FH D - OPUS
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«erinnern an ravensbrück» –<br />
öffentliche film- und<br />
vortragsveranstaltung mit<br />
der filmemacherin loretta walz im gespräch mit loretta walz<br />
Seit 1980 dokumentiert die Filmemacherin<br />
Loretta Walz die Erinnerungen von Überlebenden<br />
des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück,<br />
des größten Frauen-Konzentrationslagers<br />
des Nationalsozialismus. Entstanden<br />
sind 200 Video-Interviews mit Frauen<br />
aus fünfzehn west- und osteuropäischen Ländern<br />
mit ihren ganz unterschiedlichen biografischen<br />
Hintergründen und Lebensgeschichten.<br />
2005 hat sie daraus einen Film<br />
gemacht, in dem sie die Frauen ihre und zugleich<br />
die Geschichte von Ravensbrück nachhaltig<br />
erzählen lässt.<br />
Am 10. Januar präsentierte die Dokumentarfilmemacherin<br />
ihren Film «Die Frauen von<br />
Ravensbrück» im Raum V 200 in der <strong>FH</strong> D.<br />
Die Regisseurin führte ihr Publikum zunächst<br />
in einem Kurzvortrag in das Thema<br />
ein. Die hintergründig und auf Basis einer intensiven<br />
Auseinandersetzung mit dem<br />
Thema gestellten Fragen in der anschließenden<br />
Diskussion zeigten, dass das Interesse<br />
Vieler an diesem Kapitel düsterster deutscher<br />
Geschichte ungebrochen ist. Ebenso fand<br />
ihre filmische Herangehensweise und Umsetzung<br />
– besonders bei Designstudierenden<br />
– hohe Anerkennung.<br />
Für ihren Film und ihr Buch «Und dann<br />
kommst Du dahin an einem schönen Sommertag<br />
- Die Frauen von Ravensbrück»<br />
wurde Loretta Walz mit dem Adolf-Grimme-<br />
Preis 2006 und dem Bundesverdienstkreuz<br />
ausgezeichnet.<br />
Loretta Walz, geboren 1955 in Stuttgart, lebt<br />
seit 1981 in Berlin als Regisseurin, Autorin,<br />
Filmproduzentin und Dozentin für Filmproduktion<br />
und -gestaltung unter anderen an<br />
der Universität der Künste in Berlin. 1980 begann<br />
sie in der dokumentarischen Tradition<br />
Eberhard Fechners und Claude Lanzmanns<br />
mit der Interview-Sammlung «Widerstand<br />
leben - Frauenbiographien».<br />
Die Veranstaltung war eingebettet in das fächerübergreifende<br />
Projekt «Cultures of Memory»<br />
am Fachbereich Design unter Leitung<br />
von Prof. Dr. Yvonne P. Doderer und Prof. Elisabeth<br />
Holder in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten<br />
der <strong>FH</strong> Düsseldorf,<br />
Dipl.-Ing. Gisela Theveßen. sf<br />
Weitere Informationen zu den Werken von<br />
Loretta Walz finden Interessierte unter:<br />
www.loretta-walz.de<br />
Mit der Filmemacherin und Autorin Loretta<br />
Walz (links) sprach Simone Fischer über das «Erinnern<br />
an Ravensbrück». Foto: Jörg Reich<br />
Frau Walz, Sie haben bereits mit 24 Jahren damit<br />
begonnen, sich mit den Erlebnissen und Hintergründen<br />
der Überlebenden aus Ravensbrück intensiv<br />
zu befassen. Was hat Sie dazu bewegt?<br />
Loretta Walz: Ich war auf der Suche nach<br />
einer politischen Identität. Hinzu kam, dass<br />
ich damals als Regieassistentin an einem<br />
Film für den Süddeutschen Rundfunk mit<br />
dem Titel «Alles vergessene schreit im<br />
Traum um Hilfe» gearbeitet habe. Es ging um<br />
Frauen, die etwas Besonderes in ihrem Leben<br />
erlebt haben und auf einen anderen Weg geraten<br />
sind. Dadurch habe ich mehrere Frauen<br />
unterschiedlichen Alters kennen gelernt.<br />
Eine von ihnen erzählte mir von der Lagergemeinschaft<br />
Ravensbrück, dem Zusammenschluss<br />
ehemaliger Häftlinge des Frauen-KZ,<br />
die sich bis heute einmal im Jahr zu einer Tagung<br />
trifft. Zu einer dieser Tagungen hat sie<br />
mich mitgenommen. Während dieser 3-tägigen<br />
Tagung gab es einen Aufruf der Vorsitzenden<br />
der Lagergemeinschaft an die Frauen,<br />
ihre Erinnerungen aufzuschreiben, damit sie<br />
nicht verloren gingen. Es gab heftige Diskussionen,<br />
da viele sagten, dass sie nicht schreiben<br />
oder sich nicht alleine hinsetzen könnten.<br />
Sie bräuchten ein Gegenüber. Das war<br />
für mich der Beginn, die Frauen aus diesem<br />
Kreis zu interviewen.<br />
Warum gerade das Frauenkonzentrationslager<br />
Ravensbrück? Es gab zuvor ja bereits das „ Werkhaus“<br />
in Moringen oder «Lichtenburg» an der<br />
Elbe, die ersten Lager, in der nur Frauen inhaftiert<br />
wurden? Warum nicht Auschwitz, Bergen-Belsen,<br />
Sachsenhausen, ...?<br />
39<br />
Loretta Walz: Ravensbrück war ja, zumindest<br />
bis 1945, kein Vernichtungslager. Dort waren<br />
politische Häftlinge, sogenannte Asoziale, et<br />
cetera, eben ein großer Teil der Frauen, die<br />
nicht in Auschwitz oder einem der großen<br />
Vernichtungslager waren. Ravensbrück war<br />
ein Arbeitslager, in dem zumindest in der Anfangszeit<br />
die meisten aus politischen Gründen<br />
verhafteten Frauen aus Deutschland und<br />
anderen Ländern waren.<br />
Trotz der ungemein starken Solidarität vieler<br />
Frauen untereinander dokumentierten die für alle<br />
Befragten noch heute traumatischen Erinnerungen<br />
ein grausames Bild des Schreckens. Gibt es ein<br />
Schicksal, das Sie besonders betroffen gemacht<br />
hat?<br />
Loretta Walz: Sicher gab es in den verschiedenen<br />
Phasen der Sammlung immer Biographien<br />
oder Begegnungen mit Frauen, die<br />
mich besonders berührt haben. Oft waren<br />
dies Frauen, mit denen ich einen sehr intensiven<br />
Kontakt auf unterschiedliche Weise<br />
hatte. Etwa Maria Zeh: Ich war mit ihr befreundet<br />
und hatte bei ihr immer den Eindruck,<br />
dass sie durch die Verhaftung aus<br />
ihrem Leben rausgerissen wurde und ihr<br />
Leben lang unter der Haft gelitten hat. Sie<br />
wurde ihrer Kindheit und Jugend beraubt.<br />
Man kann sagen, dass sie nie wieder auf<br />
einen vertrauten Boden zurückgekommen<br />
ist. Was mich dann später aber sehr berührt<br />
hat, war, als ich Interviews mit Frauen und<br />
Männern geführt habe, die als Kinder in Ravensbrück<br />
waren. Ich habe selbst einen Sohn,<br />
der war zu dieser Zeit acht Jahre alt. Und die<br />
Vorstellung, dass mein Sohn in so einem<br />
Lager hätte sein können, hat mich richtig erschüttert.<br />
Wie gehen sie damit um?<br />
Loretta Walz: Ich bin Filmemacherin geworden<br />
und habe mich intensiv mit Journalismus<br />
beschäftigt. Ich fühle mich als Journalistin<br />
und dazu gehört, Methoden zu haben<br />
sich abzuschotten gegen das, was man bei der<br />
Arbeit erfährt. Ich habe zum Beispiel im vergangenem<br />
Jahr bei einer Veranstaltung die<br />
Italienerin Giuliana Sgrena kennen gelernt,<br />
die als Kriegsreporterin im Irak entführt worden<br />
ist. Als ich von ihren Berichten gehört<br />
habe, ist mir klar geworden, dass ich so etwas