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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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vor.satz......................................................Swing it!Wer würde bei all dem Unbill in dieserWelt der bis zum Abwinken <strong>recht</strong>schaffenenJurstInnenseele nicht gönnen,sich nach getanem Tagwerk in die Wittmanncouchzu senken, um bei gedämpftenJazzklängen und einem (Riedel)Gläschenzur leichten <strong>juridikum</strong>-Lektüre zu greifen? Schwenken, riechen,kosten, degustieren Sie!Man braucht, um mit dem Unerfreulichenzu beginnen, den obligaten Jahresrückblickgar nicht bis zum bitterenAnfang durchwürgen. Schon die letztenHighlights machen 2004 zu einem<strong>recht</strong>sstaatlichen Jubeljahr: Menschen<strong>recht</strong>sanwältInnenwurde im Innenministeriumendlich die gebührende Aufmerksamkeitgeschenkt, die verwaltungsgerichtlicheKontrolle des Asylwesensvon wechselnden Ressortchefswie auf einem Basar gehandelt, die trägeKonventssuppe weiter eingedickt undmit ihr die Hoffnung, dass die Verfassungaus dem traurigen Schauspiel Österreich-Konventdoch noch unbeschädigthervorgehen könnte, während derfür Demokratie an sich zuständige (ebennicht: Verfassungs-)Gesetzgeber munterdas demokratische Wahlergebnis desStudierendenparlaments umschrieb.Der JuristInnenstand hat sich dieserEntwicklung mit geballtem Standesethosmutig in den Weg gestellt und denMarkt pünktlich zur Weihnachtszeit miteiner weiteren Welle humoriger JuristInnenanekdötchenüberschwemmt, vondenen sich einige in weiser Selbsterkenntnismit dem Adjektiv „ridiculum“gleich selbst qualifizieren 1 . Dazu wurdeeine Sammlung von Weintipps illustrerVertreterInnen unseres Standes kredenzt:„Wenn’s Recht viniert. EinWeinbuch von und für Juristen“ 2 – heisseKandidaten für die Liste der mostwanted-Sponsionsgeschenke............................................Ronald FaberDer moralische Tiefflug schlägt schon inder unlauteren Titelgebung durch, dennnach dem Vorjahreserfolg von „Wenn’sRecht kocht“ durfte Justizia heuer nichtin logischer Fortsetzung „trinken“ oder„saufen“, ausgerechnet „vinieren“ musssie. Das soll ihr wohl den nötigen Anstandgeben, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen,dass es alkoholmäßignicht mehr tiefer geht. Vinieren bedeutetlaut Weinglossar ua, einen Grundweinmit Hochprozentigem anreichern – einrichtiger Absacker also. Wir hoffen aufFortsetzung ähnlich frommer Wortlügenund würden das Recht beim nächstenMal inhalieren (statt tschicken) und koitieren(statt ...) lassen.Das <strong>juridikum</strong>. <strong>zeitschrift</strong> im <strong>recht</strong>sstaatwill dieser Entwicklung selbstverständlichum nichts nachstehen undnicht etwa mit einem Editorial überAsyl- oder Menschen<strong>recht</strong>e langweilen,sondern ein schales Häppchen aus derleidlichen Anekdotenkiste beisteuern.„Wenn’s Recht schmunzelt“, denn echterJuristInnenhumor schmunzelt, erlacht nicht, wie uns die humorigen Anekdotenbüchererklären. Was würdesich zu diesem Zweck besser eignen alsein Streiflicht auf das Prostitutions<strong>recht</strong>,über das es zwar reichlich Ernsthaftes zusagen gäbe, hier aber in nahtloser Einreihungin das juristische Boulevardniveauberichtet werden soll.Die Marktgemeinde Strasshof an derNordbahn im gottgefälligen Niederösterreichwollte dem unmoralischen Treibeninnerhalb ihrer Gemeindemauern einEnde setzen. Sie verbot die öffentlicheAnbahnung und Ausübung der Prostitutionsowie die Errichtung und den Betrieb„so genannter ‚Swingerclubs’ und sonstigerEinrichtungen, die der Anbahnung sexuellerHandlungen dienen, und nichtdem NÖ Prostitutionsgesetz unterliegen“.Prompt landete die Verordnung beimVfGH. Die Beschwerdeführerin erblicktein ihr ein nachgerade josefinistisches„Aufrißverbot“ und malte demhohen Gericht die Schreckensvision einergasthauslosen Marktgemeinde vorAugen: Würde man die Verordnungbeim Wort nehmen, drohe „sämtlichenGastronomiebetrieben in der VerbotszoneStrafe und Schließung ..., da es derallgemeinen Lebenserfahrung entspricht,dass angestrebtem, <strong>recht</strong>mäßigemKopulationsverhalten der Besuchvon Gastronomiebetrieben vorangeht,insbesonders dann, wenn die künftigenKopulanten einander erst kennenlernenwollen. Der Volksmund hat dafür denAusdruck ‚Aufreißen’ geprägt.“Derart argumentativ in die Enge getrieben,rettete sich der VfGH auf densittlich einwandfreien Boden des Prozess<strong>recht</strong>sund wies den Antrag kurzerhandzurück, weil er nicht den strengenVoraussetzungen für die Individualanfechtungvon Verordnungen genüge(VfGH 6.12.2004, V 44/04). Gekonntumschifften die RichterInnen damit einenargumentativen Notstand, denn wermag schon von sich behaupten, noch nie<strong>recht</strong>mäßiges Kopulationsverhalten anstrebendeinen Gastronomiebetrieb besuchtund dabei gar künftige KopulantInnenkennengelernt zu haben?Zu schade: Die <strong>recht</strong>ssuchende Bevölkerungmuss weiter auf ein klärendesWort des Höchstgerichts über die Zulässigkeitvon Vorbereitungshandlungenzu <strong>recht</strong>mäßigem Kopulationsverhaltenwarten. Die Marktgemeinde Strasshofhatte für diese Frage sogar tief in die Taschegegriffen: Sie beantragte Kostenersatz,denn die Beiziehung eines Anwalteswar ihr „aufgrund der Komplexitätder Angelegenheit“ unbedingt erforderlicherschienen.1) Krejci, JuRidiculum. UniVersevon Heinz Krejci. Verlag Österreich2004.2) N. Forgó (Hrsg),Wenn’s Rechtviniert. Ein Weinbuch von und fürJuristen. Manz 2004.Seite 162 <strong>juridikum</strong> 2004 / 4

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