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Download - juridikum, zeitschrift für kritik | recht | gesellschaft

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echt & <strong>gesellschaft</strong>wahl und persönliche Angriffe den Eindruckaufkommen lässt, er sei eins mitseinem Klienten, wird er selbst zum Teilder Beweiswürdigung des Gerichtesund damit zur Zielscheibe richterlicherWertung und Kritik. Die für die ungehinderteAusübung des Anwaltsberufesund damit letztlich für die Auf<strong>recht</strong>erhaltungdes Rechtssystems, wie es unsereVerfassung versteht, erforderliche exakteAbgrenzung zwischen Vertreterund Vertretenem verschwimmt und öffneteiner undifferenzierten Herabsetzungdes Anwaltsstandes, aber vor allemauch der Verfolgung einzelner AnwälteTür und Tor. 15Auf den ersten Blick mögen zwar diezitierten Entscheidungen des VfGH,den Beschwerdeführern nicht Recht zugeben, als Einschränkung persönlicheranwaltlicher Identität empfunden werden.Die analytische Auseinandersetzungführt aber zu einem gegenteiligenErgebnis. Durch die Bestätigung derEntscheidungen der OBDK gibt der Vf-GH dem Kollektiv der Anwälte Rechtund bekräftigt damit letztlich deren Rolleals gleichwertige Partner im Justizgefüge.5. AngemessenerSprachgebrauch stattaggressiver SprachelementeRechtsanwälte verkaufen neben ihrerjuristischen Kompetenz auch das Prestige,über das sie persönlich und der Anwaltsstandals Ganzes verfügen. Klientenwerden ihrem Rechtsanwalt nurdann vertrauen, wenn er bei der Ausübungseiner Tätigkeit die Achtung derGerichte und Behörden genießt und normativenErwartungen ge<strong>recht</strong> wird. Zudiesen normativen Erwartungen gehörenReputation und die damit im Zusammenhangstehenden Codes, durch diesich das anwaltliche Selbstverständnismanifestiert. Dieses wird in entscheidendemMaße über allgemeine Verhaltensregelngegenüber Klienten, der Justizund den Behörden statuiert, zu derenGrundvoraussetzung ein angemessenerSprachgebrauch gehört. Die ungestrafteVerwendung aggressiver Sprachelementedurch einzelne Anwälte kannletztlich zu einer Gefährdung der Stellungdes Anwaltsstandes im Gesamtgefügeder Rechtsordnung führen. 16 DieseErkenntnis macht deutlich, dass derschriftliche Teil anwaltlicher Rechtspraxisnicht allein die Produktion mehroder weniger elegant formulierterSchriftsätze beinhaltet, sondern darüberhinaus auch eine ernstzunehmende Auseinandersetzungmit zwischenmenschlichangemessener Wortwahl voraussetzt.17 Eine disziplinar<strong>recht</strong>lich strengeVerfolgung unsachlicher Herabsetzunganderer Personen oder gar von Organender Rechtspflege in Schriftstücken istsomit insgesamt im Interesse der gesamtenRechtsordnung, aber auch im Interessedes Anwaltsstandes angebracht.Natürlich – dies sei abschließend betont– entbindet dieses Ergebnis weder dieStandesbehörden davon, Bestrafungennur bei tatsächlich überschießenderWortwahl auszusprechen, noch den Anwaltsstanddavon, durch Auslotung derGrenzen zulässiger Wortwahl dieDurchsetzung der Interessen des Einzelnenbestmöglich zu gewährleisten.Dr. Georg Eisenberger istPartner, Dr in . Elisabeth Hödl istwissenschaftliche Mitarbeiterin inder RechtsanwaltskanzleiEisenberger&Herzog in Graz;eisenberger@court.at............................................15) Als Beispiel für die Folgen des fortschreitendenVerschwimmens der Unterscheidungvon Vertretern und Vertretenenseien die Ermittlungen gegendie beiden Libro/Rettberg-Anwälte MichaelLöb und Gerhard Eckert mit anschließenderVerhängung der UntersuchungshaftAnfang 2004 genannt(während gegen den eigentlichenHauptverdächtigen Andre Rettbergnoch nicht einmal ein Haftbefehl vorlag,wurden die zwei Anwälte wegen desVerdachtes der Beteiligung an Untreueund Krida mit dem konkreten Vorwurf,sie seien dem Hauptverdächtigen Rettbergbehilflich gewesen, Millionenbeträgeins Ausland zu verschieben, verhaftet).Ohne hier eine Wertung vornehmenzu wollen, darf dochfestgehalten werden, dass unseres Erachtensdie Kriminalisierung der Tätigkeitdieser Anwälte zu selbstverständlichund zu schnell erfolgte und daherinsgesamt dazu geeignet ist, dem österreichischenRechtsstaat Schaden zuzufügen.16) Auch Erkenntnisse der modernenSpieltheorie geben Anlass zur Vermutung,dass die Wahl aggressiver Kommunikationsmethodendurch Anwältenegative Auswirkungen hat. Bekanntlichbeschäftigt sich die Spieltheorie mitstrategischen Entscheidungssituationen,das sind Situationen, deren Ergebnisvom Verhalten mehrerer Entscheidungsträgerabhängig ist, wobei sichdie Akteure dieser Interdependenz bewusstsind. In der Spieltheorie wird nahegelegt,dass man im Umgang mit anderenam besten fährt, wenn der ersteZug, den man anderen gegenübermacht, freundlich und kooperativ ist.Dieser Grundsatz hat auch für die Kommunikationzwischen Anwälten und derJustiz (sowie anderen Behörden) Gültigkeit.17) Vgl Somek, Anstandsblabla 18.Seite 172 <strong>juridikum</strong> 2004 / 4

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