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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Ilse MüllnerTradition bis heute meist Frauengestaltenals Personifikationen vonAbstrakta eingesetzt werden. DieFrage nach der Funktion der Personifikationstellt sich nicht unabhängigvom Geschlecht. Auf Männerwird eine solche Vorstellung eineandere Wirkung haben als auf Frauen.Zudem muss sich eine von Männerndominierte Geisteswelt dieFrage gefallen lassen, welche Zweckesie denn mit der Verlebendigungihrer Gedanken ausgerechnet inFrauenkörpern verfolge, und wassolches Denken mit real existierendenFrauen zu tun hat. Von feministischenDenkerinnen wird diese Erscheinungdenn auch ambivalent beurteilt.Ob es sich um die Darstellungvon Kontinenten im Bild einerFrau oder um die biblische Weisheitsgestalthandelt: Immer wiederwird darüber nachgedacht, was diebildhaften Darstellungen mit realenFrauen zu tun haben – etwa, ob diePersonifikation dazu beiträgt, Frauenden öffentlichen Raum zugänglichoder aber reale Frauen unsichtbarzu machen. Zwei Anfragen anden Vorgang der Personifikationsollen hier aufgegriffen und an diebiblischen Texte herangetragen werden.1. Der Vorgang der Personifikationmacht Frauen als Subjekte der Geschichteunsichtbar. „Erst dadurch,daß die dargestellte Frau nicht aufeine reale Frau referiert, kann sie zumZeichen für anderes werden.“ (Weigel1990, S. 168) Die personifizierteEigenschaft, Stadt oder das personifizierteNaturphänomen funktionierennur dadurch, dass sie Idealbilderdarstellen, die allerdings ehermit Projektionen männlicher Vorstellungenals mit lebendigen Frauenzu tun haben. Wer an reale Frauendenkt, kann nicht mit solcherVerbilderung spielen.2. Eng damit zusammen hängt dieBeobachtung, solche personifiziertenGestalten seien keine Subjektein der Geschichte. Die LiteraturwissenschaftlerinSigrid Weigel machtihre Beobachtung am Unterschiedzwischen dem Mythos und der Allegoriefest. Die mythischen Gottheitenstehen für etwas, fungieren alsoals Personifikation. Gleichzeitigwerden aber Geschichten und Geschichteüber sie erzählt. „Die allegorischePersonifikation dagegen istsoweit von konkreter Bedeutungentbunden, daß sie beliebig mit Sinngefüllt werden kann.“ (Weigel 1990,S. 171)Diese Anfragen werfen auch einkritisches Licht auf die biblischeWeisheitsgestalt: Welche Projektionen,welche Idealvorstellungen prägendie Figur der Chokmah, geradeauch im Gegenüber zur „fremdenFrau“ im Sprüchebuch? Wertet dieVorstellung einer weiblichen Weisheitsgestaltin göttlichen SphärenFrauen auf? Oder ist diese Idealfigurprimär Projektionsfläche fürmännliches Begehren? Diese Fragenführen zunächst zur Beschreibung<strong>des</strong> Hintergrun<strong>des</strong>, auf dem sicheine solche Vorstellung erst entwickelnkonnte. Was hat – neben deroffensichtlich in mehreren Kulturenzu beobachtenden Tendenz zurweiblichen Personifikation – dazu geführt,dass Israel eine Vorstellungvon der Weisheit als Frau entwickelthat? Und welche religionsgeschichtlichenZusammenhänge werden indieser Gestalt sichtbar?Sicherlich spielen zumin<strong>des</strong>t dreiFaktoren eine Rolle:1. Der Begriff Chokmah ist grammatikalischfeminin.2. Die biblische Tradition erzähltvon weisen Frauen, die als Vorbilderder personifizierten Chokmahgelten können.3. Dem alten Israel und antiken Judentumwaren Göttinnen bekannt,die in ihren Kulturen mit Weisheitin Verbindung gebracht wordensind, etwa die Ma’at in Ägypten.In der Personifikation <strong>des</strong> Weisheitsbegriffswerden vielfältige Aspekteder Weisheit zu einer Einheitverbunden. Im Reden über die„Frau Weisheit“ werden nicht nurAussagen über das Abstraktum„Weisheit“ getroffen, sondern auchFrauenbilder entworfen. Die Personifikationvereinheitlicht dabei dieVielfalt konkreten Lebens und führtdas konkrete Einzelne ins Allgemeine.Verstehen können wir eine solcheVerallgemeinerung aber nurdann, wenn die Verbindungslinienzum Konkreten, in diesem Fall zukonkretem Frauenleben, erkennbarbleiben.Die Personifikation der FrauWeisheit schafft aber auch eine Brückezwischen der menschlichen undder göttlichen Sphäre. Sie vereintdiese beiden Bereiche in sich. In ihrerNähe zu Menschen und Menschlichemgeht sie im Menschlichennicht auf, sondern gehört etwa alsMitschöpferin (Spr 8) eindeutig zuden Sphären, die dem Göttlichenvorbehalten sind. „Sie will in sichGott und Frau verbinden, sie willdas Menschliche, Konkrete, Diesseitigemit dem Göttlichen, Universalenund Jenseitigen verbinden, siewill JHWH mit der Straße, demHaus, der Liebe, der Weisheitstraditionund dem Leben der israelitischenFrauen verbinden, so daß dasWirken der weisen Frau auf JHWHhin transparent, ja transzendentwird und JHWH im Bild der ‚Frau’Weisheit erfahrbar.“ (Schroer 1996,S. 39)Kritische Anfragen an die literarischeFigur der Personifikation müssenm.E. nicht zu einer Ablehnungdieses Bil<strong>des</strong> führen. Ausschlaggebendist, ob das Bild Platz für konkreteFrauen lässt oder diese auslöscht.Diese Alternative wird reflektiertin der Frage, ob das Bildals Metapher oder als Metonymie14

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