Manfred Hochwald, Deutsche Welthungerhilfe, Bonn - HEA
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das Abschmelzen von Festlandeis. Überschwemmungen und extreme<br />
Wetterereignisse, wie Starkniederschläge, Hitze, Dürre und Wirbelstürme, werden<br />
immer häufiger und gravierender in ihren Auswirkungen. Das Artensterben wird<br />
zunehmen, wenn Lebensräume mit bestimmten Klimaeigenschaften von der Erde<br />
verschwinden. Krankheiten wie Malaria und Cholera breiten sich aus. Hinzu kommen<br />
Hunger und Mangelernährung infolge von Ernteverlusten. Soziale Konflikte um<br />
Ressourcen, insbesondere um Trinkwasser und Land, werden zunehmen. Die Zahl<br />
der Menschen, die vor Dürre, Hunger oder Überschwemmung fliehen müssen, wird<br />
steigen. Und die materiellen Schäden werden bis zum Jahr 2050 schätzungsweise<br />
auf über 600 Milliarden Euro jährlich anwachsen.<br />
Wir können es drehen und wenden, wie wir wollen, müssen aber eingestehen, dass<br />
die Industriestaaten die Hauptverursacher des Klimawandels, die Armen in den<br />
Entwicklungsländern aber besonders von den Auswirkungen betroffen sind. Diese<br />
ungleiche Verteilung verweist auf ein großes Gerechtigkeitsproblem, also ein<br />
ethisches Problem. Eine wichtige Frage wird uns und unsere Kinder mehr und mehr<br />
beschäftigen: Wer darf in Zukunft die Atmosphäre in welchem Umfang nutzen?<br />
Die Entwicklung der Industrieländer war hauptsächlich von der Nutzung von Kohle,<br />
Öl und Gas getragen. Auch die Entwicklungsländer beanspruchen heute mehr denn<br />
früher das Recht, für ihre wirtschaftliche Entwicklung fossile Energieressourcen<br />
nutzen zu können - und damit ein Recht auf Nutzung der Atmosphäre. Dieser Konflikt<br />
wird vor dem Hintergrund der Globalisierung verschärft durch politische und<br />
wirtschaftliche Faktoren und Entwicklungen, die die Fähigkeit der einzelnen Länder<br />
zur eigenständigen Entwicklung und zur wirksamen Bekämpfung von Hunger und<br />
Armut wesentlich beeinflussen. Das Energiekonzept der Industrieländer - basierend<br />
auf Kohle, Öl und Gas- ist gescheitert und nicht zukunftsfähig. Umso größer ist die<br />
Hoffnung, dass die Entwicklungsländer aus den Fehlern der Industrieländer lernen.<br />
Die Entwicklungsländer haben allerdings ein Recht auf gleiche Emissionen wie die<br />
Industrieländer, das wird niemand bestreiten. Die Industrieländer ihrerseits<br />
versuchen, sich durch Emissionshandel vor dringend benötigten – und teuren -<br />
Veränderungen zu drücken. Dadurch wird die Entwicklung der armen Länder<br />
gebremst bzw. sie müssen auf teure regenerative Technologien ausweichen.<br />
Wichtig ist: Jede Form von Entwicklung vergrößert den ökologischen Fußabdruck -<br />
wenn nicht an anderer Stelle reduziert wird. Das heißt, dass Armutsbekämpfung und<br />
Entwicklung in den Entwicklungsländern auch klimaschädlich sind.<br />
Klimaschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels sind daher nicht nur<br />
ethische Fragen, deren Beantwortung drängt und unaufschiebbar ist.<br />
Klimaschutz und Ethik – kein Widerspruch!<br />
Zum besseren Verständnis des Begriffes „Ethik“ soll ein Blick in das Lexikon lohnen:<br />
Der Begriff „Ethik“ wurde als Bezeichnung für eine philosophische Disziplin von<br />
Aristoteles (geb. 384 v. Chr.) eingeführt, der damit die wissenschaftliche<br />
Beschäftigung mit menschlichen Gewohnheiten, Sitten und Gebräuchen (ethos)<br />
meinte, wobei allerdings schon seit Sokrates (geb. 469 v.Chr.) die Ethik ins Zentrum<br />
des philosophischen Denkens gerückt war. Hintergrund war dabei die vertretene<br />
Auffassung, dass es für ein Vernunftwesen wie den Menschen unangemessen sei,<br />
wenn dessen Tun und Handeln ausschließlich von Konventionen und Traditionen<br />
geleitet wird.