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«Schweizer KMU sind sehr leistungs- orientiert!» - Tobler + Tobler

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www.siu.ch 3/2011inhaltprologUP DieThema dieser Ausgabe:Leadership undWettbewerbsfähigkeitRedaktionsleiter Thomas <strong>Tobler</strong>:Meinen, was man sagtund es auch tun Seite 02<strong>KMU</strong>-Preisträger Thomas Glatz:Wenn das ganze Team sagt,wo es lang geht Seite 08Führungsexperte Ernest Abouchar:Nachhaltige Führung in derSelbstspiegelung Seite 1102 prologSchweizer Weiterbildung im HandelHans-Ulrich Bigler, Direktor Schweizerischer Gewerbeverbandsgv und SIU-Präsident, im grossen UP-Gespräch:«Schweizer <strong>KMU</strong><strong>sind</strong> <strong>sehr</strong> <strong>leistungs</strong><strong>orientiert</strong>!»03 Editorial04 Exklusiv-InterviewHans-Ulrich Bigler:«Ich bin von der Wettbewerbsfähigkeitder <strong>KMU</strong> überzeugt»08 ReportageThomas Glatz:Leadership in der Praxis – einbärenstarkes Beispiel aus BernLeadership und Wettbewerbsfähigkeit: Gültige Grundhaltungen als LeitmotivMeinen, was mansagt und es auch tunErfolg hat, wer auch das Gewöhnliche mit grosser Begeisterung tut, soll der StahlunternehmerAndrew Carnegie vor über 100 Jahren gesagt haben. Erstaunlich, wie klareGrundhaltungen ihre Gültigkeit durch alle Turbulenzen hindurch behalten haben.Dass es in der Wirtschaft weder absolutePatentrezepte gegen Krisen nochsolche für Erfolge gibt, gehört zu den lapidarenBinsenwahrheiten. Sich dann undwann Gedanken zu machen, aus welchenQuellen erfolgreiche Leader und Unternehmenschöpfen, ist trotzdem nicht falsch.Wer als Kapitän eines Unternehmens nichtdarüber nachdenkt, in welcher Verfassungsich sein Schiff befindet und wo die Reisehingehen soll, darf sich nicht wundern, mitMann und Maus unterzugehen oder an einemunwirtlichen Ort zu stranden.11 HintergrundErnest Abouchar:Echte Grundhaltungen statt«Management by irgendwas»14 Input / GlossarVon Ethik, Moral und anderen«Absprachen»15 SIU-WEITERBILDUNGEidg. dipl. Verkaufsleiter/in – auchals Tageskurse zum Wochenbeginngeführt«Besonders erfolgreiche Unternehmenzeichnen sich vor allem in einfachenGrund tugenden unternehmerischen Handelnsaus. Bei ihnen <strong>sind</strong> Management-Instrumente kein Ersatz für Denken.»Mit dem Fazit ihrer umfangreichen Untersuchungenliessen die beiden Standford-Professoren Peters und Waterman aufhorchen.In ihrem Millionenbestseller «Aufder Suche nach Spitzenleistungen» zeigtensie auf, was wir von den bestgeführten US-Unternehmen lernen können. Bei allen untersuchtenTop-Unternehmen waren identischeGrundhaltungen vorhanden:Sie tun ihr Bestes, in einer kompliziertenWelt möglichst vieles einfach zu halten.Sie <strong>sind</strong> beharrlich. Sie bestehen aufhöchster Qualität. Sie verwöhnen ihreKunden. Sie hören auf ihre Mitarbeitendenund behandeln sie wie Erwachsene.Sie führen ihre «Champions» für innova-Nur wer sein Ziel kennt, findet den Wegdorthin (Laotse). Foto Bildarchiv Cooptive Produkte und Serviceleistungen anlanger Leine. Sie lassen ein gewisses Massan Chaos zu, wenn nur schnell gehandeltund laufend etwas Neues ausprobiertwird.Ach ja, fast hätte ich vergessen zu erwähnen,dass der Management-Klassiker von Petersund Watermann erstmals 1982 erschienenist. Erstaunlich, wie wirklich wesentlicheunternehmerische Tugenden und Basisstärkenauch nach Jahrzehnten klipp, klar undwie aus dem Ei gepellt daher kommen. DerenDauerhaftigkeit ist umso bemerkenswerter,wenn wir uns die Millionen Neuheitenvor Augen halten, die in dieser Zeitüber die Ladentheken gegangen <strong>sind</strong> oderan die enormen technologischen Innovati-2 UP 03/2011


«Wir dürfen die Bildungspolitik nicht vertheoretisieren. Jeder Betrieb hat ein <strong>sehr</strong> hohes Eigeninteresse an einer guten Ausbildungsqualität.Die Messlatte heisst nicht Verordnung oder Label, sondern Arbeitsmarktfähigkeit», ist Bildungsexperte Bigler überzeugt.Arbeitsplätze und 70 Prozent aller Lehrstellenwerden von <strong>KMU</strong> angeboten. DieSchweizer Unternehmen wissen, dass sie ineinen permanenten Veränderungsprozesseingebunden <strong>sind</strong>, mit eigenen Lösungenreagieren müssen und nicht einfach Entwicklungenbeklagen dürfen.«Die Schweizer <strong>KMU</strong><strong>sind</strong> <strong>sehr</strong><strong>leistungs</strong>bereit.»Wie hilft ihnen der SGV dabei?Wir können den Betrieben nicht die betriebswirtschaftlicheFührungsverantwortungabnehmen. Sie obliegt den Unternehmerinnenund Unternehmern. MeinCredo ist <strong>sehr</strong> klar: Der SVG betreibt eineeindeutige <strong>KMU</strong>-Politik mit einer entsprechendkonsequenten Interessensvertretung.Was heisst das konkret?Nicht einfach das Fähnchen in den Windhängen, sondern auch dann antreten, wennes unangenehm ist und Probleme beim Namenzu nennen <strong>sind</strong>. Dazu gehört auch derMut, klar festzustellen, dass Wirtschaftspolitikfast immer langfristig wirkt.Haben Sie ein Beispiel dafür?Die momentane Frankenstärke stellt dieExportindustrie kurzfristig vor oft existenziellschwierige Probleme. Die SchweizerischeNationalbank kann mit einer klugenWährungspolitik helfen. Hingegen mit derWirtschaftspolitik – namentlich mit Subventionen– kurzfristig helfen zu wollen, istgefährlich, weil die Wirkung erst spät undmeistens noch in eine unerwünschte Richtungeinsetzt.«Wettbewerbskraftentsteht, wenn möglichstviele Hindernisseabgebaut werden.»Sie <strong>sind</strong> kein Strukturbewahrer?Nein. Ich bin von der Wettbewerbsfähigkeitder <strong>KMU</strong> überzeugt und betrachte sie alsRückgrat und Standortvorteil der SchweizerWirtschaft. Dazu müssen wir Sorge tragen,indem wir die Wettbewerbskraft erhalten.Das gelingt am besten, wenn möglichst vieleHindernisse aus dem Weg geschafft werden.Geschichtlich betrachtet war diese Verbandshaltungnicht eben die Regel.Das stimmt, ist aber nicht gewerbstypisch.Bis in die 1960er Jahre verfolgten diemeisten Länder ein Konzept des Protektionismus.Es war der legendäre freisinnigeNationalrat und frühere SGV-DirektorOtto Fischer, der die <strong>KMU</strong>-Wirtschaftdamals aus dem Protektionismus in denWettbewerb führte. Ich erinnere an denberühmten Slogan «Weniger Staat – mehrFreiheit». Die Globalisierung hat seither zueiner Beschleunigung der Deregulierungenund zu einer grösseren Markttransparenzbeigetragen. Dieser Prozess ist irreversibel.Wir müssen Antworten darauf finden stattüberholte Positionen bewahren. In dieserpositiven Grundhaltung liegen nach wievor echte Chancen für unsere <strong>KMU</strong>.Sie kandidieren diesen Herbst auf derZürcher FDP-Liste für den Nationalrat. AUP 03/2011 5


exklusiv-interviewFür welche Hauptanliegen der <strong>KMU</strong> würdenSie sich im Bundesbern einsetzen?Für ein optimales Umfeld mit weniger Vorschriftenund mehr Handlungsspielräumenfür <strong>KMU</strong>. Dazu gehören <strong>sehr</strong> zentral dieerwähnten Deregulierungen. Mein politischerKurs ist transparent und von denZielsetzungen des SGV geprägt, die aufder Homepage unseres Verbands detailliertausformuliert <strong>sind</strong>. (www.sgv-usam.ch/politische-schwerpunkte.html)Können Sie als aussenstehender Direktoreines der grössten Wirtschaftsverbände derSchweiz das politische Geschehen nichtdruckvoller beeinflussen als im Rat selber?Als Vertreter der <strong>KMU</strong>-Wirtschaft im Ratkönnte ich die Bedürfnisse der im SGV vertretenen280 Branchenverbände mit ihrenrund 300 000 <strong>KMU</strong> viel direkter in die politischenEntscheidungsprozesse einbringen. Daswürde den <strong>KMU</strong> helfen und sie unterstützen.Für den Detailhandel ist die Zuwanderungder wohl wichtigste Wachstumstreiber.Die SVP, die Partei Ihres PräsidentenBruno Zuppiger, bekämpft diePersonenfreizügigkeit und stellt notfallsdie bilateralen Verträge zur Disposition.Ist das für Sie nicht problematisch?Nein. Der SGV-Kongress hat sich in allerDeutlichkeit für die Personenfreizügigkeitausgesprochen. Für unseren Präsidentenwie für mich gilt, dass wir eine Interessenspolitikfür <strong>KMU</strong> und keine Parteipolitikbetreiben. Im Übrigen haben wir keinerleiDissens. Unser Präsident bekennt sich zurPersonenfreizügigkeit.«Konsequenter Vollzugdes Kartellgesetzeswürde dem gewerblichenDetailhandel dienen.»Der starke Franken hat die Preisdiskussionenim Handel zusätzlich angeheizt.Wie sehen Sie die Situation?«Mit einer zu hohen Theorielastigkeit würde die Schweiz an Wettbewerbs- und Innovationskraftgegenüber Ländern verlieren, die kein duales Berufsbildungssystem haben.»Wir haben der Weko unseren Verdachtder vertikalen Preisabsprachen bereits vorlanger Zeit mitgeteilt und einen besserenVollzug gefordert, wie er heute schon imKartellgesetz vorgesehen ist. Die Wekokönnte hier ohne weiteres eine aktivereRolle spielen, ohne dass das Gesetz revidiertwerden muss.Somit braucht es keine weiteren Verschärfungendes Kartellgesetzes?Die Instrumente <strong>sind</strong> da. Es braucht denWillen zum konsequenten Vollzug. Derwürde auch dem gewerblichen Detailhandeldienen, indem er ihm gute Rahmenbedingungenverschafft. Ich bin überzeugt,dass die Eröffnung von markanten Verfahrendem Markt klare Signale gibt, auf diedie Akteure reagieren.Für den SGV ist die Berufsbildungspolitikprioritär. Wo liegen kurz gesagt diewichtigsten Ziele?Die Branchenverbände leisten im Allgemeineneine hervorragende berufsbildungspolitischeArbeit. Unser dualesBerufsbildungssystem ist ein absolutesErfolgsmodell, das belegen alle Statistiken.Ich erinnere daran, dass wir in ganzEuropa die tiefste Jugendarbeitslosigkeithaben und weltweit zu den innovativstenLändern zählen. Wir müssen alles daransetzen, diese Qualität zu erhalten.Was schlagen Sie vor?Vor dem Hintergrund der sinkenden Zahlder Schulabgänger müssen Handel undGewerbe das Potenzial der verschiedenenBerufe noch klarer präsentieren. Zweitenskämpfen wir seit Jahren für die bessere Anerkennungder beruflichen Weiterbildung.Das hat zur Gleichstellung der beruflichenund akademischen Weiterbildungin der Bildungsverfassung geführt. DieserGrundsatz muss jetzt in der Praxis vollzogenwerden. Wir erwarten, dass in derBFI-Botschaft 2013 bis 2016 die beruflicheWeiterbildung mit zusätzlich 500 MillionenFranken gestärkt wird.Mit welcher Begründung?Die ist <strong>sehr</strong> einfach: Aus der beruflichenWeiterbildung entsteht der zukünftige unternehmerischeNachwuchs. Wir stellenaber Angriffe auf das duale Berufsbildungssystemund damit auf die berufliche Aus-6 UP 03/2011


und Weiterbildung fest. Durch das Akademisierender Bildung rückt die Theoriein den Vordergrund, obwohl der Arbeitsmarktandere Ansprüche hat.«Mit einer Berufslehreist das Risiko derArbeitslosigkeit amkleinsten.»Die Berufslehre hat nicht überall eingutes Image. Mit welchen Argumentenraten Sie einem jungen Menschen unddessen Eltern zu einer Berufslehre?Das Risiko, arbeitslos zu werden, ist miteiner Berufslehre dreimal kleiner als ohne.Dank der Berufslehre erwirbt sich ein jungerMensch einen mit Theorie und praktischemWissen gefüllten Rucksack, der ihmauf dem Arbeitsmarkt entscheidende Wettbewerbsvorteileverschafft.Was würde dem Werkplatz Schweiz ohneduale Berufslehre fehlen?Der Praxisbezug und dadurch das starkeBewusstsein für betriebliche Abläufe undMärkte. Mit einer zu hohen Theorielastigkeitwürde die Schweiz mit Sicherheit anWettbewerbsfähigkeit und Innovationskraftgegenüber jenen Ländern verlieren, die keinduales Berufsbildungssystem haben.«Das SIU ist fürmich eine Herzensangelegenheit!»Hans-Ulrich Bigler in einer Diskussion imStöckli mit Ständerat Rolf Büttiker, PräsidentSchweizerischer Fleischfachverband.Vor 45 Jahren konnten die Besucher derersten SIU-Kurse sich darauf einrichten,mit dem neuen Wissen alt zu werden.Heute entwickelt sich Wissen viel schnellerals eine Generation lebt. Was heisstdas aus gewerblicher Sicht?An dieser Stelle muss ich etwas los werden:Das SIU ist für mich eine Herzensangelegenheit!Ich finde es für den SGV und dieSchweizer <strong>KMU</strong>-Wirtschaft enorm wichtig,dass wir in einem professionell hoch stehendenKompetenzzentrum Führungskräfteumfassend ausbilden und auf ihre unternehmerischenAufgaben vorbereiten können.Dazu braucht es Bildungswillige und guteAngebote.Wir stehen gemeinsam in der Verantwortung,den gesellschaftlichen, technologischenund wirtschaftlichen Entwicklungen folgenzu können. Unsere Verantwortung ist es, gutim Markt eingeführte Weiterbildungsangebotebereitzustellen und weiterzuentwickeln,um nachhaltig den Bedürfnissen der Wirtschaftzu entsprechen. Die Verantwortungder Unternehmen ist es, ein individuell starkesBewusstsein für die Wichtigkeit des à jourgehaltenen Wissens zu schaffen. Das gilt fürGrossbetriebe wie für <strong>KMU</strong>.Welche Bedeutung hat das lebenslangeLernen für Sie selber?Sie hilft mir, meine persönliche Neugierdefür Entwicklungen zu bewahren, michneuen Fragestellungen zu stellen, nötigeSchritte zu prüfen und einzuleiten.Was hat Ihnen Ihre eigene Aus- und Weiterbildungmit auf den Lebensweg gegeben?Etwas vom Allerwichtigsten war die Schulungim analytischen Denken und die Förderungeiner offenen Denkhaltung, umausgetretene Pfade verlassen und zu einerHaltung zu gelangen, die Killersätze wie«geht nicht », «gibt es nicht» abblockt.Welche Ausbildung würden Sie nachholen,wenn Sie könnten?(lacht) Trompete spielen! Der von meinenEltern gewollte Blockflötenunterricht warnicht mein Ding.Welche Eigenschaften <strong>sind</strong> für Sie beruflicheSchlüsselkompetenzen?Ein guter Mix aus persönlichen Kompetenzenund Fachwissen, wobei die sozialeKompetenz eher wichtiger ist. Sie befähigt,sich mit ungewohnten Fragen und Problemenauseinandersetzen zu wollen und fachlicheWissenslücken zu schliessen. BInterview: Thomas <strong>Tobler</strong>KurzporträtÖkonom (lic.rer.pol.) Hans-Ulrich Bigler(1958) ist Direktor des SchweizerischenGewerbeverbands (SGV) und Präsidentdes Schweizerischen Instituts für Unternehmerschulung(SIU). Zuvor 11 und 2Jahre Direktor der Unternehmerverbändeder CH-Druckindustrie Viscom und derCH-Maschinenindustrie Swissmem. WeitereMandate u.a.: Präs. Stiftung <strong>KMU</strong>Schweiz, Vizepräs. Energie-Agentur derWirtschaft, Mitgl. BildungskommissionFDP Kanton Zürich. Militär: Oberst iGst. Bigler wohnt in Affoltern am Albis,ist verheiratet und Vater von drei erwachsenenKindern. Hobbys: Reisen/Entdeckungfremder Kulturen (gerne auch aufdem Motorrad), Schwimmen, Skifahrensowie (laut Facebook) Fan FC Zürich undSC Bern. Der SGV, die Nummer 1 der<strong>KMU</strong>-Wirtschaft und grösster Dachverbandder Schweizer Wirtschaft, vertritt dieInteressen von 280 Mitgliederorganisationenmit rund 300 000 Unternehmungen.www.hansulrich-bigler.chwww.sgv-usam.chUP 03/2011 7


ReportageLeadership in der Praxis – ein bärenstarkes Beispiel aus BernWenn das ganze Team sagt,wo es lang gehtJe grösser die Herausforderungen, desto lauter der Ruf nach echten Leadern. Tönt gut, auch wenn nicht alle das Gleiche meinen.Was aber passiert, wenn in einem Unternehmen die Mitarbeitenden diesen Lead übernehmen und den Takt der Veränderungenselber bestimmen? Ein Hirngespinst der gröberen Sorte? Mitnichten, wie unser Beispiel zeigt.Bernerinnen und Berner seien eherlangsam, im Denken behäbig und hättenmit Flexibilität und Innovationen wenigam Hut. So will es das gängige Image, das dieübrige Schweiz der Mutzenstadt auf den Pelzzu brennen beliebt. Und wenn es entlang derAare einmal so richtig brumme, dann sei dasdie Bärenfamilie im Bärenpark und nicht derinnovationsgestählte Wirtschaftsmotor.Thomas Glatz nimmt’s gelassen. Erstens, weilsein Unternehmen, die Beck Glatz ConfiseurAG, als einer der Hauptsponsoren der erstenStunde dem Bärenpark <strong>sehr</strong> nahe steht. Undzweitens, weil er über Leadership, Wettbewerbsfähigkeitund Innovationskraft nichtnur eine Menge weiss, sondern diese Dingemit seinem Team tagtäglich auch umsetzt.Wie das in der Praxis funktioniert, erklärt eruns in diesem Report. So viel vorneweg: Mitbreit streuenden Allerwelt-Patentrezepten undanderen wohlfeilen Erfolgsanleitungen stehtThomas Glatz auf Kriegsfuss. Und mit protzigenSelbstinszenierungen sowieso. Lieber gibter Denkanstösse. Für weiterführende Überlegungen,die sich an die eigene Branche, deneinzelnen Betrieb und an dessen individuellenStärken und Schwächen andocken lassen.«Wir wollen aufzeigen, dass es in unserer Branche möglich ist, ein Spitzenbetrieb zu sein,der als Arbeitsgeber und für seine Kunden attraktiv ist.Der Innovation verpflichtetWeyermannstrasse beim Güterbahnhof imWesten von Bern. Dort steht das vor fünf Jahrenerbaute, 2500 Quadratmeter grosse Produktionsgebäudeder Beck Glatz ConfiseurAG. Ein köstlicher Duft von frisch gebackenenBroten liegt in der Luft. Ein Mitarbeiterschiebt einen mit Mandelbärli gefüllten Rollcontainerzum bereit stehenden Lieferwagen.Über eine Million werden es bis Ende Jahrsein. An einem grossen Tisch mit Beigen vonbunten Kartonschachteln wird intensiv diskutiert.Ein neues Verpackungskonzept ist amEntstehen. «Wenn wir in unserer Branche dieMarge halten wollen, müssen wir innovativsein, da gibt es gar keinen anderen Weg», sagtThomas Glatz. Wie herausfordernd dieserWeg ist, lässt sich unschwer an der Strukturveränderungin seiner Branche ablesen.«Es wird zunehmend enger»Als Thomas Glatz vor 20 Jahren den elterlichenBetrieb übernahm, gab es in der Schweiznoch knapp 4000 Bäckereien. In über derHälfte der Backstuben ist seither der Ofenausgegangen. Die übrig gebliebenen rund1800 Betriebe stehen mitten in einer dramatischenStrukturveränderung. Die Ursachendafür <strong>sind</strong> vielschichtig. Eine davon ist etwaim «One-Stopp-Shopping» der Konsumentenzu finden. Brot, Gipfeli und andere Backwarenwerden bequemerweise dort eingekauft,wo man gerade andere Besorgungen erledigt,im Supermarkt, an der Tankstelle oder imDiscounter. Dort und in vielen weiteren Lädenstehen Backstationen, die nahezu rundum die Uhr für frischen Nachschub sorgen.«Es ist zu erwarten, dass weitere Grosskonzerneaus dem EU-Raum in den SchweizerBrotmarkt eintreten werden. Zudem werdenDiscountbäcker, wie etwa Backwerk, unserenMarkt intensiv mit qualitativ hochwertigenBilligpreisprodukten bearbeiten», ist ThomasGlatz überzeugt. «In unserer Branche wird eszunehmend enger werden. Bereits jetzt <strong>sind</strong>Wachstumsraten von ein bis zwei Prozent nurmit grösstem Engagement zu erzielen. Paralleldazu lassen steigende Investitionen kaum grössereReservebildungen zu.» Vor diesem Hintergrundscheint sich sein Unternehmen in einervergleichsweise komfortablen Situation zu be-8 UP 03/2011


finden. Für Baslerbrot sagt man in Bern schlicht«ein Glatzbrot, bitte», Buttergipfeli, Züpfe undBaguettes von Glatz gehören zum Frühstückstischwie die roten Geranien zu den BernerLauben und die Mandelbärli <strong>sind</strong> längst zumschweizweiten Kultprodukt avanciert. «DieBärli <strong>sind</strong> unser Leuchtturm-Projekt.»UP: Da könnten Sie sich eigentlich bequemzurücklehnen, Herr Glatz?THOMAS GLATZ: Überhaupt nicht.Mit einer Gewinnmarge von zwei bis vierProzent ist das schlicht nicht möglich. Umunsere Margen halten zu können, <strong>sind</strong> wirin unserer Branche zur Innovation gezwungenund müssen mit neuen Ideen in dieZukunft investieren.Wie haben Sie die Innovationskraft inIhr Unternehmen gebracht?Die war schon in den vier Generationenvor mir da. Wir haben die Innovationsfähigkeitdurch verschiedene Prozesse imUnternehmen noch nachhaltiger gefasst.Wichtige Meilensteine waren die Zertifizierungen,die ab 2005 einen kontinuierlichenVeränderungsprozess in Gang gesetzthaben. Dessen Dynamik hält bis heute anund hat uns enorm weitergebracht. (vgl.Kurzporträt auf Seite 10)Ist ein Ende in Sicht?Nein, überhaupt nicht. Wenn dieser Prozesseinmal fest im Betrieb verankert ist, könnenSie nicht einfach eines Tages damit aufhören.Dieser Prozess ist irreversibel. Wenn ichmich plötzlich als oberster Chef aufführenwürde, könnten das unsere Members wederverstehen noch akzeptieren.Sagten Sie Members?Wer bei uns arbeitet ist ein Member. Damitbringen wir zum Ausdruck, dass in unseremBetrieb alle Mitarbeitenden Teil einesGanzen <strong>sind</strong>.«Beim Start unseresVeränderungsprozessesgab es keineErfolgs garantie.»2009 gewann die Glatz-Crew den BernerEnergiepreis, ein Jahr später den zweitenRang im Nachhaltigkeitswettbewerb für<strong>KMU</strong> der Zürcher Kantonalbank. «Ein hohesEngagement im Umweltschutz, die Übernahmeechter sozialer Verantwortung und derwirtschaftliche Erfolg werden auf eindrücklicheWeise in Einklang gebracht und durchalle Chargen gelebt und vorgelebt. Basis diesesErfolgs <strong>sind</strong> die Members, die sich als solchefühlen, sich einbringen und entsprechend Verantwortungtragen», hiess es der Laudatio derZKB. (vgl. auch Kurzporträt auf Seite 10)«Ich will meinen Mitarbeitenden einUmfeld ermöglichen, in dem sie erfolgreicharbeiten können», umschreibt ThomasGlatz seine Hauptaufgabe als Unternehmer.Tägliche HerausforderungDer ganze Verkauf sei wie die empfindlicheAussenhaut eines Ballons. «Klappt es dortnicht, platzen selbst die besten Konzepte wieLuftballons. Diese <strong>sehr</strong> delikate Schnittstellezum Kunden entscheidend über den Erfolgdes Unternehmens» sagt Thomas Glatz undleitet sofort über zur Wichtigkeit seiner Members.«Wir suchen keine Weltmeister, sondernMenschen mit dem Bestreben, guteArbeit zu leisten. Für uns wichtige Eigenschaften<strong>sind</strong> Herzlichkeit, Offenheit undLeidenschaft für das berufliche Umfeld.»Über eine Anstellung entscheiden in letzterInstanz die Members: Passt oder passt nicht.«Unsere Teams <strong>sind</strong> in der Zwischenzeit sostark, dass sich neue Members problemlos integrierenkönnen.»A«Glaubwürdig sein und bleiben, ist meinwichtigstes und gleichzeitig herausforderndstenPrinzip im Leben», sagt ThomasGlatz. Daraus entstehe jene Stimmigkeit,in der sich Geschäftserfolge und Arbeitgeberattraktivitätnicht ausschliessen. SeinUnternehmen gehört zu den Kandidatendes diesjährigen Arbeitgeber-Awards.Der Member-Gedanke, dieses Wissen, Teil eines Ganzen zu sein, ist für die Unternehmensführung,wie sie Thomas Glatz versteht und praktiziert, von zentraler Wichtigkeit.«In den letzten Jahren haben wir im Team das ‹Schlüsselloch-Denken› hinter uns gelassenund gemeinsam die Türe zu einem viel weiteren Betrachtungsraum aufgestossen.Nur wenn alle die jeweiligen Chancen und Risiken gemeinsam erkennen, kommt einUnternehmen als Ganzes vorwärts», ist Glatz überzeugt und stellt unumwunden klar,dass dieses langfristig ausgelegte Prozessdenken nicht risikofrei zu haben ist. «Ich hattebeim Start keine Erfolgsgarantie.»UP 03/2011 9


Reportage«Ohne Spitzenbetriebe wird es schwierig,von den Kunden als attraktive Imageträgerwahrgenommen zu werden», so das pointierteFazit von Thomas Glatz.Dann werden Sie kaum Fluktuationenhaben?Im Kader hatten wir seit Beginn praktisch keineWechsel. Bei unseren Members kommt estrotz sorgfältiger Rekrutierung zu Abgängen.Warum?Unsere Abläufe <strong>sind</strong> einigen zu kompliziert.Sie wollen lieber arbeiten statt immerwieder Abläufe dokumentieren. Wirarbeiten tatsächlich anders als andere, derErfolg gibt uns jedoch recht. Wir <strong>sind</strong> deshalbnicht böse, wenn sich jemand in dieserUmgebung nicht wohlfühlt, aber <strong>sehr</strong>glücklich, wenn es anders herum ist.Woher kommen die vielen Glatz-Ideen?In aller Regel von unseren Members, dieunser Innovationsprogramm steuern undso den Takt der Neuheiten und Veränderungenvorgeben.Das können wir fast nicht glauben.(lacht) Das geht vielen so! Fakt ist, dass unsereMembers jährlich bis zu 350 Ideen entwickeln.Kürzlich haben wir vereinbart, dassjede Abteilung pro Monat zwei Ideen zurNachhaltigkeit im Unternehmen einbringt.Bei 13 Abteilungen <strong>sind</strong> das aufs Jahr gerechnetüber 300 Ideen, allein im Umweltbereich!Dank unserer Ideenförderunglaufen permanent spannende Diskussionenauf allen Ebenen. Dadurch entsteht ein positivesVeränderungspotenzial mit neuenImpulsen und interessanten Zielsetzungen,auf die wir sonst nicht gekommen wären.Wie viel Raum hat die Ideenfindung?Zwei Drittel der 10-köpfigen Bereichsleitersitzungenentfallen auf die Besprechungvon eingebrachten Ideen, ein Drittel aufdie operativen Geschäfte.Wann ist eine Idee gut?Ich habe den Grundsatz, dass jede Ideegrundsätzlich eine gute Idee ist. Das führt immerwieder zu nützlichen Diskussionen, etwawenn die Bereichsleiter sich dagegen wehren.Haben Sie ein Beispiel für Widerstände?Ein ganz simples: Die Anregung, mit einemHolzkeil dafür zu sorgen, dass eine oft benützteTüre offen bleibt, löste eine heftigeDebatte aus. Das sei Sache der Abteilungund nicht als Idee zu behandeln. Nur: Wennein Member eine Idee einbringt, dann soll sieungefiltert behandelt werden. Egal, ob dieseklein oder gross ist, bietet sie die Möglichkeiteiner weiteren Verbesserung. Logisch,dass sich das Ganze auch rechnen muss. Immerhinbezahlen wir für jede realisierte Idee50 Franken. Bei 300 Ideen pro Jahr ist dasein nicht eben kleiner Kostenfaktor.Wie sieht Ihre eigene Rolle im Prozess aus?Noch einmal: Bei uns geben die Membersden Takt vor. Meine Aufgabe ist es, dafürzu sorgen, dass wir genügend finanzielle,personelle und infrastrukturelle Ressourcenhaben. Meine Funktion im Prozess sehe ichim Suchen, Erkennen, Ausbauen und Fördernvon Chancen und Stärken.Was packen Sie als nächstes an?Wir haben unter dem Titel «Excellence inder Mitarbeiterführung» ein strategischesMitarbeiterbindungsprojekt am Laufen, daswir übrigens aus Teilen der KBZ-Preissummefinanzieren. Den Restbetrag daraus hattenwir für einen Betriebsausflug eingesetzt.Brauchen Sie denn ein Excellence-Programm?Wir wollen zur Spitze gelangen. Mit derBusiness-Excellence ist es ähnlich wie imSpitzensport. Überall, wo der Leistungssportgefördert wird, gewinnt der Breitensportan Bedeutung. Er wird viel aktiver,weil er motivierende Beispiele für erstrebenswerteLeistungen und Resultate hat.Unsere Branche braucht Spitzenunternehmen,die eine eindeutige Ausrichtung undhoch stehende Positionierung anstreben.Warum?Wenn wir es in unserer Branche nichtschaffen, Spitzensport zu betreiben, wirdes für kleinere Bäckereien über kurz oderlang zu Existenzproblemen kommen, weilsie als Imageträger für die Kunden zu wenigattraktiv <strong>sind</strong>.Wo sehen Sie die Chancen dafür?Beispielsweise im Kaffee- und Take-away-Bereich und in der Ausrichtung auf frische,kreative und qualitativ absolut hervorragendeSortimente. Dort können wir zulastenvon weniger gut positionierten MitbewerbernMarktanteile gewinnen. BInterview: Thomas <strong>Tobler</strong>KurzporträtDie Beck Glatz Confiseur AG (gegründet1864) ist seit 5 Generationenim Familienbesitz. 142 Mitarbeitende,CHF 13,5 Mio. Umsatz, 5 Standorte imGrossraum Bern mit eigener Produktionam Stadtrand. BGC wird regelmässigfür seine vorbildliche soziale und ökologischeNachhaltigkeitspolitik zertifiziertund ausgezeichnet. Die zahlreichen Innovationen(z. B. erste gläserne Backstubeder Schweiz, 1. Mandelbärli-Bus)gehören ebenso zur unternehmerischenSelbstverständlichkeit wie die Unterstützungvon Sozialprojekten (z. B. MissHandicap-Wahlen, Bärenpark u. a.) WeitereInfos inkl. Nachhaltigkeitsberichte:www.mandelbaerli.ch10 UP 03/2011


HINTERGRUND«Der Austausch von fundierten Fakten und Trends führt zu dynamischen Diskussionen und einem vertieften Verständnis der Theorie»,weiss der SIU-Referent für Unternehmensführung.gemäss Theorien und Techniken falschgemacht werden kann. Und die trotzdemaus der Sicht ihrer Mitarbeitenden «begnadete»Führer <strong>sind</strong>. Diese Gruppe hat michfasziniert! Ich habe in vielen Gesprächenmit ihnen und vor allem mit deren Mitarbeitendengemerkt, dass sich ihr Erfolg indrei Begriffen zusammenfassen lässt:«Authentizität,Verbindlichkeit undEntscheidungsfreudigkeit.In dieserReihenfolge!»Um die Bedeutung dieser Werte bessererläutern zu können, möchte ich mich einesMittels aus Künstlerkreisen bedienen.Künstler haben auf ihrem künstlerischenGestaltungsweg oft zum Mittel des Selbstporträtsgegriffen. Insbesondere dann,wenn sie spürten, an einem wichtigen Punktin ihrem Leben angelangt zu sein und diesenMoment für sich und andere festhaltenwollten. Im Selbstporträt konnten sie – wiein einem Spiegelbild – für sich und für ihreUmgebung auf eine einfache Art darstellen,was ihnen in ihrer augenblicklichen Situationso zentral erschien. Ein berühmtes Beispielist der holländische Maler van Gogh,der sich nach einer Phase tiefster Depressionmit einem abgeschnittenen Ohr verewigte.Als Betriebswirtschafter und Ethiker, derkein Talent zur künstlerischen Darstellunghat, greife ich deshalb zum Instrument desSelbstinterviews, in der Hoffnung eineBildsprache zu entwickeln, die meine Erkenntnisseverständlich macht.Ernest Abouchar: Herr Abouchar,wie definieren Sie nachhaltiges Führen?Was verstehen Sie darunter?Ernest Abouchar: Führen kannman am besten durch die Wirkung seinesNichtvorhandenseins erklären. Wenn inGemeinschaften nicht geführt wird, entsteht<strong>sehr</strong> schnell Unsicherheit, daraus entstehenKonflikte und innert relativ kurzer Zeit eineLähmung, die eine Gemeinschaft vital inFrage stellen kann. Aus dem kann ich ableiten,dass Führen erstens Sicherheit vermittelt,damit zweitens eine gelebte Konfliktfähigkeitentsteht, die keine schwellenden,negativen Potenziale zulässt und die, drittens,eine ziel<strong>orientiert</strong>e Dynamik vorlebt.Wie kann man Sicherheit vermitteln, ineiner Zeit, in der scheinbar nur eines sicherist, der Wandel?Meines Erachtens gibt es einen Grundwert,der in diesem Zusammenhang zentral ist:die Transparenz. Mitarbeitende <strong>sind</strong> genausowie Führende erwachsene, denkendeWesen, die für voll genommen werden wollen.Sie wollen, dass man ihnen zumutet,mit positiven und negativen Erkenntnissenumgehen zu können. Diese Transparenzgibt ihnen Sicherheit, weil sie wissen, dasssie einbezogen und damit respektiert <strong>sind</strong>.12 UP 03/2011


Können Sie mir bitte so einfach wie möglicherklären, was Werte für Sie <strong>sind</strong>?Werthaltungen und Grundprinzipien liegeneinem guten unternehmerischen Handelnzu Grunde. Sie <strong>sind</strong> ein integrativerTeil dieses Handelns, das heisst auf Einbindungund Zusammenhalt ausgerichtet.Werte <strong>sind</strong> moralische Grundpfeiler, die dieproduktive Zusammenarbeit erst erlauben.Geht es noch einfacher?Ich will es gerne versuchen und nehmedazu die vorher erwähnte verbindlicheGrundmoral. Schauen wir uns dazu denWertbegriff «Verbindlichkeit» genauer an.Dieses Wort kennen wir aus der Buchhaltungund der Bilanzlehre. Dort ist uns allenklar, dass es sich bei einer bilanziertenVerbindlichkeit um eine Schuld handelt,muss, muss dies auch mit dem «MenschlichenKapital» geschehen. Als Führendermuss ich mich auch hier hinterfragen undmuss mein Verhalten, meine Analysen undmeine Entscheidungen im besten Sinneauf den optimalsten Einsatz dieses anvertrautenKapitals ausrichten. Wie in derBetriebswirtschaft braucht es dazu Wissenaber auch – und dies ist entscheidend! – Erfahrungund Selbstkritik.Ist dies nicht selbstverständlich?Hier können wir die Brücke zur Authentizität,dem ersten der drei bereits erwähntenBegriffe schlagen. Jeder von uns erhebt fürsich den Anspruch, authentisch zu sein. Inmeiner Arbeit habe ich aber gelernt, dass esviel wichtiger ist, dass unser Umfeld uns alsauthentisch beurteilt und nicht wir selber.Erst das Spiegelbild der Reaktionen unseresUmfeldes erlaubt die für die Führung wichtigeselbstkritische Beurteilung! BFür Ernest Abouchar ist die regelmässige Selbstreflexion für die persönliche Entwicklungvon zentraler Bedeutung.Danke für Ihre Ausführungen. KönnenSie mir das trotzdem noch einmal so erklären,dass ich es sicher verstehen kann?Vielleicht gelingt mir dies anhand von konkretenBeispielen. In der Zusammenarbeitwie im Zusammenleben gibt es eine Reihevon zentralen Werten: Integrität, Verantwortungund die eben erwähnte Transparenz.Werte <strong>sind</strong> somit Eigenschaften, dieden Umgang mit Mitmenschen ermöglichen.Dieser Umgang ist, wie wir allewissen, nicht konfliktfrei aber klar nachvollziehbar.Ethische Grundprinzipien,wie Respekt und Gerechtigkeit, <strong>sind</strong> dieBasis für den Umgang mit anderen. Damitstellen sie unsere eigentliche, verbindlicheGrundmoral dar.die wir an einem meistens klar fixiertenTermin zurückzahlen müssen. DieseSchuld stellt für uns also etwas dar, dasanderen gehört. Somit wurde uns etwasanvertraut, das wir nutzen und entwickelnkönnen, aber auch wieder zurückzugebenhaben. Ganz ähnlich verhält es sich mit derFührung von Menschen.Wie meinen Sie das?Führende müssen sich bewusst sein, dassihnen Mitarbeitende anvertraut worden<strong>sind</strong>. Anvertraut, um mit ihnen eine Aufgabezu erfüllen und zwar im effektivstenSinn des Wortes: für das Gedeihen derUnternehmung. Genauso wie mit denFinanzen sorgsam umgegangen werdenKurzporträtErnest Abouchar hat nach dem Oekonomiestudiumlange Jahre im Marketingbei Nestlé gearbeitet. Danachübernahm er die Leitung von McCormickSchweiz und war als Mitglied desExecutive Comittees für die Führungund Entwicklung der nord- und osteuropäischenLänder verantwortlich. SeinWechsel in den Detailhandel führte ihnzur Familie Hofer, Luzern (bekannt vonHofer + Curti) für die er die Detailhandelsaktivitätenführte. In diese Zeitfallen seine Ausbildungen an der UNIZürich in «Angewandter Ethik» und inBern in «Mediation in Organisationen».Ernest Abouchar ist heute selbstständig.Er arbeitet für Firmen, die ihre Unternehmens-und Marketingstrategienüber prüfen und entwickeln wollen. Danebenist er als Mediator im wirtschaftlichenUmfeld und im SIU als Referentfür Unternehmensführung und Volkswirtschafttätig.UP 03/2011 13


input / GlossarBegriffe auf den Punkt gebracht.Von Ethik, Moral und anderen«Absprachen»Der Begriff «Glossar» stammt aus dem Griechischen und bedeutet «fremdartige Wörter». In diesem Sinn will die Wörterliste aufdieser Seite Fach- und andere möglicherweise erklärungsbedürftige Begriffe deuten helfen und zu eigenen Recherchen animieren.Damit ein Wort nicht bloss gut tönt, sondern tatsächlich weiterhilft.Marktteilnehmer können sich im gutenSinn absprechen. Etwa zur Effizienzsteigerung,für koordinierte Interventionen beiBehörden usw. Erfolgen Absprachen mitdem Ziel, den Wettbewerb zu reduzierenoder zu beseitigen (z. B. Preisabsprachen,Marktaufteilungen), verstossen sie i.d.R. gegendas Kartellrecht. Dort <strong>sind</strong> die Bestimmungenfestgelegt, die solche Wettbewerbsverzerrungenverbieten oder einschränken.Vertikale Absprachen erfolgen zwischenunterschiedlichen Marktstufen (z. B. Händler,Grossisten, Produzenten). HorizontaleAbsprachen finden zwischen Konkurrentenstatt.Die Wettbewerbskommission (Weko)wurde als unabhängige Bundesbehörde eingesetzt,um nach eigenen Angaben «denSchutz des Wettbewerbs als wichtigste ordnungspolitischeAufgabe in einer Marktwirtschaft»sicherzustellen. Basis ihrer Arbeitist das Kartellgesetz. Die Aufgaben der Wettbewerbskommission<strong>sind</strong> z. B.: Bekämpfungvon schädlichen Kartellen, Missbrauchsaufsichtüber marktbeherrschende Unternehmen.(Vgl. auch http://www.weko.admin.ch).Integrität wird meist als das auf Erfahrungenund Erwartungen gestützte Ansehen bzw.Vertrauen definiert, das ein Akteur A bei anderenAkteuren B, C usw. hat, hinsichtlichder Berücksichtigung der (berechtigten) Interessenvon B, bzw. der Einhaltung von Verträgenund Regeln. Der Aufbau von Integrität isteng mit der Übernahme von Verantwortungverbunden. (http://wirtschaftslexikon.gabler.de)Integrativ bedeutet umgangssprachlicheinbeziehend, zu einem einheitlichen Ganzenverbindend. Das Gegenteil wäre separativ,also trennend, ausschliessend usw.Authentizität (adj. authentisch) steht fürverbürgt oder zuverlässig. SinnverwandteAusdrücke <strong>sind</strong> z. B. Echtheit, Original,Unverfälschtheit, Glaubwürdigkeit, Vertrauenswürdigkeit,Zuverlässigkeit. Gegenteileetwa Täuschung, Fälschung oderSchein. Authentisch bedeutet folglich:echt, den Tatsachen entsprechend, aus demeigenen Ich heraus kommend.Ethik wird oft als «praktische Philosophie»bezeichnet, weil sie zu allgemeingültigenNormen und Werten und damit zu sittlichenEntscheidungen anleiten will. DieEthik will Kriterien für gutes und schlechtesHandeln und die Bewertung der entsprechendenMotive und Folgen anbieten.Die ethische Bewertung von Handlungenunterscheidet motivierende und in Kaufgenommene Folgen. Motivierende Folgen<strong>sind</strong> direkt angestrebte Resultate, diedurch eine Handlung erzielt werden sollen.In Kauf genommene Folgen werden nichtunbedingt angestrebt, <strong>sind</strong> aber als Nebenwirkungvoraussehbar und werden bewusstakzeptiert. Schlechte Handlungen <strong>sind</strong> daranzu erkennen, dass man einen Schadenunbegründbar zulässt oder verursacht. EineHandlung kann nie «ethisch neutral» sein.Wir handeln immer. Auch dann, wenn wirnicht handeln, beziehen wir eine Position.(vgl. auch UP 1/2008)Moral bezeichnet die guten Sitten undGepflogenheiten in einer Gesellschaftsordnung.Damit liegt die Moral begrifflich <strong>sehr</strong>nahe bei der Ethik. Sie beschreibt, was mangemeinhin tun oder nicht tun sollte. Ethikwird oft als «Nachdenken über die Moral»bezeichnet. Dieses Nachdenken über sichund seine Handlungen, über das Unternehmenund seine Entscheidungen <strong>sind</strong>ethische Handlungen. Wir können Bedürfnisseund Rechte anderer respektieren odermissachten, wir können richtig oder falsch,legitim oder illegitim, moralisch oder unmoralischhandeln, aber nie «unethisch».Regulierung steht für Gesetze, Vorschriftenund Regeln, die i.d.R. von Staates wegen erlassenwerden. Sie sollen das Zusammenlebender Menschen lenken und vereinfachen. Dieseangestrebte Vereinfachung ruft Kritiker aufden Plan. Regulierung bedeute immer auchdie Einschränkung der persönlichen Handlungsfreiheitund habe die Tendenz auchdann noch zu wirken, wenn der Grund ihrerEinführung nicht mehr bestehe. Eine Überregulierungerhalte nicht erhaltenswerte Strukturenund bremse nötige Entwicklungen undStrukturveränderungen. Regulierungen, sodie positive Interpretation, erlauben ein staatlichesEingreifen, wenn die Marktmechanismenversagen oder ungenügend greifen.SIU-Download-ServiceSie können diese Seite auch auf IhrenComputer herunterladen.www.siu.ch/glossar14 UP 03/2011


SIU-WEITERBILDUNGSIU-StellenbörseEidg. dipl. Verkaufsleiter/in – auch als Tageskurse zum Wochenbeginn geführtNah beim Handel aufSIU-QualitätsniveauDer neue SIU-Lehrgang «Verkaufsleiter/in» stösst dank klarer Vorteile auf grosses Interesse:Anerkannt hohes SIU-Qualitätsniveau, Handelsnähe, praktische Tageskurseund interessante Anschlussmöglichkeiten in Richtung Hochschulstudium.Verkaufsleiter/innen <strong>sind</strong> verantwortlichfür die absatz<strong>orientiert</strong>e Funktionen imUnternehmen mit eigener Verkaufsabteilungin Handel und Industrie. Mit dem eidgenössischenDiplom weisen sich die Absolventinnenund Absolventen auf dem Arbeitsmarktals qualifizierte Fach- und Führungskräftedes Verkaufsmanagements aus. Für sie wurdeder Zugang zum akkreditierten Nachdiplomstudium«Executive Master of BusinessAdministration: Integrated Management»an der Berner Fachhochschule, Wirtschaftund Verwaltung, und an der Hochschule fürWirtschaft (HSW) Fribourg geschaffen.Die Weiterbildung ist für Personen konzipiert,die eine leitende Funktion im Unternehmeneinnehmen wollen. Die Kursteilnehmendenverfügen über eine solide Grundausbildung(z. B. Verkaufs-, Marketingfachleute, Detailhandelsspezialisten).Sie arbeiten seit einigenJahren in verantwortungsvoller Stellung imVerkauf und tragen nachweislich die entsprechendeFührungsverantwortung.Speziell interessant!Der neue SIU-Lehrgang «Eidg. dipl. Verkaufsleiter/in»kann auch als praktischer Tageskursam Wochenbeginn belegt werden. BSie wünschen weiterführende Informationen? Dann melden Sie sich am besten jetztgleich für einen der unverbindlichen und kostenlosen Informationsabende an, die wirregelmässig auch in Ihrer Nähe durchführen: 043 243 46 66. Sie können uns auchgerne den Bestellcoupon schicken und erhalten dann umgehend Ihr Gratis-Exemplardes Spezialprogramms «Eidg. dipl. Verkaufsleiter/in» per Post zugestellt. Und nochschneller geht’s per Mausklick: www.siu.chSIU-Gratis-DienstleistungSuchen Sie eine Stelle im Handel?Ha ben Sie eine solche zu vergeben?Wollen Sie Ihre eigene Stellenbörsezielgenau verlinken? Dann liegen Siemit der SIU-Gratis-Dienstleistung genaurichtig.Auf der SIU-Homepage können Sie Bewerbungenund Angebote <strong>sehr</strong> einfachund schnell selber veröffentlichen. Dieganze weitere Abwicklung – vom Erstkontaktbis zur Anstellung – erfolgt ohneweitere Mitwirkung des SIU und ist injedem Fall kostenlos.Zur SIU-Stellenbörse kommen Sieeinfach und bequem von Ihrem PC aus:www.siu.ch/stellenImpressumHerausgeber SIU · 8004 Zürich · Telefon 043 243 46 66siu@siu.ch · www.siu.ch Redaktion <strong>Tobler</strong>+<strong>Tobler</strong>Bremgarten/BE · www.tobler-tobler.ch Fotos EvelinFüglistaler · Rapperswil-Jona · Gestaltung Vides VisualDesign · Rapperswil-Jona · www.vides.ch Druck Kalt-Zehnder-Druck · ZugBestellcouponSenden Sie mir bitte£ Jahresprogramm 2012£ Spezialprogramm «Kurse für Berufsbildner/innen 2012»£ Spezialprogramm «Marketing/Verkauf 2012»£ Spezialprogramm «Category Manager»£ Spezialprogramm «Zeit zum Handeln» (Lehrgänge)£ Kostenloses Exemplar «UP» Weiterbildung im Handel£ Kostenloses Exemplar «Vision und Leitbild»£ Bitte rufen Sie mich anAdresseNameVornameStrasse/Nr.PLZ/OrtE-MailFaxTelefonPer Post, Fax oder E-Mail an: SIU, Postfach 8419, 8036 Zürich, Fax 043 243 46 60, siu@siu.chUP 03/2011 15


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