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Lernraum Schule - Bund Deutscher Architekten BDA

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die Eltern angesichts der Rasanz der gesellschaftlichen,ökonomischen, politischen und technologischenEntwicklungen wissen, dass das künftigeLeben der Kinder sich von ihrem eigenen erheblichunterscheiden wird, versuchen sie, ihren Kinderneine möglichst breite „Grundausstattung“ mit aufden Weg zu geben: das gilt schon materiell z.B.im Blick auf die Kinderzimmer, ihre Einrichtungund die Ausstattung der Kinder mit Spielzeug,Kleidung, Sportgeräten, Musikinstrumenten undmedialen Equipments; es gilt, noch wichtiger, vorallem auch im Blick auf die Ausstattung der Kindermit Kompetenzen und Titeln. Das betrifft nicht nurdie formelle schulische und berufliche Ausbildung,es betrifft auch alle nur denkbaren Zusatzausstattungen:Sport, Musik, Ballett usw. Nicht mehr dieFortsetzung der Vergangenheit, sondern die Ausstattungfür eine unbekannte, tendenziell gefährlicheZukunft steht dabei im Mittelpunkt.Dementsprechend sind es vor allem die traditionellenNormen und Werte „mittlerer Reichweite“, diebis in die fünfziger, sechziger Jahre als Sitten, Gewohnheiten,übliche Handlungsmuster, auch alsStereotype in den alltäglichen Lebensformen sedimentiertwaren, die sich in den Modernisierungsprozessenverflüssigen und damit verflüchtigen.„Das gehört sich nicht“ ist heute kaum noch sagbar;es wird zumindest begründungspflichtig. Undwir finden darum gerade in den Mittelschichtenzahllose Mütter und auch Väter, die ihren Kindernnach Maßgabe der jeweils neuesten Ratgeberliteraturin immer neuen verbalen Anläufen zu erklärenversuchen, wie sie sich und vor allem, warumsie sich in irgendeiner Weise verhalten sollen: diesich also zu ihren Kindern quasi-therapeutisch inBeziehung setzen, statt einen möglichst interessantenAlltag mit ihren Kindern zu leben, in demsie für die Kinder da sind, wenn sie gebrauchtwerden, und in dem dann auch die Kinder einfachKinder sein dürfen.Kinder sind erst einmal Kinder, also Neulinge, Ankömmlinge.Sie leben vor allem in ihrer Gegenwartund müssen dies auch dürfen. Lernen müssen sieohnehin. Denn sie müssen sich in jedem Einzel-fall die Dispositionen erst aneignen, die sie fürdie Bewältigung ihres gegenwärtigen Alltags undihrer individuellen Zukunft brauchen. Auch dafürbrauchen sie Zeit, Raum und vielfältige soziale Beziehungen.Dafür brauchen sie auch die Hilfe undUnterstützung von Erwachsenen, nicht zuletztdurch die <strong>Schule</strong>. Das Generationen-Verhältniswird durch die Modernisierung nicht außer Kraftgesetzt, auch wenn sich die Formen der Generationen-Beziehungenradikal gewandelt haben undweiter wandeln.3. Der öffentliche RaumManchmal kann man in alten Büchern Darstellungenfinden, die aus der Sicht der Gegenwart wieder Entwurf einer humanen Utopie erscheinen. Soging es mir bei der Lektüre von Jane Jacobs bereits1961 erschienener Studie über „Tod und Lebengroßer amerikanischer Städte“. Dort findet sichfolgende Beschreibung des Bürgersteigs:„Unter der scheinbaren Unordnung der altenStadt herrscht, wo immer sie gute Funktionenhat, eine wunderbare Ordnung, welche dieSicherheit der Straßen und die Bewegungsfreiheitin den Straßen gewährleistet. Es isteine sehr komplexe Ordnung. Ihr Wesen istein enges Ineinandergreifen verschiedener Benutzungsmöglichkeitender Bürgersteige, dieein ständiges Defilieren vieler Augen mit sichbringt. Diese Ordnung setzt sich zusammenaus Bewegung und Wechsel, und obwohl essich um Leben und nicht um Kunst handelt,könnten wir es als eine städtische Kunstformbezeichnen und einem Tanz vergleichen. DasBallett eines gut funktionierenden Bürgersteigsist an jedem Ort ein anderes, es wiederholt sichnie und wird an jedem Ort stets erneut mit Improvisationenangereichert. So ist der Teil derHudson Street, in dem ich wohne, jeden TagSzenerie eines vielgestaltigen Bürgersteig-Balletts.Ich selbst trete kurz nach acht auf, wennich den Abfalleimer hinaustrage. Das ist zwareine prosaische Beschäftigung, aber ich genießemeine Rolle, mein kleines Klappern, wäh-36

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