Bulletin 01/2011 - Mercedes-Benz 300 SL Club - Mercedes-Benz ...
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E10- VERTRÄGLICHKEIT IM <strong>300</strong> <strong>SL</strong><br />
Gleich im Vorfeld möchte ich erwähnen, dass am Ende dieses<br />
Artikels keine klare Aussage zur Verträglichkeit von alkohol-<br />
haltigen Kraftstoffen stehen wird.<br />
Dies liegt zum Einen daran, dass einem alle Ansprechpartner<br />
aus rechtlichen Gründen davon abraten und zum Anderen an<br />
der Komplexität der Sachlage, welche von Fahrzeug zu Fahrzeug<br />
und je nach Situation zu unterschiedlichen Ergebnissen führen<br />
kann. Sie können sich aber hoffentlich selbst ein besseres Mein-<br />
ungsbild verschaffen, als es über die öffentlichen Aussagen bisher<br />
möglich war.<br />
Während der Recherche musste ich feststellen, dass über 90%<br />
aller Informationen zu E10 kaum geeignet sind, wirkliches Ver-<br />
ständnis zu erzeugen. Beziehen möchte ich mich daher nur auf<br />
die offizielle Herstelleraussage von <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> (welche allein<br />
betrachtet leider die Erklärungen vermissen lässt) und zweitens<br />
einen sehr informativen Artikel aus der Zeitschrift „Oldtimer<br />
Markt“ von einem Kraftstoffexperten, den sie komplett hier<br />
im Heft abgedruckt wiederfinden. Ergänzt habe ich das Ganze<br />
noch um einen Selbstversuch im <strong>300</strong> <strong>SL</strong>.<br />
Laut <strong>Mercedes</strong>-<strong>Benz</strong> sind Modelle der ersten Generation Direkt-<br />
einspritzung (C 200 CGI BR 203 und CLK 200 CGI BR 209)<br />
der Jahre 20<strong>01</strong> – 2005, sowie Modelle, welche werkseitig ohne<br />
geregelten 3-Wege Katalysator produziert oder mit Vergaser<br />
ausgerüstet wurden, nicht E10 tauglich! Dies umfasst damit auch<br />
alle Oldtimerfahrzeuge.<br />
Erst die Aussagen, welche Wolfgang Dörmer, Ob-<br />
mann im Fachausschuss für die Normung von Kraftstof-<br />
fen, im Interview der „Oldtimer-Markt“ gegeben hat,<br />
liefern die Erklärungen für einen Teil dieser Festlegungen:<br />
1.) Frühe Direkteinspritzmotoren hatten Aluminiumbestandteile<br />
im Hochdruckbereich des Kraftstoffsystems. Bei den vor-<br />
herrschenden konstant hohen Drücken und Temperaturen kön-<br />
nen Korrosionsprozesse zu Schäden und Undichtheiten führen.<br />
Auch der <strong>300</strong> <strong>SL</strong> ist ja ein Direkteinspritzer, aber die Drücke (ca.<br />
48 bar) sind deutlich geringer (zu gering) und auch die sonsti-<br />
gen Randbedingungen liefern keinen Grund anzunehmen, dass<br />
obige Ausschlussbedingung hier eine Rolle spielt.<br />
2.) <strong>Mercedes</strong> unterscheidet zwischen Fahrzeugen mit Katalysa-<br />
tor (tauglich) und Fahrzeugen ohne Katalysator bzw. mit Vergas-<br />
er. Dies macht nur dann Sinn, wenn die Art der Gemischbildung<br />
hier die entscheidende Rolle spielt. Bei geregeltem Katalysator<br />
wird immer ein Lambdawert von ca.1 eingestellt. Da Alkohol ca.<br />
40% weniger Brennwert hat als <strong>Benz</strong>in, kann ein Fahrzeug mit<br />
geregeltem Katalysator dies ausgleichen, andere Fahrzeuge aber<br />
nicht! Abmagerung des Gemisches, schlechter Motorlauf und<br />
Überhitzung können die Folge sein.<br />
Diese Annahme wollte ich durch einen Selbstversuch stützen.<br />
Vor der Überhitzung machte ich mir dabei wenig Sorgen, da<br />
ein Direkteinspritzer gegenüber Vergasermotoren über eine gute<br />
„Innenkühlung“ verfügt.<br />
Die Betankung mit E10 war im Fahrverhalten noch nicht spür-<br />
bar, was vielleicht daran liegt, dass mein <strong>300</strong> <strong>SL</strong> etwas fett<br />
eingestellt ist. Auf der Fahrt zum Jahrestreffen nach Würzburg<br />
hatte ich daher die „Schnapsidee“ an einer Tankstelle ca. 40<br />
Liter E85 nachzutanken. E85 enthält 85% Alkohol, wird von<br />
Flexibelfuel- Fahrzeugen vertragen und an wenigen Tankstellen<br />
in Deutschland angeboten.<br />
Im Tank ergab sich damit eine E40- Mischung und die Folge,<br />
dass der <strong>300</strong> <strong>SL</strong> im Leerlauf lautstark gepatscht hat und eine sehr<br />
schlechte Gasannahme zu verzeichnen war. Die Ausfahrten im<br />
Teillastbereich gingen einigermaßen und durch das Nachtanken<br />
bin ich zwischenzeitlich bei E15 angelangt. Damit ist die Gasan-<br />
nahme immer noch leicht verschlechtert und ein Leistungsman-<br />
gel bei hohen Drehzahlen feststellbar.<br />
Fazit:<br />
Ich bin froh, wenn ich beim nächsten Nachtanken wieder einen<br />
Alkoholgehalt unter 10 % erreiche! Bei höherem Alkoholgehalt<br />
wäre eine andere Gemischeinstellung erforderlich. Bei mager<br />
eingestellten <strong>300</strong> <strong>SL</strong>- Fahrzeugen kann auch E10 aus meiner<br />
Sicht bereits zu Leistungsmangel und schlechterer Gasannahme<br />
führen.<br />
Für grundsätzlich höhere Korrosionssorgen oder mögliche<br />
Schäden durch E10 finden sich keine belegten Anhaltspunkte<br />
(siehe hierzu Artikel aus OLDTIMER MARKT 05/2<strong>01</strong>1). E10<br />
ist laut Experten-aussage nicht aggressiver als E5.<br />
Michael Rapp<br />
Artikel S. 61-62: OLDTIMER MARKT 05/2<strong>01</strong>1