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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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justiz und randgruppenMit 65% sieht die große Mehrheit der befragten Richterinnenund Richter die Dolmetscherin als ”Hilfsorgan des Gerichts”.Die Funktion ”Helferin der fremdsprachigen Person”fand dagegen mit nur 19% die zweitgeringste Zustimmungunter den gebotenen Optionen. Besonders auffallend ist dieniedrige Zustimmung von nur 8% beim Punkt „Sachverständigefür interkulturelle Kommunikation“.4. Umfang der Dolmetschung in der VerhandlungDiese Verteilung zeigt, dass die Erwartung des Gerichtes eineandere ist als die der Fremdsprachigen. Im Ergebnis sind jedochdie Erwartungen beider Seiten, der fremdsprachigenProzessbeteiligten einerseits und der Richterinnen und Richterandererseits, ähnlich: beide Seiten sehen in der Dolmetscherinihr „Hilfsorgan“, beide Seiten versuchen, in derKommunikationssituation die Dolmetscherin zu vereinnahmen.Das Gericht ist – wie nicht anders zu erwarten – in dieserBemühung stärker. Es ist damit nicht nur die Natur der institutionellenKommunikation an sich gemeint, wo ein Austauschvon Informationen in der Weise erfolgt, dass die Richterinbzw. der Richter das Thema vorgibt, fordert, reglementiert,Informationen filtert usw und die Prozessbeteiligtenreagieren, sondern auch die kommunikationspsychologischeMachtausübung gegenüber Fremdsprachigen im Gerichtssaal.Neben der institutionalisiert organisierten Kommunikationsasymmetrie,die durch die Autorität einer staatlichen Institutionvorgegeben ist, ist es das Ausüben dieser Autorität:Es ist das oben angeführte „Wie“ des Umgangs der Richterinnenund Richter mit Fremdsprachigen. Als einfaches Beispielsoll hier die Raumwahrnehmung als Kommunikationsobjektdienen, konkret: die Sitzposition der Dolmetscherin.Österreichische Gerichtssäle verfügen überkeine Dolmetschanlagen, sodass die Dolmetscherin ihrenSitzplatz in der Regel nach Anweisung der prozessführendenRichterin oder des prozessführenden Richters wählt. Zumeistwird sie angewiesen, neben der Richterin oder dem RichterPlatz zu nehmen. Diese Vorgangsweise wird auch durch dieoben erwähnte Studie bestätigt: In der Studie wurde nämlichauch die Frage nach der Sitzposition gestellt; die Antwort derBezirksrichterinnen und -richter, die sich sowohl auf Zivilalsauch Strafverfahren bezog, lautete zu 95% „neben demRichter“. (In Strafverfahren am Oberlandesgericht Wien beispielsweisesitzt die Dolmetscherin in der Regel neben derVertretung der Anklagebehörde; an sonstigen Wiener Strafgerichtenist das auch häufig der Fall, allerdings zumeistdann, wenn auf der Richterbank kein Platz frei ist.) Kommunikationspsychologischist diese Sitzposition ein deutlichesSignal dafür, dass die Dolmetscherin für das Gericht bzw. fürdie Staatsanwaltschaft und nicht für die fremdsprachige Parteitätig sein soll.Sachlich betrachtet könnte man die Ansicht vertreten,dass die Beziehungsebene in der institutionellen Kommunikationkeine Rolle spielen darf. Beziehungsebene und Inhaltsebenesind aber untrennbar miteinander verbunden –in welcher Weise, wird im folgenden gezeigt. Zur besserenIllustration werden zunächst einzelne Punkte im Ablauf 4 einerStrafverhandlung mit fremdsprachigem Angeklagtenchronologisch angeführt und jene Stellen markiert, woDolmetschungen stattfinden............................................4) Die Unterteilung erfolgt aus dolmetschtechnischerPerspektive. Es geht also nicht um eine prozess<strong>recht</strong>licheEinteilung, sondern um die Bildungvon Verfahrensabschnitten zur Feststellung des Dolmetschumfangs.5) Und zwar auf Erfahrungswerten einer mehr alszehnjährigen Praxis der Autorin als Dolmetscherin mitregelmäßigen Dolmetscheinsätzen bei Gericht undzahlreichen Gesprächen mit Richterinnen und Richternsowie Dolmetschkolleginnen und -kollegen.Die vorstehende Tabelle basiert auf Erfahrungswerten. 5Als empirische Bestätigung für die Richtigkeit dieser Erfahrungswertekann die angeführte Studie dienen, in derauch die Frage nach dem Umfang der Dolmetschung in derVerhandlung gestellt wurde. Die entsprechende Frage wurdefolgendermaßen formuliert: „Wenn ein(e) Partei/Beschuldigterfremdsprachig ist, lassen Sie dolmetschen: ...“Als mögliche Antworten waren vorgegeben:• die Vernehmung der fremdsprachigen Partei• wesentliche, für das Verfahren notwendige Teile derVerhandlung• die gesamte VerhandlungDie möglichen Antworten waren auf einer Häufigkeitsskalavon „nie“ über „manchmal“ und „häufig“ bis „immer“einzustufen. Um dem unterschiedlichen Charakter vonStraf- und Zivilverfahren Rechnung zu tragen, wurde in dieserFragestellung den Richterinnen und Richtern die Möglichkeitgeboten, zwischen Straf- und Zivilsachen zu unterscheiden.Im folgenden wird die Verteilung der Antworten,die sich auf die Frage nach der Dolmetschung der gesamtenVerhandlung bezieht, grafisch dargestellt.<strong>juridikum</strong> 2004 / 4 Seite 197

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