Program as PDF - Staatskapelle Dresden
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Juraj Valcuha Dirigent<br />
Julia Fischer Violine<br />
11. Symphoniekonzert<br />
Saison 2011 | 2012
露天古典音乐会<br />
Kl<strong>as</strong>siK PicKnicK t<br />
07. Juli 2012 | 21 u hr | die gläserne Manufaktur<br />
OPEN-AIR-KONZERT MIT DER STAATSKAPELLE DRESDEN<br />
DIRIGENTIN: XIAN ZHANG<br />
SOLISTEN: YujA WANG (KLAVIER), MENGLA HuANG (VIOLINE)<br />
eintritt: 5,– € (Kinder bis 16 Jahre frei).<br />
infO s ZUM KarT enVOr V erK a U f Un T er WWW.GLaeserneM anU faKTUr . de<br />
11. Symphoniekonzert<br />
Saison 2011 | 2012<br />
Christian Thielemann<br />
CheFdirigenT ab 2012/2013<br />
Sir Colin davis<br />
ehrendirigenT
so 03.06.12 11 uhr | Mo 04.06.12 20 uhr | Di 05.06.12 2 0 u h r<br />
seMPeroPer DresDen<br />
11. Symphoniekonzert<br />
Dirigent<br />
Juraj Valcuha<br />
Violine<br />
Julia Fischer<br />
Polnischer »Don Juan«<br />
nach dem gleichnamigen Märchen von hans Christian andersen komponierte<br />
alexander von Zemlinsky seine Orchesterfant<strong>as</strong>ie »die Seejungfrau«,<br />
die 1905 gemeinsam mit arnold Schönbergs »Pelle<strong>as</strong> und Melisande« zur<br />
Uraufführung gelangte. eine affinität zur Märchenwelt sagt man auch dem<br />
romantiker Felix Mendelssohn bartholdy nach, wohingegen Karol Szymanowski<br />
mit seiner Konzertouvertüre op. 12 ein wirkungsvolles Pendant zu<br />
richard Strauss’ verführerischem »don Juan« entwarf.<br />
aufzeichnung Durch MDr figaro, senDeterMin: 22. juni 2012, 20.05 uhr<br />
Kostenlose einführungen Durch Den KonzertDraMaturgen jeweils<br />
45 Minuten Vor beginn iM oPernKeller Der seMPeroPer<br />
<strong>Program</strong>m<br />
Karol Szymanowski<br />
( 1 8 8 2 -1 9 3 7 )<br />
Konzertouvertüre (»Ouverture concertante«) E-Dur op. 12<br />
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
(1809-1847)<br />
Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64<br />
1. allegro molto app<strong>as</strong>sionato<br />
2. andante<br />
3. allegretto non troppo – allegro molto vivace<br />
2 3 11. SYMPHONIEKONZERT<br />
Pa u s e<br />
Alexander von Zemlinsky<br />
(1871-1942)<br />
»Die Seejungfrau«, Fant<strong>as</strong>ie für Orchester<br />
1. Sehr mäßig bewegt<br />
2. Sehr bewegt, rauschend<br />
3. Sehr gedehnt, mit schmerzvollem ausdruck
Juraj Valcuha Dirigent<br />
Der slowakische dirigent Juraj Valcuha ist Chefdirigent des Orchestra<br />
Sinfonica nazionale della rai in Turin. er studierte<br />
Komposition und dirigieren in bratislava, in St. Petersburg bei<br />
ilya Musin und in Paris. in der Saison 2005/2006 debütierte er<br />
beim Orchestre national de France sowie in bologna mit einer<br />
Produktion von »La bohème«.<br />
in den nachfolgenden Spielzeiten dirigierte er erstmals die Münch-<br />
ner Philharmoniker, d<strong>as</strong> rotterdam Philharmonic Orchestra, d<strong>as</strong> rai Or-<br />
chestra Turin, Philharmonia Orchestra London, Swedish radio Symphony<br />
Orchestra, Oslo Philharmonic, Pittsburgh Symphony, Los angeles Philhar-<br />
monic sowie d<strong>as</strong> gewandhausorchester Leipzig.<br />
2009/2010 leitete er die Münchner Philharmoniker in München und<br />
in baden-baden. er debütierte bei der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> dresden<br />
(in einem aufführungsabend) und beim national Symphony Orchestra in<br />
W<strong>as</strong>hington und stand wiederholt am Pult des Philharmonia Orchestra und<br />
des Pittsburgh Symphony Orchestra.<br />
2010/2011 dirigierte Juraj Valcuha d<strong>as</strong> Orchestre de Paris, d<strong>as</strong> Orchestra<br />
di Santa Cecilia rom, Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino,<br />
Philharmonia Orchestra, houston Symphony, Los angeles Philharmonic<br />
sowie zwei verschiedene <strong>Program</strong>me bei den Münchner Philharmonikern.<br />
am Teatro La Fenice leitete er eine neuproduktion von »La bohème« und<br />
g<strong>as</strong>tierte mit dem Orchestra Sinfonica nazionale della rai und Yo-Yo Ma als<br />
Solist bei den abu dhabi Cl<strong>as</strong>sics.<br />
in der laufenden Saison g<strong>as</strong>tiert Valcuha mit seinem Orchestra<br />
della rai im Wiener Musikverein und in der berliner Philharmonie. darüber<br />
hinaus debütiert er bei den berliner Philharmonikern, beim royal<br />
Concertgebouw Orchestra amsterdam, boston Symphony Orchestra und<br />
Cincinnati Symphony Orchestra. Wiedereinladungen führen ihn zum<br />
Philharmonia Orchestra, zu den Münchner Philharmonikern und zum<br />
Pittsburgh Symphony Orchestra.<br />
in der Spielzeit 2012/2013 gibt er seine debüts bei new York Philharmonic,<br />
San Francisco Symphony und Filarmonica della Scala Milano.<br />
außerdem folgt er Wiedereinladungen zum national Symphony Orchestra<br />
W<strong>as</strong>hington, Philharmonia Orchestra London, Pittsburgh Symphony,<br />
rotterdam Philharmonic sowie zu den Münchner Philharmonikern.<br />
Quelle: VerMont cl<strong>as</strong>sics<br />
4 5 11. SYMPHONIEKONZERT
Karol Szymanowski<br />
* 6. oKtober 1882 in tyMoszówKa (heute uKraine)<br />
† 29. März 1937 in lausanne<br />
Konzertouvertüre (»Ouverture concertante«)<br />
E-Dur op. 12<br />
entstanDen<br />
in den Jahren 1904/05; drucklegung<br />
allerdings erst 1917<br />
uraufgeführt<br />
am 6. Februar 1906 in der<br />
Warschauer Philharmonie<br />
(dirigent: grzegorz Fitelberg)<br />
be se t z u ng<br />
3 Flöten, 3 Oboen, 4 Klarinetten,<br />
3 Fagotte (3. auch Kontrafagott),<br />
6 hörner, 3 Trompeten,<br />
3 Posaunen, Tuba, Pauken,<br />
Schlagzeug (3 Spieler), harfe,<br />
Streicher<br />
V e r l ag<br />
Schott Music, Mainz<br />
Dau e r<br />
ca. 13 Minuten<br />
Ein polnischer »Don Juan«<br />
Zu Karol Szymanowskis<br />
Konzertouvertüre op. 12<br />
Karol Szymanowski gilt als Vater der neuen polnischen Musik. in seinen<br />
Werken öffnete er sich verschiedensten einflüssen: von der europäischen<br />
avantgarde seiner Zeit über die orientalische Kultur bis hin zur Volksmusik<br />
der goralen, eines alten polnischen bergvolks. Sein oberstes anliegen war<br />
die entwicklung einer international anerkannten, polnischen Kunstmusik.<br />
Schließlich hatte es seit Frédéric Chopin keinen polnischen Komponisten<br />
mehr von europäischem Format gegeben. Und für die angestrebte einigung<br />
des um 1900 noch dreigeteilten Polen war eine weithin anerkannte künst -<br />
ler ische identität eine günstige Voraussetzung.<br />
»Junges Polen in der Musik«<br />
Seit 1901 nahm Szymanowski Privatunterricht in Warschau – wo d<strong>as</strong> musi-<br />
kalische Klima alles andere als fortschrittlich war: die Musik Mendelssohns<br />
galt als ideal, Wagner und seine nachfolger wurden weitgehend ignoriert.<br />
Wie sollte unter diesen Umständen eine moderne, polnische Musiksprache<br />
entstehen? Szymanowski tat sich mit einigen gleichgesinnten zusammen<br />
und gründete – mit finanzieller Unterstützung eines polnischen Fürsten –<br />
einen unabhängigen »Vereinsverlag Jungpolnischer Komponisten«, der sich<br />
für die Verbreitung neuer polnischer Musik einsetzte. in anlehnung an die<br />
literarische avantgarde nannte man den Verein auch »Młoda Polska w muzyce«:<br />
»Junges Polen in der Musik«.<br />
am 6. Februar 1906 veranstaltete der Verein ein erstes Konzert in<br />
der Warschauer Philharmonie. grzegorz Fitelberg dirigierte Werke verschiedener<br />
Vereinsmitglieder, darunter auch eigene. Szymanowski trat in<br />
diesem Konzert mit drei Kompositionen zum ersten Mal an die Öffentlichkeit:<br />
neben den Variationen h-Moll op. 10 und der etüde b-Moll, beides Werken<br />
für Klavier solo, erklang seine Konzertouvertüre e-dur op. 12 für Orchester.<br />
aleksander Poliński, der einflussreichste Musikkritiker Warschaus, zeigte<br />
sich begeistert: »den aufgeführten Werken von herrn Karol Szymanowski<br />
gestern lauschend, habe ich keinen Moment gezweifelt, d<strong>as</strong>s ich es mit einem<br />
ungewöhnlichen Komponisten, vielleicht sogar mit einem genie zu tun habe.<br />
6 7 11. SYMPHONIEKONZERT
denn allem, w<strong>as</strong> er bisher geschaffen hat, prägte er den Stempel der genia-<br />
lität auf.« Ähnlich euphorisch waren die Urteile anderer rezensenten, denen<br />
ebenfalls Szymanowskis herausragende begabung auffiel. d<strong>as</strong> Konzert war<br />
letztlich so erfolgreich, d<strong>as</strong>s es noch einmal wiederholt werden musste.<br />
Orchestraler Erstling<br />
Mit der bereits 1904/05 entstandenen »Ouverture concertante« hatte der<br />
23-jährige Komponist sein erstes Orchesterwerk überhaupt vorgestellt.<br />
deutlich erkennbar sind die spätromantischen Vorbilder – insbesondere<br />
richard Strauss und sein »don Juan«: Schon der stürmische beginn beschwört<br />
diesen Vergleich herauf, mit einem heroisch glutvollen ersten Thema<br />
in der identischen Tonart e-dur und einer pulsierenden akkordbegleitung<br />
(die, zumindest bei Strauss, auf den beginn von Mendelssohns »italienischer«<br />
Symphonie zurückgeht). auch d<strong>as</strong> spätere lyrisch-chromatische Seitenthema<br />
in C-dur zeigt Parallelen zu Strauss’ Opus 20, ebenso wie die schillernde<br />
Farbigkeit des groß besetzten Orchesters und die vielfältigen thematischen<br />
Transformationen, die sich im rahmen einer übergeordneten Sonatensatzform<br />
abspielen. Und wie Strauss seiner Tondichtung ein gedicht von nikolaus<br />
Lenau zugrunde gelegt hatte, so ließ sich Szymanowski von »Witeź Wł<strong>as</strong>t«<br />
(»Wł<strong>as</strong>t, der held«), einem gedicht des polnischen Lyrikers Tadeusz Miciński,<br />
anregen, d<strong>as</strong> wiederum durch nietzsches »also sprach Zarathustra« (!) beeinflusst<br />
wurde.<br />
Vor der späten drucklegung der Ouvertüre im Jahr 1917 nahm<br />
Szymanowski noch einige Änderungen vor, vermutlich in erster Linie instrumentatorische<br />
retuschen (die Originalversion ist leider verschollen).<br />
Schon wenig später aber wandte er sich von der deutschen Spätromantik<br />
ab, öffnete sich mehr und mehr einem »internationalismus«, entdeckte<br />
die Musik der französischen impressionisten, die Kunst und Kultur des<br />
Orients und schließlich – nach langen auslandsaufenthalten – auch die<br />
eigene, polnische Folklore. Von Szymanowskis späterem Stil ist die Konzertouvertüre<br />
noch weit entfernt. immerhin aber lässt sie bereits die<br />
neugier und Offenheit gegenüber »fremden« einflüssen erkennen, mit der<br />
Szymanowski sein langfristiges Ziel einer zeitgenössischen polnischen<br />
Kunstmusik letztlich erreichte.<br />
tobi<strong>as</strong> nieDerschlag<br />
am 5. Oktober 1951 spielte die <strong>Staatskapelle</strong> die dresdner erstaufführung<br />
der Konzertouvertüre op. 12 von Karol Szymanowski unter der Leitung des<br />
polnischen g<strong>as</strong>tdirigenten Zdzisław górzyński.<br />
Vaterfigur Der Polnischen MoDerne:<br />
Karol szyManowsKi (uM 1920)<br />
»Unsere Musik muss ihre uralten Rechte wiedergewinnen, und d<strong>as</strong> heißt vor<br />
allem unbedingte Freiheit, völlige Loslösung von der Herrschaft der ›gestern‹<br />
geschaffenen Normen. Möge sie ›national‹ in ihrer volkstümlichen Eigenständigkeit<br />
sein, jedoch ohne Furcht dorthin streben, wo die von ihr geschaffenen<br />
Werte zu allgemeinmenschlichen Werten werden; möge sie ›national‹ sein, aber<br />
nicht ›provinziell‹. Zerstören wir die ›gestrigen Dämme‹, die aus Trotz errichtet<br />
wurden, um die besagte Eigenständigkeit gegen fremde Einflüsse zu schützen.«<br />
Karol Szymanowski, 1920<br />
8 9 11. SYMPHONIEKONZERT
Felix Mendelssohn Bartholdy<br />
* 3. februar 1809 in haMburg<br />
† 4. noVeMber 1847 in leiPzig<br />
Konzert für Violine und Orchester e-Moll op. 64<br />
1. Allegro molto app<strong>as</strong>sionato<br />
2. Andante<br />
3. Allegretto non troppo – Allegro molto vivace<br />
entstanDen<br />
zwischen 1838 und 1844 in<br />
Leipzig und in bad Soden<br />
uraufgeführt<br />
am 13. März 1845 im Leipziger<br />
gewandhaus (Solist: Ferdinand<br />
david, gewandhausorchester,<br />
dirigent: niels W. gade)<br />
be se t z u ng<br />
Violine solo; 2 Flöten, 2 Oboen,<br />
2 Klarinetten, 2 Fagotte, 2 hörner,<br />
2 Trompeten, Pauken, Streicher<br />
V e r l ag<br />
breitkopf & härtel,<br />
Wiesbaden / Leipzig<br />
Dau e r<br />
ca. 28 Minuten<br />
Gabe an einen Freund –<br />
und an alle Geiger<br />
Zu Felix Mendelssohn Bartholdys<br />
Violinkonzert in e-Moll<br />
Sein Violinkonzert in e-Moll op. 64 schrieb Felix Mendelssohn bartholdy<br />
zwischen 1838 und 1844 in Leipzig. allerdings hat dieses Werk eine lange<br />
Vorgeschichte. Sie ist verbunden mit Ferdinand david, einem Jugendfreund<br />
des Komponisten. die beiden lernten sich 1825 in berlin kennen; Felix war<br />
gerade 16 Jahre alt, Ferdinand ein Jahr jünger und als geigerisches Wunderkind<br />
auf Konzertreise. als Mendelssohn zehn Jahre später seine Stelle als<br />
Musikdirektor in Leipzig antrat, machte er seinen Freund zum Konzertmeister<br />
des gewandhausorchesters, und natürlich unterrichtete der geiger auch<br />
am Leipziger Konservatorium, dessen direktor Mendelssohn war. in einem<br />
brief aus dem Jahr 1838 schrieb Mendelssohn an david, »d<strong>as</strong>s es doch nicht<br />
viel solche Musiker gibt, wie du bist, und d<strong>as</strong>s ich mir am ende doch keinen<br />
zweiten ausdenken könnte, mit dem ich so einig wäre in der Kunst«. bei der<br />
gleichen gelegenheit kündigte er auch schon d<strong>as</strong> e-Moll-Violinkonzert an,<br />
d<strong>as</strong> allerdings erst sechs Jahre später zur ausführung kam.<br />
dafür schenkte Mendelssohn dem Freund dann aber ein sehr originelles<br />
Werk, d<strong>as</strong> formal mit vielen neuen Lösungen überr<strong>as</strong>chte. Üblicherweise<br />
begann ja der erste Satz eines Konzerts mit einer doppelten exposition:<br />
die Themen werden zuerst vom Orchester, dann noch einmal vom<br />
Solisten vorgetragen. Mendelssohn verzichtet aber hier (wie auch in anderen<br />
Konzerten) auf d<strong>as</strong> »erste Tutti«; der Solist setzt gleich im zweiten Takt<br />
mit dem hauptthema ein. diesen beginn erwähnte der Komponist schon<br />
in seinem brief von 1838: »ich möchte dir wohl auch ein Violinkonzert<br />
machen für nächsten Winter, eins in e-Moll steckt mir im Kopfe, dessen<br />
anfang mir keine ruhe lässt.« aus Mendelssohns frühen Skizzen erkennt<br />
man, d<strong>as</strong>s er diesen anfang mehrfach überarbeitete. er feilte lange an<br />
den melodischen und rhythmischen Konturen, bis aus der ursprünglichen<br />
eingebung d<strong>as</strong> markante hauptthema entstand, d<strong>as</strong> doch nach unserem<br />
höreindruck nur so und nicht anders lauten konnte.<br />
Ein Konzert voller Überr<strong>as</strong>chungen<br />
einen ungewöhnlichen einstieg fand Mendelssohn auch für d<strong>as</strong> ruhige zweite<br />
Thema: es wird zuerst von Flöten und Klarinetten vorgetragen, während<br />
10 11 11. SYMPHONIEKONZERT
die Solovioline auf der leeren g-Saite einen Orgelpunkt spielt. auffallend ist<br />
weiterhin, d<strong>as</strong>s Mendelssohn die Solokadenz auskomponierte und von ihrem<br />
gewohnten Platz nach der reprise in die Mitte des Stücks versetzte. diese Kadenz<br />
mündet in drei- und vierstimmige arpeggien, die zunächst nur wie virtuose<br />
Figurationen anmuten – so wie sie in einer Solokadenz eben üblich sind.<br />
Sie erhalten allerdings bald noch eine andere Funktion: Übergangslos werden<br />
sie zur begleitung des anfangsthem<strong>as</strong>, d<strong>as</strong> nun vom Orchester gespielt wird.<br />
die gesamte Kadenz ist somit nicht mehr bloßes anhängsel am ende, sondern<br />
höhepunkt der durchführung und Überleitung zur reprise. eine letzte Überr<strong>as</strong>chung<br />
hält Mendelssohn am Satzende bereit: nach dem Schlussakkord<br />
lässt d<strong>as</strong> erste Fagott seinen Ton in die eigentlich erwartete Pause hineinklingen.<br />
die Sätze gehen also ineinander über – eine ungewöhnliche Maßnahme<br />
in einer Zeit, als es durchaus noch an der Tagesordnung war, einzelne Sätze<br />
auf Wunsch des Publikums zu wiederholen. doch gerade d<strong>as</strong> damals verbreitete<br />
Klatschen in den Satzpausen wollte Mendelssohn wohl unterbinden.<br />
deshalb verband er auch den zweiten Satz, ein C-dur-andante in<br />
dreiteiliger Liedform, ohne Pause mit dem Finale: hier widmete er der<br />
Überleitung sogar eine P<strong>as</strong>sage von vierzehn Takten mit eigenem thematischem<br />
Material. es folgt ein r<strong>as</strong>ches rondo voller Spielwitz und raffinierter<br />
Klangwirkungen. durch seine federnde Leichtigkeit lässt dieser Schlusssatz<br />
an einen elfenspuk denken, an eine Zauberwelt, wie Mendelssohn sie auch<br />
in seiner berühmten Ouvertüre zum »Sommernachtstraum« beschwor.<br />
david führte d<strong>as</strong> Werk am 13. März 1845 in Leipzig zum ersten Mal<br />
auf. der Komponist konnte nicht dabei sein, erfuhr aber aus einem brief des<br />
geigers: »[d<strong>as</strong> Violinkonzert] hat ganz außerordentlich gefallen, einstimmig<br />
wird es für eins der schönsten Stücke in diesem genre erklärt; es erfüllt aber<br />
auch alle ansprüche, die an ein Konzertstück zu machen sind, im höchsten<br />
grade auch die Violinspieler können dir nicht dankbar genug sein für diese<br />
gabe.« an dieser einschätzung hat sich bis heute nichts geändert.<br />
j ü r g e n o s t M a n n<br />
bereits am 23. Oktober 1845, ein halbes Jahr nach der Leipziger Uraufführung,<br />
wurde Mendelssohns Violinkonzert zum ersten Mal in dresden aufgeführt.<br />
dabei kam es zu einem denkwürdigen debüt: in der von robert Schumann<br />
organisierten und von Ferdinand hiller dirigierten Konzertreihe sollte eigentlich<br />
Schumanns Klavierkonzert uraufgeführt werden; da Clara Schumann aber<br />
erkrankte und Ferdinand david zeitlich verhindert war, schickte er einen seiner<br />
Konservatoriumsschüler – den damals erst 14-jährigen Joseph Joachim, der mit<br />
der umjubelten aufführung den grundstein für seine Karriere legte.<br />
lichtgestalt Der Deutschen roMantiK: felix MenDelssohn bartholDy.<br />
geMälDe Von theoDor hilDebranDt (1835)<br />
12 13 11. SYMPHONIEKONZERT
Julia Fischer Violine<br />
Julia Fischer gehört zu den führenden geigensolisten weltweit. Mit gerade<br />
einmal vier Jahren begann für die 1983 in München geborene Tochter<br />
deutsch-slowakischer eltern der künstlerische Weg, und bereits im alter<br />
von neun Jahren wurde sie als Jungstudentin von der renommierten geigenprofessorin<br />
ana Chumachenco unterrichtet. Mit beginn der Saison<br />
2011/2012 übernahm sie deren nachfolge und ist damit selbst Professorin an<br />
der hochschule für Musik und darstellende Kunst in München.<br />
ein höhepunkt ihrer Laufbahn war ihr debüt bei den Salzburger Osterfestspielen<br />
2011 mit den berliner Philharmonikern unter Sir Simon rattle.<br />
im august 2011 folgte ein auftritt bei den Salzburger Festspielen mit dem<br />
Mozarteumorchester Salzburg. bei vielen weiteren großen Festivals weltweit<br />
ist sie regelmäßig zu g<strong>as</strong>t. im letzten Jahr brachte sie beim <strong>as</strong>pen Music Festival<br />
gemeinsam mit daniel Müller-Schott d<strong>as</strong> brahms-doppelkonzert zur<br />
aufführung; im Sommer 2012 gibt sie Kammermusikkonzerte beim Menuhin<br />
Festival in gstaad und g<strong>as</strong>tiert außerdem beim Tivoli Festival in Kopenhagen.<br />
Seit einigen Jahren ist Julia Fischer auch künstlerische Leiterin<br />
eines eigenen Festivals, welches unter dem namen »Julia Fischer und<br />
Freunde« alle zwei Jahre am Starnberger See stattfindet. anfang 2008 gab<br />
Julia Fischer, die nie d<strong>as</strong> Klavierspiel aufgegeben hat, in der alten Oper<br />
Frankfurt ihr debüt als Pianistin mit griegs Klavierkonzert und spielte im<br />
selben Konzert auch noch ein Violinkonzert von Saint-Saëns.<br />
gemeinsam mit ihren Kollegen alexander Sitkovetsky (geige), nils<br />
Mönkemeyer (bratsche) und benjamin nyffenegger (Violoncello) hat sie<br />
kürzlich d<strong>as</strong> Julia Fischer Quartett ins Leben gerufen, mit dem sie erst vor<br />
wenigen Tagen bei den Schwetzinger Festspielen sowie in der alten Oper<br />
Frankfurt konzertierte.<br />
ihr debüt bei der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> dresden gab Julia Fischer<br />
im april 2006 mit dem ersten Violinkonzert von Sergej Prokofjew in einem<br />
Konzert in der dresdner Frauenkirche. Sie spielt auf einer geige von giovanni<br />
battista guadagnini aus dem Jahre 1742.<br />
14 15 11. SYMPHONIEKONZERT
Alexander von Zemlinsky<br />
* 14. oKtober 1871 in wien<br />
† 15. März 1942 in larchMont (bunDesstaat new yorK)<br />
»Die Seejungfrau«, Fant<strong>as</strong>ie für Orchester<br />
1. Sehr mäßig bewegt<br />
2. Sehr bewegt, rauschend<br />
3. Sehr gedehnt, mit schmerzvollem Ausdruck<br />
entstanDen<br />
zwischen Februar 1902 und<br />
März 1903; abschluss der<br />
Partitur am 20. März 1903<br />
uraufgeführt<br />
am 25. Januar 1905 im Wiener<br />
Musikverein (Orchester des<br />
Wiener Konzertvereins, dirigent:<br />
alexander von Zemlinsky)<br />
be se t z u ng<br />
4 Flöten (3. und 4. auch Piccolo),<br />
2 Oboen, englischhorn,<br />
3 Klarinetten, b<strong>as</strong>sklarinette,<br />
3 Fagotte, 6 hörner,<br />
3 Trompeten, 4 Posaunen, Tuba,<br />
Pauken, Schlagzeug (2 Spieler),<br />
2 harfen, Streicher<br />
V e r l ag<br />
Schott Music, Mainz<br />
Dau e r<br />
ca. 45 Minuten<br />
Ein Stück schmerzhafter<br />
Autobiografie<br />
Zu Alexander von Zemlinskys<br />
Fant<strong>as</strong>ie für Orchester<br />
»Die Seejungfrau«<br />
Zu den Marksteinen der musikalischen Moderne gehört fraglos d<strong>as</strong> von der<br />
»Vereinigung schaffender Tonkünstler« im großen Saal des Wiener Musikvereins<br />
veranstaltete Konzert vom 25. Januar 1905. auf dem <strong>Program</strong>m<br />
standen neben fünf Orchesterliedern des längst vergessenen Oscar C. Posa<br />
(1873-1951) je eine Partitur von alexander von Zemlinsky (»die Seejungfrau«)<br />
und arnold Schönberg (»Pelle<strong>as</strong> und Melisande«), die von den Komponisten<br />
selbst dirigiert wurden. d<strong>as</strong>s von diesem Konzertabend besprechungen in<br />
nicht weniger als 27 (!) Zeitungen und Zeitschriften erschienen, zeugt nicht<br />
nur von einer breiten, feuilletonistisch interessierten Presselandschaft, sondern<br />
mehr noch von der künstlerischen bedeutung, die den Uraufführungen<br />
beigemessen wurde – zumal in der als »Musikstadt« geltenden donaumetropole,<br />
die sich zu jener Zeit von ihrem kl<strong>as</strong>sizistisch geprägten ästhetischen<br />
ideal zu befreien suchte. So notierte Max Vancsa für den in München mit<br />
beträchtlicher auflage erscheinenden, weit verbreiteten »Kunstwart«: »die<br />
moderne Musik, Jahre und Jahrzehnte lang von unserer Stadt ferne gehalten,<br />
nur ab und zu tropfenweise zu uns durchsickernd, ist nun machtvoll über uns<br />
hereingebrochen: Ver sacrum! [heiliger Frühling!] … es ist wie ein elementarereignis,<br />
d<strong>as</strong> man austoben l<strong>as</strong>sen muß. Und doch beginnen nun bereits<br />
wie inseln aus der Sintflut einzelne namen aufzutauchen, welche einen festeren<br />
anhalt bieten; sie werden voraussichtlich als bleibender gewinn den<br />
Kampf überdauern. … d<strong>as</strong> musikalische Jung-Wien, d<strong>as</strong> gleichfalls heuer zu<br />
Worte kam, liegt stark in Mahlers bann. Zwei Talente vertreten auch hier die<br />
beiden Pole: alexander von Zemlinsky, zugleich ein hoffnungsvoller dirigent,<br />
dessen dreisätzige symphonische dichtung ›die Seejungfrau‹ (nach andersen)<br />
von der ›Vereinigung schaffender Tonkünstler‹ aufgeführt wurde, sucht<br />
sich abzuschleifen, auszugleichen, strebt nach einer gewählten, allgemein<br />
verständlichen Tonsprache … als Uebersezessionist geberdet sich dagegen<br />
arnold Schönberg, von dem uns d<strong>as</strong>selbe Konzert eine symphonische dichtung<br />
›Pelle<strong>as</strong> und Melisande‹ (nach Maeterlinck) bescherte.«<br />
16 17 11. SYMPHONIEKONZERT
Zwischen Schreibpult und Taktstock<br />
anders als Schönberg, der sich vor allem mit dem Prioritätsanspruch hin-<br />
sichtlich der dodekaphonie um seinen Platz in der Musikgeschichtsschrei-<br />
bung sorgte (etwa mit Formulierungen wie »daß ich der erste war …«),<br />
konnte sich Zemlinsky, der als Kapellmeister wirkte, zu Lebzeiten nie als<br />
Komponist durchsetzen und geriet schließlich – vielfach ohne genauere<br />
Kenntnis seiner (ungedruckten) Partituren gar des eklektizismus verdächtigt<br />
– für gleich mehrere Jahrzehnte in Vergessenheit. Seine Maxime spricht<br />
aus einem brief an Schönberg vom 18. Februar 1902, hier in bezug auf d<strong>as</strong><br />
»heldenleben« von richard Strauss: »ein grosser Künster, der alles hat um<br />
d<strong>as</strong> bedeutendste zu sagen muss die grenze des Schönen, wenn er sie auch<br />
viel weiter, als bisher geschehen, zieht, einhalten.« im gegensatz zu dem<br />
autodidaktischen Schönberg, den Zemlinsky späterhin unterrichtete, durchlief<br />
er die Kl<strong>as</strong>sen des Wiener Konservatoriums. bereits mit 19 Jahren legte<br />
er sein diplom ab und erhielt als »bester Klavierspieler« gar einen Flügel<br />
zum geschenk. es folgte ein kurzes, dem strengen Kontrapunkt verpflichtetes<br />
Kompositionsstudium bei Johann nepomuk Fuchs (1842-1899), d<strong>as</strong> mit<br />
der aufführung der Symphonie d-Moll (1892) abgeschlossen wurde. Für die<br />
1893/95 entstandene Oper »Samera« erhielt Zemlinsky den Luitpoldpreis<br />
zugesprochen, für die Symphonie b-dur (1897) – eine motivisch-thematisch<br />
aufwändig durchgearbeitete zyklische Partitur, die im Finale als reverenz<br />
vor brahms und dessen vierter Symphonie mit einer P<strong>as</strong>sacaglia schließt –<br />
den in Wien begehrten beethoven-Preis des Tonkünstlervereins.<br />
durch den Tod des Vaters gezwungen, für sich selbst und die Familie<br />
zu sorgen, nahm Zemlinsky im Jahre 1900 eine anstellung als Chefdirigent<br />
im Carltheater, ab 1904 als Musikdirektor an der Volksoper und<br />
1907/08 als Kapellmeister an der Wiener hofoper unter gustav Mahler an.<br />
ab 1911 wirkte er als Musikdirektor am neuen deutschen Theater in Prag.<br />
hier setzte er sich neben den üblichen repertoireaufführungen uneigennützig<br />
für zeitgenössische Musik ein und erwarb sich einen weithin wirkenden<br />
ruf als dirigent: »Zemlinsky führt die Musik und gestaltet sie, indem<br />
er sie fühlt. denn er hat die gnade … er gibt ein drama der gefühle,<br />
indem er geheime Kräfte der Musik entfesselt« (erich Steinbach, 1921).<br />
in diesen Jahren bleibt allerdings kaum mehr Zeit zum eigenen Komponieren;<br />
1927 wechselt er (auch der geringeren Verpflichtungen wegen)<br />
als erster Kapellmeister an die berliner Krolloper. bereits kurz nach der<br />
»Machtergreifung« der nationalsozialisten verließ Zemlinsky im Frühjahr<br />
1933 berlin in richtung Wien, nur wenige Wochen nach dem »anschluss«<br />
Österreichs emigrierte er über Prag und Paris nach new York –<br />
ohne dort allerdings (zusehends von Krankheit geschwächt) als dirigent<br />
oder Komponist Fuß zu f<strong>as</strong>sen.<br />
lehrer unD tragischer liebhaber alMa schinDlers:<br />
alexanDer Von zeMlinsKy (uM 1900)<br />
»Aber der Lehrer Zemlinsky wurde später zum Schüler von Schönberg.«<br />
Alma Mahler, 1949<br />
»Ich war stets der Überzeugung und glaube es noch noch heute, daß er ein<br />
großer Komponist war. Vielleicht kommt seine Zeit früher als wir denken.«<br />
Arnold Schönberg, 1949<br />
18 19 11. SYMPHONIEKONZERT
Ausdruck der Leidenschaft<br />
Mit der »Seejungfrau« schuf Zemlinsky im anschluss an die Märchenoper<br />
»es war einmal …« (1897/99) und an die unaufgeführt gebliebene dreiaktige<br />
ballettmusik »der Triumph der Zeit« (1901) ein Werk, in dessen Sujet sich auch<br />
ein Stück schmerzhafter autobiografie wiederfindet. denn so leidenschaftlich<br />
die Liebe zwischen ihm und seiner jungen Wiener Kompositionsschülerin<br />
alma Schindler über Monate hinweg gewesen war, so blieb sie doch unerfüllt.<br />
die Verbindung wurde von ihr nach den ersten avancen von Seiten des zwar<br />
älteren, gesellschaftlich indes in höherer reputation stehenden gustav Mahler<br />
zwar mitfühlend, aber kühl am 12. dezember 1901 aufgelöst: »du weißt, wie<br />
sehr ich dich geliebt habe. du h<strong>as</strong>t mich ganz erfüllt. ebenso plötzlich wie<br />
diese Liebe gekommen ist, ist sie auch vergangen – sie wurde verdrängt. Mit<br />
erneuter Kraft ist es über mich gekommen! auf den Knien möchte ich dich<br />
um Verzeihung bitten für die bösen Stunden, die ich dir bereitet habe. es gibt<br />
dinge, die außer den grenzen unserer Macht liegen.« Wie schwer trotz aller<br />
ränkespiele dieser plötzliche Verlust wog, zeigen nur zwei Wochen später in<br />
einem brief an Schönberg die lakonische Mitteilung »Mahler verlobt mit alma<br />
Schindler« und die nachfolgenden 25 gedankenstriche – als Zeichen nicht<br />
mehr in Worte zu f<strong>as</strong>sender Verzweiflung. Von dieser ging auch der schöpferische<br />
impuls zu der Komposition aus, über die Schönberg nur sieben Wochen<br />
später ebenso beiläufig von Zemlinsky informiert wurde: »ich arbeite fest an<br />
einer symphonischen dichtung: ›d<strong>as</strong> Meerfräulein‹ v. andersen, es soll eine<br />
Vorarbeit für meine Symfonie ›Vom Tode‹ werden. ich hab grosse Freude damit.<br />
Mir sind f<strong>as</strong>t alle Themen dafür schon eingefallen u. gute vor allem. ich bin<br />
auch schon mitten drinnen. Lies d<strong>as</strong> Märchen. die eintheilung so: 1. Theil a:<br />
am Meeresgrund (ganze exposition) b: d<strong>as</strong> Meerfräulein auf der Menschen-<br />
Welt, der Sturm, des Prinzen errettung, ii. Theil a: des Meerfr. Sehnsucht;<br />
bei der hexe. b: des Prinzen Vermählung, des Meerfr. ende. also ii Theile aber<br />
4 abschnitte.«<br />
Mit dieser kurzen beschreibung f<strong>as</strong>st Zemlinsky bereits die wichtigsten<br />
Stationen des 1837 von hans Christian andersen (1805-1875) niedergeschriebenen<br />
Kunstmärchens zusammen. darin rettet die Seejungfrau einen<br />
schiffbrüchigen Prinzen vor dem ertrinken und legt den bewusstlosen an den<br />
Strand. als dieser von einer anderen gefunden wird, verlieben sich die beiden<br />
ineinander. Um dem geliebten dennoch nahe sein zu können, lässt sich die<br />
Seejungfrau in einen (wenn auch stummen) sterblichen Menschen mit unsterblicher<br />
Seele verwandeln. als d<strong>as</strong> Paar eines Tages heiratet, droht ihr bei<br />
Sonnenaufgang als Fluch der Tod. Sie aber springt zurück ins W<strong>as</strong>ser, löst sich<br />
in eine Schaumkrone auf und verwandelt sich in einen Luftgeist: »Unsichtbar<br />
küßte sie die Stirn der braut, lächelte ihn an, und stieg mit den übrigen Kindern<br />
der Luft auf die rosenrote Wolke hinauf, welche den Äther durchschiffte.«<br />
»Die Kleine Meerjungfrau«.<br />
illustration Von eDMunD Dulac (1911, ausschnitt)<br />
D<strong>as</strong> Märchen von Hans Christian Andersen, der übrigens vielfach in<br />
<strong>Dresden</strong> weilte, regte zahlreiche Komponisten zu Werken an, darunter<br />
auch die aktuelle Capell-Compositrice Lera Auerbach, deren Ballett<br />
»The Little Mermaid« zum 200. Geburtstag des Dichters 2005 entstand.<br />
20 21 11. SYMPHONIEKONZERT
Welche persönliche bedeutung die Komposition für Zemlinsky hatte, ist einer<br />
am beginn der arbeit stehenden Motivtabelle und einzelnen notizen im Parti-<br />
cellentwurf zu entnehmen, auf die antony beaumont aufmerksam gemacht hat.<br />
hier finden sich zu einzelnen Themen programmatische notizen wie »heimat«,<br />
»Menschenwelt« und »Schmerz, Verzweiflung« sowie die bemerkung »die<br />
jüngste der sechs Schwestern war auch die schönste …« – erläuterungen, die<br />
jedoch nicht in ein der Partitur vorangestelltes <strong>Program</strong>m eingingen, sondern<br />
eher die kompositorische arbeit leitmotivisch in ständigen Metamorphosen<br />
begleiteten. So versah Zemlinsky die fertige Partitur denn auch nur mit dem<br />
Untertitel »Fant<strong>as</strong>ie für Orchester«, während Schönberg seine zu »Pelle<strong>as</strong> und<br />
Melisande« als »symphonische dichtung« bezeichnete. Für Zemlinsky freilich<br />
bedeutete die gesamte Komposition auch eine Läuterung der eigenen gefühle –<br />
und es ist bezeichnend, wie er von der ersten formalen Übersicht abstand<br />
nimmt und die beiden ersten, d<strong>as</strong> Märchen eher illustrierenden Sätze (der eine<br />
mit veritabler Sturmszene, der andere als brillant instrumentiertes rauschendes<br />
hochzeitsfest) in einem dritten – mit dem ende der Seejungfrau – musikalisch<br />
transzendiert. So bemerkte er gegenüber Schönberg am 17. März 1903: »heute<br />
mache ich die letzten Takte meiner ›Seejungfrau‹. der 3. Theil ist der ›innerlichste‹<br />
– so glaube ich.« Und nur zwei Wochen später berichtet er über seine<br />
psychische gesamtkonstitution: »ich bin viel anders worden als ich war. du<br />
würdest mich kaum wiedererkennen, bei etw<strong>as</strong> gründlicherer betrachtung.«<br />
bei der Uraufführung am 25. Januar 1905 war auch alma anwesend.<br />
Sie dürfte über den musikalischen <strong>as</strong>pekt der nach außen glänzenden und<br />
nach innen bis ins detail durchgearbeiteten Komposition verstanden haben,<br />
welche geschichte hier zwischen den Zeilen erzählt wurde. in ihren späteren<br />
erinnerungen versäumte sie es daher nicht, Zemlinsky, dem sie einst selbst<br />
Sand in die augen gestreut hatte, vor der nachwelt verächtlich herabzusetzen:<br />
»ich verstand erst jetzt Zemlinskys sonderbares aussehen: klein, zahnlos und<br />
ohne jeden ansatz von Kinn … Mahler und ich sagten immer: ›Zemlinsky<br />
fehlt d<strong>as</strong> Kinn auch in der Musik!‹ Sequenzen … enharmonische Verwechslungen<br />
… nur Chromatik … kein eindruck. es ist schade! Sein Können überwuchert<br />
seine Phant<strong>as</strong>ie.«<br />
22 23<br />
Michael Kube<br />
1907 trat Zemlinsky in Verhandlungen um eine Kapellmeisterposition an der<br />
dresdner hofoper, die mit der Uraufführung von richard Strauss’ »Salome«<br />
1905 ihren rang als ein Zentrum der avantgarde unterstrichen hatte.<br />
der Wiener hofoperndirektor gustav Mahler (inzwischen verheiratet mit<br />
alma Schindler) vereitelte diese Pläne allerdings, indem er Zemlinsky<br />
kurzerhand an die Wiener hofoper verpflichtete.<br />
ANGEKOMMEN<br />
Christian Thielemann<br />
und die <strong>Staatskapelle</strong><br />
<strong>Dresden</strong><br />
2012 2013<br />
Christian Thielemann im Sweetwater Recordstore<br />
Foto: Matthi<strong>as</strong> Creutziger, Design: schech.net
11. Symphoniekonzert 2011 | 2012<br />
Orchesterbesetzung<br />
1. Violinen<br />
Matthi<strong>as</strong> Wollong<br />
1. KonzertMeister<br />
Michael eckoldt<br />
Thom<strong>as</strong> Meining<br />
Michael Frenzel<br />
Christian Uhlig<br />
Jörg Kettmann<br />
barbara Meining<br />
Susanne branny<br />
birgit Jahn<br />
Wieland heinze<br />
henrik Woll<br />
annika Thiel<br />
anselm Telle<br />
Franz Schubert<br />
renate hecker<br />
annekatrin rammelt*<br />
2. Violinen<br />
heinz-dieter richter<br />
KonzertMeister<br />
Matthi<strong>as</strong> Meißner<br />
annette Thiem<br />
Wolfgang roth<br />
Jens Metzner<br />
alexander ernst<br />
Mechthild von ryssel<br />
holger grohs<br />
Kay Mitzscherling<br />
Martin Fraustadt<br />
Johanna Fuchs<br />
Maria held<br />
günter Friedrich*<br />
nicole amal reich*<br />
bratschen<br />
Michael neuhaus<br />
sol o<br />
andre<strong>as</strong> Schreiber<br />
anya Muminovich<br />
Michael horwath<br />
Uwe Jahn<br />
Ulrich Milatz<br />
ralf dietze<br />
Zsuzsanna Schmidt-antal<br />
Claudia briesenick<br />
Susanne neuhaus<br />
Milan Líkař<br />
Uta Scholl<br />
Violoncelli<br />
Friedwart Christian dittmann<br />
sol o<br />
Tom höhnerbach<br />
Martin Jungnickel<br />
Susanne eychmüller*<br />
andre<strong>as</strong> Priebst<br />
bernward gruner<br />
Johann-Christoph Schulze<br />
Jakob andert<br />
anke heyn<br />
henriette-Luise neubert*<br />
Kontrabässe<br />
andre<strong>as</strong> Wylezol<br />
sol o<br />
Martin Knauer<br />
Torsten hoppe<br />
helmut branny<br />
Fred Weiche<br />
reimond Püschel<br />
Thom<strong>as</strong> grosche<br />
Yamato Moritake<br />
24 25 11. SYMPHONIEKONZERT<br />
flöten<br />
andre<strong>as</strong> Kißling<br />
sol o<br />
bernhard Kury<br />
Cordula bräuer<br />
Michal Tikotzki***<br />
oboen<br />
bernd Schober<br />
sol o<br />
andre<strong>as</strong> Lorenz<br />
Volker hanemann<br />
Klarinetten<br />
Ulrich Pluta<br />
sol o<br />
dietmar hedrich<br />
Jan Seifert<br />
Christian dollfuß<br />
fagotte<br />
Thom<strong>as</strong> eberhardt<br />
sol o<br />
hannes Schirlitz<br />
andre<strong>as</strong> börtitz<br />
hörner<br />
erich Markwart<br />
sol o<br />
andre<strong>as</strong> Langosch<br />
david harloff<br />
Manfred riedl<br />
Julius rönnebeck<br />
Mia <strong>as</strong>elmeyer**<br />
trompeten<br />
Tobi<strong>as</strong> Willner<br />
sol o<br />
gerd graner<br />
Christian Wenzel**<br />
Posaunen<br />
Uwe Voigt<br />
sol o<br />
Jürgen Umbreit<br />
Lars Zobel<br />
Matthi<strong>as</strong> Lampl**<br />
tuba<br />
Jens-Peter erbe<br />
solo<br />
Pauken<br />
bernhard Schmidt<br />
solo<br />
schlagzeug<br />
Frank behsing<br />
dirk reinhold<br />
Stefan Seidl<br />
harfen<br />
Vicky Müller<br />
sol o<br />
<strong>as</strong>trid von brück<br />
solo<br />
* als g<strong>as</strong>t<br />
** als aKaDeMist<br />
*** als PraKtiKant
Foto: K<strong>as</strong>skara / ECM Records<br />
„ Schostakowitsch hat in Gohrisch eines seiner wichtigsten Werke<br />
geschrieben und darin seinem Innersten Ausdruck verliehen.<br />
Es ist eine wunderbare Idee, ihn hier mit einem regelmäßigen<br />
Festival und mit Beiträgen anderer bedeutender Komponisten<br />
seiner und unserer Zeit zu würdigen.”<br />
Gidon Kremer<br />
Gidon Kremer und die SächSiSche StaatSKapelle dreSden bei den<br />
3. internationalen SchoStaKowitSch taGen GohriSch<br />
28. – 30. September 2012<br />
Kurort gohrisch,<br />
sächsische schweiz<br />
www.schostaKowitsch-tage.de<br />
Karten ab 15. juni 2012 in der schinKelwache am theaterplatz<br />
Christian<br />
Thielemann dirigenT<br />
anton bruckner<br />
SYMPhOnie nr. 8 C-MOLL Wab 108<br />
im anschluss an d<strong>as</strong> Konzert laden bundespräsident<br />
Joachim gauck und der Ministerpräsident des<br />
Freistaates Sachsen, Stanislaw Tillich, zu einem<br />
empfang ein.<br />
der benefizerlös kommt »Wellcome«, einem Projekt<br />
zur Unterstützung junger Familien, zugute.<br />
TiCKeTS<br />
SChinKeLWaChe aM TheaTerPLaTZ<br />
TeLeFOn (0351) 4911705<br />
beSTeLLUng@SeMPerOPer.de<br />
10. Juni 2012<br />
beneFiZKOnZerT deS<br />
bUndeSPrÄSidenTen<br />
11 Uhr<br />
SeMPerOPer<br />
PARTNER DER<br />
STAATSKAPE LLE DRESDEN
28<br />
Vorschau<br />
Brahms-Sonderkonzert in der<br />
Gläsernen Manufaktur<br />
Donnerstag 07.06.12 20 u hr<br />
Die gläserne ManufaKtur<br />
Von VolKswagen<br />
Christian Thielemann dirigent<br />
Lisa Bati<strong>as</strong>hvili Violine<br />
Johannes Brahms<br />
»Tragische Ouvertüre« d-Moll op. 81<br />
Violinkonzert d-dur op. 77<br />
IMprESSuM<br />
Sächsische Staatsoper dresden<br />
intendantin dr. Ulrike hessler<br />
Spielzeit 2011|2012<br />
herausgegeben von der intendanz<br />
© Juni 2012<br />
rEDAKTIOn<br />
Tobi<strong>as</strong> niederschlag<br />
GESTALTunG unD LAyOuT<br />
schech.net<br />
Strategie. Kommunikation. design.<br />
DruCK<br />
Union druckerei dresden gmbh<br />
AnzEIGEnVErTrIEB<br />
Keck & Krellmann Werbeagentur gmbh<br />
i.a. der Moderne Zeiten Medien gmbh<br />
Telefon: 0351/25 00 670<br />
e-Mail: info@kkwa.de<br />
www.kulturwerbung-dresden.de<br />
Benefizkonzert des<br />
Bundespräsidenten<br />
sonntag 10.06.12 11 u hr<br />
seMPeroPer DresDen<br />
Christian Thielemann dirigent<br />
Anton Bruckner<br />
Symphonie nr. 8 c-Moll Wab 108<br />
BILDnAChwEISE<br />
Juraj Valcuha: agenturfoto; Karol Szymanowski,<br />
alexander von Zemlinsky: Universal edition,<br />
Wien; Felix Mendelssohn bartholdy: Martin<br />
geck, Felix Mendelssohn bartholdy, reinbek<br />
bei hamburg 2009; Julia Fischer: decca / Uwe<br />
arens; illustration »die kleine Meerjungfrau«:<br />
Jeff a. Menges (hrsg.), dulac’s Fairy Tale illustrations,<br />
Mineola / new York 2004<br />
TExTnAChwEISE<br />
die Texte von Jürgen Ostmann und dr. Michael<br />
Kube sind Originalbeiträge für die <strong>Program</strong>mhefte<br />
der Sächsischen <strong>Staatskapelle</strong> dresden.<br />
Tobi<strong>as</strong> niederschlag schrieb seinen Text für die<br />
<strong>Program</strong>mhefte der Münchner Philharmoniker<br />
(Saison 2003 / 2004).<br />
Urheber, die nicht ermittelt oder erreicht<br />
werden konnten, werden wegen nachträglicher<br />
rechtsabgeltung um nachricht gebeten.<br />
private Bild- und Tonaufnahmen sind aus<br />
urheberrechtlichen Gründen nicht gestattet.<br />
www.STAATSKApELLE-DrESDEn.DE<br />
Ihre Mondph<strong>as</strong>enanzeige muss<br />
regelmäßig korrigiert werden.<br />
Etwa alle vier Generationen.<br />
Fünf verschiedene Zeitangaben liefert der SAXONIA JAHRESKALENDER auf einen Blick: Uhrzeit, Großdatum,<br />
Wochentag, Monat und Mondph<strong>as</strong>e. Letztere muss – rein rechnerisch – erst in 122 Jahren um einen<br />
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Alle 476 Einzelteile werden mit der gleichen Sorgfalt finissiert. Selbst diejenigen, die Sie nicht<br />
durch den Saphirgl<strong>as</strong>boden sehen können. Ein feinmechanisches Schmuckstück, d<strong>as</strong> auch dann noch<br />
in ursprünglicher Perfektion glänzen wird, wenn die Mondph<strong>as</strong>enanzeige ihre erste Korrektur benötigt.<br />
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