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11.07.2015 Aufrufe

Doris Dopplerorganisationalen Geheimnissen eintypisch männerbündisches Eindrucksmanagementüberwiegt:„Their only real purpose is to legitimizethe subjective social and organizationaldistance that membersof the inner circle demand from thenonmembers.“ (Sheppard 1989, zit.nach Rastetter 1994, S. 261f.).2.4 HierarchieMännerbünde verfügen oft über eineausgesprochen hierarchischeBinnenstruktur. Der Aufstieg in diehöhere Altersklasse oder zum nächstenFreimaurergrad ist genau geregelt.Wer aufsteigt, erlangt einen besserenStatus und mehr Ressourcen.Davor muss er sich jedoch loyal zeigenund sich immer wieder prüfenlassen.Dasselbe hierarchische Systemfindet sich in Organisationen. Esverbindet die kapitalistische Effizienzforderungmit der patriarchalenGehorsamsforderung (vgl. Neuberger2002, S. 811). Und es gehtmit einem immer noch gültigen Anciennitätsprinzipeinher. „Deshalbfinden wir auch in den heutigen modernenGroßorganisationen […]fast ausnahmslos Patriarchen, alteMänner an der Spitze“ (Höyng/Puchert1998, S. 166).In Hierarchien muss um die bestenPositionen gekämpft werden. Esherrschen also Rivalität und Auseinandersetzungenvor – das sindSpannungen, die kanalisiert werdenmüssen. Andernfalls riskiert manden Zerfall der bündischen Gemeinschaft.Wie in Männerbündenwird deshalb auch in unternehmerischenStrukturen die interne Konkurrenzkodifiziert und ritualisiert.Man einigt sich auf gewisse Spielregelnund eine bestimmte Streitkultur.Auch wie Kämpfe ablaufen undwie sie beendet werden, ist normiert.Damit wird der bündischeWettbewerb so gestaltet, dass ernach außen kaum wahrnehmbar istund der Organisation nicht übermäßigschadet (vgl. dazu Höyng/Puchert 1998).Oft werden auch äußere Feindekonstruiert und bekämpft, um voninternen Zwistigkeiten abzulenken.Solche externen Bedrohungen könnenin konkurrierenden Unternehmenaber auch beispielsweise inweiblichen Kollegen gesucht undgefunden werden. Und schließlichlässt sich bündische Konkurrenzdeshalb relativ leicht handhaben,weil die Mitglieder eher kameradschaftlichals freundschaftlich miteinanderverbunden sind. So kannder Bund auch feindliche Rivalitätenintegrieren, ohne seinen Zusammenbruchherbeizuführen.2.5 Gegensatz von Männerbundund FamilieMännerbünde grenzen sich von derfamiliären Sphäre ab – emotional,zeitlich, örtlich. In Männerhäusernund Logen treffen sich die Mitgliederfernab von „Haus und Herd“.Hier bauen sie mann-männlicheBindungen auf, hier tauschen siesich über jene Themen aus, die inihrer Wertigkeit über familiären Inhaltenstehen: Politik, Krieg, Wissenschaft,Kunst, Religion. DerMännerbund wird als Gegenpol zurFamilie konstruiert und höher bewertet.Damit ist der „ewige Zwiespaltzwischen Stammtisch und Familienleben“(Schurtz 1902, S. 21)bereits entschieden. Das Familiäreund das Private werden der Frauüberlassen; der Bund, das Öffentlicheist Sache der Männer.„You won’t believe this, but uppermanagement expected you tocome in on Sundays too – not towork, but just to be seen on the premises– supposed to show howmuch you loved the damn place. …Well, I have a family. What are yousupposed to do, live at the plant?“(Kanter 1993, S. 65). Der zitierteManager drückt hier jene Zerrissenheitzwischen Beruf und Familieaus, wie sie vor allem für Top-Führungskräftetypisch ist. BetrieblicheLoyalitäts- und Gehorsamsforderungenverlangen, dass Familie,Freunde und Hobbies untergeordnetwerden. Das Unternehmen willsich nicht nur die Arbeitskraft, sonderndie gesamte Persönlichkeit der(hochbezahlten) Führungskraft einverleiben.2Die Manager selbst geben zwaran, dass ihnen Familie und Partnerschaftwichtiger sind als der Beruf(vgl. dazu die angeführten Studienbei Höyng/Puchert 1998). Allerdingsstellen sie das gemeinsameAbendessen oder das Spiel mit denKindern hintan, wenn ihr Vorgesetzternoch eine dringende Ausarbeitungoder ein Konzept verlangt.Helmut Kasper u. a. (2002) stellenfest: „Die Zeit für den Betrieb wirdals konstant und stabil, ja geradezuals sakrosankt angesehen.“ (ebd., S.171)Noch ein Aspekt drängt die Familieins Abseits: die Arbeit alsQuelle von Anerkennung und Prestige,von starken Gefühls- und Gemeinschaftserlebnissen.Erfolgeund Misserfolge lassen die Mitarbeitermiteinander triumphieren undtrauern – das schweißt sie zusammen.Das tägliche Einerlei des Familienlebensnimmt sich dagegen alssachlich und funktional aus.Die Erotisierung der Führungsarbeitdrängt somit die konkurrierendefamiliäre Gefühlsbindung zurück.Die männerbündische Ideologie,die vom Manager allzeitige Verfügbarkeitund Loyalität verlangt,bietet im Gegenzug „höhere Ziele“,unternehmerische Visionen, transzendenteHingabe. Die Arbeit desLeitenden wird affektiv verbrämt,glorifiziert und emotionalisiert – dieBindung an die Familie wird als se-40

Männerbündisches Management – Verbündete Managerkundär und vernachlässigbar betrachtet.Die Familie ist zwar notwendigfür die Reproduktion, ihrfehlt aber jene charismatisch-erotischeAnziehungskraft, die demmännerbündischen Management alseinflussreiche mystifiziert-öffentlicheInstitution eigen ist.2.6 Abwehr und Abwertungdes WeiblichenDer Männerbund spricht sich Geistigkeit,Schöpferkraft und Politikfähigkeitzu. Er greift dazu auf die„natürlichen“ Bestimmungen derGeschlechter zurück und konstruiertdas Weibliche als komplementärenFaktor, der für das Familiäre,Nährende und Pflegende zuständigist.Das Weibliche wird nicht nur abgewehrt,sondern auch abgewertet.Die Frauen werden als „ungeistige“und verführerische Wesen dargestellt,die triebgesteuert und unkontrollierbaragieren. Sie sind aus derSicht des Männerbundes nicht fähig,rational und strategisch zu handelnund haben daher in männlichkonnotierten Bereichen wie der Politikoder dem Militär keinen Platz.Diese bündische Abwehr undAbwertung des Weiblichen erfülltverschieden Aufgaben: Sie legitimiertdie bündische Herrschaftsfunktion;sie erleichtert die ideologischePositionierung des Bundes; sieerhöht den Gruppenzusammenhalt;sie ermöglicht die angestrebte bündischeAutonomie und Selbstaufwertung;sie verstärkt die Geschlechterhierarchie,dient derAngstabwehr und stabilisiert dadurchdie männliche Identität.Auch organisationale männerdominierteSubkulturen wie das Managementmüssen die Geschlechterhierarchiepraktizieren, um ihreidentitätsstiftende und ressourcensicherndeMachtstruktur zu bewahren.Sie müssen das „Weibliche“ausschließen und degradieren.Es existieren zahlreiche Berichtedarüber, wie weibliche Führungskräfteinferiorisiert werden. Mittelsherablassenden und gönnerhaftenVerhaltens wird ebenso Differenzhergestellt wie durch Imponiergehabe,Aggression oder Anzüglichkeiten.Auch durch Ignorieren wird derManagerin ihr Stellenwert vor Augengeführt. Sie wird zur Nicht-Person,zur Statistin, die man nichternst nehmen geschweige denn inEntscheidungsprozesse einbeziehenmuss.Auch die Sexualität eignet sichgut zur Grenzziehung und Positionszuweisung.Sexualisiertes Verhaltenund Kommunikation tragendazu bei, die Frau „auf Distanz zuhalten, abzuwerten und gleichzeitigKameraderie im Männerbund zupflegen“ (Rastetter 1998, S. 178).Mittels sexueller Diskurse kann einMann eine Frau erniedrigen und darausdie Anerkennung seiner Bezugsgruppegewinnen. Gleichzeitigmuss er sich dadurch nicht mit ihrin einer gleichberechtigten, dasheißt, potenziell rivalisierendenForm auseinandersetzen. „Damitwerden Frauen auch als gleichwertigeKonkurrentinnen ausgeschaltet,weil sie in geradezu ritueller Weiseals ausgeliefert, unterlegen und defensivvorgeführt werden.“ (Neuberger2002, S. 821).2.7 Ausschluss von Frauenund marginalisierten MännlichkeitenDer Männerbund definiert sich überden Ausschluss von Frauen. DieseExklusion dient zum einen zur Ressourcensicherung,wird aber auchnoch anders begründet: Frauenwürden die Gruppenharmonie störenund durch ihr sexualisiertes Wesendie mann-männlichen Beziehungenbeeinträchtigen. Danebendient das exkludierte Weibliche als„negative Folie“, gegen die sich diebündische Männlichkeit abhebt.Der Bund braucht also das Weibliche,um sich zu konturieren undmuss es deshalb von sich fernhalten.Wenn er jedoch gezwungen wird,sich – etwa aufgrund gesetzlicherBeschlüsse – gegenüber Frauen zuöffnen, muss damit gerechnet werden,dass er eine neue Exklusionsstrategieentwickelt, zum Beispiel,indem er informelle, „unsichtbare“Ausgrenzungsmechanismen einsetzt.Ausgeschlossen werden auch solcheMänner, die nicht der bundeigenenhegemonialen Männlichkeitentsprechen. Dazu zählen Homosexuelle,Angehörige bestimmter Rassenoder minderbemittelte Anwärter.Auch jene Männer, die die Initiationsprüfungennicht bestandenhaben, bleiben exkludiert. Sie alledienen dem Männerbund als Projektionsflächefür abgespaltene undnicht-ideologiekonforme Ängsteund Schwächen.2.7.1 Exklusion von FrauenZunächst ist es evident, dass die organisationaleFührungslandschafttrotz gegenteiliger Beteuerungenden Frauen immer noch nicht ingleicher Weise offen steht wie Vertreternvon hegemonialen Männlichkeiten.Das ist besonders in denoberen Führungsebenen zu beobachten.Hier stagniert der Anteilvon Managerinnen, während sie inden unteren und mittleren Bereichenmehr und mehr aufschließen.Judy Wajcman (1998) schreibt dazu:„Only when they are present at thetop are they perceived as a directthreat and challenge to male power.“(ebd., S. 2).Der Frauenanteil im Topmanagementder US-Fortune-500-Unternehmenlag im Jahr 1998 bei 3,8%.In den fünf höchsten Rängen(CEO, chairman, vice chairman,Info 22.Jg./Nr.30/200541

Doris Dopplerorganisationalen Geheimnissen eintypisch männerbündisches Eindrucksmanagementüberwiegt:„Their only real purpose is to legitimizethe subjective social and organizationaldistance that membersof the inner circle demand from thenonmembers.“ (Sheppard 1989, zit.nach Rastetter 1994, S. 261f.).2.4 HierarchieMännerbünde verfügen oft über eineausgesprochen hierarchischeBinnenstruktur. Der Aufstieg in diehöhere Altersklasse oder zum nächstenFreimaurergrad ist genau geregelt.Wer aufsteigt, erlangt einen besserenStatus und mehr Ressourcen.Davor muss er sich jedoch loyal zeigenund sich immer wieder prüfenlassen.Dasselbe hierarchische Systemfindet sich in Organisationen. Esverbindet die kapitalistische Effizienzforderungmit der patriarchalenGehorsamsforderung (vgl. Neuberger2002, S. 811). Und es gehtmit einem immer noch gültigen Anciennitätsprinzipeinher. „Deshalbfinden wir auch in den heutigen modernenGroßorganisationen […]fast ausnahmslos Patriarchen, alteMänner an der Spitze“ (Höyng/Puchert1998, S. 166).In Hierarchien muss um die bestenPositionen gekämpft werden. Esherrschen also Rivalität und Auseinandersetzungenvor – das sindSpannungen, die kanalisiert werdenmüssen. Andernfalls riskiert manden Zerfall der bündischen Gemeinschaft.Wie in Männerbündenwird <strong>des</strong>halb auch in unternehmerischenStrukturen die interne Konkurrenzkodifiziert und ritualisiert.Man einigt sich auf gewisse Spielregelnund eine bestimmte Streitkultur.Auch wie Kämpfe ablaufen undwie sie beendet werden, ist normiert.Damit wird der bündischeWettbewerb so gestaltet, dass ernach außen kaum wahrnehmbar istund der Organisation nicht übermäßigschadet (vgl. dazu Höyng/Puchert 1998).Oft werden auch äußere Feindekonstruiert und bekämpft, um voninternen Zwistigkeiten abzulenken.Solche externen Bedrohungen könnenin konkurrierenden Unternehmenaber auch beispielsweise inweiblichen Kollegen gesucht undgefunden werden. Und schließlichlässt sich bündische Konkurrenz<strong>des</strong>halb relativ leicht handhaben,weil die Mitglieder eher kameradschaftlichals freundschaftlich miteinanderverbunden sind. So kannder Bund auch feindliche Rivalitätenintegrieren, ohne seinen Zusammenbruchherbeizuführen.2.5 Gegensatz von Männerbundund FamilieMännerbünde grenzen sich von derfamiliären Sphäre ab – emotional,zeitlich, örtlich. In Männerhäusernund Logen treffen sich die Mitgliederfernab von „Haus und Herd“.Hier bauen sie mann-männlicheBindungen auf, hier tauschen siesich über jene Themen aus, die inihrer Wertigkeit über familiären Inhaltenstehen: Politik, Krieg, Wissenschaft,Kunst, Religion. DerMännerbund wird als Gegenpol zurFamilie konstruiert und höher bewertet.Damit ist der „ewige Zwiespaltzwischen Stammtisch und Familienleben“(Schurtz 1902, S. 21)bereits entschieden. Das Familiäreund das Private werden der Frauüberlassen; der Bund, das Öffentlicheist Sache der Männer.„You won’t believe this, but uppermanagement expected you tocome in on Sundays too – not towork, but just to be seen on the premises– supposed to show howmuch you loved the damn place. …Well, I have a family. What are yousupposed to do, live at the plant?“(Kanter 1993, S. 65). Der zitierteManager drückt hier jene Zerrissenheitzwischen Beruf und Familieaus, wie sie vor allem für Top-Führungskräftetypisch ist. BetrieblicheLoyalitäts- und Gehorsamsforderungenverlangen, dass Familie,Freunde und Hobbies untergeordnetwerden. Das Unternehmen willsich nicht nur die Arbeitskraft, sonderndie gesamte Persönlichkeit der(hochbezahlten) Führungskraft einverleiben.2Die Manager selbst geben zwaran, dass ihnen Familie und Partnerschaftwichtiger sind als der Beruf(vgl. dazu die angeführten Studienbei Höyng/Puchert 1998). Allerdingsstellen sie das gemeinsameAben<strong>des</strong>sen oder das Spiel mit denKindern hintan, wenn ihr Vorgesetzternoch eine dringende Ausarbeitungoder ein Konzept verlangt.Helmut Kasper u. a. (2002) stellenfest: „Die Zeit für den Betrieb wirdals konstant und stabil, ja geradezuals sakrosankt angesehen.“ (ebd., S.171)Noch ein Aspekt drängt die Familieins Abseits: die Arbeit alsQuelle von Anerkennung und Prestige,von starken Gefühls- und Gemeinschaftserlebnissen.Erfolgeund Misserfolge lassen die Mitarbeitermiteinander triumphieren undtrauern – das schweißt sie zusammen.Das tägliche Einerlei <strong>des</strong> Familienlebensnimmt sich dagegen alssachlich und funktional aus.Die Erotisierung der Führungsarbeitdrängt somit die konkurrierendefamiliäre Gefühlsbindung zurück.Die männerbündische Ideologie,die vom Manager allzeitige Verfügbarkeitund Loyalität verlangt,bietet im Gegenzug „höhere Ziele“,unternehmerische Visionen, transzendenteHingabe. Die Arbeit <strong>des</strong>Leitenden wird affektiv verbrämt,glorifiziert und emotionalisiert – dieBindung an die Familie wird als se-40

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