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Über die Unsterblichkeit der Seele - Igelity

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David Hume(07.05.1711 – 25.08.1776)Friedrich Paulsen(16.06.1846 – 14.08.1908)© <strong>Igelity</strong> 2007 für <strong>die</strong>se Ausgabehttp://www.igelity.deNach einer <strong>Über</strong>setzung von Friedrich Paulsen, 1877


Nach einem Schluß aus dem gemeinen Lauf <strong>der</strong> Dingeund ohne Annahme einer neuen Einmischung <strong>der</strong> höchstenUrsache, welche in <strong>der</strong> Philosophie niemals zugelassenwerden sollte, ist dasjenige, was unvergänglich ist, auchunentstehbar. Wenn demnach <strong>die</strong> <strong>Seele</strong> unsterblich ist, soexistierte sie auch vor <strong>der</strong> Geburt; und wenn <strong>die</strong>se frühereExistenz uns nichts angeht, so tut es auch <strong>die</strong> folgendenicht.Es ist kein Zweifel, daß Tiere fühlen, denken, lieben,hassen, wollen und sogar überlegen, wenn auch in einerweniger vollkommenen Weise als <strong>der</strong> Mensch: sind auchihre <strong>Seele</strong>n immateriell und unsterblich?II.Wir wollen nun <strong>die</strong> moralischen Beweise überlegen, beson<strong>der</strong>s<strong>die</strong> aus <strong>der</strong> Gerechtigkeit Gottes abgeleiteten, von demman voraussetzt, daß er an <strong>der</strong> künftigen Strafe <strong>der</strong> Lasterhaftenund <strong>der</strong> Belohnung <strong>der</strong> Tugendhaften interessiertsei.Aber <strong>die</strong>se Beweise gründen sich auf <strong>die</strong> Voraussetzung,daß Gott Eigenschaften habe, außer den in <strong>der</strong> Weltmanifestierten, mit denen allein wir bekannt sind. Woherschließen wir auf das Dasein <strong>die</strong>ser Eigenschaften?Mit großer Sicherheit dürfen wir behaupten, daß dasjenige,von dem wir wissen, daß Gott es wirklich getan habe,


das beste sei; aber sehr unsicher ist <strong>die</strong> Behauptung, daßer allemal tun muß, was uns das beste scheint. In wie vielenFällen würde <strong>die</strong>ser Schluß, auf <strong>die</strong> gegenwärtige Weltangewendet, uns irre führen?Wenn aber irgendeine Absicht <strong>der</strong> Natur deutlich ist,so dürfen wir behaupten, daß, soweit wir durch natürlicheVernunft urteilen können, <strong>die</strong> ganze Absicht und Zwecksetzungin <strong>der</strong> Schöpfung des Menschen auf das gegenwärtigeLeben begrenzt ist. Mit wie geringer Anteilnahmesieht er, infolge <strong>der</strong> angeborenen Natur <strong>der</strong> <strong>Seele</strong> und <strong>der</strong>Gefühle, über <strong>die</strong>s Leben hinaus? Ist ein Vergleich, sei esmit Bezug auf Festigkeit o<strong>der</strong> Wirksamkeit, zwischen jenerschwankenden Idee und <strong>der</strong> zweifelhaftesten <strong>Über</strong>zeugungvon irgend etwas Tatsächlichem, das im gewöhnlichen Lebenbegegnet?In <strong>der</strong> Tat erheben sich in einigen Gemütern unerklärlicheSchrecken mit Bezug auf <strong>die</strong> Zukunft; aber <strong>die</strong>sewürden schnell verschwinden, wenn sie nicht künstlichdurch Lehre und Erziehung gepflegt würden. Und ihrePfleger, was haben sie für einen Beweggrund? Allein <strong>die</strong>Gewinnung ihres Lebensunterhalts und <strong>die</strong> Erwerbungvon Macht und Reichtum in <strong>die</strong>ser Welt. Ihr eigener Eiferund ihr Bemühen beweisen also gegen sie.Welche Grausamkeit, welche Unbilligkeit, welche Ungerechtigkeit<strong>der</strong> Natur, unser Interesse und unsere Einsichtauf <strong>die</strong>se Welt zu beschränken, wenn uns ein an<strong>der</strong>erSchauplatz von unendlich größerer Bedeutung erwartet.


Dürfte ein so barbarischer Betrug einem gütigen und weisenWesen zugeschrieben werden?Man sehe, mit wie genauer Angemessenheit <strong>die</strong> auszuführendeAbsicht und <strong>die</strong> ausführenden Kräfte durch<strong>die</strong> ganze Natur hindurch einan<strong>der</strong> angepaßt sind. Wenn<strong>die</strong> Vernunft des Menschen ihm große <strong>Über</strong>legenheit über<strong>die</strong> an<strong>der</strong>en Tiere verschafft, so sind seine Bedürfnisse inentsprechen<strong>der</strong> Weise vermehrt: seine ganze Zeit, seineganze Fähigkeit, Tätigkeit, Tapferkeit und Leidenschaftlichkeitfinden ausreichende Verwendung in Abwehr desElends von seinem gegenwärtigen Zustande. Und oft, jafast stets sind sie für das ihnen zugewiesene Geschäft zuschwach.Ein Paar Schuhe ist vielleicht noch nie zu <strong>der</strong> höchstenVollkommenheit, welche <strong>die</strong>ses Bekleidungsstück erreichenkann, gebracht worden; und schon ist es notwendig,o<strong>der</strong> wenigstens sehr nützlich, daß es Staatsmänner undSittenlehrer, ja sogar Geometer, Dichter und Philosophenunter den Menschen gebe.Die Kräfte des Menschen sind, wenn wir allein <strong>die</strong>sesLeben in Betracht ziehen, seinen Bedürfnissen nicht mehrüberlegen, als <strong>die</strong> <strong>der</strong> Füchse und Hasen im Vergleich zuihren Bedürfnissen und ihrer Lebensdauer. Der Schluß aus<strong>der</strong> Gleichheit des Grundes liegt auf <strong>der</strong> Hand.Bei <strong>der</strong> Theorie <strong>der</strong> Sterblichkeit <strong>der</strong> <strong>Seele</strong> läßt sich <strong>die</strong>Inferiorität <strong>der</strong> weiblichen Fähigkeit leicht rechtfertigen.Ihr häusliches Leben erfor<strong>der</strong>t keine größeren Fähigkeiten


we<strong>der</strong> des Geistes noch des Leibes. Dieser Umstand kommtin Wegfall und wird ganz unerheblich bei <strong>der</strong> religiösenTheorie: das eine Geschlecht hat <strong>die</strong> gleiche Aufgabe zu erfüllenwie das an<strong>der</strong>e, ihre Verstandes- und Willenskräftemüßten ebenfalls gleich sein, und zwar beide unendlichgrößer als jetzt.Da jede Wirkung eine Ursache voraussetzt, und <strong>die</strong>sewie<strong>der</strong> eine, bis wir zu <strong>der</strong> letzten Ursache aller Dingekommen, welche <strong>die</strong> Gottheit ist, so ist alles, was sich ereignet,durch ihn angeordnet und nichts kann Gegenstandseiner Strafe und Rache sein.Nach welcher Regel sollen Strafen und Belohnungenausgeteilt werden? Was ist das göttliche Maß von Ver<strong>die</strong>nstund Schuld? Sollen wir annehmen, daß menschliche Empfindungenin <strong>der</strong> Gottheit stattfinden? Eine wie verwegeneAnnahme! Wir haben keine Vorstellung von an<strong>der</strong>n Empfindungen.Nach menschlichem Gefühl sind Verstand, Mut, guteSitten, Fleiß, Einsicht, Genie wesentliche Bestandteile persönlicherAuszeichnung. Sollen wir demnach einen Himmelfür Dichter und Helden erbauen, wie <strong>die</strong> alte Mythologie?Warum alle Belohnungen auf eine Art von Ver<strong>die</strong>nsteinschränken?Strafe ohne Zweck und Absicht ist mit unseren Vorstellungenvon Güte und Gerechtigkeit unverträglich; undkein Zweck kann durch sie geför<strong>der</strong>t werden, wenn dasganze Spiel abgeschlossen ist.


Strafe muß, nach unseren Begriffen, dem Vergehen angemessensein. Warum denn ewige Strafen für zeitlicheVergehen eines so schwachen Wesens als des Menschen?Kann irgend jemand <strong>die</strong> Wut Alexan<strong>der</strong>s billigen, <strong>der</strong> einganzes Volk auszurotten vorhatte, weil sie sein LieblingspferdBukephalus weggenommen hatten?Himmel und Hölle setzen zwei verschiedene Arten vonMenschen voraus: gute und böse; aber <strong>der</strong> größte Teil <strong>der</strong>Menschen schwankt zwischen Laster und Tugend.Wenn jemand mit dem Vorhaben <strong>die</strong> Welt durchwan<strong>der</strong>te,den Rechtschaffenen eine gute Mahlzeit, den Böseneine tüchtige Tracht Prügel zu geben, so würde ihm oft<strong>die</strong> Wahl schwer werden und er würde finden, daß Tugendund Schuld <strong>der</strong> meisten Männer wie Weiber we<strong>der</strong> daseine noch das an<strong>der</strong>e zu ver<strong>die</strong>nen groß genug sei.Einen an<strong>der</strong>n Maßstab von Billigung und Tadel als denmenschlichen vorauszusetzen, verwirrt alle Dinge. Woherlernen wir, daß es so etwas wie moralische Unterscheidunggibt als von unseren eigenen Empfindungen?Wer könnte, wenn er keine persönliche Beleidigungerfahren hat (und welcher Mensch von guter Art könntees selbst dann?), allein aus <strong>der</strong> Empfindung <strong>der</strong> Mißbilligungheraus selbst nur <strong>die</strong> gemeinen gesetzlichen leichtenStrafen auferlegen? Stählt irgend etwas <strong>die</strong> Brust unsererRichter und Geschworenen gegen <strong>die</strong> Empfindungen <strong>der</strong>Menschlichkeit, als <strong>die</strong> Rücksicht auf <strong>die</strong> Notwendigkeitund das öffentliche Interesse?


Nach römischem Gesetz wurden <strong>die</strong>jenigen, welchesich des Vatermordes schuldig gemacht hatten, mit einemAffen, einem Hund und einer Schlange in einen Sack getanund in den Fluß geworfen. Der Tod allein war <strong>die</strong>Strafe <strong>der</strong>er, <strong>die</strong> ihre Schuld, wie erwiesen sie sein mochte,leugneten. Ein Verbrecher wurde vor Augustus verhörtund nach vollständiger <strong>Über</strong>führung verurteilt; <strong>der</strong> letztenFrage, <strong>die</strong> er stellte, gab <strong>der</strong> menschliche Kaiser einesolche Wendung, daß sie den Elenden zu einer Leugnungseiner Schuld anleitete. „Sicherlich (sagte <strong>der</strong> Fürst) Ihrtötetet nicht Euren Vater“? * )Diese Milde, selbst gegenden größten Verbrecher und selbst zur Verhin<strong>der</strong>ung sounerheblichen Leidens, entspricht unseren natürlichenIdeen von Recht. Ja, auch <strong>der</strong> bigotteste Priester würde,wenn er ohne Reflexion seinem natürlichen Gefühl folgte,<strong>die</strong>selbe billigen, vorausgesetzt, daß das Verbrechen nichtKetzerei o<strong>der</strong> Unglaube wäre, denn gegen <strong>die</strong>se Verbrechenmöchte er überhaupt keine Nachsicht kennen, da sieihn in seinen zeitlichen Interessen und seinem Vorteilbeeinträchtigen.Die Hauptquelle moralischer Ideen ist <strong>die</strong> Erwägungdes Interesses <strong>der</strong> menschlichen Gesellschaft. Ver<strong>die</strong>nen<strong>die</strong>se so kurzen, so geringfügigen Interessen durch ewigeund unendliche Strafen geschützt zu werden? Die Verdammniseines einzigen Menschen ist ein unendlich größe-* ) Sueton. August. cap. 33.


es Übel in <strong>der</strong> Welt, als <strong>der</strong> Sturz von tausend MillionenKönigreichen.Die Natur hat <strong>die</strong> menschliche Kindheit beson<strong>der</strong>sschwach und sterblich gemacht, als wollte sie <strong>die</strong> Vorstellungvon einem Prüfungsstand wi<strong>der</strong>legen; <strong>die</strong> Hälfte <strong>der</strong>Menschen stirbt, ehe sie vernünftige Geschöpfe sind.III.Die physischen Argumente aus <strong>der</strong> Analogie <strong>der</strong> Natursprechen deutlich für <strong>die</strong> Sterblichkeit <strong>der</strong> <strong>Seele</strong>; und siesind in Wahrheit <strong>die</strong> einzigen philosophischen Argumente,welche mit Bezug auf <strong>die</strong>se Frage o<strong>der</strong> überhaupt mit Bezugauf Tatsachenfragen zugelassen werden sollten.Wo immer zwei Objekte so nahe miteinan<strong>der</strong> verbundensind, daß alle Verän<strong>der</strong>ungen, welche wir an dem einenwahrnehmen von entsprechenden Verän<strong>der</strong>ungen andem an<strong>der</strong>n begleitet sind, da müssen wir nach den Regeln<strong>der</strong> Analogie schließen, daß, wenn in ersterem noch größereVerän<strong>der</strong>ungen eintreten und es gänzlich aufgelöstwird, eine gänzliche Auflösung auch des an<strong>der</strong>en folgt.Der Schlaf, eine sehr kleine Verän<strong>der</strong>ung im Körper,wird von einem zeitweiligen Erlöschen, wenigstens einergroßen Verwirrung in <strong>der</strong> <strong>Seele</strong> begleitet.Die Schwäche des Körpers und des Geistes in <strong>der</strong> Kindheitsind genau entsprechend, ihre Kraft im Mannesalter,


ihre sympathische Störung in Krankheit, ihr gemeinsamerallmählicher Verfall im Alter. Der weitere Schritt scheintunvermeidlich: ihre gemeinsame Auflösung im Tode.Die letzten Symptome, in welchen <strong>der</strong> Geist sich äußert,sind Unordnung, Schwäche, Empfindungslosigkeitund Stumpfsinn, <strong>die</strong> Vorläufer seiner Vernichtung. DerFortschritt <strong>der</strong>selben Ursachen löscht ihn, <strong>die</strong>selben Wirkungensteigernd, gänzlich aus.Wenn wir nach <strong>der</strong> gewöhnlichen Analogie <strong>der</strong> Natururteilen, so kann keine Form <strong>die</strong> Verpflanzung aus ihrenursprünglichen Lebensbedingungen in sehr verschiedeneüberdauern. Bäume gehen im Wasser, Fische in <strong>der</strong> Luft,Tiere in <strong>der</strong> Erde zugrunde. Schon ein so kleiner Unterschiedwie <strong>der</strong> des Klimas ist oft tötlich. Was ist für einGrund zu <strong>der</strong> Einbildung, daß eine so ungeheure Verän<strong>der</strong>ung,als <strong>die</strong> <strong>Seele</strong> durch <strong>die</strong> Auflösung des Körpers undaller seiner Organe des Denkens und Empfindens erfährt,ohne <strong>die</strong> Auflösung des Ganzen überstanden werdenkönne?Alles ist gemeinsam zwischen Leib und <strong>Seele</strong>. Die Organedes einen sind alle zugleich Organe <strong>der</strong> an<strong>der</strong>n; dahermuß auch das Dasein <strong>der</strong> einen von dem des an<strong>der</strong>nabhängen.Die <strong>Seele</strong>n <strong>der</strong> Tiere sind zugestandenermaßen sterblich;und <strong>die</strong>se sind den <strong>Seele</strong>n <strong>der</strong> Menschen so ähnlich,daß <strong>die</strong> Analogie ein sehr starkes Argument abgibt. IhreLeiber sind den unsrigen nicht ähnlicher, dennoch verwirft


niemand ein Argument aus <strong>der</strong> vergleichenden Anatomie.Die Metempsychose ist daher das einzige System <strong>die</strong>serArt, dem <strong>die</strong> Philosophie Gehör geben kann.Nichts in <strong>die</strong>ser Welt ist beständig, jedes Ding, wiefest dem Anschein nach, ist in fortwährendem Fluß o<strong>der</strong>Wechsel, <strong>die</strong> Welt selbst trägt Anzeichen von Schwächeund Auflösung an sich. Wie entgegen aller Analogie ist esdaher sich einzubilden, daß eine einzige Form, anscheinend<strong>die</strong> schwächste von allen und den größten Störungenunterworfen, unsterblich und unauflöslich ist? Was ist dasfür eine Theorie! Wie leichthin, um nicht zu sagen leichtsinnigaufgestellt!Auch <strong>die</strong> Verfügung über <strong>die</strong> unendliche Zahl posthumerExistenzen muß <strong>der</strong> religiösen Theorie Schwierigkeitenmachen. Jeden Planeten jedes Sonnensystems habenwir <strong>die</strong> Freiheit als bevölkert mit intelligenten sterblichenWesen vorzustellen, wenigstens läßt sich eine gegenteiligeAnnahme nicht beweisen. Für <strong>die</strong>se müßte demnach beije<strong>der</strong> neuen Generation eine neue Welt jenseit <strong>der</strong> Grenzen<strong>der</strong> gegenwärtigen erbaut werden, o<strong>der</strong> es müßte amAnfang eine so wun<strong>der</strong>bar weite Welt geschaffen sein, daßsie <strong>die</strong>se beständig einströmenden Wesen fassen kann.Darf eine Philosophie so kühne Voraussetzungen annehmen,und zwar lediglich unter dem bloßen Vorwand <strong>der</strong>Möglichkeit?Wenn gefragt wird, ob Agamemnon, Thersites, Hannibal,Nero und je<strong>der</strong> stupide Bursche, <strong>der</strong> jemals in Italien,


Skythien, Bactrien o<strong>der</strong> Guinea gelebt hat, jetzt noch amLeben ist, kann jemand sich einreden, daß eine Durchforschung<strong>der</strong> Natur Beweismittel an <strong>die</strong> Hand geben kann,eine so befremdliche Frage bejahend zu entscheiden? DerMangel an Argumenten, von <strong>der</strong> Offenbarung abgesehen,begründet hinlänglich <strong>die</strong> Verneinung. Quanto faciliuscertiusque, sagt Plinius, sibi quemque cre<strong>der</strong>e ac specimensecuritatis antegenitali sumere experimento. * )Unsere Empfindungslosigkeitvor <strong>der</strong> Zusammensetzung des Körpersscheint für <strong>die</strong> natürliche Vernunft einen gleichen Zustandnach <strong>der</strong> Auflösung zu beweisen.Wäre unsere Furcht vor <strong>der</strong> Vernichtung eine ursprünglicheEmpfindung und nicht <strong>die</strong> Wirkung unseres allgemeinenVerlangens nach Glück, so würde sie eher <strong>die</strong> Sterblichkeit<strong>der</strong> <strong>Seele</strong> beweisen; denn da <strong>die</strong> Natur nichts umsonsttut, so würde sie uns nicht Furcht vor einem unmöglichenEreignis eingepflanzt haben. Sie kann uns Furcht vor einemunvermeidlichen Ereignis einpflanzen, vorausgesetzt,daß unsere Bemühungen, wie hier <strong>der</strong> Fall ist, es auf einigeEntfernung hinausschieben können. Der Tod ist am Endeunvermeidlich; aber das Menschengeschlecht könnte sichnicht erhalten, hätte uns <strong>die</strong> Natur nicht eine Abneigunggegen ihn eingepflanzt. — Alle Lehren, welche von unserenNeigungen begünstigt werden, sind verdächtig und* ) Um wieviel leichter und sicherer möchte je<strong>der</strong> sich selber glauben undden Beweis seiner Sicherheit vorgeburtlicher Erfahrung entnehmen.Lib. 7. cap. 56.


<strong>die</strong> Hoffnungen und Befürchtungen, welche <strong>die</strong>ser Theorieden Ursprung gaben, liegen auf <strong>der</strong> Hand.Es ist ein unendlicher Vorteil in je<strong>der</strong> Streitfrage <strong>die</strong> negativeSeite zu behaupten. Wenn <strong>die</strong> Frage außerhalb desgewöhnlichen erfahrungsmäßigen Laufes <strong>der</strong> Natur liegt,so ist <strong>die</strong>ser Umstand meist, wenn nicht stets, entscheidend.Durch welche Argumente o<strong>der</strong> Analogien könnenwir einen Zustand <strong>der</strong> Existenz beweisen, den niemals jemandsah und <strong>der</strong> auf keine Weise einem, <strong>der</strong> je gesehenwurde, gleicht? Wer will in irgendeine vorgebliche Philosophieso viel Vertrauen setzen, um auf ihr Zeugnis <strong>die</strong>Wirklichkeit einer so wun<strong>der</strong>baren Welt zu gründen? Eineneue Art Logik ist zu <strong>die</strong>sem Zweck erfor<strong>der</strong>lich, und neueGeisteskräfte, <strong>die</strong> uns <strong>die</strong>se Logik zu verstehen befähigen.Nichts kann <strong>die</strong> unendliche Verpflichtung, welche <strong>die</strong>Menschheit gegen <strong>die</strong> göttliche Offenbarung hat, in helleresLicht setzen, als <strong>der</strong> Umstand, daß wir kein an<strong>der</strong>esMittel finden, welches <strong>die</strong>se große und wichtige Wahrheitfeststellen könnte.

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