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hgk Z intern voulez vous foucault? - Zürcher Hochschule der Künste

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<strong>hgk</strong>z<strong>intern</strong>3/06 23do it yourselftotalTriumph <strong>der</strong> virtuellen Garageband: Endlichherrscht die wahre musikalische Demokratie.Mit <strong>der</strong> Software „GarageBand“ lässt sich Soundà discrétion nach eigenem Gusto produzierenund im virtuellen Äther weltweit verbreiten.Michael EidenbenzAuch wenn die Sache mit <strong>der</strong> „Kunst“ und dem „Können“seit je eine prekäre Behauptung war: Irgendwie scheintdoch jene kollektive Übereinkunft Basis je<strong>der</strong> kulturellenEntwicklung zu sein, die da sagt: Einer kann etwas, was ichnicht kann, daher bin ich bereit, ihn dafür a) huldigend zubewun<strong>der</strong>n, b) ihm die Produkte seines Könnens abzukaufen,um c) mich und meinen Alltag in <strong>der</strong> Folge auf demgleichen technologischen o<strong>der</strong> kulturellen Level befindlichzu wissen. Im Bereich <strong>der</strong> Musik hielten sich deshalb einstFürsten ihre Hofcompositeure, finanzierte das Bürgertumseine Sinfoniekonzerte, pflegten später die Liebhaber ihreLP- und CD-Sammlungen, organisieren die Kids heute ihreMP3-Playlists.Musik für den gewünschten Momentverfügbar machenDas Prinzip blieb sich gleich: Die Musik als Produkt sollverfügbar gemacht werden für jenen Moment, in dem siegewünscht wird. Einst war dies <strong>der</strong> herausgehobene Augenblick<strong>der</strong> geistigen Erbauung, heute ist es die pausenloseklingende Wattierung des Alltags durch die iPod-Kopfhörer.In jedem Fall aber war man angewiesen auf die käuflicheDienstleistung o<strong>der</strong> das Produkt des Könners, <strong>der</strong> manselber nicht war. Das Prinzip überlebte sogar die jüngsteErosion des Kreativitätsbegriffs. Selbst wo Musik nur nochaus dem Sampling von bereits Vorgefundenem besteht, wogeistige Erfindung sich nicht mehr unmittelbar im irgendwieMateriellen nie<strong>der</strong>schlagen muss, blieb die Huldigungso<strong>der</strong>zumindest Kaufbereitschaft dem Könner gegenüber:Auch die DJ-Szene produzierte augenblicklich ihren Starkult,selbst <strong>der</strong> banalste Radio-Jingle brauchte noch dieHand des Eingeweihten, <strong>der</strong> im Besitz von Soft- und Hardwaresowie <strong>der</strong> nötigen Kenntnisse im Umgang damitwar. Faktisch wird sich dies in einer durch Arbeitsteilungfunktionierenden Gesellschaft auch nie ganz än<strong>der</strong>n – aufprinzipieller Ebene aber ist <strong>der</strong> Paradigmenwechsel jetztvollzogen. Das musikalische Do-it-yourself hat gesiegt.Ein Tonstudio als geschenkte ZugabeDer folgenreiche Schritt geschah im Januar 2004, als erstmalsjenes Programm präsentiert wurde, das seine Erfin<strong>der</strong>von Apple mit dem ihnen eigenen zynischen Humor„GarageBand“ getauft hatten. Nicht dass die Software substanziellfundamental Neues enthielt (die Übernahme <strong>der</strong>Firma Emagic durch Apple und damit <strong>der</strong> bereits längst inProfikreisen bewährten Logic-Programme war die Voraussetzungfür den Coup). Neu jedoch war: Das Programm istso leicht zu bedienen, dass je<strong>der</strong> Primarschüler in zwanzigMinuten einen gut klingenden ersten Song basteln kann,es sieht bunt wie Legospielzeug aus – und: es ist gratis. Werheute einen neuen Apple-Computer kauft, kriegt das Wun<strong>der</strong>ding– faktisch ein gesamtes Tonstudio mit Basisausrüstung– als geschenkte Zugabe.Und jetzt ging es los. Wie die Pilze schossen die Sites ausdem Netzboden, auf denen, von einer wahren Kreativitätswellegetrieben, die Users ihre selbst gemachten Tunespublizierten, Erfahrungen und – vor allem! – Loops tauschten.Zu Tausenden lassen sich diese Schnipsel im Netzmittlerweile downloaden, worauf GarageBand sie auchgleich nach ihrem Charakter indiziert, sie unter Kategorienwie „entspannt“, „urban“, „heiter“, „Weltmusik“, „intensiv“,„dunkel“ usf. wie<strong>der</strong> finden und wunschgemäss nachTempo, Tonart und Länge angepasst in die grade aktuelleBastelarbeit einfügen lässt. Wer sich in diesen Gefilden auchnur kurze Zeit etwas umgeschaut hat, wird in Kaufhaus,Lift und Radio nur noch Loops, Loops, Loops hören, wirdden letzten allenfalls noch vorhandenen Respekt vor je<strong>der</strong>Muzak-Professionalität verlieren und zur unausweichlichenEinsicht gelangen: Das kann ich auch.Lustvolle SelbstbestätigungDie Einsicht hält noch lange an. Auch wer längst die etwasanspruchsvolleren Bereiche des verblüffend leistungsstarkenProgramms erkundet hat, wer Keyboard und Mikrophoneingestöpselt hat (bis zu acht Audiospuren lassensich gleichzeitig aufnehmen) und die Sounds nach eigenemGusto produziert, wer die mitgelieferten Instrumenteund die Audio Units mit all ihren Effekten ausprobiert,aus eigenen Tönen ganze Software-Instrumente herstellenlässt, dabei in Bereiche weit jenseits von selbstgecovertenBeatles-Songs, privaten House-Varianten und kostenlosensuperindividuellen Handy-Klingeltönen gelangt ist und sichirgendwann in <strong>der</strong> unüberschaubaren Fülle <strong>der</strong> Kombinationsmöglichkeitenmit etwas Geschick <strong>der</strong> Welt <strong>der</strong> jüngerenE-Elektronik durchaus nicht mehr so fern sieht, wird sich<strong>der</strong> lustvollen Selbstbestätigung nicht erwehren können:Das kann ich auch.Je<strong>der</strong> sein eigener KomponistWas Grafiker längst erleben, hat nun also auch die Musikproduktionerfasst: Dilettantismus lässt sich nicht mehreinfach an <strong>der</strong> materiellen Oberfläche erkennen, die Demokratisierung<strong>der</strong> Mittel hat die Kriterien für das Erkennenwahrer Qualität radikal vom Handwerklichen weg undhin zur kreativen Erfindung verschoben. Wer nun aber obsolcher Entzauberung triumphierend eine neue Relevanz<strong>der</strong> geistigen Originalität erkennen möchte, wer wie somancher professionelle Musikproduzent die Begeisterung

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