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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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justiz und randgruppenDas Straf<strong>recht</strong> gehört zu den Kernbereichen staatlichen Handelns.Jedem Land fällt es schwer, in diesem Bereich Kompetenzenabzugeben, selbst wenn es um die Übertragung vonAufgaben an die Vereinten Nationen oder die EuropäischeUnion geht. Die Schwierigkeiten bei der Schaffung einesStrafgerichtshofs der Vereinten Nationen oder die späte Einräumungvon (ohnedies sehr limitierten) EU-Zuständigkeitenim Straf<strong>recht</strong>sbereich belegen das Misstrauen der Einzelstaaten,wenn es um die Abgabe straf<strong>recht</strong>licher Alleinkompetenzengeht. In Rechtshilfe- oder Auslieferungsverfahren wirdnicht selten die Frage gestellt, ob der eigene Staatsbürger imStrafverfahren in diesem oder jenem europäischen Land auch„ordentlich“ oder fair behandelt wurde.Dem Misstrauen der Mitgliedstaaten stehen auf europa<strong>recht</strong>licherEbene seit einigen Jahren Ambitionen der Kommission,die Straf<strong>recht</strong>ssysteme anzugleichen, gegenüber.In der erst vor wenigen Jahren eingerichteten Generaldirektionfür Justiz, Freiheit und Sicherheit ist manmit Schwung an der Arbeit. 1 In der Angleichung derStraf- und Strafprozessordnungen sieht die Kommissioneine der kommenden Herausforderungen des europäischenProjekts – nach der Schaffung des Binnenmarktssoll der gemeinsame Rechtsraum Europa Wirklichkeitwerden. Die Schaffung von Eurojust und einesEuropäischen Haftbefehls und Maßnahmen zur Stellungvon Opfern im Strafverfahren 2 bedeuten erste,symbolkräftige Erfolge der Kommission, auch wenn essich eher um Maßnahmen einer engeren Zusammenarbeitdenn um Rechtsangleichungen handelt. 3Vor kurzem hat die Kommission nun einen Vorschlagfür einen Rahmenbeschluss des Rates über bestimmteVerfahrens<strong>recht</strong>e im Strafverfahren 4 (im folgendenkurz: Kommissionsvorschlag) vorgelegt. DerVorschlag wird seit einigen Monaten in Rat und Parlamentverhandelt und unternimmt den Versuch einer Mindestharmonisierungder Strafverfahren der Mitgliedstaaten in einigengrund<strong>recht</strong>lich wichtigen Punkten. Im folgenden solleinleitend die noch junge Geschichte der europäischen Straf<strong>recht</strong>sangleichungnachgezeichnet werden; anschließend sollendie Bestimmungen des Kommissionsvorschlags besprochenund bewertet werden.1. Ausgangspunkt TampereDer Europäische Rat nutzte rasch die der Union durch denAmsterdamer Vertrag eingeräumten neuen Kompetenzen.Kaum war der neue Vertrag am 1. Mai 1999 in Kraft getreten,beraumte die finnische Ratspräsidentschaft schon einen Sondergipfelfür Justiz und Inneres an. Die Schlussfolgerungen...........................................des Europäischen Rates auf diesem Treffen von Tampere (15.und 16. Oktober 1999) formulierten die gegenseitige Anerkennunggerichtlicher Entscheidungen als Ziel der Justizpolitikauf europäischer Ebene. Zugleich betonte der EuropäischeRat, dass die gegenseitige Anerkennung und die notwendigeAnnäherung der Rechtsvorschriften den Schutz derRechte des einzelnen durch die Justiz erleichtern würde. DerAufforderung des Europäischen Rates folgend legte die Kommissioneine Mitteilung über die gegenseitige Anerkennungstrafgerichtlicher Entscheidungen vor. 5 Eine der zentralenBotschaften der Mitteilung ist die Forderung, es müsse sichergestelltwerden, dass die Behandlung verdächtiger Personenund die Wahrung der Verteidigungs<strong>recht</strong>e durch die Anwendungdes Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung nichtnur nicht beeinträchtigt, sondern verbessert werden. DiesesAusgangspunktTampere: Unterwegszum europäischenStrafprozessGedanken zum Vorschlag der Kommissionfür einen Rahmenbeschluss über bestimmteVerfahrens<strong>recht</strong>e in Strafverfahreninnerhalb der Europäischen UnionMira Kadric und Oliver Scheiber........................1) vgl die Homepage der Generaldirektion: http://europa.eu.int/comm/dgs/justice_home/index_de.htm (Stand: Dezember 2004).2) Beschluss des Rates vom 28. Februar 2002über die Errichtung von Eurojust zur Verstärkungder Bekämpfung der schweren Kriminalität (ABl L63 vom 6.3.2002); Homepage: http://www.eurojust.eu.int(Stand: Dezember 2004); Rahmenbeschluss2002/584/JI des Rates über den EuropäischenHaftbefehl und die Übergabeverfahren zwischenden Mitgliedstaaten (ABl L 190 vom18.07.2002); Rahmenbeschluss 2002/22/JI des Ratesvom 15. März 2001 über die Stellung von Opfernin Strafverfahren (ABl L 82 vom 22.3.2001); Richtlinie2004/80/EG des Rates vom 29. April 2004 zurEntschädigung der Opfer von Straftaten (ABl L 261vom 6.8.2004).3) In Richtung Angleichung der Strafprozessordnungengeht es dagegen beim bereits erwähntenRahmenbeschluss über die Stellung von Opfern inStrafverfahren – vgl FN 2.4) Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Ratesüber bestimmte Verfahrens<strong>recht</strong>e in Strafverfahreninnerhalb der Europäischen UnionZiel wurde bald darauf in einem gemeinsamen Maßnahmenprogrammdes Rates und der Kommission 6 wiederholt.Die Arbeiten in den europäischen Institutionen zur Erreichungder gegenseitigen Anerkennung strafgerichtlicher Entscheidungengestalten sich jedoch schwierig; die Mitgliedstaatenhaben bei der Frage der gegenseitigen Anerkennung strafgerichtlicherUrteile und Beschlüsse ganz offenbar Bedenken,ob die Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in qualitativhochwertigen Verfahren zustande kommen (dabei wird nichtselten ein allzu kritischer Maßstab bei der Prüfung fremderEntscheidungen angelegt; vergessen wird – man denke nur andie Fragwürdigkeit österreichischer Abwesenheitsurteile – aufdie Unzulänglichkeiten und Schwächen des eigenen Systems).Die Kommission geht daher seit Jahren von der Überlegung[KOM(2004)328endg. - nicht im Amtsblatt veröffentlicht].5) Mitteilung der Kommission an den Rat und dasEuropäische Parlament vom 26. Juli 2000 über diegegenseitige Anerkennung strafgerichtlicher Entscheidungen[KOM(2000)495endg. vom29.7.2000].6) Maßnahmenprogramm des Rates und derKommission zur Umsetzung des Grundsatzes dergegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungenin Strafsachen (ABl C 12 vom 15.1.2001,Seite 10).<strong>juridikum</strong> 2004 / 4 Seite 207

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