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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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echt & <strong>gesellschaft</strong>StaatsbürgerInnen langansässige MigrantInnenim Wesentlichen mit UnionsbürgerInnengleichstellen sollte. DieEuropäische Kommission hat in diesemZusammenhang mehrfach auf die Bedeutungdes kommunalen Wahl<strong>recht</strong>sals Integrationsinstrument hingewiesen,und eine Gleichstellung mit UnionsbürgerInnenmüsste logischerweiseauch das kommunale Wahl<strong>recht</strong> beinhalten.Dazu ist jedoch innerstaatlicheine Verfassungsänderung nötig, undder zurzeit tagende Konvent bietet einegute Möglichkeit, die Diskussion voranzutreiben.Ob eine derartige Verfassungsänderungpolitisch realisierbar ist, ist jedochfraglich. Daher bedarf es als zweites einerErgänzungsstrategie, nämlich derDurchsetzung leichterer Einbürgerung.Auch in diesem Bereich ist Österreichein europäisches Schlusslicht mit langenWartezeiten, hohen Kosten undschwierigen sonstigen Voraussetzungen.Zudem ist Österreich eines der wenigenLänder Europas, das Doppelstaatsbürgerschaftnicht duldet – es gibtalso genug Handlungsbedarf. Da derZugang zur Unionsbürgerschaft übersehr unterschiedliche nationalstaatlicheEinbürgerungsregeln erfolgt, hat dieEuropäische Kommission hier zwarnoch keine <strong>recht</strong>liche Kompetenz, aberdurchaus einen Fuß in der Tür. Sie plantdaher die regelmäßige Veröffentlichungvon „good practices“ und will so einenKoordinierungsprozess in Gang setzen,dem sich auch Österreich nicht entziehenkönnen wird.Last, but not least, könnten die zukünftigenErweiterungsrunden das Problemquantitativ entschärfen: Mit einemBeitritt der Türkei und später der Balkanländerwürde, da UnionsbürgerInnenja automatisch das kommunale Wahl<strong>recht</strong>besitzen, die quantitative Dimensionder Thematik deutlich schrumpfen,ohne dass das grundlegende Problemgelöst würde.Welche Strategie die meisten Erfolgschancenhat, hängt ganz massiv vomEngagement der VertreterInnen vonSPÖ und Grünen im Konvent sowie davonab, ob sie Reformen in diesem Bereichzu einer Bedingung für die Regierungsteilnahmenach den nächstenWahlen machen. Sowohl die SPÖ wiedie Grünen forderten im Konvent mehrfachdas kommunale Ausländerwahl<strong>recht</strong>für MigrantInnen, dies stieß jedochbei den Regierungsparteien auftaube Ohren. Die kürzlich bestellte WienerIntegrationsstadträtin Sonja Wehselygriff das Thema in mehreren Interviewsund Presseaussendungen engagiertauf, doch bisher fanden dieseVorschläge im Konvent keine Mehrheit.Allerdings forderte kürzlich auch derGrazer ÖVP-Bürgermeister das kommunaleAusländerwahl<strong>recht</strong>, was möglicherweiseauf ein Aufbrechen der starrenLinie in der ÖVP hinweisen könnte.Realistisch gesehen, dürfte die Fragewohl erst nach den Wahlen 2006 bei denKoalitionsverhandlungen geklärt werden.Es ist zu hoffen, dass dann nichtwahltaktische Manöver, sondern dieSorge um die politischen Teilhabe<strong>recht</strong>eeines großen Teils der Bevölkerung dieEntscheidungen bestimmen werden,denn sonst wird es wohl bis nach denletzten Erweiterungsrunden brauchen,bis die größten Gruppen der MigrantInnenzumindest auf kommunaler Ebenemitbestimmen können. Wer dann nochDrittstaatsangehörige/r ist, hat Pech gehabt– denn auch im 21. Jahrhundert istder rote Pass die entscheidende Voraussetzungdafür, eine Wahl zu haben.Literatur:Feik, Rudolf (2003). Staatsbürgerschaftals Mittel oder als Folge der Integrationeiner nichtösterreichischen Person.Zugleich eine Besprechung derStaatsbürgerschaftsgesetz-Kommentarevon Brugger/Unterweger und Matzka/Bezdeka.In: Journal für Rechtspolitik11, S. 96–112.Koja, Friedrich (1988). Das Verfassungs<strong>recht</strong>der Österreichischen Bundesländer.Wien (Springer).Ponzer, Josef/Cech, Gerhard (2000).Die Verfassung der BundeshauptstadtWien. Wien (Orac).Dr. Bernhard Perchinig,Research Fellow am Institut fürEuropäische Integrationsforschungder ÖsterreichischenAkademie der Wissenschaften;bernhard.perchinig@oeaw.ac.at.<strong>juridikum</strong> 2004 / 4 Seite 181

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