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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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themanen. Die angegebenen Kostengründe können nicht überzeugen;Audioaufzeichnungen etwa lassen sich mit geringem Aufwandherstellen. Die Anschaffung eines Tonaufnahmegeräts übersteigtwohl kaum das durchschnittliche Entgelt für einen Dolmetscherin einer einzigen Strafverhandlung. Im übrigen stehenan jedem größeren Gericht Videorecorder und Aufnahmegerätefür die im österreichischen Recht seit Jahren vorgesehenen Videovernehmungenzur Verfügung. Auch das von einem deutschenVertreter auf der Konferenz in Den Haag ins Treffen geführteArgument, Zeugen könnten bei einer audio- oder videoaufgezeichnetenVerhandlung Hemmungen haben, auszusagen,geht ins Leere. Die Praxis einer großen Zahl von Mitgliedstaaten,wo Video- und Audioaufzeichnungen von Polizei- undGerichtsvernehmungen bereits eine Selbstverständlichkeitsind, steht solchen Vermutungen entgegen. Spanien und Polenhaben erst vor kurzem das bisherige System der Protokollierungvon Strafverhandlungen auf Audio- und Videoaufzeichnungumgestellt. Die technischen Systeme wurden eigens denBedürfnissen der Gerichte angepasst. 11 Die Einwände gegendie Aufzeichnung von Gerichtsverfahren, die ausschließlichder Überprüfung der Dolmetschqualität dienen soll, ist im Hinblickauf die Öffentlichkeit der Verhandlungen unverständlich.Aus österreichischer Sicht erschiene insbesondere die Aufzeichnungder von den Sicherheitsbehörden durchgeführtenVernehmungen wichtig. Während die Gerichte überwiegendauf gerichtlich beeidete und zertifizierte Dolmetscher zurückgreifen,treten bei der Polizei – aus welchen Gründen auch immer– allzu oft unqualifizierte Dolmetscher in Erscheinung.Das führt nicht zuletzt zu aufwändigen Erörterungen und Beweisaufnahmenin der Hauptverhandlung darüber, ob vor derPolizei korrekt gedolmetscht wurde und was der Verdächtigebei der polizeilichen Vernehmung tatsächlich ausgesagt hat.Durch die mit vergleichsweise geringem Aufwand zu bewerkstelligendeAudioaufzeichnung der Polizeivernehmung ließensich Kosteneinsparungen im Gerichtsverfahren erzielen; dieZahl unbe<strong>recht</strong>igter Vorwürfe gegen den Dolmetscher würderasch zurückgehen. Es liegt jedenfalls auf der Hand, dass dieQualität der Verfahren insgesamt steigt, wenn die Vernehmungenund Verhandlungen auf Band aufgezeichnet werden.Auf Grund des bisherigen Verlaufs der Verhandlungenüber den Kommissionsvorschlag im Rat muss damit gerechnetwerden, dass Audio- und Videoaufzeichnungen gedolmetschterVernehmungen und Strafverhandlungen derzeitnicht konsensfähig sind. Im Hinblick auf das Ziel, die Qualitätder Gerichtsdolmetschung zu erhöhen, bietet sich als Alternativedie Verpflichtung der Mitgliedstaaten an, durch geeigneteMaßnahmen für eine ausreichende Zahl qualifizierter Übersetzerund Dolmetscher zu sorgen, sprich die Ausbildung derGerichtsdolmetscher zu verbessern.Auch wenn derzeit noch nicht alle Vorschläge der Kommissionangenommen werden sollten: es ist ein großes Verdienstder Kommission, mit dem Vorschlag für einen Rahmenbeschlussauf die Schwierigkeiten fremdsprachiger Verdächtigerund von Personen, die sich aufgrund ihres Alters,ihrer mentalen, physischen oder emotionalen Verfassung in...........................................10) Zur Frage des Umfangs der Dolmetschung undmöglicher Techniken wie etwa dem Flüsterdolmetschenvgl. den Beitrag von Mira Kadric, Sichtbare Ge<strong>recht</strong>igkeitin gedolmetschten Verfahren, in diesemHeft.11) Eine andere Frage ist, was die Protokollierungeiner potenziell schwachen Position befinden, aufmerksamgemacht zu haben. Allein diese Bewusstseinsbildung ist einebleibende Leistung dieses Gesetzesprojekts der Kommission.4. Zusammenfassung und AusblickIm Rahmen der bereits erwähnten interdisziplinären Konferenzin Den Haag ist der Kommissionsvorschlag auf breiteAnerkennung gestoßen. Die Ergebnisse der Diskussionen lassensich so zusammenfassen:1. Der vorgeschlagene Rahmenbeschluss soll bei den Vertreternder Rechtsberufe (Richtern, Staatsanwälten, Polizeijuristen,Rechtsanwälten) vor allem das Bewusstsein für die Bedeutungder Dolmetschung stärken. Es handelt sich um eingrundsätzliches Verfahrens<strong>recht</strong> des Beschuldigten, dass vorGericht professionelle und gute Dolmetscher eingesetzt werden.Dies bedeutet auch, dass die Gerichte bereits bei der Auswahlder Dolmetscher nach Qualitätskriterien entscheidenmüssen.2. Die Qualität und Professionalisierung bei den Dolmetschernmuss erhöht werden. Es müssen europaweit Ausbildungsstättenund gemeinsame Qualitätsanforderungen fürGerichtsdolmetscher geschaffen werden.3. Zur Erreichung dieser Ziele sollten Dolmetscher undÜbersetzer verstärkt Publikationen in juristischen Zeitschriftenplatzieren, um das Bewusstsein bei den Juristen für qualitativhochwertige Dolmetschungen und Übersetzungen zuerzeugen. Die Vertreter der Rechtsberufe sollen Kenntnissedarüber erhalten, woran man einen professionellen bzw. unprofessionellenDolmetscher erkennt; zweckmäßig wäre etwadie Erstellung spezieller Arbeitsunterlagen zum ThemenkreisDolmetschen/Übersetzen für Vertreter juristischer Berufe.4. Die Bedeutung interdisziplinärer Expertentreffen wirdin Zukunft weiter zunehmen.Es bleibt anzuwarten, welche Veränderungen der Kommissionsvorschlagbis zu seiner Annahme in Rat und Parlamenterfährt. Die Qualität des Kommissionsvorschlags ist jedenfallsein Beweis für die Leistungsfähigkeit der EU-Dienststellenund macht Lust auf weitere europäische Harmonisierungsprojekteauf dem Gebiet des Straf- und Strafprozess<strong>recht</strong>s.Mira Kadric ist Assistenzprofessorin am Zentrum fürTranslationswissenschaft der Universität Wien undpraktizierende Gerichtsdolmetscherin; Oliver Scheiberist Richter in Straf- und Zivilsachen in Wien.Weiterführende Literatur:Hertog (Hg.)(2001), Aequitas - Access to Justice acrossLanguage and Culture in the EU, Antwerpen, Lessius Hogeschool.Hertog (Hg.)(2003), Aequalitas - Equal Access to Justiceacross Language and Culture in the EU, Antwerpen, LessiusHogeschool.Vgl. auch die Homepage des EU-Projekts zum Gerichtsdolmetschen:http://www.legalinttrans.info (alle Angaben zuInternetseiten mit Stand vom Dezember 2004).durch Audio-/Videoaufzeichnung für die Rechtsmittelverfahrenbedeutet – wie das spanische und polnischeBeispiel zeigt, gibt es dafür Lösungen.Seite 210 <strong>juridikum</strong> 2004 / 4

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