Klinkmagazin 13 2010 - Klinikmagazin
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Worte waren<br />
ursprünglich Zauber<br />
Wie für uns Selbstverständliches Magie entfachen kann<br />
Vor kurzem hatte ich das Glück,<br />
Zeuge zu werden, welchen Zauber<br />
Worte ausüben können.<br />
Als Zivildienstleistender in der Poststelle<br />
komme ich täglich auf viele verschiedene<br />
Stationen unserer Klinik.<br />
Die Schicksale, die ich auf diese Weise<br />
kennen lerne, können einen Menschen<br />
nachhaltig beeinflussen. Dabei hat mich<br />
eine Situation ganz besonders bewegt.<br />
An einem Tag hatte ich eine ungewöhnlich<br />
umfangreiche Lieferung für<br />
eine Station. Beladen mit dem Büromaterial<br />
stand ich schließlich vor<br />
der verschlossenen Stationstür. Mich<br />
schaute eine ältere Dame von der anderen<br />
Seite der Tür an. Sie erkannte sofort,<br />
dass ich Hilfe brauchte und tat ihr<br />
Möglichstes, mir die Tür zu öffnen, obwohl<br />
sie in einer geschlossenen Station<br />
untergebracht war. Als ich schließlich<br />
<strong>Klinikmagazin</strong> Nr. <strong>13</strong> <strong>2010</strong><br />
die Tür geöffnet hatte, war die Dame<br />
der festen Überzeugung, sie hätte mir<br />
aufgemacht. Sie begrüßte mich mit:<br />
„Bitteschön“. Anstatt sie zu verbessern<br />
lächelte ich sie an, wünschte ihr einen<br />
„Guten Morgen“ und bedankte mich bei<br />
ihr. Daraufhin antwortete die Dame:<br />
„Wissen Sie was, junger Mann? Sie sind<br />
der erste, der mich heute angelächelt<br />
hat.“ Auf diesen Satz war ich absolut<br />
nicht gefasst. Ich wusste nicht recht,<br />
was ich antworten sollte.<br />
In seinem Buch mit eben diesem Titel,<br />
„... Worte waren ursprünglich Zauber“,<br />
beschreibt Steve de Shazer die<br />
Rolle der Sprache in der Kurzzeittherapie.<br />
Er behauptet – stark vereinfacht –,<br />
dass der Teil des Zaubers, den man heute<br />
noch in Worten finden kann, der Anteil<br />
ist, mit dem wir andere Menschen<br />
beeinflussen können. Mir ist klar ge<br />
Berufsunfähigkeit kann jeden treffen. Wir schützen Sie<br />
vor finanziellen Folgen - zuverlässig wie ein Schutzengel.<br />
Ihre Provinzial-Geschäftsstelle<br />
Michael Schulze<br />
Rangestraße 7, 59581 Warstein, Tel. 0 29 02 / 97 85 50<br />
Wilkeplatz 2, 59581 Warstein-Belecke, Tel. 0 29 02 / 9 10 40<br />
schulze@provinzial.de<br />
Erlebnisbericht n<br />
worden: Das war der Zauber, von dem<br />
Steve de Shazer gesprochen hat. Hätte<br />
ich die Dame in der Situation korrigiert,<br />
wäre die Magie des Moments verflogen<br />
gewesen.<br />
Niemals hätte ich es für möglich<br />
gehalten, dass so etwas – für mich<br />
Selbstverständliches – einen solch<br />
großen Einfluss auf andere Menschen<br />
haben könnte. Ich habe viel darüber<br />
nachgedacht, wie die Situation zustandegekommen<br />
ist. Die Antwort liefert<br />
ebenfalls de Shazer: Sein elftes Kapitel<br />
eröffnet er mit den Worten Sherlock<br />
Holmes’: „Ich möchte betonen, dass ich<br />
niemals irgendwelche Vorurteile hege<br />
[…].“<br />
Meist schaffen wir es nicht, uns im<br />
Alltag frei von allen Vorurteilen zu machen,<br />
um den Menschen, denen wir<br />
begegnen, völlig offen gegenüber treten<br />
zu können. Doch in den wenigen<br />
Momenten, in denen uns das gelingt,<br />
können wir uns selbst überraschen<br />
und den Zauber erkennen, den Worte –<br />
selbst der einfachste Gruß – auch heute<br />
noch für uns haben können.<br />
Rick Enste, Zivildienstleistender<br />
Rick Enste absolviert seinen Zivildienst<br />
in der Poststelle der LWL-Klinik<br />
Warstein.<br />
Immer da, immer nah.<br />
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