Felizitas Sagebielgemonic masculinity is strongly associatedwith aggressiveness and thecapacity for violence … The cult ofmasculinity is based on physicaltoughness and mechanical skills isparticularly strong in the shop-floorculture of working-class men.“(Wajcman 1996, S. 143).Das dualistische Denken in Gegensatzpaaren,wie z.B. Körper –Geist, konkrete – abstrakte Ansätze,Menschen – Technik, weiche –harte Technik, bestimmt und verstärktdie Polarisierung von weiblichund männlich, häufig mit einerAbwertung <strong>des</strong> Weiblichen verbunden(vgl. Sagebiel 2005, Wajcman1996, S. 145). Technische Symboleund Bilder demonstrieren die kulturellstrukturierte Verbindung zwischenMännlichkeit und Technik.Nach Faukner (2000) und Harding(1986) sind die Ingenieurwissenschaftenin drei Hinsichten geschlechtlichkonnotiert: durch diegeschlechtliche Arbeitsteilung, diesich in unterschiedlichen Arbeitsstilenvon Männern und Frauen ausdrückt,durch die symbolischen,bildlichen und kulturellen Verknüpfungenvon Männlichkeit undTechnik, und dadurch, dass IngenieurInnenals Personen geschlechtlichkonnotierte professionelleIdentitäten entwickeln und Erfahrungenmachen. Alle drei Phänomenesind miteinander verbunden,weshalb Veränderungsansätze dieseVerknüpfungen auflösen müssen,um so die Gleichung zwischen Ingenieurwissenschaftenund Männlichkeitzu schwächen.Es herrscht eine Atmosphäre dominanterMännlichkeit (vgl. Sagebiel/Dahmen2005a, Connell 1999),die formell und informell konstruiertund aufrechterhalten wird. SozialeKonstruktion von Männlichkeitund Ingenieurwesen funktioniertüber männliche Verbrüderungdurch Geschichtenerzählen, Späße,Freizeitsport und ähnliche informelleStrategien, die explizit oderimplizit dem Ausschluss von Frauendienen (vgl. Sagebiel/Dahmen2005b, Faulkner 2000, McLean1996). Auch Männernetzwerkescheinen diese Funktion zu haben.Die Gruppe von Frauen, die Zugangin die Technik gefunden hat,muss neben äußeren strukturellenmit inneren eigenen Barrieren rechnen.Erb (1996) hat durch ihre Untersuchungüber <strong>Info</strong>rmatikerinnenherausgefunden, wie Stereotype vonder „Technikdistanz von Frauen“und der „Technikkompetenz vonMännern“ von den Frauen in diesemBerufsfeld reproduziert werden(vgl. Sagebiel 2005). Eine zentraleRolle spielt dabei eine enge Technikdefinition,die z. B. Software-Implementierungals weiblich, Hardware-Arbeitals männlich sowie dieeigene Gebrauchswertorientierungals weiblich und die Technikorientierungals männlich begreift mitentsprechender Geringerbewertung<strong>des</strong> (sozial konstruierten) weiblichenHabitus.Schema 2 7 zeigt einen Überblicküber die theoretischen Zusammenhänge.Schema 2: Theoretische Zusammenhänge von Geschlecht und IngenieurwissenschaftenDie in WomEng befragten Ingenieurinnenund auch die Managerinnenunter ihnen scheinen dieseKonstruktionen zu durchbrechen,indem sie ihren jeweiligen Arbeitsstil,ihre Führung als die überlegeneschildern. Sie verweisen damitjenseits der Diskussion von Führung/Machtund Geschlecht auf diegeschlechtshierarchische Arbeitsteilungund damit auf gesellschaftsstrukturelleErklärungen ihrer Positionenin der Arbeitswelt. Die Gefahrder expliziten Diskussion von„work-life-balance“ und Vereinbarkeitsfragenmit Verweis auf Familieliegt damit implizit in der Aufrechterhaltung<strong>des</strong> Status quo.58
Organisationskultur und Geschlecht in den Ingenieurwissenschaften Europas6. Das Tabu der Ungleichbehandlung.Geben Ingenieurinnendurch Verschweigen ihrerDiskriminierung Vorschub oderdekonstruieren sie aktiv Geschlecht?In einigen der untersuchten Länderbesteht nach wie vor eine ungebrocheneVerknüpfung der sozialenKonstruktion von Männlichkeitund Ingenieurwissenschaften. Dennochwerden von den Frauen Marginalisierungin Verbindung mit Isolationsgefühlenselten direkt genannt.Das gilt für befragte Studentinnender Ingenieurwissenschaftenwie auch für Ingenieurinnen in derPraxis. Besonders die befragtenfranzösischen Ingenieurinnen vermeidenes explizit anzusprechen,dass sie aufgrund ihres Geschlechtsbenachteiligt seien und äußern sichgleichzeitig sehr ablehnend gegenüberder erfolgreichen Quotenpolitikihrer Firma. Gleichzeitig erscheintes im Gesprächsverlauf derInterviews offensichtlich, dass Ingenieurinnenin unterschiedlichenFormen diskriminiert werden, z.B.indem sie weniger Zugang zu <strong>Info</strong>rmationenund Karrieremöglichkeitenhaben. Nützt ihre quasi Tabuisierungder Ungleichbehandlungsymbolisch gesehen dem Abbauvon Geschlechterdifferenzen oderlegitimiert sie die Nichtbewusstmachungvon gesellschaftstrukturellenBarrieren? Mit Bourdieu könnteman annehmen, dass die Ingenieurinnendemonstrieren, dass ihrenKörpern Männlichkeit als Habituseingeschrieben ist, was dazu führt,dass sie als Frauen die „Geschlechterherrschaftvom Standpunkt derHerrschenden interpretieren“ unddamit „über die Komplizenschaftihres sozialisierten Körpers an ihremeigenen Beherrschtsein mitwirken“(Bourdieu 1996, S. 199, nachWedgwood/Connell 2004, S. 114).Letztlich geht es um die Frage, obauf der symbolischen oder sozialstrukturellenBasis Veränderung dermännlichen Organisationskultur inden Ingenieurwissenschaften erreichtwerden kann.Das neue von der EU-Kommissiongeförderte Projekt PROME-TEA (Start Oktober 2005) mit seinemSchwerpunkt auf Forschungund Karriere von Ingenieurinnenkönnte diesen Fragen weiter nachgehen.Anmerkungen1PartnerInnen sind Felizitas Sagebiel(Bergische Universität Wuppertal),Christine Waechter (<strong>IFF</strong>/IFZ Graz,Österreich), Maureen Cooper (Universityof Stirling, Großbritannien), AndréBeraud and Jean Soubrier (INSA, Lyon,Frankreich), Anne-Sophie Genin (EN-SAM, Paris, Frankreich), Päivi Siltanen(Witec, Finnland), Dora Kokla (EDEM,Athens, Griechenland), Oto Hudec(Technische Universität Kosice, Slowakei),koordiniert durch Yvonne Pourrat(CDEFI, Paris, Frankreich). WomEng(website: www.womeng.net), Dauer:2002 bis 2005, Finanzvolumen: ca. 1Million Euro, wovon auf Deutschlandca. 175.000 € entfallen) gliedert sich indie zwei Projektphasen Studium undBeruf in den Ingenieurwissenschaftenund kombiniert methodisch einenquantitativen mit einem komplexenqualitativen Ansatz. Die Projektinhaltesind aufgeteilt in sog. Work packages(wp).2Ich danke an dieser Stelle für hilfreicheAnmerkungen von Jennifer Dahmen(Diplom-Sozialwissenschaftlerin).Shirin Reinhard und Monika Schmidtke(Cand. Soz.-Wiss.) halfen bei der redaktionellenDurchsicht der Literatur.3Das EU-Projekt INDECS, Abkürzungfür „Interdisciplinary Degree Coursesin Engineering, <strong>Info</strong>rmation, Technology,Natural and Socio-EconomicSciences in a Changing Society“ wurdevon August 2001 bis 31. Juli 2002 imRahmen <strong>des</strong> 5. Rahmenprogramms derEuropäischen Kommission als sog.Begleitmaßnahme durchgeführt.Acht europäische Länder waren amProjekt beteiligt: Deutschland, Frankreich,Finnland, Griechenland, Großbritannien,Österreich, Schweiz, Slowakei.Der Abschlussbericht findet sichunter www.INDECS.uni-wuppertal.de.Bei INDECS lag der Untersuchungsschwerpunktvor allem auf dem Einfluss<strong>des</strong> Faktors „Interdisziplinarität“auf die Frauenquote in den technischenFächern beim Eintritt in das Studium,dem Verbleib und dem Erfolg. Dazuwurde auch die Akzeptanz bei RepräsentantInnender Studiengänge und Arbeitgebererfragt. Innovative Lehrmethodenund monoedukative Studienelementewaren ein weiterer Fokus.4Mitarbeiterinnen waren Jennifer Dahmenals Sozialwissenschaftlerin und dieIngenieurin Dr. Gabriele Hoeborn, dieals Subcontractor beteiligt war. Mitgearbeitethaben auch die StudentInnen derSozialwissenschaften Tim Ebel, ShirinReinhard und Monika Schmidtke.5Eine eingehende Auseinandersetzungmit den Problemen interkultureller Forschungskooperationwurde an andererStelle am Beispiel der ersten Projektphasevon WomEng vorgenommen(vgl. Sagebiel 2005a).7Das Schema wurde zunächst für denProjektantrag von WomEng 2001 entwickeltund bezieht sich auf die beidenProjektphasen Studium und Beruf inden Ingenieurwissenschaften. Es wirdhier leicht überarbeitet wiedergegeben.LiteraturBilden, Helga: GeschlechtsspezifischeSozialisation, in: Hurrelmann, Klaus/Ulich, Dieter (Hgg.): Neues Handbuchder Sozialisationsforschung,Weinheim, Basel 1991, S. 279-301Connell, Robert W.: Der gemachteMann: Konstruktion und Krise vonMännlichkeiten, Opladen 1999.Cockburn, Cynthia: Die Herrschaftsmaschine.Geschlechterverhältnisseund technisches Know-how, Berlin<strong>Info</strong> 22.Jg./Nr.30/200559