11.07.2015 Aufrufe

IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN
  • Keine Tags gefunden...

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Verhaftung in der geschlechtsspezifischen Arbeitsteilung am Beispiel der familialen AltenfürsorgeGefühl der Hilflosigkeit gerät. Sehrfrüh im Interview korrigiert sie ihreBilder und Sichtweisen über die Altenheimeund die dort tätigen Pflegenden.Sie würdigt vor allem derenBelastungen durch die hohe Anzahlan Schwerpflegebedürftigenund Sterbenden. Die Erfahrung <strong>des</strong>Altenheimes beschreibt Frau A. ingewisser Weise als Grenzüberschreitung.Sie hat die Tür geöffnet undin Räume gesehen, in die man „sonstkeinen Einblick“ hat: „Ich muss zugeben,das Pflegepersonal, da hatte man früherauch keinen Einblick, man hörte nur:‘Altenheime – wie schrecklich!’ Aber diemuss ich dann nun wirklich bewundern.Ich habe darüber gelesen, dass die meistenAltenpflegerinnen – das sehe ich auch beiuns im Heim – nach zwei Jahren weg sind.Und wir hatten jetzt da auf der Stationmeiner Mutter (…), da sind zwei Neuegekommen (…). Sagte die Pflegerin zumir: ‘Gott sei Dank, dass wir mal wiederhier was auf der Station haben, mit denenman sich unterhalten kann.’ (…)Also, die Leute muss ich wirklich bewundern.“Frau A. spricht von den dementiellveränderten Bewohnern, die„weglaufen“ und von den Pflegendenimmer „wiedergefunden“ undzurückgebracht werden müssen. Sieerzählt zudem, wie viel körperlicheArbeit und „Arbeit am Körper“ diePflegenden leisten. Sie bekommtauf diese Weise Zugang zum Stressin der Altenpflege. Gleichzeitig zeigtsie darüber eine Beunruhigung undeine gewisse Angst, die nur dadurchkontrolliert wird, dass sie ihre Bewunderungausdrückt. Diese Beunruhigungwird immer wieder formuliertund verweist auf den Konflikt,in dem sich Frau A. befindet. Sie bewundertdiejenigen, die sich um alteMenschen kümmern und sagtgleichzeitig deutlich, dass sie für dieseFürsorge nicht die Kraft aufbringenkönne und eher bereit sei, statt<strong>des</strong>sen„Strafarbeiten“ wie „10 StundenPutzen“ zu verrichten. Sie gerätim Laufe <strong>des</strong> Interviews in zunehmendeAngst um sich selbst.„Nun kommt dies sicherlich dazu. Esgibt sicherlich auch viele Frauen, die sichaufopfern können und pflegen können.Nee, also das kann ich nicht. Ich kannim Nachhinein wohl sagen, ich kann wohleher 10 Stunden putzen, als einen altenMenschen zu pflegen. (…) Oder Sie müssen,genauso wie das Pflegepersonal imAltenheim, eine Pflicht erfüllen. Sie habensich das nun als Beruf gewünscht undmachen das ja auch wieder gerne, also denkeich mal, dass sie dafür geschaffen sind.Ich bin es halt eben nicht. Ich kann danicht stundenlang am Bett sitzen, betüddeln,machen und tun. Das wollen meineKinder auch nicht, die sind so was vonselbstständig geworden.“Gefragt, welche Alternativen esfür die Pflege der Mutter gegebenhabe und welche Möglichkeiten siefür ihr eigenes Alter sehe, antwortetFrau A.:„Ich glaube, dass, denke ich, wenn mannoch gesund ist, dass man das sagt, dassich mich rechtzeitig um einen Platz kümmere.Was wir vielleicht falsch gemachthaben, meine Schwester und ich. Wir hättensie nicht mehr in eine Stadtwohnunggeben sollen (…). Und je nachdem, wieder Schwierigkeitsgrad der Pflegebedürftigkeit(ist), könnte sie ja irgendwie andersversorgt werden. Wir hätten eine Wohnung– die hatten wir ja uns auch angesehen,nur da war es damals schon zu spät.So eine Zweizimmerwohnung – und siehätte ihre Möbel mitnehmen können. (…)So was stelle ich mir dann eher vor, dassich so was rechtzeitig machen würde. Aberich glaube, wenn Sie in so einem Zustandsind, dann denken Sie: ‘Ach, ihr geht esja wieder besser oder ihr geht es gut’, undman macht es nicht.“Frau A. plädiert hier für eine rationaleEntscheidung auf der Basistheoretischen Wissens. Das, was sieund ihre Schwester „falsch gemacht haben“,war jedoch die Verleugnungder künftigen Pflegebedürftigkeitder Mutter, die Hingabe an die falscheHoffnung, eine Pflegebedürftigkeitwürde nicht eintreten. FrauA. plädiert also für eine frühere,wenn auch weichere Form der Institutionalisierung,um diese rationaleEntscheidung dann gleich wieder ineinen Gegensatz zum lebensweltlichenHandeln zu stellen: „ (…) Ichglaube, je älter man wird, ist es ein Horror,ins Altenheim zu ziehen. Und ichmeine, das ist ja auch klar. Man denktimmer noch, die werden ja gesund gepflegt,aber das ist ja doch bis zum Tod. Sie werden(…) ja verurteilt bis zum Tod. Dasist ja schrecklich! Das stelle ich mirschlimm vor, wenn man geistig noch dabeiist.“„Wenn ich pflegebedürftig würde undmüsste immer um alles bitten und so. Dasfände ich für mich persönlich sehr schrecklich.(…) Deshalb finde ich den Zustandmeiner Mutter besser, dass sie gar nichtmehr weiß, was läuft. Das ist nur ebender Zustand, der für alle Angehörigen sehrschwierig ist. Da muss ich schon die Leutebewundern, die – das ist sicherlich nichteinfach – in Familien dafür da sind. Abergucken Sie sich die aber im Nachhineinauch mal an. Die sind dann der nächstePflegefall.“Frau B. dürfte bezüglich ihrer Lebensentscheidungen,ihrer Einstellungenund ihrer Alltagsgestaltungals geradezu „ideal“ für die häuslichePflege gelten. Ihr Pflegeverständnisentspringt einer allgemeinenfürsorglichen Haltung ihrerMutter gegenüber und ist eingebettetin einen von Frau B. selbst gewähltentraditionellen Alltag, den sieals etwas „Selbstverständliches undNatürliches“ beschreibt. Schon frühhat Frau B. sich auf „Tradition alsLebensform“ festgelegt: Sie lebt mitihrem Mann und ihren Kindern inder unmittelbaren Nachbarschaftihrer Eltern, gibt ihre Berufsausbildungauf, als die Kinder geborenwerden und pflegt, gemeinsam mitder Mutter, ihren Vater, als dieser<strong>Info</strong> 22.Jg./Nr.30/200525

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!