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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Verhaftung in der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung am Beispiel der familialen AltenfürsorgeFrau B. wird als Ausgleich für dieangenommene Bevorzugung erachtet,allerdings ohne genau aufzurechnen,wie groß Frau B.’s materiellerVorteil durch das Erbe wirklichist und welche Gegenleistungen siedafür erbringt.Interessant ist aber, dass Frau B.eben nicht alles erbt, wie die Brüderanscheinend denken, sonderndass sie trotz der anstrengendenPflege ‘nur’ das Haus erhält. DieBrüder bekommen, bezogen aufden Wert <strong>des</strong> Hauses, ihren Pflichtanteilund zusätzlich jeweils ein Drittel<strong>des</strong> gesamten Barvermögens.Auf die Frage, ob Frau B. nochKontakt zu den Brüdern habe, schildertsie die Situation der Beerdigungder Mutter:„Also, (ein Kontakt besteht) erst,nachdem sie viel Geld bekommen haben.Die Beerdigung musste ich auch alleine machen,von vorn bis hinten, da waren meineBrüder nicht da. Nicht mal in den Tagenvor der Beerdigung sind sie auf die Ideegekommen, herzukommen. (…) Undnachdem die Beerdigung vorbei war, warensie aktiv drüben im Haus – um auszuräumen.Also, wie im Bilderbuch – es warunwahrscheinlich. (…) Dann, als ich dabeiwar, die Konten aufzulösen – das gingdann schön durch drei und dann warensie ganz überrascht, wie viel Geld sie dochbekommen. Und das mit dem Haus, dassich ihnen alles ausgezahlt hatte und dassalles so blieb, dass sie sich noch genug hierholen konnten. Das war ganz schlimm,ganz schlimm! Also, das ging an meineGrenzen. Aber dann: Nachdem sie allesbekommen haben, sprechen wir wieder miteinander.Ich hab’ auch noch ein schönesEssen gemacht, so wie es meine Muttergemacht hätte, als sie kamen, um das Geldabzuholen. Und hab’ sie auch nach derBeerdigung hier hereingebeten – meineSchwägerin blieb draußen die ganze Zeitim Auto sitzen. Sind unmögliche Dinge,die da gelaufen sind, weil meine Muttereben mir das Haus überschrieben hat. Ichmeine, es ist nicht ungewöhnlich, dass der,der pflegt, den größeren Teil erhält unddas war nicht akzeptiert worden.“Ganz offensichtlich inszenieren dieBrüder von Frau B. die Geschichteso, als seien sie zurückgesetzt worden,als müssten sie etwas kompensieren,als sei der Tausch der Mutter:„Haus gegen Pflege“, eine unangemesseneBevorzugung der Tochterund als müsse man die Hinterlassenschaftder Mutter gegen möglicheÜbergriffe der Schwester verteidigenund das Haus ausräumen, bevordies von der Schwester getanwürde. Damit wird Frau B.’s Thema– die Pflege ihrer Mutter, ihreAlleinverantwortung, ihre Verlassenheit– als Familienthema ausgelöscht.Das Thema der Familie istdas Erbe, die Frage, was jeder bekommt.Das, was Frau B. mit derPflege der Mutter geleistet hat, wirddem Schweigen überantwortet.Frau B. versöhnt trotz ihrer geschildertenVerbitterung die Familie,indem sie ein Essen zubereitet,wie es die Mutter gemacht hätte. Sieerklärt sich durch dieses Zeichenungewollt mit der Tabuisierung derPflege einverstanden. Die Familieexistiert durch diesen Verzicht aufGerechtigkeit weiter und zerbrichtnicht.Aspekte der innerfamilialenEntwicklungsdynamikFrau A. steht zum Zeitpunkt <strong>des</strong> Interviewsan einem biografischenWendepunkt. Nach langjährigerEhe lässt sie sich von ihrem Mannscheiden. Sie nennt diese Entscheidung„komisch“ und spricht davon,dass auch hier alles anders gekommenist, als sie geplant hat. Frau A.hat, wie sie sagt, eine selbstständigeErfahrung gemacht, die sie als bedeutenddafür angibt, dass sie sichmit ihrem Mann, „auseinander gelebt“hat. Selbständigkeit wird als hoherWert betont; gleichzeitig macht FrauA. die Polarisierung ihres Lebenszusammenhanges,vor allem Berufund Pflege, für das Scheitern ihrerEhe mitverantwortlich.„Ich denke, was bei mir anstehen würde,komischerweise, das ist also nach 33Jahren Ehe die Scheidung. Dass das wirklichganz anders alles gekommen ist beiuns, als ich es mir vorgestellt habe. Undvielleicht wäre das auch schon in der Zeitgekommen, als ich da diese selbstständigeLebenserfahrung gemacht habe. Jetzt istdas noch, man ist eben so lange verheiratet,aber irgendwo haben wir uns auseinandergelebt. Das ist im Moment so beimir.“Auf die Frage, welche Bedeutungdie Pflegebedürftigkeit der Mutterin diesem Zusammenhang hat,meint Frau A.: „Doch schon, dass dasdadurch forciert worden ist. Glaube schon.Ich glaube schon, das wäre ja nicht so gekommen.Als ich da gearbeitet habe unddas da noch nicht so extrem mit meinerMutter war, da war ja alles ganz gut. Nun,da hatte ich die Arbeit und hatte meineMutter und hatte überhaupt keine Zeitfür was anderes. Fand aber auch die Arbeitganz toll. (…) Ich war froh und mitallem zufrieden. Ich fand, es war schlimm,diese Wochenenden da zu sitzen. Vielleichthätte ich mich ja auch mehr bemühen könnenum meine Familie und die Kinder.Aber die waren ja nun alle aus dem Haus.Dass ich da sicherlich auch einen Fehlergemacht habe, denke ich mir. Aber ichhätte so für meinen Beruf alles aufgebenkönnen zu der Zeit. Ich denke, dass dannalles so zum Scheitern kam, dass sich dasso lange hingezogen hat (....). Das war dielange Zeit, (…) wo dann jeder so getrennteWege ging. Zu der Zeit ging das auchlos mit getrenntem Urlaub.“In diesem Erzählabschnitt benenntFrau A. eine Reihe von Faktoren.Zuerst verdeutlicht sie, dass diePflege der Mutter durchaus einenFaktor darstellt, der zur Scheidungvon ihrem Mann führt. Es gab offensichtlicheine Zeit, die Frau A.als „ganz gut“ bezeichnet, eine Zeit,in der die Vereinbarkeit zwischen<strong>Info</strong> 22.Jg./Nr.30/200531

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