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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Mächtige Karikaturen – Ohnmächtige Gender-Bewegung?als ein Gerechtigkeitsproblem begreifen.Erlauben Sie mir einige Überlegungen dazu, nämlich zum prinzipiellen Ansatz, dassGleichstellung ein problemorientiertes Gerechtigkeitsphänomen darstellt:Geschlechtergerechtigkeit, Chancengleichheit, Frauen-Autonomie: das sind nur dreiStichworte, die bereits die Notwendigkeit andeuten, über richtiges Gleichstellungsrechtnachzudenken. „Warum sollten sich etwa rechtsphilosophische Überlegungenmit allen möglichen Formen von Ungerechtigkeit auseinandersetzen, nur nicht mitBenachteiligung auf Grund der Zugehörigkeit zum weiblichen Geschlecht?“ 1 Benachteiligungvon Frauen also als Gerechtigkeitsproblem? „Selbstverständlich!“ lautet dieAntwort. Das Gerechtigkeitsproblem stellt sich insbesondere dann, wenn weder historischeEntwicklungen zur „Gleichberechtigung“ der Frauen noch scheinbare Errungenschaften<strong>des</strong> positiven Rechts zur „Gleichstellung“ von Frauen und Männern angemessenund vor allem anhaltend zur Lösung haben beitragen können. Wenn alles also– wie erwähnt – nichts mehr zu helfen scheint, gibt es nur zwei Handlungsmöglichkeiten:Entweder sucht man nach Lösungen in der Politik (in der Rechtspolitik) oder manbemüht Gerechtigkeitskonzepte und überträgt sie auf aktuelle Situationen (oder –dritte Möglichkeit – man zeichnet und malt Karikaturen). Mit diesen beiden Möglichkeitenwerden wir zurzeit massiv konfrontiert; sie zu vereinen stellt ein kaum lösbaresProblem dar. Während die einen sagen, man möge sich doch an die Vorteile gesetzlicherRegelungen halten und auf dieser Grundlage Gleichstellungspolitik betreiben,betonen andere eine nicht unbeachtliche Mangelhaftigkeit der gesetzlichen Situation ansich, Disqualität ihrer Umsetzungskonzepte und weiterhin fehlen<strong>des</strong> oder verlorengegangenes Bewusstsein auf nahezu allen gleichstellungsrechtlich relevanten Ebenen.Die einen neigen also zur Anpassung, die anderen zur Kritik. Die Ausstellung, dieKarikaturen gehören zum kritischen Lager. An der „Gender-Bewegung“ lässt sicheine hoffentlich nicht dauerhafte Spaltung in diese beiden Lager kennzeichnen: Demangepassten Rhythmus <strong>des</strong> Gesetzes zufolge verfährt man eher strategisch, sucht nachallerhand gleichstellungspolitischen Umsetzungserfindungen für jeden konkret gleichstellungsrechtlichrelevanten Fall. Das andere Lager bleibt verhalten; erkannt wird durchausdie Notwendigkeit aktueller politischer Handlungsspielräume, die Frauen nutzenkönnten; andererseits ist man sich fast sicher und vermutet <strong>des</strong>halb (auch ohne empirischesMaterial), dass selbst langfristig und beharrlich angelegte Strategien eben immernur politische Strategien und Kalküle bleiben werden. Man begibt sich mit Strategienin Situationen, die jederzeit auch wieder umschlagen können und dann gegebenenfallsdeutlichere Nachteile für Frauen mit sich bringen als je zuvor. Die Vermutung ist nichtganz von der Hand zu weisen: Angesichts leeren Kassen und sozialer Zustände, dieschlimmer sind als Marx sie spätkapitalistisch je beschrieben hatte, wird die bereitseingeleitete, bislang noch harmlos anmutende Widerständigkeit der Männer gegen„tatsächliche Gleichstellung“ bald subtiler und vehementer werden. Aufgrund dieserVoraussicht lässt sich das „kritische Lager“ eher besorgt ein über aktuelle gleichstellungspolitischeZwischenbilanzen, als dies etwa seitens der eigentlichen „Gender-Bewegung“der Fall ist.C. Fazit: Es gibt noch viel zu tun!Noch einmal: Die Vorstellung, Frauen könnten sich mit dem historischen Erreichenvon Gleichstellungsgesetzen in Verfassung 2 , Bun<strong>des</strong>- und Lan<strong>des</strong>gesetzen und derenUmsetzungsversuchen in sogenannten „Gleichstellungsplänen“ 3 zumin<strong>des</strong>t vorübergehendbegnügen, ist verbreitet, aber so auf Dauer nicht haltbar. Denn Kritik an bestehendenVerhältnissen verbunden mit der Forderung, diese bestehenden Verhältnisse zuverbessern, wird man nicht aufgrund etwaiger Teilerfolge entkräften, zumal wir überdie erfolgreiche Struktur und Tendenz nicht einmal sicher sein können.2Art.3 Abs.2 Grundgesetzlautet: „Männer und Frauensind gleichberechtigt. DerStaat fördert die tatsächlicheDurchsetzung der Gleichberechtigungvon Frauen undMännern und wirkt auf dieBeseitigung bestehenderNachteile hin.“ Vgl. zurInterpretation: UteSacksofski: Das Grundrechtauf Gleichberechtigung,2.Aufl., Baden-Baden1996, S. 381ff.3Die „Rechtsqualität“ von„Plänen“ (Rahmenplan ,Gleichstellungsplan u.ä) istäußerst fraglich. „TatsächlicheDurchsetzung“ (Art.3Abs.2 Satz 2 GG) wirdaufgrund <strong>des</strong> im Verfassungstextfestgelegten„Förderungscharakters“zum bloßen „Umsetzungs-Problem“ und zur „politischenUmsetzungsmöglichkeit“abqualifiziert.Diese verfassungsrechtlicheSchwäche setzt sich auf denunteren Rechtsebenen fort.Auch die „Gleichstellungsgesetze“der Bun<strong>des</strong>länderenthalten weder Durchsetzungsvorschriftennochrechtsstaatliche Garantien.Um diese Schwächenausgleichen zu können,müssen Gleichstellungsordnungengeschaffen werden,in denen Anreizsysteme(etwa in Form von strukturiertenMittelvergaben) undgegebenenfalls entsprechendeSanktionen mit gesetzlichklar umschriebenenSanktionsmechanismenfestgelegt werden.<strong>Info</strong> 22.Jg./Nr.30/200575

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