deine Pfl icht!“, dann stelle ich die<br />
Kinder vor eine Herausforderung. Das ist<br />
auch eine Sache von Respekt und bedeutet:<br />
„Ich bin sicher, dass du es kannst,<br />
Ha<strong>im</strong> Omer<br />
dass du <strong>im</strong> Stande bist das zu tun, dass<br />
du fähig bist, das zu verkraften.“ Wenn<br />
ich den Kindern <strong>im</strong>mer sage: „Kannst<br />
du dies tun…“, dann ist das auch eine<br />
respektlose Haltung, weil ich vermittle:<br />
„Ich glaube nicht, dass du <strong>im</strong> Stande<br />
bist das zu tun oder damit zurecht zu<br />
kommen.“ Es gibt Kinder, die den Eltern<br />
das direkt sagen. Es gibt Jugendliche,<br />
die Eltern beschuldigen: „Ihr habt nie<br />
geglaubt, dass ich <strong>im</strong> Stande wäre, mit<br />
etwas Schwerem zurecht zu kommen!“<br />
Das ist eine sehr interessante Beschuldigung,<br />
keine traditionelle Beschuldigung.<br />
Das ist eine Beschuldigung, die in<br />
unserer Generation entstanden ist.<br />
Was können Eltern/Pädagogen von<br />
Deinem Workshop in Wien erwarten?<br />
Ohh, viel Spaß, das kann ich versprechen!<br />
Und natürlich viel Praktisches!<br />
Worauf ich abziele ist, dass die Eltern,<br />
Therapeuten, Pädagogen, die zu diesem<br />
Seminar kommen, schon am nächsten<br />
Tag fähiger sein werden, wachsame<br />
Sorge mit Kindern und Jugendlichen zu<br />
praktizieren, sie besser zu behüten. Die<br />
Behütung bedeutet elterliche Präsenz<br />
und elterliche Autorität. Durch diese<br />
Behütung und diese wachsame Sorge<br />
wird das Risiko, dem das Kind ausgesetzt<br />
ist, viel kleiner. Mein Ziel ist, dass<br />
Eltern, Lehrer, Therapeuten in diesem<br />
Workshop praktische Möglichkeiten <strong>im</strong><br />
Umgang mit den pädagogischen Herausforderungen<br />
lernen. Ich bin sicher,<br />
dass einige dieser Werkzeuge für die<br />
Teilnehmer sofort, auf einer praktischen<br />
Ebene, anwendbar sein werden.<br />
Das Interview führten Martin Huber, David<br />
Meixner und Angelika Brandl<br />
ist 1949 als Sohn jüdischer Eltern, die den Holocaust<br />
überlebt hatten, in Brasilien zur Welt gekommen.<br />
Als 18-jähriger wanderte er nach Israel<br />
aus, wo er seither lebt. Als Offi zier entwickelte<br />
er eine Behandlungsmethode für kriegstraumatisierte<br />
Soldaten. Später begann er mit dem<br />
Coaching von Eltern, die sich von ihren Kindern<br />
hoff nungslos überfordert und gar bedroht<br />
fühlten. Hunderte von Familien sind in seinem<br />
Programm in Israel seither beraten worden.<br />
Sein Prinzip, das in den Büchern «Autorität ohne<br />
Neue Autorität<br />
und Gewaltloser<br />
Widerstand<br />
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Gewalt» und «Autorität durch Beziehung» auch<br />
dem deutschsprachigen Publikum zugänglich<br />
ist, nennt er «elterliche Präsenz». Dazu gehört,<br />
dass Eltern dem Kind klar zu verstehen geben,<br />
wenn sie mit seinem Verhalten nicht einverstanden<br />
sind. Zu einem Zeitpunkt ihrer Wahl,<br />
wenn die Gemüter sich beruhigt haben, setzen<br />
sie sich mit dem Kind zusammen, fordern es auf,<br />
Verbesserungsvorschläge zu liefern, und warten<br />
schweigend auf das Resultat. Handeln statt endlos<br />
zu reden, ist dabei der Grundsatz.<br />
Foto: Ha<strong>im</strong> Omer<br />
freigeist herbst 2011 25<br />
KreaMont- eine schule <strong>im</strong><br />
wandel der zeit<br />
„Montessori-Schulen sind Leistungsschulen, weil Kinder und Jugendliche etwas leisten wollen, wenn man<br />
ihnen Anregungen bietet und sie selbstständig arbeiten lässt.“<br />
(Dietrich Raapke, Universität Oldenburg, Montessori-Vereinigung D, 2003)<br />
w<br />
er sind wir<br />
Der Verein „KreaMont – Kreatives<br />
Lernen nach Maria Montessori“ wurde<br />
1994 gegründet, um Kindern ein freies<br />
Lernen nach Montessori-Grundsätzen<br />
zu ermöglichen. 11 Kinder nutzten damals<br />
<strong>im</strong> ersten Jahr die Möglichkeit und<br />
besuchten die KreaMont Schule.<br />
Heute ist die KreaMont eine Gesamtschule<br />
für 6 bis 14-Jährige, die sich in<br />
Pr<strong>im</strong>aria, Vorsekundaria und Sekundaria<br />
gliedert. Diese Unterteilung ist in erster<br />
Linie keine räumliche, sondern eine<br />
strukturelle, die sich aus der Arbeitsweise<br />
und den veränderten sozialen<br />
Bedürfnissen und Entwicklungsschritten<br />
ergibt. In der Sekundaria stehen den<br />
Jugendlichen eigene Räumlichkeiten<br />
zur Verfügung, außerdem ist eine selbstverwaltete<br />
Hortgruppe angeschlossen,<br />
die besonders von den jüngeren SchülerInnen<br />
gerne besucht wird.<br />
Wie tun wir<br />
Hauptsächlich orientieren wir uns an<br />
den Grundsätzen und dem Menschenbild<br />
der Pädagogik von Maria Montessori,<br />
aber auch an anderen reformpädagogischen<br />
Ansätzen, wie beispielsweise<br />
Rebecca und Mauricio Wild (Gestaltung<br />
der Räume, kindliche Entwicklung) und<br />
Celestin Freinet (Begleitung der Schreibentwicklung).<br />
Grundlage unserer Unterrichtsform ist<br />
die „Freiarbeit“. In den Bereichen Mathematik,<br />
Sprache, Kosmos, Werken und<br />
Kreatives präsentieren die LehrerInnen<br />
regelmäßig Materialien und sorgen für<br />
Angebote, welche lebensnah sind und<br />
die Umgebung der Kinder einbeziehen.<br />
Die Kinder können wählen was, wann,<br />
wie und mit wem sie arbeiten, aber nicht<br />
ob sie arbeiten wollen.<br />
Anhand von umfassenden Themen, die<br />
über einen längeren Zeitraum behan-<br />
delt werden, lernen die Kinder projektorientiertes<br />
Arbeiten auf ganzheitlicher<br />
Basis kennen.<br />
Sowohl das Team wie auch Kinder und<br />
Eltern wünschen sich verstärkte Präsenz<br />
von externen ExpertInnen an der Schule,<br />
die ihr Wissen aus der Praxis direkt an<br />
die Schule bringen. Man könnte auch<br />
von Wissensdurst sprechen, von einer<br />
Bildungsneugier, die sich darin äußert,<br />
so viel Neues wie möglich zu entdecken<br />
und sich zu eigen zu machen.<br />
Worin sind wir eingebettet<br />
Das soziale Umfeld, in dem eine selbstverwaltete<br />
freie Schule lebt, spielt für<br />
SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen<br />
eine maßgebliche Rolle. Erfahre ich<br />
mich als AußenseiterIn, als RebellIn, als<br />
unbedeutender oder wertgeschätzter<br />
Teil einer größeren Gemeinschaft?<br />
Glücklicherweise zählt unsere Schule<br />
Weihnachtskanone, A4, schwarzweiß, Daniel Ornetzeder: Dem Weihnachtsmann sind seine Rennpferde davongefl<br />
ogen und der ist zu faul, um ins Dorf zu gehen, deshalb schiesst er die Geschenke mit der Kanone dahin.
freigeist herbst 2011 26<br />
zu letzteren und trägt durch zahlreiche<br />
Veranstaltungen zum kulturellen Leben<br />
in St. Andrä-Wördern bei. Jedes Jahr<br />
fi nden Events statt, vom Flohmarkt über<br />
Podiumsdiskussionen bis zum Clubbing<br />
<strong>im</strong> Strombauamt. Man könnte sagen,<br />
ein warmer Wind begünstigt das soziale<br />
Wachsen und Entfalten an diesem Ort.<br />
Das Engagement hat aber auch handfeste<br />
fi nanzielle Gründe: Im Unterschied zu<br />
konfessionellen Privatschulen erhalten<br />
Alternativschulen nur einen geringen<br />
staatlichen Zuschuss zu den Gehaltskosten<br />
der LehrerInnen, die gemäß Kollektivvertrag<br />
entlohnt werden. Dieser<br />
Zuschuss entspricht nur ca. 2,5 % der<br />
Gesamtausgaben der Schule. Der größere<br />
Teil wird durch Elternbeiträge, Sponsoring,<br />
Zuwendungen der Gemeinde<br />
und umfangreiche Elternmitarbeit in der<br />
Schule sowie mit diversen Aktivitäten<br />
wie Benefi zveranstaltungen bestritten.<br />
Wie sind wir organisiert: Die Delegiertenversammlung<br />
Im letzten Jahr ist nicht nur das Schulgebäude<br />
saniert worden, auch die Organisation<br />
hat sich weiterentwickelt. Um die<br />
Kommunikation zwischen Team, Vorstand<br />
und Eltern zu verbessern, wurde eine<br />
neue Struktur in Form von Arbeitskreisen<br />
und Delegiertenversammlungen initiiert.<br />
Vorbild dafür waren andere selbstverwaltete<br />
Schulen, der Mitgliedergröße stetig<br />
gewachsen ist. Off ensichtlich braucht es,<br />
um eine Initiative auch mit vielen Mitgliedern<br />
lebendig zu halten, neue Wege der<br />
Partizipation. Im Moment beobachten<br />
manche gespannt, andere freudig die<br />
aus der Umgestaltung geborenen Diskussionsprozesse.<br />
Davon wird an anderer<br />
Stelle zu berichten sein.<br />
Was beschäftigt uns gerade: Inklusion<br />
Ein weiterer neuer Weg wird nächstes<br />
Jahr auch mit der Inklusion von Merlind,<br />
der Schwester von zwei langjährigen<br />
KreaMont Schülerinnen, beschritten.<br />
Bisher hat sich leider weder eine öffentliche<br />
noch eine private Stelle für die<br />
monetäre Unterstützung der Integration<br />
eines Kindes mit Down-Syndrom<br />
zuständig gefühlt.<br />
Entgegen allen Verriegelungen gelingt<br />
jedoch in selbstorganisierten Einrichtungen,<br />
was sonst nicht möglich<br />
scheint: Unter Einsatz des familiären<br />
Privatvermögens und in der Hoff nung<br />
auf genügend Solidaritätsbeiträge kann<br />
eine Sonderpädagogin, die Merlind<br />
begleiten wird, eingestellt werden. Für<br />
etwaige Tipps und Tricks über Finanzierungsmöglichkeiten<br />
sind wir nach wie<br />
vor dankbar!<br />
Ethik als Unterrichtsprinzip<br />
Leiterin der Pr<strong>im</strong>aria, Martina Zeischka,<br />
begab sich vor 3 Jahren auf die Suche<br />
nach dem, was in Regelschulen als<br />
Ethik-Unterricht in einzelnen Stunden<br />
vermittelt werden soll. Und siehe da, sie<br />
entdeckte Ethik als roten Faden, als Unterrichtsprinzip<br />
quer durch alle Inhalte:<br />
„Ihr interdisziplinärer Charakter ermöglicht<br />
die wirksame Koordination der<br />
Lernbereiche unter Ausnützung ihrer<br />
Querverbindungen.<br />
Im schulischen Alltag wird Ethik <strong>im</strong> täglichen<br />
Zusammensein mit den Kindern<br />
in verschiedenen Arbeitsituationen<br />
gelebt, wie z.B. in Versammlungen und<br />
Gesprächskreisen, durch die Begleitung<br />
von Konfl ikten, <strong>im</strong> Zusammenleben in<br />
der Gemeinschaft und dem gemeinsa-<br />
men Finden von Regeln, als unterstütztes<br />
Bewusstmachen von Selbst– und<br />
Fremdwahrnehmung, in der begleiteten<br />
Entwicklung von Selbstwert und Selbstvertrauen,<br />
als Raum für Selbstausdruck<br />
und Selbstdarstellung (<strong>im</strong> kreativen<br />
Bereich), Vermittlung des dialogischen<br />
Prinzips, um in toleranter Weise den<br />
Werten anderer begegnen zu können,<br />
<strong>im</strong> verantwortungsvollen Umgang mit<br />
Umwelt und Natur und als Refl exion <strong>im</strong><br />
sozialen Bezugssystem.“<br />
Dazu zählt auch das Vertrauen in und der<br />
Respekt vor dem Inneren Entwicklungs-<br />
plan, den „jeder „ Mensch in sich trägt. Das<br />
bedeutet, dass Kinder von Natur aus die<br />
Welt entdecken, erforschen und begreifen<br />
wollen. Je mehr ein Kind in einer liebevollen<br />
Umgebung und in Geborgenheit aufwächst,<br />
umso mehr kann es sich auf dieses<br />
Entdecken und Erforschen einlassen. Wir<br />
gehen davon aus, dass ein Kind, das sich auf<br />
die ihm entsprechende Weise in Phasen von<br />
Aktivität und Ruhe entwickeln und seine individuellen<br />
Lernprozesse durchlaufen kann,<br />
sich wohl fühlt und seine Persönlichkeit<br />
aufbauen wird. Dieser Prozess ist in jedem/r<br />
von uns einzigartig angelegt und entfaltet<br />
sich durch einen ständigen Austausch mit<br />
seiner/ihrer Umgebung.“ Umgebung. (Auszug aus dem<br />
Pädagogischen Konzept).<br />
In dieser achtsamen, nicht-urteilenden<br />
Haltung können sich die grundlegenden<br />
Kernkompetenzen entwickeln. Selbst-,<br />
Sozial- und Sachkompetenz sind Teil der<br />
Persönlichkeitsentfaltung des jungen<br />
Menschen und sind als Säulen unserer<br />
Bildungsarbeit zu sehen.<br />
Erdkinderplan: Wir kochen selbst<br />
freigeist herbst 2011 27<br />
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Essentiell ist auch die Möglichkeit,<br />
außerschulische Arbeitsfelder wie den Beiwen Bu Comic mit Untertitel, Cosmo S<strong>im</strong>a<br />
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freigeist herbst 2011 28<br />
Imker oder den Bauern regelmäßig besuchen<br />
zu können. Eine Art ausgelagerte<br />
Werkstätte wäre ein Segen, ein Ort wo<br />
sich jugendliche SchülerInnen in handwerklichen,<br />
sozialen, technischen oder<br />
kreativen Handlungsfeldern selbst erfahren<br />
könnten. Dazu wären <strong>im</strong> Moment<br />
allerdings wieder die Ressourcen einiger<br />
helfender Hände nötig.<br />
Einen dieser angewandten Lernorte<br />
haben sich Kinder und LehrerInnen <strong>im</strong><br />
letzten Schuljahr erobert: Gekocht wird<br />
<strong>im</strong> Projektunterricht von den SchülerInnen,<br />
abwechselnd begleitet von einem<br />
Erwachsenen.<br />
Vater Peter S<strong>im</strong>a erklärt, wie´s geht: „In der<br />
Früh entscheiden wir gemeinsam, was<br />
gekocht wird. Danach gehe ich mit den<br />
Kindern einkaufen. Eine Kochliste und<br />
eine Essensliste wird ausgehängt, in die<br />
sich alle eintragen, die an diesem Tag kochen<br />
oder/und essen wollen. Alles funktioniert<br />
also sehr spontan. Am schönsten ist<br />
es dann, wenn ich merke, dass die Kinder<br />
ganz das Kommando übernehmen und<br />
sie mich wegschicken, in ihrer Zeit arbeiten<br />
und ganz <strong>im</strong> Tun aufgehen.“<br />
Auch Lehrerin Manu Gusterschitz genießt<br />
die sinnlichen Auswirkungen: „Die<br />
Qualität des Essens verbessert sich. Wir<br />
verwenden so viel wie möglich biologische<br />
Nahrungsmittel. Es schmeckt<br />
besser und das Kochen ist ein sinnliches<br />
Erlebnis für die Kinder. Wenn die ersten<br />
Gerüche gegen Mittag durch die Schule<br />
ziehen, schnuppern sie und fragen,<br />
was es denn heute gibt oder kommen<br />
nachschauen. Außerdem haben wir<br />
die Entdeckung gemacht, dass selbst<br />
kochen günstig ist! Ich bin begeistert<br />
davon, dass gerade die jungen Kinder so<br />
selbstverständlich und gut kochen.“<br />
Gemeinsam auf dem Weg<br />
Vieles wäre noch zu erzählen von<br />
nachhaltigen Jahresprojekten unserer<br />
Ökolog-Schule: vom Erlernen der Imkerei,<br />
oder vom Bau des Lehmofens und<br />
Korndreschens be<strong>im</strong> Projekt „Vom Korn<br />
zum Brot“, oder vom Lesepass und der<br />
alljährlich heiß ersehnten Lesenacht…<br />
Trotzdem möchte ich hier enden, einerseits<br />
um den feinen Zeichnungen<br />
Spiegelwelt, A4, Christoph Leyrer:<br />
Das ist ein Spiegelbild. Ein Mensch<br />
ist in der Mitte und wird gespiegelt.<br />
Oben sind Tornados. Der<br />
Tornado kommt auf den Menschen<br />
zu und saugt ihn auf. Dann ist er in<br />
der Tornadowelt. Jedes Spiegelbild<br />
ist ein bisschen anders und eine<br />
eigene Welt.<br />
und Comics der SchülerInnen Raum zu<br />
geben, andererseits um Schulleiterin Renate<br />
Zipser-Scherenzel die Schlussworte<br />
zu überlassen:<br />
„So zeigt sich einmal mehr, dass unsere<br />
Schule ein Ort des gemeinsamen Wachsens<br />
ist, was manchmal anstrengend<br />
sein kann, dann wieder aufregend und<br />
schön. Stetigkeit und Wandel gehen<br />
ineinander über, Bewahren und Entwickeln<br />
müssen zugleich ihren Platz haben,<br />
dort wo Menschen gemeinsam an einer<br />
selbst organisierten und selbst gestalteten<br />
Schule arbeiten. Dazu gehört auch,<br />
dass wir nicht <strong>im</strong>mer oder nur selten<br />
perfekt sind und auch damit klarkommen<br />
müssen. Die feinen Momente, die<br />
es jeden Tag in so einer Gemeinschaft<br />
mit den Kindern gibt, überzeugen uns<br />
<strong>im</strong>mer wieder, dass wir auf dem richtigen<br />
Weg sind.“<br />
Tanja Täuber, Renate Zipser-Scherenzel,<br />
Martina Zeischka<br />
www.kreamont.at<br />
freigeist herbst 2011 29<br />
buchtipp<br />
Andreas Weber<br />
„Mehr Matsch -<br />
Kinder brauchen Natur“<br />
Ullstein-Verlag, Berlin 2011,<br />
256 Seiten, € 18,00<br />
Wie riecht es <strong>im</strong> Wald? Wie fühlt sich ein<br />
Baumstamm an? Wie sieht ein Fink aus?<br />
Statt Frösche zu fangen, Baumhäuser zu<br />
bauen oder mit beiden Händen <strong>im</strong> Matsch<br />
zu wühlen, sitzen Kinder vor dem Fernseher<br />
oder Computer. Ohne Nähe zu Pflanzen<br />
und Tieren aber verkümmert ihre<br />
emotionale Bindungsfähigkeit. Empathie,<br />
Phantasie, Kreativität und Lebensfreude<br />
verschwinden.<br />
Kinder lieben und brauchen Natur. Doch<br />
heute strolchen sie kaum mehr <strong>im</strong> Freien<br />
herum. Eine Katastrophe für die Gesellschaft,<br />
sagt der Philosoph und Biologe Andreas<br />
Weber.<br />
Weber legt mit „Mehr Matsch!“ ein beherztes<br />
Plädoyer dafür vor, Kinder wieder<br />
in der Natur spielen zu lassen. In der Natur.<br />
Nicht auf dem Spielplatz. Ohne Erwachsene!<br />
Das 250-Seiten starke Buch ist <strong>im</strong> Frühjahr<br />
2011 <strong>im</strong> Ullstein-Verlag erschienen.<br />
Kinder sollen Natur nicht lernen, sie sollen<br />
sie sich wieder selbst als Teil ihres Lebensraumes<br />
erschließen können. Sprich:<br />
Frei, alleine, selbstbest<strong>im</strong>mt mit ihren<br />
Kameraden spielen. Und zwar draußen.<br />
Dort, wo es um „Leben und Tod“ geht, wo<br />
lebendige, chaotische Materie sich selbst<br />
organisiert.<br />
Weber kann mit diesem Buch getrost als<br />
der Richard Louv des deutschsprachigen<br />
Raumes bezeichnet werden, dessen Klassiker<br />
„Last Child in the Woods“ <strong>im</strong> Beltz-Verlag<br />
nun auch auf Deutsch erschienenen ist.<br />
Er führt eine Reihe von Belegen dafür an,<br />
dass der Kontakt zu Natur und Tieren für<br />
Kinder notwendig für eine gesunde Entwicklung<br />
ist. Weber spricht ausgiebig von<br />
‚magischen Banden‘ zwischen Tieren und<br />
Kindern. Doch auch die Tiere sind großteils<br />
aus dem Leben der Kinder verschwunden.<br />
Der Autor versucht auch, die Gründe für<br />
die Entfremdung von der Natur zu finden<br />
und zieht gekonnt eine Linie von Descartes<br />
über Darwin bis hin zu Freud und<br />
Piaget, dessen Konstruktivismus er scharf<br />
kritisiert.<br />
Und natürlich spielt auch die Schule eine<br />
große Rolle. Sie gehört reformiert. „Statt<br />
in PISA-Hektik und andere Panik auszubrechen,<br />
sollten wir den Zweck der Schule viel<br />
stärker darin suchen, mehr Lebendigkeit<br />
herzustellen.“<br />
Weber untermauert seine Thesen nicht nur<br />
mit Statistiken, Gehirnforschung, Philosophie<br />
und Psychologie, sondern auch mit<br />
eigenen Erfahrungen mit seinen beiden<br />
Kindern:<br />
„Wollt ihr nicht ein Baumhaus bauen?“,<br />
fragte ich meinen gelangweilten Sohn. „Ihr<br />
alle, du und deine Freunde? Ihr könnt sämtliches<br />
Holz <strong>im</strong> Schuppen haben und ihr dürft<br />
alle Werkzeuge benutzen.“ Eine Premiere.<br />
Wenn schon, denn schon, dachte ich. Stille.<br />
Dann: „Wirklich alle Werkzeuge? Auch die<br />
Säge?“. „Ja.“ Ich atmete tief durch. „Auch<br />
den Vorschlaghammer?“. „Ja. Alle.“. Es war,<br />
als hätte ich einen Zauberspruch getan. Es<br />
dauerte keine dreißig Sekunden, und die<br />
Schuppentür stand offen. Als ich das nächste<br />
Mal aus dem Fenster blickte, sah ich, wie<br />
ein halbes Dutzend Neun- und Zehnjähriger<br />
die Schubkarre belud und in Richtung Wald<br />
verschwand. Manchmal hörte ich entferntes<br />
Klopfen. In den nächsten Tagen sahen wir<br />
Max nur bei den Mahlzeiten, und das auch<br />
nicht <strong>im</strong>mer. Morgens klingelte er oft schon<br />
vor dem Frühstück bei seinen Freunden. Alle<br />
brannten darauf, so schnell wie möglich zu<br />
ihrem Fort zu kommen. Im Handumdrehen<br />
hatten sie einen Platz dafür gefunden und<br />
die ersten tragenden Planken an die Bäume<br />
genagelt. Dann begann das Ausgestalten,<br />
Verbessern, Dachabdichten (jawohl, in diesem<br />
kleinen Brachstück fanden sich so viele<br />
weggeworfene Plastikfolien und -planen,<br />
dass man damit hervorragend eine Hütte<br />
decken konnte). Kaum hatten Max und seine<br />
Freunde ihr Lager aufgeschlagen, begann<br />
eine konkurrierende Gruppe kleiner Jungs<br />
ein Stück weiter entfernt mit einem ähnlichen<br />
Unternehmen. Nachts klauten sie einander<br />
Bretter. Krieg der Knöpfe! Wir sprachen bei<br />
Tisch über nichts anderes. Max war vollkommen<br />
absorbiert.<br />
Im Laufe von ein paar Tagen hatte das Fort-<br />
Spiel praktisch alle Kinder in der Straße in<br />
seinen Bann gezogen. Auch die Mädchen<br />
waren dabei und nagelten mit, verschönten<br />
und sägten, sammelten und scharrten, dekorierten,<br />
kochten für alle mit Blättern und Steinen.<br />
Es war eine Kinderhorde, wie <strong>im</strong> Buche<br />
steht, geschlechtsgemischt, altersheterogen,<br />
eingebettet in die aufblühende Vegetation.<br />
Neue Freundschaften, die dabei entstanden,<br />
haben sich als dauerhaft erwiesen.<br />
Dann bekamen die Behörden von der Sache<br />
Wind. Vielleicht hatte ein Nachbar, dem das<br />
Gehämmer zu laut war, die Kleinen angezeigt?<br />
Der böse Nachbar, der das Lebendige<br />
hasst und den es <strong>im</strong>mer irgendwo gibt? Jedenfalls<br />
klebte eines Morgens ein offiziell<br />
aussehender Zettel am Eingang des Brettergewirrs<br />
<strong>im</strong> Wald, vor dem die Kinder am<br />
Abend zuvor ordentlich gefegt hatten. Es sei<br />
>> Anzeige erstattet worden
freigeist herbst 2011 30<br />
„an schulschwächen sind<br />
wir erwachsenen schuld“<br />
Ein Blick in ein vollständig anderes Bildungssystem, der zur Klärung der Frage beitragen kann, warum die<br />
Finnen <strong>im</strong> Pisa-Test so überlegen sind. Reiseeindrücke von Tina Göbel<br />
l<br />
ehrer werden in Finnland extrem<br />
geschätzt und respektiert, jedes<br />
Jahr bewerben sich tausende junge<br />
Menschen um einen Platz in der Lehrerausbildung,<br />
jedoch nur ungefähr jeder<br />
zehnte wird genommen. Die Junglehrer<br />
werden genauestens beäugt, in<br />
Gesprächssituationen wird die Persönlichkeit<br />
genauestens getestet. Spricht<br />
ein Kandidat nie oder redet er ununterbrochen,<br />
so scheidet er aus. Personen,<br />
die gut zuhören können, Ideen schnell<br />
aufgreifen und weiterentwickeln, haben<br />
eher Chancen auf einen der wenigen<br />
begehrten Plätze.<br />
Im individuellen Fördersystem liegt der<br />
Schlüssel des Erfolgs: Das frühe Erkennen<br />
von Schwächen ist ein generelles<br />
Prinzip des fi nnischen Schulwesens.<br />
Dazu gehört bestmögliche Förderung<br />
in der Klasse, nur <strong>im</strong> äußersten Fall gibt<br />
es kleine Nachhilfegruppen. Denn die<br />
Kinder sollen so lange wie möglich <strong>im</strong><br />
Klassenverband integriert bleiben und<br />
so schnell wie möglich einen Level erreichen,<br />
um dem normalen Unterricht<br />
folgen zu können. Spezielle Förderprogramme<br />
sind auf allen Ebenen Teil des<br />
Schulsystems, private Nachhilfelehrer<br />
sind weitgehend unbekannt. Schüler<br />
bekommen entweder Hilfe von einem<br />
Assistenten, der sie direkt <strong>im</strong> Unterricht<br />
unterstützt, oder erhalten Spezialunterricht<br />
in kleinen Gruppen. Schnell sollen<br />
sie ein Level erreichen, der es ermöglicht,<br />
wieder dem normalen Unterricht<br />
folgen zu können. Das ist ein wichtiger<br />
Grund, warum das skandinavische Bil-<br />
Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist gut. Alle duzen sich.<br />
dungssystem um so viel erfolgreicher ist<br />
als das österreichische.<br />
Die Direktorin Leena Lahtinen beschreibt<br />
den fi nnischen Zugang zur<br />
Bildung so: „Wir haben die Einstellung,<br />
dass bei Schulschwächen wir Erwachsenen<br />
versagt haben. Wir haben dann<br />
entweder nicht hingesehen oder uns zu<br />
wenig überlegt, wie wir dem Kind helfen<br />
können.“<br />
Nicht zufällig hat Finnland weltweit den<br />
größten Anteil an hochbegabten Schülern<br />
und die geringste Anzahl von Risikoschülern.<br />
Kaum zehn Prozent zeigen<br />
in mindestens einem Fach Schwächen,<br />
während an die 33 Prozent in mindestens<br />
einem Gegenstand überdurchschnittlich<br />
gut sind. In Österreich beträgt der<br />
Anteil in der Spitzengruppe hingegen<br />
nur zwanzig Prozent, gleich dre<strong>im</strong>al so<br />
viele Schüler zeigen Schwächen.<br />
Trotz spezieller Einzelförderung ist das<br />
fi nnische Bildungssystem wesentlich<br />
günstiger als das österreichische. Weniger<br />
als 45.000 Euro werden pro Schüler<br />
<strong>im</strong> Jahr ausgegeben, in Österreich sind<br />
es mehr als 55.000. Die hohen Ausgaben<br />
kommen aber hierzulande kaum be<strong>im</strong><br />
Schüler an, viel Geld verpuff t in der aufgeblähten<br />
Verwaltung.<br />
Die Gesamtschule Läns<strong>im</strong>äki besuchen<br />
Schüler unterschiedlicher sozialer Herkunft,<br />
dreißig Prozent sind Kinder mit<br />
Migrationshintergrund. Sie stammen<br />
großteils aus Russland oder Estland,<br />
dazu kommen Zuwanderer aus Afrika,<br />
dem Iran oder der Türkei. Die Beherrschung<br />
der Muttersprache hat <strong>im</strong><br />
fi nnischen Schulsystem einen hohen<br />
Stellenwert, daher unterrichten viele<br />
Native Speakers. So werden in der Gesamtschule<br />
Läns<strong>im</strong>äki 15 verschiedene<br />
Sprachen unterrichtet – und sieben ver-<br />
Foto: Tina Göbel<br />
freigeist herbst 2011 31<br />
schiedene Religionen. Dadurch haben<br />
die Migranten die gleichen Chancen wie<br />
gebürtige Finnen.<br />
Schüler mit Schwächen werden in kleinen<br />
Gruppen von speziell ausgebildeten<br />
Lehrern unterrichtet. Pekka Immonen<br />
unterrichtet in Lumo Schüler mit Migrationshintergrund,<br />
die Finnisch als Zweitsprache<br />
gelernt haben. „Ich gebe ihnen<br />
oft aktuelle Artikel zu lesen, so sind sie<br />
nebenbei auch über tagesaktuelle Nachrichten<br />
informiert. Dann stelle ich jedem<br />
Einzelnen Fragen, so weiß ich, ob sie alles<br />
verstanden haben“, erklärt Immonen.<br />
Während der Stunde klopfen Schüler an,<br />
die eigentlich frei hätten, und bitten um<br />
Hilfe bei Hausaufgaben. Für Pekka sind<br />
das keine Störenfriede, er n<strong>im</strong>mt sich<br />
für jeden einzelnen Schüler Zeit, die<br />
anderen arbeiten selbstständig weiter.<br />
Frontalunterricht ist in Finnland verpönt,<br />
Willkommen in allen Sprachen, die<br />
zumindest ein Schüler hier spricht.<br />
wie Direktor Jari Koivisto erklärt: „Das<br />
Einzige, was Schüler dabei lernen, ist<br />
perfektes Schauspiel. Ihre Miene bekundet<br />
Interesse, aber mit dem Kopf sind sie<br />
meist ganz woanders.“<br />
Ein zentraler Punkt ist das Vertrauen zwischen<br />
Lehrern und Schülern. In Finnland<br />
duzt man sich. „Das Siezen brauchen nur<br />
Leute mit mangelndem Selbstbewusstsein“,<br />
erklärt Matti Meri, der jahrzehntelang<br />
das Institut für Lehrerausbildung in<br />
Helsinki geleitet hat.<br />
Und obwohl die Finnen stolz auf ihre<br />
Schulen sein könnten, reden sie gern von<br />
notwendigen Verbesserungen. Noch<br />
kleinere Gruppen und Vertrauenslehrer,<br />
die Schüler von Anfang bis zum Ende der<br />
Schulpfl icht begleiten, wären laut Meri<br />
solche Punkte. Von solchen Debatten ist<br />
Österreich Lichtjahre entfernt.<br />
Die Finnen setzen auf Integration,<br />
ausgegrenzt soll niemand werden.<br />
Schüler mit Schwächen werden in<br />
Kleingruppen aufgefangen und von<br />
speziell ausgebildeten LehrerInnen<br />
unterrichtet. Der Lehrer-Beruf ist<br />
in Finnland hoch geschätzt - nur 10<br />
Prozent der Bewerber auf diesen Job<br />
bestehen die Zulassungsprüfungen.<br />
Tina Göbel<br />
hat in Wien Theater-, Film und Medienwissenschaften<br />
studiert. Ihre Finnland-Reportage<br />
erschien als Teil einer Cover-Story <strong>im</strong> Nachrichtenmagazin<br />
profi l.
freigeist herbst 2011 32<br />
ich muss dir was erzählen.<br />
Von der Entdeckung der <strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>im</strong> Leben.<br />
i<br />
ch bin 30 Jahre alt und habe nur ein<br />
Sechstel dieser Zeit in der <strong>Lernwerkstatt</strong><br />
verbracht. Das war vor 16 Jahren.<br />
Seither begleitet mich diese prägende<br />
Erfahrung und ich konnte nicht akzeptieren,<br />
dass es damit nun vorbei sein<br />
sollte. Ich machte mich auf die Suche<br />
meiner lebenslangen <strong>Lernwerkstatt</strong> und<br />
habe sie gefunden: in mir, in der Welt<br />
und in der Zukunft.<br />
Davon drängt es mich zu erzählen. Denn<br />
diese Entdeckung gehört nicht mir alleine.<br />
Sie gehört allen, die dem Ruf ihrer<br />
Gaben folgen möchten.<br />
Teresa Distelberger<br />
ist eines der Gründerkinder der <strong>Lernwerkstatt</strong>.<br />
Ihr Weg danach hat sie in die Felder von<br />
Wissenschaft, Kunst, Handwerk, Pädagogik<br />
und Wirtschaft geführt. Momentan engagiert<br />
sie sich <strong>im</strong> Aufbau des „Gartens der Generationen“<br />
in Herzogenburg.<br />
www.gartendergenerationen.net<br />
info<br />
Vortrag <strong>im</strong> Festsaal der LWS<br />
<strong>im</strong> <strong>Wasserschloss</strong> Pottenbrunn<br />
10. Jänner 2012<br />
Ankommen 18:30<br />
Beginn 19:00 Uhr<br />
Frei wählbarer Eintritt nach dem Prinzip<br />
„Gib, was du kannst, und n<strong>im</strong>m, was du<br />
brauchst“.<br />
freigeist herbst 2011 33<br />
dramolett home sweet home<br />
Va: Du Schatz, ich hab da einen guten<br />
Hinweis bekommen um unsere fi nanziellen<br />
Probleme zu lösen.<br />
Mu: Ja?<br />
Va: He<strong>im</strong>unterricht.<br />
Mu: Alle Kinder zu Hause, die ganze Zeit?<br />
Na, das stell ich mir wie Urlaub vor.<br />
Va: So entspannt, eben.<br />
Mu: Und keine Schulbeiträge mehr. Ich<br />
müsste gar nicht mehr arbeiten gehen.<br />
Va: Wenn ich dann auch noch zu Hause<br />
bleibe, brauchen wir auch kein Auto<br />
mehr.<br />
Mu: Und es gibt da einen tollen Film über<br />
Lichtnahrung! Den schauen wir uns an.<br />
Keinen Abwasch mehr!<br />
Va: Mm. Und falls das nicht klappt, gibt’s für<br />
die Kinder eine vorbereitete Umgebung:<br />
Den Gemüsegarten, den Kartoff elacker,<br />
die Küche…<br />
Mu: Pädagogische Selbstversorger. Das<br />
wird ein Hit! Was ist mit sozialem Lernen?<br />
Va: Kartoff elkäfer sollen sehr gesellige<br />
Tiere sein.<br />
Mu: Hach, diese Naturerfahrungen habe<br />
ich als Kind geliiiebt…Total polarisierte<br />
Aufmerksamkeit, pädagogisches Herz, was<br />
willst du mehr.<br />
Va: Keine Elternabende mehr, absolute<br />
Freiheit!<br />
Mu: Schatz?<br />
Va: Ja?<br />
cartoon echte männer kochen<br />
Luise Muschailov<br />
Mu: Was ist mit unserer Pension?<br />
Va: St<strong>im</strong>mt, bevor die Enkerl kommen…<br />
Na, ich red morgen mit meinem Chef, damit<br />
unser Kind eine Lehrstelle bekommt.<br />
Ein paar hundert Euro müssten am Anfang<br />
für unsere Pension reichen.<br />
Mu: Fein, da kann er wirklich gleich echtes<br />
Leben erfahren. Wie kommt er ohne<br />
Auto in die Arbeit?<br />
Va: Zu Fuß. Der braucht eh noch Bewegung<br />
für die Gehirnentwicklung.<br />
Mu: Na, dann holen wir mal die Kinder,<br />
die werden sich freuen. Wie <strong>im</strong> Urlaub!<br />
Va: Kinder, wir haben eine Überraschung<br />
für euch!<br />
Luise Muschailov
freigeist herbst 2011 34<br />
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Hannes Fromhund<br />
Birkengasse 19<br />
3130 St. Andrä/Traisen<br />
02782/82948<br />
www.hannesfromhund.com<br />
Sie möchten auch <strong>im</strong> freigeist inserieren?<br />
Infos & Mediadaten-Bestellung<br />
unter Tel: 02782/83160 oder<br />
gaugg@lernwerkstatt.ws<br />
bezahlte Anzeigen<br />
bezahlte Anzeigen<br />
freigeist herbst 2011 35<br />
möchten auch Sie vom<br />
Car toon.Luise Muschailov<br />
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he<strong>im</strong>gesucht werden?<br />
Für jeden von Ihnen geworbenen neuen Abonnenten erhalten<br />
Sie von uns als kleines Dankeschön einen Gratis-Eintritt<br />
zu einer der folgenden Veranstaltungen:<br />
Morgen, Findus wird’s was geben<br />
Eine gratis Adventjause mit Kaff ee und Kuchen bei der Premiere des<br />
neuen Stücks der Theatergruppe Pistatschios <strong>im</strong> Rahmen des Schlossadvents<br />
in der <strong>Lernwerkstatt</strong>.<br />
3.12.2011 <strong>im</strong> Festsaal der LWS, 3140 Pottenbrunn<br />
Patagonien<br />
Der neue Vortrag vom Weltenwanderer Gregor Sieböck<br />
28.02.2012 um 19:30 <strong>im</strong> Festsaal der LWS, 3140 Pottenbrunn<br />
Feuerpfote und der Donnerclan<br />
Die abenteuerliche Geschichte zweier Katzenclans, inszeniert und<br />
gespielt von SchülerInnen der <strong>Lernwerkstatt</strong>.<br />
Freier Eintritt für 1 Erwachsenen und 1 Kind<br />
16.6.2012 <strong>im</strong> Kulturhaus Wagram, St.Pölten<br />
Unterstützen Sie die freie Pädagogik, damit alternative Wege<br />
möglich bleiben!<br />
Mail genügt: info@lernwerkstatt.ws<br />
oder: 02742 43550<br />
Ein-Jahres-Abo: 4 Ausgaben 18,-- EUR<br />
Zwei-Jahres-Abo: 8 Ausgaben 34,-- EUR
veranstaltungen<br />
freigeist sommer 2009<br />
pistatschios<br />
21<br />
lws veranstaltungen<br />
DerWeltenwanderer A5.qxd:Layout 1 27.11.09 15:05 Seite 1<br />
Eines Morgens folgt Gregor Sieböck seiner Sehnsucht: Auf dem Rücken ein Rucksack, in der Hand ein Wanderstock<br />
und <strong>im</strong> Herzen viele Träume. Jahre später erreicht er das tausende Kilometer entfernte Neuseeland und bricht nach<br />
einer kurzen Wanderpause wieder auf. Diesmal ohne ein fixes geographisches Ziel, möchte er sich doch ganz dem<br />
Zauber des Augenblicks hingeben. Sein Lichtbildvortrag ist eine Hommage an das Leben und die Schönheit unserer<br />
Erde, die Wiederentdeckung der Einfachheit und des langsamen Reisens. Hingehen. Sehen. Hören. Staunen. Träumen.<br />
„Morgen, Findus, wird‘s was geben“<br />
nach Sven Nordqvist (ab 4 Jahren)<br />
Samstag | 03. Dez. 2011<br />
Premiere <strong>im</strong> Rahmen des Schlossadvents<br />
<strong>im</strong> <strong>Wasserschloss</strong> Pottenbrunn<br />
Donnerstag | 08. Dez. 2011 | 16:00 Uhr<br />
Wienerwaldmuseum-Fuhrwerkerhaus<br />
Hauptstraße 17, Eichgraben<br />
„Ein Schaf für‘s Leben“<br />
nach Maritgen Matter (ab 3 Jahren)<br />
Samstag | 03. März 2012 | 16:00 Uhr<br />
Premiere <strong>im</strong> Bildungshaus St. Hippolyt<br />
Samstag | 17. März 2012 | 17:00 Uhr<br />
<strong>im</strong> Lengenbacher Saal in Neulengbach<br />
Samstag | 03. Dez. 2011| 14:00 - 20:00 Uhr<br />
Schloss-Advent <strong>im</strong> <strong>Wasserschloss</strong><br />
mit Kunsthandwerk (Gold- u. Silberschmuck,<br />
Woll- u. Walkprodukte, Holz u. Speckstein, Keramik,<br />
Produkte von Biobauern, Kinderkunst), Musik<br />
(Kirchenchor Pottenbrunn, Eltern der LWS), Turmblasen,<br />
Pistatschios, Geschichten und Lieder zur<br />
Weihnachtszeit, Maroni, Punsch und reichhaltiges<br />
Buffet<br />
27. bis 29. Jan. 2012<br />
Workshop „Stärke statt Macht – Neue Autorität<br />
und Gewaltloser Widerstand in Pädagogik,<br />
Psychologie und Therapie.“<br />
mit Ha<strong>im</strong> Omer, Gloria Avar, Stefan Ofner, Hans<br />
Steinkellner, Tobias von der Recke<br />
<strong>im</strong> Aud<strong>im</strong>ax der Wirtschaftsuniversität Wien<br />
Siehe auch Artikel Ha<strong>im</strong> Omer ab S. 25 <strong>im</strong> Blattinneren!<br />
Dienstag |28. Februar 2012| 19.30 Uhr<br />
Gregor Sieböck - der Weltenwanderer<br />
Neuer Vortrag über Patagonien<br />
Eintritt: € 15 / € 12 bis 26 Jahre<br />
Ort: Festsaal der LWS Pottenbrunn<br />
Samstag | 12. Mai 2012<br />
lws:fest.tag 2012<br />
Tag der offenen Tür in der <strong>Lernwerkstatt</strong> Pottenbrunn<br />
<strong>im</strong> Rahmen des noe:reform.tages 2012 – langer<br />
Tag der Reformpädagogik<br />
Vorschau zu weiteren Veranstaltungen auch unter<br />
www.lernwerkstatt.ws<br />
Gedruckt nach der Richtlinie „Schadstoffarme Druckerzeugnisse“ des des Österreichischen<br />
Österreichischen Umweltzeichens. Umweltzeichens. gugler cross media, Druckhaus Melk; Schiner, UWZ 609 Krems; UW 714<br />
Wollen Sie unsere Schule<br />
und unsere Pädagogik<br />
näher kennen lernen?<br />
schulführung<br />
am 24.11.2011|19.01.2012|15.03.2012<br />
jeweils Do 16-18:30 in der LWS<br />
(14:30-16 in der Spielwerkstatt)<br />
Kostenbeitrag € 15 (für Paare € 25)<br />
Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!<br />
info@lernwerkstatt.ws 02742/43550<br />
Nach Absolvierung einer Schulführung ist<br />
das Hospitieren während des Schulvormittages<br />
gerne möglich. Nach der Hospitation<br />
findet ein Abschlussgespräch statt. Für inte-<br />
ressierte Eltern kostenfrei.<br />
schuleinschreibung<br />
Um eine gute Ent-<br />
Für das nächste<br />
Schuljahr sind noch<br />
Plätze frei!<br />
scheidung der Schulwahl zu treffen, haben<br />
wir für Sie einen Aufnahmemodus entwickelt.<br />
Der Aufnahmeprozess unterstützt<br />
Eltern darin, Klarheit zu gewinnen, ob der<br />
reformpädagogische Ansatz der LWS zu<br />
den Haltungen und Strukturen der Familie<br />
passt. Wir freuen uns über rechtzeitige Kontaktaufnahme<br />
(ideal: 2 Jahre vor Schulein-<br />
tritt). Für Kinder, die<br />
aus Regelschulen<br />
(-nach dem ersten<br />
Schuljahr-) wechseln,<br />
gibt es nur sehr<br />
begrenzte Plätze.<br />
.<br />
mit allen sinnen lernen<br />
Aktiv und selbstbest<strong>im</strong>mt den eigenen Entwicklungsplan<br />
entfalten!<br />
Vortrag & Diskussionsrunde mit erfahrenen<br />
PädagogInnen der LWS. Termine auf Anfrage<br />
für Elternabende in Kindergruppen und<br />
Kindergärten.<br />
Unverbindliche<br />
Voranmeldungen<br />
jederzeit möglich!<br />
raumvermietung<br />
Es besteht die Möglichkeit, Räume <strong>im</strong> <strong>Wasserschloss</strong><br />
in der schulfreien Zeit zu mieten.<br />
Terminvereinbarung und Preisinformation:<br />
raummiete@lernwerkstatt.ws<br />
weitere informationen:<br />
<strong>Lernwerkstatt</strong> <strong>im</strong> <strong>Wasserschloss</strong><br />
Josef-Trauttmansdorff-Straße 10<br />
3140 Pottenbrunn<br />
info@lernwerkstatt.ws<br />
02742 435 50 (Mi-Fr 8:00-12:00)<br />
(Spielwerkstatt 02742/43802)<br />
www.lernwerkstatt.ws<br />
P.b.b. Erscheinungsort 3140 Pottenbrunn / Aufgabepostamt 3100 St. Pölten