11.07.2015 Aufrufe

Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

themaDie Annahme der Gewerbsmäßigkeit und ihre FolgenBei richtiger <strong>recht</strong>licher Würdigung der dargestellten Sachverhaltelässt sich daraus der Verdacht auf die versuchte gewerbsmäßigeWeitergabe von Suchtgift nicht ableiten. Ein<strong>recht</strong>lich sicherer Schluss ist lediglich auf die Verwirklichungdes Deliktes des Besitzes bzw allenfalls des versuchten Überlassensvon Suchtgift möglich. Die hier interessierenden Delikteund die daran anknüpfenden verfahrens<strong>recht</strong>lichen Konsequenzenwerden kurz skizziert: Gemäß § 27 Abs 1 SMG istmit einer Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder einerGeldstrafe bis zu 360 Tagsätzen zu bestrafen, wer den bestehendenVorschriften zuwider ein Suchtgift erwirbt, besitzt, erzeugt,einführt, ausführt oder einem anderen überlässt oderverschafft. Gemäß § 27 Abs 2 Z 2 1. Fall SMG ist mit einerFreiheitsstrafe bis zu drei Jahren zu bestrafen, wer die im Abs1 des § 27 SMG bezeichnete Tat gewerbsmäßig begeht.Gemäß § 9 StPO obliegt den Bezirksgerichten das Strafverfahrengrundsätzlich wegen aller Vergehen, für die nur eineGeldstrafe oder eine Freiheitsstrafe angedroht ist, derenHöchstmaß ein Jahr nicht übersteigt. Gemäß § 10 Z 1 und Z2 StPO sind die Gerichtshöfe erster Instanz zur Führung vonVorerhebungen und Voruntersuchungen wegen aller Verbrechenund der nicht den Bezirksgerichten zur Aburteilung zugewiesenenVergehen sowie zur Hauptverhandlung und Urteilsfällungwegen aller Verbrechen und Vergehen, die wederden Geschworenengerichten noch den Bezirksgerichten zurAburteilung zugewiesen sind, berufen.Während somit für den Tatbestand des unerlaubten Besitzesbzw des Überlassens von Suchtgift gemäß § 27 Abs 1SMG die Bezirksgerichte zuständig sind und die Verhängungder Untersuchungshaft ausschließlich wegen der Haftgründeder Flucht – und Verdunkelungsgefahr zulässig ist (vgl § 452Z 3 StPO), ist im Falle der gewerbsmäßigen Weitergabe vonSuchtgift (bei einer Strafdrohung bis zu drei Jahren) gemäߧ§ 10 Z 2, 13 Abs 1 und Abs 2 StPO der Untersuchungsrichterzu Führung der Voruntersuchung und der Gerichtshof ersterInstanz als Einzelrichter zur Urteilsfällung zuständig. Gemäߧ 180 StPO ist die Untersuchungshaft zu verhängen, wenn eindringender Tatverdacht und einer der in § 180 Abs 2 StPOaufgezählten Haftgründe vorliegt. Neben den bereits erwähntenHaftgründen der Flucht – und Verdunkelungsgefahr sinddies die Tatbegehungsgefahr und die Ausführungsgefahr (vgl§ 180 Abs 2 Z 3 lit a, b, c und d StPO). § 180 Abs 1 letzterSatz StPO bestimmt, dass die Untersuchungshaft nicht verhängtoder nicht auf<strong>recht</strong>erhalten werden darf, soweit sie zurBedeutung der Sache außer Verhältnis steht oder durch gelindereMittel erreicht werden kann.Die aufgezeigten Sachverhalte veranschaulichen, dass ohnedie Annahme des Tatbestandselementes der Gewerbsmäßigkeitdie Verhängung der Untersuchungshaft <strong>recht</strong>lich nichtmöglich gewesen wäre. Hätten die Strafverfolgungsbehördenin concreto lediglich das Delikt des unerlaubten Besitzes oderallenfalls des versuchten Überlassens von Suchtgift gemäß §27 Abs 1 2. und 6. Fall SMG als verwirklicht angesehen, wäredie Verhängung der Untersuchungshaft <strong>recht</strong>swidrig gewesen.Denn angesichts der Strafdrohung bis zu sechs Monatenwäre eine (wenn auch nur kurze) Untersuchungshaft unverhältnismäßigim Sinne des § 180 Abs 1 StPO. § 27 Abs 2 Z 2SMG droht hingegen eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren anund <strong>recht</strong>fertigt daher schon aufgrund der Strafdrohung dieVerhängung und Auf<strong>recht</strong>erhaltung der Untersuchungshaft.Als Haftgründe dienen die Flucht – und Tatbegehungsgefahr,zu deren Begründung die „mangelnde soziale Integration imInland“ und die „Vermögens – und Beschäftigungslosigkeit“herangezogen wird. So gesehen, liegen bei schwarzafrikanischen– und generell bei fremden – meist asylsuchenden Verdächtigenallein aufgrund ihrer Herkunft und ihrer Lebenssituationimmer Haftgründe vor.Die Legaldefinition der „Gewerbsmäßigen Begehung“ istim § 70 StGB geregelt und lautet: „Gewerbsmäßig begeht einestrafbare Handlung, wer sie in der Absicht vornimmt, sichdurch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmezu verschaffen.“ Die einheitliche Definition des § 70StGB gilt auch für die auf Gewerbsmäßigkeit abstellendenStrafnormen außerhalb des StGB. In Rechtssprechung undSchrifttum besteht Einigkeit darüber, dass der gewerbsmäßighandelnde Täter ein besonderes Gefahrenmoment für die Gesellschaftdarstellt (vgl Jerabek WK 2 § 70 Rz 1). Ihn charakterisierteine besonders gefährliche innere Einstellung und damitein hohes Maß an Charakterschuld, eine Neigung zu chronischerKriminalität, deren Bekämpfung die gesonderteTatbegehung in den vom Gesetz vorgesehenen Fällen dient(vgl Leukauf-Steininger Komm 3 § 70 RN 1; Bertel Die Gewerbsmäßigkeit.Eine kriminalpolitische Betrachtung, JRP1998, 265 ).Nach den Kommentierungen und der st Rsp handelt gewerbsmäßig,wer – auch nur eine einzige (auch versuchte) –strafbare Handlung in der Absicht begeht (§ 5 Abs 2 StGB),sich selbst durch wiederholte Begehung solcher Taten einefortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen. Der Täter mussalso darauf abzielen, sich eine regelmäßige und ständige Einnahmezu verschaffen. Die innere Einstellung ergibt sich ausdem Gesamtverhalten des Täters vor und nach der Tat (vglFrabrizy StGB 8 § 70 Rz 1). Ob eine Handlung gewerbsmäßigbegangen wurde, ist als Tatfrage nach dem inneren Vorhabendes Täters zu klären, das sich in einem äußeren Geschehenwiederspiegeln kann, aber nicht muss; das Gesamtverhaltendes Täters nicht nur zur Tatzeit, sondern auch vor und nachder Tat, seine persönlichen Verhältnisse und die Begleitumständeder Tat sind maßgebliche Beurteilungskriterien (vglJerabek aaO Rz 2).Nach der Diktion der Rsp muss es nicht tatsächlich zurWiederholung gekommen sein, sofern nur das inkriminierteVerhalten unter Berücksichtigung seiner Begleitumständeund Nebenumstände die begriffsessentielle Tendenz des Tätersklar, sinnfällig und unmissverständlich zum Ausdruckbringt (15 Os 100/97; 15 Os 181/98; 11 Os 83/75; 9 Os 91/85). Die in der Legaldefinition der Gewerbsmäßigkeit verwendetenBegriffe „wiederkehrend“ und „fortlaufend“ sindnicht mit „zeitlich unbegrenzt“ gleichzusetzen. Gemeinsambringen sie zum Ausdruck, dass es dem gewerbsmäßig handelndenTäter darauf ankommt, sich durch die wiederkehrendeBegehung strafbarer Handlungen eine zumindest für einenlängeren Zeitraum wirkende Einnahmequelle zu erschließen,ohne dass die Einnahme während dieses Zeitraumes regelmäßigund dauernd fließen muss (vgl Jerabek aaO Rz 7; 12 Os163/87; 14 Os 112/91). Zu Recht verweisen Ch. Grafl et al.darauf, dass die höchstrichterliche Judikatur konturlos ist:zum einen wird uU bereits ein deliktischer Angriff als ausrei-Seite 192 <strong>juridikum</strong> 2004 / 4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!