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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Ilse Müllnerren Mann wird festgestellt, abernicht weiter erläutert. Rut und dienamenlose „Frau von Stärke“ habenaber einiges gemeinsam: ihr selbständigesHandeln, das Tun vonUnerwartetem und Dingen, dienicht einfach rollenkonform sind.„Da das Buch Rut im HebräischenKanon direkt an das Gedicht überdie Frau der Stärke anschließt, kanndie literarische Frauengestalt Rut alseine mögliche narrative Explikationder in Spr 31,10-31 beschriebenenFrau verstanden werden.“ (Brockmöller2004, S. 85)Die 22 Buchstaben <strong>des</strong> Alphabetsbeginnen je einen Vers <strong>des</strong> Gedichts– eine dichterische Glanzleistung,die nicht auf Kosten <strong>des</strong> Inhaltsausgeführt wurde, wie manchevermuten. Im Gegenteil: Die alphabetischeStruktur ist didaktisch sinnvollan den Schluss <strong>des</strong> Sprüchebuchsgesetzt. Sie holt die Grundstrukturender Sprache ins Bewusstseinund erinnert damit an „dieGrundstrukturen der Welt und <strong>des</strong>menschlichen Lebens“ (Brockmöller2004, S. 69). Zudem werden dieLernenden am Ende <strong>des</strong> Sprüchebuchsan den Anfang ihres Lernens,an das ABC, herangeführt. Inhaltlichweist diese Form auf die Vollständigkeit<strong>des</strong> Handelns hin: Auchwenn im Gedicht einzelne Tätigkeitender Frau aufgezählt werden, sowill es doch zeigen, dass die vielfältigenTätigkeiten zu einem sinnvollenGanzen <strong>des</strong> Handelns gefügtsind (vgl. Brockmöller 2004, S. 56).Die vielerorts im Sprüchebuchoffen gelegten Re<strong>des</strong>ituationen legenes nahe, auch in Bezug auf dasSchlussgedicht danach zu fragen,wer hier zu wem spricht und in welchemKontext dieses Schlussgedichtsteht. Meist wird Spr 31,10-31 denWeisheitslehrern <strong>des</strong> Buchs und vorallem seiner ersten neun Kapitel zugeschrieben.Die Adressaten wärendann männliche Schüler, die auf derSuche nach einer angemessenenEhefrau unterstützt werden sollen.Diese Auslegung lässt aber den vomhebräischen Text her vorgegebenenZusammenhang zwischen V 2-9und 10-31 außer Acht. Die Überschriftvon V 1 hat kein Pendant vordem Schlussgedicht. Insofern ist esdurchaus möglich, als Sprecherin<strong>des</strong> Gedichts die Königsmutter ausV 1 anzunehmen. Sie wendet sichin V 2-9 an ihren Sohn. In V 10-31unterweist sie ihre Tochter (vgl. Fischer2004, S. 799-802). Die Königsmuttergibt ihrer Tochter ein Rätselauf: „Eine Frau von Stärke – werfindet sie?“ (Spr 31,10 ÜS: I.M.)Und sie beantwortet das Rätsel gegenEnde damit, dass sie stilistischin die zweite Person übergeht: „VieleTöchter erweisen sich als fähig.Du aber übertriffst sie alle!“ (Spr31,29 16 ) Entgegen vieler Übersetzungensteht in V 29 gerade nicht„viele Frauen“, sondern eben „vieleTöchter“.Die imaginierte rhetorische Situation– Unterweisung der Königstochterdurch ihre Mutter – hebtaber die Erkenntnis nicht auf, dasses in Spr 31,10-31 nicht um eine einzelneFrau geht, sondern um einverallgemeinertes Bild. In diesesBild werden Züge integriert, die wiraus Spr 1-9 sowohl von der Weisheitsgestaltals auch von der „fremdenFrau“ kennen. So weist etwa derBesitz von Purpur auf Phönizienhin und ebenso wie die „fremdeFrau“ (Spr 5,9) hat auch die „Frauvon Stärke“ Handelskontakte in dieFremde. In dieser Frauengestalt liegtalso ein Gegengewicht zu der Dichotomisierungvon Frau Weisheitund „fremder Frau“, wie sie in Spr1-9 geschieht.„Sie ist in ihrem Verhalten so etwaswie eine praktische Veranschaulichungder Weisheitslehre, und damitauch eine didaktische Metapherder Weisheitslehrer. Diese Frau verkörpertwas sie lehren. Wenn diejungen Männer so eine Frau finden,haben sie nicht nur eine Ehepartnerin,sondern zugleich ‘Weisheit’ gefunden.[…] Diese Frau ‚lebt’, wasSchüler lernen sollen. Sie ist als letztedidaktische Figur im Sprüchebuchzumin<strong>des</strong>t literarisch eine Verwirklichungihrer Lehre. Damit wirddas Gedicht zum letzten Appell derLehrer bevor sie ihre Schüler entlassenin ein Leben mit Frau Weisheitund vielleicht auch mit einer Frauder Stärke.“ (Brockmöller 2004, S.128, 143)4.4 Weise FrauenSchon der Vergleich mit der starkenFrau aus Spr 31 und die Tatsache,dass die Tätigkeit <strong>des</strong> Hausbauenssowohl von realen Frauen als auchvon der metaphorischen Weisheitsgestaltausgesagt wird, haben gezeigt,dass die Figur der personifiziertenWeisheit etwas mit demFrauenleben im alten Israel zu tunhat. Auf der Suche nach Wurzelnder Frau Weisheit stoßen wir aufgöttliche Gestalten <strong>des</strong> Alten Orients(s.u.) und auf literarische Vorbilderin Frauengestalten ersttestamentlicherErzählungen. Gäbe eskeine Verbindungslinien zwischender Weisheitsgestalt und den TraditionenIsraels, so wäre eine Akzeptanzbei HörerInnen und LeserInnennur schwer vorstellbar.Es ist vor allem eine zentraleFunktion, die die personifizierteWeisheit und diese Frauengestaltengemeinsam haben: die der Ratgeberin.Weisheit und Ratschlag sind aufsengste miteinander verbunden. DasRatgeben kann geradezu als Hauptaufgabeund Kriterium für den weisenMenschen gesehen werden. Daszeigt die Bestimmung der dreiGruppen Priester, Prophet undWeiser durch die ihnen zugeordnetenHandlungsfelder der Weisung(= Tora) für den Priester, <strong>des</strong> Wor-18

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