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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Die als Frau personifizierte Weisheit in der hebräischen Bibelfunktioniert. Eine Metapher ist einebildhafte Rede, die zwei Bereiche,die in der Erfahrung nicht unbedingtmiteinander zu tun haben, zusammenbringt (etwa das Denkenund das Feuer in „Mein Kopfraucht.“). Wird die Verknüpfung derBereiche Frau und Weisheit so vorgestellt,dann haben weise Frauen darinkeinen Platz. Wird das Zueinandervon Frau und Weisheit aber alsMetonymie konzipiert, dann sinddie weisen Frauen mit ihrem Denkenund Tun Realisierungen <strong>des</strong> abstraktenKonzepts Weisheit, daswiederum als Frau personifiziertvorgestellt wird. Dieser literarischenFigur vergleichbar wäre der Satz„Ich lese gerne Ingeborg Bachmann.“Natürlich lese ich ihre Werke, abermetonymisch steht die Urheberinfür das Werk, das Ganze für einenTeil („Die Universität hat ihre Personalentscheidungnicht begründet.“)oder der Gegenstand für seine/nBenutzerIn („Die Bahnstreikt.“) Die Metonymie löscht dieBezugsgröße nicht aus, sie verbindetzwei Elemente eines Bereichs,während die Metapher zwei unterscheidbareBereiche verknüpft (vgl.v. Camp 1993, S. 11). Wenn Weisheitund Frauen metonymisch verbundenwerden, dann bleibt die weise Frauin der personifizierten Weisheit präsent,weil eine mögliche Verkörperungdieser Weisheit eben die weisenFrauen sind.4. Vorbilder und Kontrastfiguren4.1 Frau Torheit und die fremdeFrauSpr 1-9 kennt nicht nur die Weisheitals positive Frauengestalt, sondernzeichnet auch eine durchwegnegative Frauenrolle in Gestalt der„fremden Frau“, die in Spr 9 mit der„Frau Torheit“ verschmilzt. Die„fremde Frau“ kommt nicht in denIch-Reden der Weisheitsgestalt vor,sondern in den Lehrreden, in denenandererseits die Weisheit nursporadisch als personifizierte Gestaltdie Bühne der dargestelltenWelt betritt.Das Bild der „fremden Frau“wird in Spr 2; 5; 6,20-35 und Spr 7entworfen, in Spr 9 kommt die FrauTorheit hinzu, die Züge der „fremdenFrau“, aber auch der Frau Weisheitträgt. Im Hebräischen gibt esmehrere Begriffe, die im Deutschenmit „fremd“ wiedergegeben werdenkönnen. Für die „fremde Frau“ werdenzwei Wörter verwendet, die unterschiedlichenBedeutungsfeldernentstammen und hier verschmelzen:nåkrija und ’ischah zarah. Die’ischah zarah ist eine für den angesprochenenjungen Mann fremdeFrau. Sie ist nicht seine Ehefrau,sondern die eines anderen Mannes.Die Abwesenheit ihres Ehemannes(7,19) nutzt sie, um einen jungenMann in ihr Haus zu locken und ihnzu verführen. Die fremde Frau istGegenstand der Warnung. Wer ihrfolgt, kann mit einem Ochsen verglichenwerden, den man zumSchlachten führt oder mit einemHirsch, der von einem Fangstrickgefesselt ist. Die Verlockungen der„fremden Frau“ verheißen sexuelleLust, der junge Mann ist ihr nahezuwehrlos ausgeliefert. „Die Argumentationfolgt dem Muster, Frauenseien die Hauptverantwortlichenbei illegitimen Sexualkontakten.Dieses Muster entspringt einermännlichen Perspektive, die sich garnicht bewußt ist, wie armselig sichihr Männerbild ausnimmt.“ (Maier1996, S. 193) Der Mann wird alsTölpel dargestellt, der sich nicht imKlaren darüber ist, dass diese Beziehungsein Leben kostet (7,23) unddass er sich im Haus der fremdenFrau bereits auf dem Weg zur Unterwelt(7,27) befindet.Diese sexuell aktive Frau, die dieGrenzen ihrer Ehe überschreitet,gefährdet in der Wertung der Textedie gesellschaftliche Ordnung. HistorischeEinordnungen dieser Texteweisen auf die nachexilische Zeit<strong>des</strong> biblischen Israel hin, in der diefamilialen Strukturen zu zentralenStützpfeilern der Gesellschaft gewordensind und als solche auchtheologisch und ethisch aufgewertetwurden. Das Frauenbild, das imTopos der „fremden Frau“ beschriebenwird, widerspricht der patriarchalenOrdnung in einem Maß,das den Text zu massiven rhetorischenMitteln greifen lässt, um dieGefährlichkeit dieser Gestalt herauszuarbeiten.Die „fremde“ Frau,die sexuelle Kontakte außerhalb ihrerEhe pflegt, wird durch Begriffewie „Hure“ (7,19) und Bilder wiedas der mordenden Kriegerin (7,26)<strong>des</strong>avouiert. Sie wird außerdem miteiner Reihe von theologisch hochaufgeladenen negativen Assoziationenbefrachtet.Da ist zunächst der Begriff nåkrija.Damit ist ein weiterer Aspekt <strong>des</strong>Fremd-Seins angesprochen. Dienåkrija ist die ausländische Frau, dienicht in die Gemeinschaft Israels integriertlebt und den Gaststatus hat(dafür gibt es wiederum einen anderenhebräischen Terminus). Dienåkrija spielt vor allem in den Diskussionenum die so genannte Mischehenfrageeine zentrale Rolle.Die Bücher Esra und Nehemia nehmeneine radikale Position gegen dieEhen judäischer Männer mit nichtjudäischenFrauen ein. Das BuchRut hingegen ist nahezu eine Propagandaerzählungfür solche Ehen,da nach dem Rutbuch der großeKönig David selbst auf eine solcheVerbindung zurückzuführen ist. Imnachexilischen Israel, in das alle dreieben genannten biblischen Bücherzu datieren sind, spielte offensichtlichdie Frage nach Identität überAbgrenzung eine starke Rolle. Die<strong>Info</strong> 22.Jg./Nr.30/200515

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