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IFF Info Zeitschrift des Interdisziplinären... - IFFOnzeit

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Die als Frau personifizierte Weisheit in der hebräischen Bibel<strong>des</strong> Buchs (Kap 10-30) präsent. Außerdembeschreibt das Schlussgedichtin Kap 31 in aller Ausführlichkeitdie Tätigkeiten einer Frau vonStärke, mit denen sie ein prosperieren<strong>des</strong>Hauswesen aufrechterhält.Diese starke Frau von Spr 31 kannüber motivliche Parallelen mit derWeisheitsgestalt in Verbindung gebrachtwerden. „Frau Weisheit, wiesie in Spr 9 geschildert ist, kommteiner Frau der Stärke wohl durch dierealistische Metaphorik <strong>des</strong> Gastmahlsam nächsten. Beide Frauenagieren in und um ‚ihr Haus’. Beidehaben einen Kreis von Frauen, diefür sie arbeiten. Beide gehören siezur obersten sozialen Schicht undsorgen auch für Bedürftige.“(Brockmöller 2004, S. 216)Die Weisheit ist nicht einfachidentisch mit diesen „realen“ Frauen.Die Verbindungslinien zeigenaber, dass die von der Weisheitsgestaltausgesagten ökonomischenAktivitäten auch für „reale“ Frauen<strong>des</strong> Alten Israel vorstellbar sind.Die Dimensionen <strong>des</strong> Weisheitshausesübersteigen allerdings selbstdie Größe <strong>des</strong> Hauses der Frau vonSpr 31. „Sieben Säulen“ bezeichnenkeinen Haustyp, der archäologischnachweisbar wäre. Die „sieben Säulen“<strong>des</strong> Weisheits-Hauses rufen aufder Sachebene dennoch das Bild einessehr großen Gebäu<strong>des</strong> hervor.Die Verbindung mit der Anhöhe(V 3) lässt an Tempel und Palästedenken. Die Suche nach einem historischnachweisbaren Gebäude alsVorbild führt aber in die Irre. Wahrscheinlicherist es, dass mit den siebenSäulen <strong>des</strong> Weisheitshauses dieliterarische Architektur <strong>des</strong> Sprüchebuchsbeschrieben ist. SiebenÜberschriften gliedern das Sprüchebuch– sie können mit den Säulengemeint sein, die das (Text-)Haustragen. Das Gebäude, in das dieWeisheitsgestalt einlädt, ist das Buchder Sprüche selbst. In diesem Hausfinden die angesprochenen SchülerInnenFreude, Genuss und Erfüllung.Die Begegnung mit der FrauWeisheit ist ein Fest, das auch dieleibliche Komponente nicht außerAcht lässt. „Die Weisheit lädt dieUnerfahrenen in ihren fertig gestelltenProverbien-‚Palast’. Sie ermuntertdie Geladenen, sich an ‚Brotund Wein’ der folgenden Kapitel <strong>des</strong>Buchs zu sättigen. Parallel z.B. zuJHWH in Jes 55,1f preist sie ihreLehre als ‚Nahrung’ für die Menschenan.“ (Baumann 1996a, S. 221)Wenn man die drei Reden derWeisheitsgestalt in ihrer Abfolgeliest, dann ändert sich die Rhetorikin ihrer Zielrichtung. Auf die Mahnungin Kap 1 folgt eine ausführlicheSelbstdarstellung in Kap 8. Undauch wenn die Rede in Kap 9 ermahnendeAnteile hat, so ist siedoch vor allem eine Einladung andie Suchenden.3. Sophia, Chokmah: Personifikationeines BegriffsSophia – als Name ist die Personifikation<strong>des</strong> abstrakten Weisheitsbegriffsnoch bis in unsere Sprache hineinpräsent. Der Begriff Sophiakommt aus dem griechischen undmeint „Weisheit“.Im Hebräischen wird von chokmahgesprochen. Wenn wir dieseshebräische Wort bis in unsere Zeithinein verfolgen, dann gelangen wirin den Bereich mystischer und esoterischerStrömungen hinein. DieChokmah gilt neben anderen Gottschon in der Bibel zugeschriebenenEigenschaften in der jüdischen Mystikals eine der Erscheinungsweisenoder Wirkweisen Gottes. Gott zeigtsich, Gott wirkt in unterschiedlichenBereichen und auf unterschiedlicheWeisen. In der jüdischen Mystik, derKabbala, findet sich die Vorstellung<strong>des</strong> Sefirot-Baums, der zehn Wirkweisen<strong>des</strong> Göttlichen darstellt, darunterauch die Chokmah. Über dieKabbala wird der Begriff bis in diegegenwärtigen esoterischen Strömungenhineingetragen. 13In den biblischen Texten ist„chokmah“ zunächst ein Abstraktum:Weisheit. Dieses Abstraktumerfährt eine Personifikation in Gestalteiner Frau. Nicht nur ist dasNomen grammatikalisch feminin,sondern das Femininum wird grammatikalischstrikt durchgehalten (etwain der Konstruktion der Verben).Personifikation ist eine möglicheForm der Metapher. Literarischoder visuell wird ein abstrakter Begriffs(oder auch ein Kollektiv, eineNaturerscheinung u.ä.) als Personvorgestellt. Der „Gevatter Tod“ gehörtebenso in diese Kategorie wiedie Redeweise, das Auto „streike“oder die Sonne „lache“. Von derAntike bis in die moderne Kunstsind Abstrakta häufig als Frauendargestellt worden. Die Justitia (Gerechtigkeit)etwa ist in der europäischenIkonographie an den verbundenenAugen und dem Schwert zuerkennen. Die Prudentia (Klugheit)erinnert mit der Schlange, die sie inder Hand hält, an Mt 10,16:Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unterdie Wölfe; seid daher klug wie die Schlangenund arglos wie die Tauben!In der jüdischen Liturgie wirdwöchentlich die „Braut Schabbat“begrüßt. Wenn das Christentumvon der Gemeinschaft als „MutterKirche“ spricht, werden familialeAssoziationen wachgerufen.Wie es dazu kommt, dass ein Begriffgerade in dieser und nicht ineiner anderen Person dargestelltwird, wie es zur Festlegung <strong>des</strong> Geschlechtsin der Personifikationkommt, kann nicht eindeutig geklärtwerden. Das grammatikalische Geschlechtmag dabei eine Rolle spielen;dies ist aber nicht eindeutig festzumachen.Auffällig ist, dass sowohlin der Bibel als auch in der griechischenAntike und in der westlichen<strong>Info</strong> 22.Jg./Nr.30/200513

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