hgk Z intern voulez vous foucault? - Zürcher Hochschule der Künste

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11.07.2015 Aufrufe

24 hgkzintern3/06der GarageBand-Generation milde lächelnd als trügerischeBequemlichkeit abtut und daher für sein bewährtes Könnenjetzt erst recht neue Märkte erhofft, sei gewarnt. Denndas kuschelige Wohlgefühl, das Selbstgemachtes weckt, iststark. Stark genug, um so manch hybrides Bedürfnis nachErkenntnis und Horizonterweiterung hinfällig werden zulassen. Was kümmern mich Kritik und öffentliches Bewusstsein,wenn ich endlich meinen akustischen Alltag gänzlichim eigenen Fruchtwasser verbringen kann?Dass es dabei nicht bleibt, ist freilich selbstverständlich.Schliesslich will man sich der Welt mitteilen, wofür auchbereits die entsprechenden Kanäle erfunden worden sind.Auf diversen Websites können die User mittlerweile ihreBastelarbeiten publizieren und sich von den Kommentarender anderen entweder streicheln oder kritisieren lassen.Das zentrale Stichwort aber lautet „Podcast“, vom AmericanDictionary soeben zum Wort des Jahres 2005 gewählt.Die Technologie, die der offenbar immer hörhungrigereniPod-Welt innert Jahresfrist Zehntausende neuer Internet-Radiostationen beschert hat – die meisten im Heimwerkgebastelt, versteht sich –, ist das perfekte Medium zurErfüllung des universalen Gegenwartstraums: Jeder ist seineigener Komponist, jeder sein eigener Moderator. Eine Zensur,wie sie der US-amerikanischen Sittlichkeitskodex denoffiziellen Radiostationen auferlegt, existiert nicht, mit demCopyright auf Musik wird grosszügig umgegangen oder, fallsdoch Konflikte drohen, es wird eben aufs in der virtuellenGarage selbergemachte ausgewichen: mit Garageband produziert,mit iWeb publiziert, mit iTunes auf dem iPod gehört– und längst ist die Welt von iBrains erfüllt.Vorerst kein Geschäft auf der UserseiteGeld kann damit auf der Userseite vorerst nicht verdientwerden, weshalb sich die kreative Gemeinde auch nichtnach den Publikumswünschen zu richten und ihre Einschaltquotennicht zu rechtfertigen braucht. Und wie beijedem anarchischen Schub gehen somit auch beim Broadcastingaus der heimischen Stube zunächst Kreativität undVulgarität Hand in Hand. Auf Anspruch und kritischen Verstandkann, wer will, fröhlich pfeifen – Zuhören ist so freiwilligwie das Senden, Toleranz gilt als oberstes Gebot, undmit offenherziger Naivität zeigt sich die Gemeinde dankbargegenüber jenem Konzern, der ihr die Emanzipation vonandern Konzernen ermöglicht hat.Natürlich wird dieses fröhliche Jekami nicht ewig anhalten.Natürlich wird auch diese jüngste Autonomiebewegungbald einmal zuerst in die Bahnen kollektiv gefundenerästhetischer Kriterien und dann der kommerziellen Verwertbarkeitgelenkt werden. Das Publikum wird dabei mitmachen,denn natürlich entstehen auch hier schon als ersteStufe zum Starkult Bewertungs- und Beliebtheitsskalen:Kaum ist die Demokratisierung total, entsteht auch sofortdas Bedürfnis, neue Könige zu küren – und der ganze Zirkusgeht von neuem los. Bloss unsereiner glaubt noch immer,im guten alten Konzert spiele sich das Wesentliche ab ...Der Artikel erschien in der Zeitschrift Dissonanz Nr. 93.das museum bellerive –eine vision –eine zukunftDie Landschaft und der Markt von Museen,Ausstellungen und Kulturevents hat sich in denletzten Jahren in eine Richtung weiterentwickelt,wo die Dramaturgie von Grenzüberschreitungenals Folge von (trendsetzenden)Kulturereignissen als konzeptuelle Idee derVerankerung einer Museumsinstitution nichtmehr gewährleistet ist. Vor diesem Hintergrundist es deutlich, dass eine Schärfung des Profilseines jeden Players wichtig ist. Eva Afuhs*Das Museum Bellerive, als einziges Haus im deutschsprachigenRaum in seinem Leitbild der Gestaltung an derSchnittstelle zwischen Kunst und Design verpflichtet, vertritteine wichtige Position in der Kulturlandschaft der StadtZürich.Das Museum Bellerive ist ein tragendes Element des neuangedachten Kulturquartiers untere Höschgasse, welchesauch das Atelier Haller und den Corbusier-Pavillon umfasst.In diesem Vorschlag sind wir davon ausgegangen, dassDesign im weitesten Sinn als eine Erblinie des Kunsthandwerkesund Gewerbes gilt und dass „Gestaltung“ (mit allenseinen Grenz- und Randerscheinungen) auch in Zukunftein Träger im Kerngeschäft des Museums sein wird. Fürdie nächsten drei Jahre wird das Museum ein inhaltlichgeschärftes Programm zwischen Kunst und Design präsentieren.Im Zentrum des zukünftigen Ausstellungsprogrammes wirddie Auseinandersetzung mit der „Unikat-Produktion alszeitgenössisches Verfahren“ gesucht. Diese umfasst allegestalterischen Regungen, die sich im weitesten Sinne dersingulären, prototypischen, modellhaften oder kleinstseriellen(Güter-)Produktion zuwenden, einschliesslich allerGrau- und Randzonen. Im Vordergrund stehen Einflüssevon High-tec-Entwicklungen, von entsprechenden KulturundMarktentwicklungen oder von Metier- und Disziplinenüberkreuzungenauf diese Welt der Unikate.Dieses Programm eröffnen wir im Rahmen des Festjahres„Jubilee 2006 – Switzerland | Russia“. Durch die Cooperationmit der Link of Times Foundation ist es möglich, eineAusstellung zu zeigen, die anhand des aussergewöhnlichenStellenwertes der gezeigten Objekte mit dem Thema „Unikat-Produktionals zeitgenössisches Verfahren“ die Vergangenheitbeleuchtet. Die Manufaktur Fabergé hat fürdie damalige Zeit nicht nur neue Materialien bearbeitet,sondern neue Techniken und eine moderne Geschäftsstrukturentwickelt, welche die enge Zusammenarbeit zwischenGestaltern und Werkmeistern förderte und zu einem beispiellosenkreativen Potenzial führte.

hgkzintern3/06 25Fabergé – Schätze der russischen ZarenzeitDie „Link of Times“-Kollektion zum ersten Mal in derSchweiz, vom 9. Juni bis 10. September 2006.— Die Prunkeier: 9. Juni bis 30. JuliIm Rahmen des Festjahres „Jubilee 2006 – Switzerland |Russia“ zeigt das Museum Bellerive in Zürich in einer zweiteiligenAusstellung eine Auswahl der „Link of Times“-Kollektion.Die 2004 vom russischen Unternehmer Dr. ViktorF. Vekselberg aus dem Besitz der Familie Forbes erworbeneFabergé-Sammlung ist einzigartig in ihrer Grösse, ihrertypologischen und stilistischen Vielfalt und vor allem inihrem Grad an perfektionierter Handwerkskunst. Im Mittelpunktder Kollektion stehen neun der berühmten kaiserlichenOstereier, die für die russische Zarenfamilie entworfenund hergestellt worden sind und zu den wertvollstenSchmuckstücken der Welt zählen.— Objets d‘Arts: 2. August bis 10. SeptemberZwischen 1885 und 1917 brachten die Fabergé-Werkstättenneben den kostbaren Prunkeiern auch Miniaturen,modische Schmuckstücke und elegante „objets d’art“ hervor,die erstmalig in der Schweiz zu sehen sein werden.Die Sammlung gilt insgesamt als eines der bedeutendstenKulturgüter Russlands.Oben: Maiglöckchen-Ei, Ausstellung Fabergé in Zürich, 2006Mitte: Ball of Love, Ausstellung Friedhof: Design, 2006Unten: Ausstellung Gilbert Bretterbauer, ab Oktober 2006Gilbert Bretterbauer. Vernetzungen:13. Oktober 2006 – 21. Januar 2007Die Herbstausstellung wird sich ausführlich mit dem ThemaTextil beschäftigen. Textil ein Material, das zum Interieur,zum Raumobjekt, zur Raumskulptur gehört, rückt wiedermehr ins Interesse der Museumswelt. Die Ausstellungwird vom Künstler Gilbert Bretterbauer kuratiert.Ausgangspunkt für die Ausstellung sind die Kunstgewerbesammlungdes Museums für Gestaltung und die Toms PauliStiftung in Lausanne, beide im Besitz von Werkgruppen derzweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Neben den vielfältigenArbeitsebenen des Künstlers Gilbert Bretterbauer, der sichprimär mit textilen „Formen“ einen Namen in der Kunstweltgeschaffen hat, werden Arbeiten anderer Künstler undKünstlerinnen miteinbezogen: Tal R, Alighiero Boetti, Christine& Irene Hohenbüchler, Michael Kienzer, Liz Larner undandere. Eine Installation im Hof wird in ZusammenarbeitBretterbauers mit dem Architekten Krischanitz exklusiv fürdie Ausstellung realsiert.Die Frage nach der Unikat-Produktion als zeitgenössischemVerfahren wird in Zukunft immer wichtiger werden. Es isteine Welt, die sehr offen ist, theoretisch sehr komplex undenorm in Veränderung begriffen. Das Museum Bellerivedeklariert sich mit dieser Art von Ausrichtung als Teil desMuseums für Gestaltung. Das Haus sieht seine Zukunft ineinem klaren, auf seine ursprüngliche Kernidee Kunst undGestaltung ausgerichteten Programm. Es wird die Herausforderungder nächsten Jahre sein, die Tradition, in der dasHaus steht, im Wandel der Zeit thematisch so einzubinden,dass das Bellerive den inhaltlichen sowie wirtschaftlichenAnsprüchen unserer Zeit und der Zukunft gerecht wird.*Eva Afuhs ist leitende Kuratorin im Museum Bellerive

24 <strong>hgk</strong>z<strong>intern</strong>3/06<strong>der</strong> GarageBand-Generation milde lächelnd als trügerischeBequemlichkeit abtut und daher für sein bewährtes Könnenjetzt erst recht neue Märkte erhofft, sei gewarnt. Denndas kuschelige Wohlgefühl, das Selbstgemachtes weckt, iststark. Stark genug, um so manch hybrides Bedürfnis nachErkenntnis und Horizonterweiterung hinfällig werden zulassen. Was kümmern mich Kritik und öffentliches Bewusstsein,wenn ich endlich meinen akustischen Alltag gänzlichim eigenen Fruchtwasser verbringen kann?Dass es dabei nicht bleibt, ist freilich selbstverständlich.Schliesslich will man sich <strong>der</strong> Welt mitteilen, wofür auchbereits die entsprechenden Kanäle erfunden worden sind.Auf diversen Websites können die User mittlerweile ihreBastelarbeiten publizieren und sich von den Kommentaren<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en entwe<strong>der</strong> streicheln o<strong>der</strong> kritisieren lassen.Das zentrale Stichwort aber lautet „Podcast“, vom AmericanDictionary soeben zum Wort des Jahres 2005 gewählt.Die Technologie, die <strong>der</strong> offenbar immer hörhungrigereniPod-Welt innert Jahresfrist Zehntausende neuer Internet-Radiostationen beschert hat – die meisten im Heimwerkgebastelt, versteht sich –, ist das perfekte Medium zurErfüllung des universalen Gegenwartstraums: Je<strong>der</strong> ist seineigener Komponist, je<strong>der</strong> sein eigener Mo<strong>der</strong>ator. Eine Zensur,wie sie <strong>der</strong> US-amerikanischen Sittlichkeitskodex denoffiziellen Radiostationen auferlegt, existiert nicht, mit demCopyright auf Musik wird grosszügig umgegangen o<strong>der</strong>, fallsdoch Konflikte drohen, es wird eben aufs in <strong>der</strong> virtuellenGarage selbergemachte ausgewichen: mit Garageband produziert,mit iWeb publiziert, mit iTunes auf dem iPod gehört– und längst ist die Welt von iBrains erfüllt.Vorerst kein Geschäft auf <strong>der</strong> UserseiteGeld kann damit auf <strong>der</strong> Userseite vorerst nicht verdientwerden, weshalb sich die kreative Gemeinde auch nichtnach den Publikumswünschen zu richten und ihre Einschaltquotennicht zu rechtfertigen braucht. Und wie beijedem anarchischen Schub gehen somit auch beim Broadcastingaus <strong>der</strong> heimischen Stube zunächst Kreativität undVulgarität Hand in Hand. Auf Anspruch und kritischen Verstandkann, wer will, fröhlich pfeifen – Zuhören ist so freiwilligwie das Senden, Toleranz gilt als oberstes Gebot, undmit offenherziger Naivität zeigt sich die Gemeinde dankbargegenüber jenem Konzern, <strong>der</strong> ihr die Emanzipation vonan<strong>der</strong>n Konzernen ermöglicht hat.Natürlich wird dieses fröhliche Jekami nicht ewig anhalten.Natürlich wird auch diese jüngste Autonomiebewegungbald einmal zuerst in die Bahnen kollektiv gefundenerästhetischer Kriterien und dann <strong>der</strong> kommerziellen Verwertbarkeitgelenkt werden. Das Publikum wird dabei mitmachen,denn natürlich entstehen auch hier schon als ersteStufe zum Starkult Bewertungs- und Beliebtheitsskalen:Kaum ist die Demokratisierung total, entsteht auch sofortdas Bedürfnis, neue Könige zu küren – und <strong>der</strong> ganze Zirkusgeht von neuem los. Bloss unsereiner glaubt noch immer,im guten alten Konzert spiele sich das Wesentliche ab ...Der Artikel erschien in <strong>der</strong> Zeitschrift Dissonanz Nr. 93.das museum bellerive –eine vision –eine zukunftDie Landschaft und <strong>der</strong> Markt von Museen,Ausstellungen und Kulturevents hat sich in denletzten Jahren in eine Richtung weiterentwickelt,wo die Dramaturgie von Grenzüberschreitungenals Folge von (trendsetzenden)Kulturereignissen als konzeptuelle Idee <strong>der</strong>Verankerung einer Museumsinstitution nichtmehr gewährleistet ist. Vor diesem Hintergrundist es deutlich, dass eine Schärfung des Profilseines jeden Players wichtig ist. Eva Afuhs*Das Museum Bellerive, als einziges Haus im deutschsprachigenRaum in seinem Leitbild <strong>der</strong> Gestaltung an <strong>der</strong>Schnittstelle zwischen Kunst und Design verpflichtet, vertritteine wichtige Position in <strong>der</strong> Kulturlandschaft <strong>der</strong> StadtZürich.Das Museum Bellerive ist ein tragendes Element des neuangedachten Kulturquartiers untere Höschgasse, welchesauch das Atelier Haller und den Corbusier-Pavillon umfasst.In diesem Vorschlag sind wir davon ausgegangen, dassDesign im weitesten Sinn als eine Erblinie des Kunsthandwerkesund Gewerbes gilt und dass „Gestaltung“ (mit allenseinen Grenz- und Ran<strong>der</strong>scheinungen) auch in Zukunftein Träger im Kerngeschäft des Museums sein wird. Fürdie nächsten drei Jahre wird das Museum ein inhaltlichgeschärftes Programm zwischen Kunst und Design präsentieren.Im Zentrum des zukünftigen Ausstellungsprogrammes wirddie Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> „Unikat-Produktion alszeitgenössisches Verfahren“ gesucht. Diese umfasst allegestalterischen Regungen, die sich im weitesten Sinne <strong>der</strong>singulären, prototypischen, modellhaften o<strong>der</strong> kleinstseriellen(Güter-)Produktion zuwenden, einschliesslich allerGrau- und Randzonen. Im Vor<strong>der</strong>grund stehen Einflüssevon High-tec-Entwicklungen, von entsprechenden KulturundMarktentwicklungen o<strong>der</strong> von Metier- und Disziplinenüberkreuzungenauf diese Welt <strong>der</strong> Unikate.Dieses Programm eröffnen wir im Rahmen des Festjahres„Jubilee 2006 – Switzerland | Russia“. Durch die Cooperationmit <strong>der</strong> Link of Times Foundation ist es möglich, eineAusstellung zu zeigen, die anhand des aussergewöhnlichenStellenwertes <strong>der</strong> gezeigten Objekte mit dem Thema „Unikat-Produktionals zeitgenössisches Verfahren“ die Vergangenheitbeleuchtet. Die Manufaktur Fabergé hat fürdie damalige Zeit nicht nur neue Materialien bearbeitet,son<strong>der</strong>n neue Techniken und eine mo<strong>der</strong>ne Geschäftsstrukturentwickelt, welche die enge Zusammenarbeit zwischenGestaltern und Werkmeistern för<strong>der</strong>te und zu einem beispiellosenkreativen Potenzial führte.

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