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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Doris Dopplerwendig. Ethnologische, soziologische,psychologische und soziobiologischeErkenntnisse müssen zusammengeführtund durch eine kulturhistorischeVerortung ergänztwerden. Nur dadurch erhält man jenegrundlegenden Hinweise aufmännerbündische Strukturen, Wirkungenund Funktionen, die zurIdentifizierung von bündischenMustern in verschiedenen Kontexten– beispielsweise in der Politikoder Wirtschaft – verwendet werdenkönnen.1.1 Kulturhistorische HintergründeIn kulturhistorischer Hinsicht zeigtsich der Männerbund als Phänomen,das vor allem im deutschenRaum ab Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhundertsgesellschaftlich bestimmendwar. „Germany was covered by awhole network of mostly middleclassor lower-middle-class maleassociations.“ (Mosse 1996, S. 143)Diese männerbündische Ideologieging einher mit einem ausgeprägtenAntifeminismus, der unter anderemvon wissenschaftlicher Seite untermauertwurde. So sprach etwa derEthnologe Heinrich Schurtz (1902),der das Männerbund-Konzept entwickeltund in den wissenschaftlichöffentlichenDiskurs eingeführt hatte,den Frauen die „Bundfähigkeit“ab und erklärte die Männerverbändezu den „eigentlichen Trägern fast allerhöheren gesellschaftlichen Entwicklung“(ebd., S. V). Hans Blüherwiederum, ein einflussreicher Laienanalytiker,betonte den mannmännlichenEros im Männerbundund rief damit sowohl begeistertenZuspruch als auch heftigen Widerstandhervor (vgl. dazu exemplarischBlüher 1918). Und schließlicherhoben auch Wissenschaftler <strong>des</strong>nationalsozialistischen Regimes denMännerbund zu einer superiorenGemeinschaftsform. So forderte etwader Philosoph und NS-IdeologeAlfred Baeumler, sich auf denMännerbund der Frühzeit zu besinnenund so den Weg vom Bund zumStaat zu finden (vgl. Baeumler 1934,S. 33). Die Bund-Idee wurde damitbewusst eingesetzt, instrumentalisiertund als strukturbildende Kategoriegenutzt.Bei dieser historischen Verortungzeigt sich, dass die verunsicherndenPhänomene der beginnenden Modernewie etwa neue Arbeitsformen,neue Familienmuster oder die Frauenemanzipationdie traditionellepatriarchale Männlichkeit erschütterthaben. Dementsprechend attraktivwaren bündische Formationen.Vor allem das aufbrechendeGeschlechterverhältnis dürfte dazubeigetragen haben, dass Männerbündeals neue subtile Ausschließungsstrategieneingesetzt wurden.Sie waren die Antwort sowohl aufdie zunehmende rechtlich-wirtschaftlicheGleichstellung der Frauals auch auf die damit verbundenenaufbrechenden Ängste und psychosozialenVerunsicherungen aufMännerseite.1.2 Der Bund in dersoziobiologischen PerspektiveDie Soziobiologie geht davon aus,dass sich Männerbünde <strong>des</strong>halb entwickelthaben und immer noch fortbestehen,weil sie zum Reproduktionserfolgder menschlichen Genebeitragen (vgl. z.B. Tiger 1972 sowieFukuyama 1998). Männerbündebringen also evolutionäre Vorteilemit sich, sie fördern die Genverbreitungihrer Mitglieder undsind <strong>des</strong>halb universell verbreitet.Aus Sicht der Soziobiologen hatsich für die Frühmenschen das„Bündische“ als effiziente Anpassungsstrategiean ökologische Gegebenheitenerwiesen und ist <strong>des</strong>halbin das menschliche Erbgut eingegangen.Man vermutet sogar, dassdie männerbündische Dispositionbereits in unseren prähumanen Vorfahrenangelegt war und sich mitdem Einsetzen der jagdlichen Tätigkeitintensiviert hat. Die mannmännlicheBindung ermöglichte eineeffiziente Versorgung mit Fleischund erleichterte die Ressourcenkontrolle.Es entstand ein männerbündisch-patriarchalerKreislauf, dervon den Frauen unterstützt wurdeund – in der soziobiologischen Auffassung– die bestmögliche Basis füreine erfolgreiche Gen-Reproduktionbildete.1.3 Psychologische ÜberlegungenNach ethnopsychoanalytischer Auffassungkompensieren Männerbündeden männlichen Gebärneid (vgl.z.B. Erdheim/Hug 1990. Sie verdrängen,dass Mann und Fraugleichwertig sind, und zielen auf einemännliche Herrschaft und Autonomieab. Letztere beweist der Bundmit ritualisierter Homosexualitätund nachgeahmten Geburtsvorgängen.Diese Praktiken hält man vorden Frauen geheim. Damit soll derGesellschaft vermittelt werden, dasssich Männer auch ohne weiblicheBeteiligung fortpflanzen können.Auf der Ebene der mann-männlichenBindung erfüllt der Männerbundeinige emotionale Bedürfnisse,die sich durchaus widersprechenkönnen. Kameradschaft, Homoerotikund Homophobie formen einfunktionales Geflecht, das sowohlmann-männliche Nähe als auchidentitätsschützende Abgrenzungenbeinhaltet. Im Bund finden dieMänner den gewünschten kameradschaftlichenUmgang, der distanzierterals eine intime, selbstoffenbareFreundschaft verläuft und dadurchnicht identitätsbedrohend ist.Außerdem schützt diese „distanzierteNähe“ vor einem Abgleiten in eineunerwünschte Homosexualität.36

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