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Jahresbericht 2010 - Murg Stiftung

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Die <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong>kurz vorgestellt<strong>Stiftung</strong>srat––Humbert Entress, Präsident, Aadorf––Hans Schwyn, Vizepräsident, Littenheid––Dr. med. Markus Binswanger, Littenheid––Myrta Klarer, Sirnach<strong>Stiftung</strong>szweckZweck der <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong> sind die Einrichtung und der Betrieb geeigneterArbeitsstätten, um den psychisch Behinderten eine ihrer Individualitätent sprechende Tätigkeit und Verdienstmöglichkeit zu bieten sowie dieSchaffung weiterer Einrichtungen wie Beratungsstellen und Wohnheime.Ambulatorium und Beratungsstelle des Externen Psychiatrischen DienstesSirnach sind der <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong> angeschlossen.


<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong>Liebe Leserinnen und LeserIm Jahr <strong>2010</strong> sind im Wohnheimund in der Geschützten Werkstätteder <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong> wichtige Weichenfür die Zukunft gestellt worden. DieGesamtverantwortung liegt neu inden Händen von Gabriella Capassi.Die bisherige Bereichsleiterin tritt als Gesamtleiterin in dieFussstapfen von Urs Zürcher, der neben seinen Aufgaben inder Clienia Privatklinik Littenheid während 14 Jahren alsengagierter Gesamtleiter für das Wohnheim und die GeschützteWerkstätte tätig war. Ich danke Urs Zürcher für seinehervorragend geleisteten Dienste und freue mich, dass wirmit Gabriella Capassi in den eigenen Reihen eine kompetenteNachfolgerin gefunden haben. Das für das Berichtsjahrgewählte Motto «TragKraft» ist nicht nur symbolisch für denStabwechsel, sondern beschreibt auch treffend die im Jahre<strong>2010</strong> vorangetriebenen Verbesserungen in den BereichenOrganisationsentwicklung, Öffentlichkeitsarbeit und Qualitätsmanagement.Gesteigert haben wir nicht nur die Belegungin unserem Wohnheim, sondern auch die für externePartner geleisteten Arbeitsstunden in unserer GeschütztenWerkstätte.Im Externen Psychiatrischen Dienst in Sirnach liegt dieZahl der betreuten Patientinnen und Patienten leicht überdem Vorjahr. Die Tatsache, dass die Selbstanmeldungen imBerichtsjahr rückläufig waren und die Patienten vermehrtvon Hausärzten zugewiesen worden sind, bestätigt die verstärkteBedeutung des Hausarztmodells. Vor dem Hintergrund,dass sich die Gesundheitspolitiker für die Psychiatrieeine gezielte Verlagerung vom stationären in den ambulantenBereich wünschen, werden die Angebote unseres ExternenPsychiatrischen Dienstes weiter an Bedeutung gewinnen.Während sich Dr. med. Christine Nussbaumer, LeitendeÄrztin in ihrem Jahresrückblick unter anderem Gedankenzum Ärztemangel macht, beschreibt Katharina Allenspachdie tägliche Gratwanderung von depressiven Menschen. DerFachbeitrag von Daniel Moll verdeutlicht, dass Arbeit undTagesstrukturen für die individuelle Lebensqualität von psychischKranken wichtig sind.Im Namen des <strong>Stiftung</strong>srates danke ich allen Mitarbeiterinnenund Mitarbeitern herzlich für ihren grossen Einsatz.In meinen Dank einschliessen möchte ich auch alle Partnerund Personen, die uns in unserer Arbeit in irgend einer Formunterstützen.Humbert EntressPräsident des <strong>Stiftung</strong>srates1* Zugunsten einer besseren Lesbarkeit wählen wir jeweils die männlicheForm, die weibliche Form ist immer mit einbezogen.


2Der Baum in LittenheidDer Baum hat Wurzeln, Äste und Blätter. Er versinnbildlicht die wechselnden Jahreszeiten,er spendet in der heissen Jahreszeit Schatten und lässt die Sonnenstrahlenin eisigen Tagen auf seinem Gehölze glitzern. Der Baum vermittelt aber auch Kraft,Stärke und Optimismus. Der Baum ist deshalb wie geschaffen, um dem in diesem<strong>Jahresbericht</strong> gewählten Motto «TragKraft» ein Gesicht zu geben.


<strong>Jahresbericht</strong> des Wohnheimsund der Geschützten WerkstätteGabriella Capassi, Leitung Wohnheim und Geschützte WerkstätteIm zurückliegenden Jahr wurdeunsere Institution stark durch denBegriff «TragKraft» geprägt. Unterdiesem Label präsentierten sich diemodernen Eigenprodukte unsererGeschützten Werkstätte. Allmählichwurde «TragKraft» symbolisch zuunserem institutionellen Jahresmotto. Strukturänderungen,laufende Konzeptarbeit und konsequentes Qualitätsmanagementsind Ausdruck dieser tragenden Kräfte. Mit dem Ziel,unsere Klienten auf ihrem persönlichen Weg zu begleiten.Sie sollen sich unterstützt und getragen fühlen. Die «Trag-Kraft» aller Mitarbeitenden und der gesamten Institution istwichtige Voraussetzung im Dienste unserer Klienten.OrganisationsentwicklungNachdem unsere Strategien im 2009 einer intensiven Prüfungunterlagen, wurden die Konsequenzen daraus im <strong>2010</strong>umgesetzt. Die Funktion der Bereichsleitung gibt es nichtmehr. Die Stelle der Leitung Wohnheim und GeschützteWerkstätte wurde neu besetzt. Unsere Führungsstrukturwurde schlanker, Schnittstellen reduziert und Kommunikationswegegekürzt. Weiterer Schwerpunkt war die Anpassungder Konzepte. Mit der Rüsterei in der Küche derClienia Littenheid AG wurde das Angebot der GeschütztenWerkstätte erweitert. Die Wohngruppen «Erle» und «Sonnegg»unterliegen einem gemeinsamen Konzept und arbeiteneng zusammen.ÖffentlichkeitsarbeitErklärtes Ziel war eine verstärkte Öffentlichkeitsarbeit. Sieist Voraussetzung für die Integration unserer Klienten undwichtiges Marketinginstrument sozialer Institutionen. Nebender laufenden Berichterstattung in den lokalen Medienzum Leitungswechsel und aktuellen Entwicklungen, zeigtensich auch Klienten in der Öffentlichkeit. Engagiert nahmensie am Verkauf der Eigenprodukte teil und gaben interessiertenBesuchern am Tag der offenen Tür Auskunft. Ein Klientliess sich zudem von einer regionalen Zeitung interviewen.Auch im kommenden Jahr werden wir die Öffentlichkeitsarbeitweiter ausbauen. Zudem sind Artikel in Fachzeitschriftenbereits in Planung. Schliesslich haben wir noch unsereWebsite inhaltlich überarbeitet.QualitätsmanagementIm Januar <strong>2010</strong> fand erneut ein Aufrechterhaltungsaudit fürdas Wohnheim und die Geschützte Werkstätte statt. Wirwurden durch die Schweizerische Vereinigung für QualitätsundManagement-Systeme zertifiziert. Einmal mehr wurdeunsere Arbeit mit grossem Lob verdankt. Die Empfehlungenwerden laufend geprüft und angepasst. Durch das bereitssehr hohe Qualitätsniveau konnte die Auditzeit auf einenhalben Tag gekürzt werden.BelegungszahlenDie Belegung beider Wohngruppen lag bis zum Monat August<strong>2010</strong> bei durchschnittlich 102 %. Zum Jahresende gingdie Belegung unvorhergesehen zurück. Drei Plätze konntennicht umgehend wieder vergeben werden. Dennoch schliessenwir das Jahr <strong>2010</strong> mit einer Belegung von 92 % und insgesamt9247 Betreuungstagen ab. Zur Verbesserung unsererBelegplanung versenden wir ab Januar 2011 monatlich einenNewsletter an unsere Partner. Neben aktuellen Informationenzu laufenden Aktivitäten werden darin die freien Plätzedes Wohnheims und der Geschützten Werkstätte deklariert.Letztere kann im zurückliegenden Jahr 36 000 Arbeitsstundenausweisen.Herzlichen DankIn meiner neuen Funktion als Leiterin Wohnheim undGeschützte Werkstätte der <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong> möchte ich dieGelegenheit nutzen, allen Mitarbeitenden herzlich zu danken.Mir ist bewusst, dass der Leitungswechsel und andereStrukturänderungen in unserer Institution grosse Herausforderungendarstellten. Besonders deutlich haben die Mitarbeitendenmit Leitungsfunktion diese Veränderungen erlebt.Ihr Verantwortungsbereich hat sich zunehmend erweitert.Herzlichen Dank an Christine Amstutz, Danica Bucan, StefanKaiser Aral und deren Stellvertretern. Ein ganz besondererDank geht schliesslich an unsere Klienten. Ich habegrossen Respekt vor ihrem Engagement und den Anforderungen,denen sie sich täglich stellen. Allen wünsche ich einerfolgreiches 2011 mit hoffentlich viel «TragKraft» von undfür uns.■3


<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong> des Wohnheims und der Geschützten WerkstätteDie «TragKraft» des WohnheimsDanica Bucan, Leiterin Wohngruppe «Erle»4Im Rahmen unserer Konzeptarbeitbeschäftigten wir uns auch im <strong>2010</strong>mit dem Leistungsauftrag des Wohnheims.Zum Leistungsauftrag beiderWohngruppen gehört die Förderungder Selbstständigkeit unserer Klientenim Rahmen des Normalitätsprinzips.Das klingt überzeugend. Doch wie sieht die praktische Umsetzungdieser konzeptionellen Vorgabe aus? Klienten dürfenund sollen im Alltag auf der Wohngruppe mitentscheiden.Sie lernen sich an vorgegebene Strukturen zu halten, sollenaber schliesslich eigene Strukturen aufbauen. Solche Strukturensind elementarer Bestandteil für ein selbstständigesLeben ausserhalb der <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong>.«TragKraft» der GruppeWichtig im Zusammenleben auf einer unserer Wohngruppenist natürlich auch das Miteinander der Klienten.In der Gruppe entwickeln sie oft eigene tragende Kräfte.Manchmal ganz unerwartet für uns Mitarbeitende. Neulichfiel beispielsweise die Freizeitgruppe aus. Ausnahmsweisemusste sich das verantwortliche Teammitglied wegen einerKrisenintervention entschuldigen. Die Klienten trafen sichtrotzdem im Wohnzimmer und begannen zu diskutieren,wie der Nachmittag gestaltet werden soll. Es war ein kalter,unfreundlicher Tag. Dennoch fiel die Entscheidung, denNachmittag gemeinsam an der frischen Luft zu verbringen.Ein schönes Beispiel dafür, wie Klienten sich selbstständigund aus eigener Kraft organisieren können.«TragKraft» der StrukturenStrukturen geben Orientierung und Sicherheit. Sie fangenuns auf und tragen, wenn wir den Halt verlieren. VorgegebeneStrukturen können aber auch einengen. Wer selbstständiglebt, der lässt sich beispielsweise morgens vor der Arbeit wecken.Meistens von seinem Wecker. Manchmal fällt der Startin den Tag nicht leicht. Unseren Klienten geht es ähnlich.Manche schaffen es leider nicht, selbstständig aufzustehen.Nun könnten wir Mitarbeitenden sie jeden Tag wecken. Daswäre eine durchaus verlässliche Variante. Die Klienten würdenjedoch im Laufe der Zeit ihre Selbstständigkeit verlieren.Gemeinsam suchen wir nach Lösungen im Sinne derindividuellen Förderung. Sie sollen lernen, ihren Weckerselbst zu stellen. Nur so können sie frei darüber entscheiden,wieviel Zeit sie morgens zum Aufstehen und für die Morgentoilettebenötigen.«TragKraft» der GemeinschaftDas Beispiel mit dem morgendlichen Aufstehen wirkt vielleichtbanal. Trotzdem gehört es zum Tagesablauf der meistenMenschen. Solche strukturierten Abläufe finden wirüberall in unserem täglichen Leben wieder. Dazu gehörendie Kleiderpflege, das Bügeln, das Einkaufen und Kochen,die Reinigung der Wohnung sowie die Gestaltung vonArbeit und Freizeit. Wir wollen diese Aufgaben nicht einfachfür unsere Klienten übernehmen. Gemeinschaftlicherarbeiten wir Strategien, die es den Klienten ermöglichen,eigenverantwortlich ihren Alltag zu meistern. Das geht nurschrittweise. Wir suchen den Weg gemeinsam mit unserenKlienten. Manchmal geht es nur langsam, dafür sorgfältigund angepasst an ihr eigenes, persönliches Tempo.Parallelen mit «TragKraft»Ich selbst bin in einer Grossfamilie aufgewachsen. Die gemeinsamenMahlzeiten waren ein wesentliches Element unseresfamiliären Alltags. Am langen Tisch begegnete sich dieganze Familie. Wir haben miteinander gegessen und geredet.Diese gemeinsamen Momente gehören für mich zu einergut funktionierenden Familie. Wir versuchen, dieses Prinzipder positiven Lernatmosphäre auf unsere Wohngruppen zuübertragen. Auch hier nehmen die gemeinsamen Mahlzeiteneinen grossen Stellenwert ein. Während für die einen diegesellige Zeit am Tisch bereits selbstverständlich ist, müssenandere dies erst noch lernen.«TragKraft» des TeamsRaum geben und nehmen, Strukturen aufzeigen, wahrnehmen,aber auch abgeben. Zuhören und wahrnehmen, wasbeim Klienten passiert. Das gehört zu unserer täglichenArbeit. Wann verhalten wir uns subtil und wann müssenwir unmissverständlich eingreifen? Auch wenn wir häufigselbstständige Entscheidungen treffen, sind wir nur so professionell,wie es das ganze Team ist. Nur zusammen könnenwir unsere Arbeit reflektieren und eine gemeinsame Haltungentwickeln. Die Kräfte der einzelnen Mitarbeitenden tragendas ganze Team und das Team trägt den einzelnen Mitarbeiter.■


Statistik Wohnheim undGeschützte Werkstätte6Klientinnen und Klienten im Wohnheim(Stichtag 31.12.<strong>2010</strong>)Alter Männer Frauen Total15 – 19 0 0 020 – 24 3 3 625 – 29 2 0 230 – 34 1 0 135 – 39 3 0 340 – 44 2 2 445 – 49 1 1 250 – 54 1 1 255 – 59 3 0 360 – 64 0 0 0Total 16 7 23Nach Kantonen (Stichtag 31.12.<strong>2010</strong>)KlientenGlarus 2Schwyz 6St.Gallen 2Thurgau 9Zürich 1Zug 2Fürstentum Lichtenstein 1Total 23Belegung im WohnheimTage2006 10 1362007 10 6952008 9 9642009 9 715<strong>2010</strong> 9 975Mutationen Klientinnen und Klienten Wohnheim im <strong>2010</strong>EintritteAustritteFrauen 3 6Männer 7 8Total 10 14Mutationen Klientinnen und KlientenGeschützte Werkstätte im <strong>2010</strong>EintritteAustritteFrauen 7 3Männer 7 3Total 14 6Geleistete Arbeitsstunden in den Geschützten Werkstätten und bei den EinzelarbeitsplätzenPlätze Stunden <strong>2010</strong> Stunden 2009 Stunden 2008Total 30 37 105 36 400 34 041


7Aufträge von externen Unternehmen ermöglichen uns die Aufrechterhaltungunserer Geschützten Werkstätte und die Sicherstellung einer Tagesstruktur fürunsere Klientinnen und Klienten. Wir danken folgenden Firmen für ihre Aufträge:Bildungsstätte Sommeri; Clienia Privatklinik, Littenheid; Dargebotene Hand,St.Gallen; FAIRDRUCK Druckerei Sirnach; Haka Gredur, Gossau; Hauri AG,Bischofzell; Heimstätte Wil, Wil; Hunter Douglas, Wängi; Jagdschutzverein Thurgau,Frauenfeld; Johnson Diversey, Münchwilen; maneth stiefel ag, Bülach;Rosskopf Hans, Rickenbach; Schloss Herdern, Herdern; Sonder egger AG, Wil;SLRG, Rickenbach; SPRING, nternational GmbH, Eschlikon; Theater JETZT, Sirnach;Traxler AG, Bichelsee; Virtuelle Werkstatt Ostschweiz (VWO); Valida, St.GallenSpenden <strong>2010</strong>Im Jahr <strong>2010</strong> wurde die <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong> von folgenden Personen, Behörden undInstitutionen unterstützt:Maria Alba, Wil; Elo und Jürg Baumberger, Sirnach; Bernadette Blum, Wil;Paul Bürgler, Luzern; Brunner und Schär Treuhand AG, Aadorf; Cesare Capassi,Wil; CVJM Hinterthurgau, Eschlikon; Evang. Kirchgemeinde, Sirnach;Evang. Kirchenpflege, Sirnach; Dr. med. Hans Geigenmüller, Busswil;Gemeinnützige <strong>Stiftung</strong> Johnson Diversey, Münchwilen; Kath. Pfarramt,Frauenfeld; Urs Leutenegger, Zuzwil; Beatrice Pfister, Wil; Heinrich Schmid-Klaus,Zug; Leo Strüby, Ibach; Möbel Svoboda AG, Schwarzenbach; Ed. Vetter AG,Lommis; Benno Zoller, HenauDen Spendern danken wir herzlich für ihre Unterstützung.


<strong>Jahresbericht</strong> des ExternenPsychiatrischen DienstesDr. med. Christine Nussbaumer, Leitende Ärztin8 Sind Psychiater eine aussterbendeSpezies? Dieser Gedanke ist gar nichtso abwegig, denn in der Schweiz istder Nachwuchsmangel bei den Psychiaternbereits Tatsache. PsychiatrischeKliniken und Ambulatorienhaben enorm Mühe, freie Stellen fürAssistenzärzte zu besetzen.Die Psychiatrie ist unter allen medizinischen Fachrichtungenam wenigsten beliebt. Das erstaunt mich. Ist die angewandtePsychiatrie nicht die vielfältigste von allen medizinischenLehren? Einerseits bringt der biologische Bereichder Psychiatrie spannende und neue Forschungsergebnissehervor. Andererseits findet in der psychiatrischen Praxis eineganzheitliche Erfassung des kranken Menschen statt unddies schliesst philosophische, ethische, religiöse, soziologische,kulturelle Fragestellungen mit ein.Die Psyche und ihre Krankheiten sind oft nicht nur durchdie Biologie erklärbar und die Behandlung erfolgt nicht nurdurch die medikamentöse Beeinflussung der Neurotransmitterim Hirn. Letztlich steht in der psychiatrischen Behandlungdie Beziehung zwischen Psychiater und Patient imMittelpunkt und das Vertrauen von unseren Patienten, dieuns Einblick in ihr Leben, in ihr Denken, in ihre Ängste undHoffnungen gewähren. In den Gesprächen geht es in derganzheitlichen Behandlung oft um die Fragen: Wer bin ich,wer bist du? Was ist für mich ein gutes Leben? Was ist krank,was ist einfach anders? Wieviel Autonomie, wieviel Fürsorgebraucht ein Patient? Oft leiden psychisch kranke Menschenunter Einsamkeit. Ein religiöser, schwer depressiver Mannfragte mich einmal: «Hat Gott mich verlassen?»Die Auseinandersetzung mit diesem bunten Strauss vonNaturwissenschaft bis Geisteswissenschaft fasziniert mich.Dass eine Depression oft nicht nur mit antidepressivenMedikamenten zu behandeln ist, sondern, dass in der Auseinandersetzungmit diesem Krankheitsbild noch viele andereFaktoren mitspielen, zeigt unsere Psychologin KatharinaAllenspach in ihrem Artikel «Mit Depressionen leben – eineGratwanderung». Daniel Moll, unser Sozialarbeiter, beschäftigtsich in seinem Beitrag mit den verschiedenen Möglichkeitenvon Tagesstrukturen und Arbeitsversuchen für psychischKranke, und auch, wo Verbesserungsmöglichkeitenbestehen.PersonellesBis jetzt sind wir glücklicherweise weitgehend vom Nachwuchsmangelbei Assistenzärzten verschont geblieben: Am1. September <strong>2010</strong> fing Alexandra Hengstler ihre 50-Prozent-Assistenzarztstellebei uns an. Hingegen konnten wirdie Kinder- und Jugendpsychologenstelle bis jetzt nicht besetzen.Das Zentrum für Kinder- und Jugendpsychiatrie derClienia Littenheid übernahm deshalb <strong>2010</strong> die Anmeldungenvon Kindern und Jugendlichen.JahresstatistikInsgesamt hat sich die Anzahl der <strong>2010</strong> betreuten Patientengegenüber 2009 kaum verändert. Die Erst- und Wiederanmeldungenhaben sich <strong>2010</strong> von 264 auf 236 im Ambulatoriumund von 146 auf 123 in der Beratungsstelle reduziert.Ein Grund ist, dass in unserer Statistik die Patienten unter18 Jahren, welche von der Clienia Littenheid betreut werden,nicht mehr enthalten sind. Ausserordentlich hoch istdie Zahl der angemeldeten, aber nicht erschienenen Patienten:Sie beträgt 70 Personen.Die Konsultationsanzahl und -stunden haben sich imVergleich zu 2009 um zirka 10 Prozent erhöht. Unsere Sozialarbeiterverzeichneten einen noch grösseren Zuwachs derKonsultationsstunden von 1772 auf 2053. Wie es sich schon2009 abzeichnete, nehmen die sozialen Fragestellungen undProbleme zu.Die Altersverteilung im Ambulatorium ist ähnlich wie2009, einzig bei den 65- bis 74-jährigen Patienten ist eineZunahme zu verzeichnen, nur noch drei Patienten warenälter als 74 Jahre.Keine Änderungen gibt es bei den Diagnosen. Nach wievor am häufigsten sind die depressiven Erkrankungen.<strong>2010</strong> gab es mehr ärztliche Zuweisungen, die Selbstanmeldungennahmen ab. Dieser Trend wird sicher noch zunehmen,da die Politik die Hausarztmodelle fördert. ■


Mit Depressionen leben –eine Gratwanderunglic. phil. Katharina Allenspach, Fachpsychologin für Psychotherapie FSPDepressionen gehören zu den häufigstenBeschwerden, mit denen wires in unserer ambulanten Arbeit zutun haben. Dies leuchtet ein. Erkrankendoch bis zu 26 Prozent der Frauenund bis zu 12 Prozent der Männereinmal im Leben an einer Depression(Hautzinger 2007). Die Symptome reichen dabei von vorübergehendenKrisen im Zusammenhang mit schwierigenLebenssituationen bis hin zu chronischen Beschwerden mitzum Teil schweren Einschränkungen über lange Zeit hinweg.Allen Depressionen gemeinsam ist, dass sich die betroffenePerson in ihren Gefühlen und Gedanken mehr oderweniger verändert und oft auch körperlich schlecht fühlt.Alles läuft wie auf Sparflamme. Der Mensch funktioniertnicht wie vorher, kann keine Freude mehr empfinden, fühltsich vielleicht leer und niedergeschlagen, oft auch reizbarund ängstlich. Das Denken fällt schwer, Entscheidungensind kaum mehr möglich, einfache Aufgaben überfordern.Das Selbstvertrauen ist tief, Schuldgefühle stellen sich ein.In körperlicher Hinsicht fehlt die Energie. Man ist müde,kommt aber doch nicht zur Ruhe. Der Schlaf ist gestört, derAppetit vermindert. Suizidgedanken sind häufig und müssenernst genommen werden.Rückzug aus ÜberforderungViele Autoren verstehen depressive Reaktionen als psychischeRückzugs- und Notmassnahmen bei innerer oder äussererÜberforderung. Daniel Hell (1992) spricht von einer Art«Totstellreflex», wenn Gefühle wie Trauer, Angst oder Wutdie eigenen Bewältigungsmöglichkeiten übersteigen. Dieschwer depressive Person nimmt dabei mit vollem Bewusstseinwahr, wie isoliert sie erstens gegen innen ist und keinenZugang zu ihren emotionalen und denkerischen Möglichkeitenhat und zweitens gegen aussen keinen psychischenKontakt zu andern Menschen aufnehmen kann.Druck, den depressiven Zustand zu überwinden, verstärktin dieser Phase nur die ohnehin vorhandene Tendenz, sichselbst anzuklagen und führt zu noch grösserer Verzweiflungüber den eigenen Zustand.Balance zwischen Entlastung und AktivitätIm Besserungsverlauf, wenn sich die depressive Blockadeund der depressive Selbstverlust allmählich lösen, könnendosierte, nicht überfordernde Aktivitäten wie Spaziergängeoder Kontakte mit andern helfen, allmählich wieder einGefühl für die eigenen Fähigkeiten und Kräfte zu erlangen.Subjektiv fühlt sich die betroffene Person vielleicht noch garnicht dazu in der Lage, merkt dann aber, wenn sie sich trotzAntriebsproblemen überwinden kann, dass sie sich wiederbesser spürt, mehr Energie hat, emotional auch positive Gefühleverspüren kann und sich auch ihre Denkfähigkeit verbesserthat. Solche Erfahrungen von Selbstwirksamkeit undpositiven Rückmeldungen durch andere können helfen, denWeg aus der Depression heraus zu finden.Eine angemessene Balance zwischen Entlastung und dosierterAktivität zu finden, ist allerdings oft schwierig. Einerseitsbesteht die Gefahr eines zu forcierten Ankämpfensgegen noch bestehende Einschränkungen – wozu gerade depressionsanfälligeMenschen mit hohen Ansprüchen an sichselbst neigen. Andererseits kann es auch passieren, dass sichPatienten zu lange zu wenig zutrauen – auch das eine Folgedepressionsbedingter negativer Selbsteinschätzung – unddeshalb zu lange in einer Art passiven Krankenrolle verharren,welche ihr Selbstvertrauen weiter unterhöhlt.Der Weg aus der Depression gelingt nicht immer. Währendimmerhin die Hälfte bis zwei Drittel der Betroffeneneine fast vollständige Besserung erfahren, kommen chronischeVerläufe, also depressive Zustände, die während mehrals zwei Jahren anhalten, laut Statistiken in etwa 10 bis 20Prozent der Fälle vor (Hautzinger 2007). Auch subklinische,nicht in eigentliche Krankheitsphasen mündende chronischedepressive Verstimmungen, oft ab Jugendalter, gehörenzum Spektrum depressiver Störungen. So vielfältig Verlaufsformenund Erscheinungsbilder von Depressionen sind, sokomplex sind auch deren Ursachen. Man geht von einemZusammenspiel von biologischen, sozialen und psychischenFaktoren aus.9


<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong> des Externen Psychiatrischen Dienstes10 Psychodynamische AspekteInsbesondere bei chronischen oder sich wiederholendenDepressionen liegt der Fokus der Behandlung in der psychotherapeutischenBearbeitung von Grundkonflikten undPersönlichkeitsfaktoren, welche depressionsauslösend unddepressive Reaktionsweisen aufrecht erhaltend wirken. Alstypischer depressiver Grundkonflikt gilt die Schwierigkeit,Abhängigkeitswünsche mit Autonomiebestrebungen inEinklang zu bringen. Dies oft als Folge von frühkindlichenBindungsstörungen. Auch Verlusterlebnisse und Traumatisierungentragen zur Depressionsentstehung bei. Ebensodie Verinnerlichung von zu streng erlebten Elternfiguren,welche die Grundlage für überhöhte, unerfüllbare innereIdeale und Ansprüche an sich selbst legen. Solche Über-Ich-Konflikte drücken das depressive Selbst nieder und machenErfahrungen von Stolz und Selbstkompetenz immer wiederzunichte. Auch übertriebene Schuldgefühle stehen damit inVerbindung.Während akute, schwere depressive Episoden relativ uniformerscheinen, sozusagen als «gemeinsame Endstreckeeines heterogenen Geschehens», so die Auffassung vielerAutoren, zeichnen sich leichtere und chronische depressiveVerläufe durch ein hohes Ausmass an Dynamik aus. Jenachdem, welche innerpsychischen Konflikte aktiviert sindund welche Abwehrmassnahmen dagegen eingesetzt werden,kann das Befinden stark schwanken, etwa zwischen regressiverAbhängigkeit und forcierter Autonomie, oder – im Beziehungsverhalten– zwischen Idealisierung und enttäuschtemRückzug. Nicht selten scheint es, als ob ein Teil derPersönlichkeit noch depressiv blockiert ist, auch abhängigvom äusseren Kontext wie einer schwierigen Arbeitssituation,während ein anderer Teil bereits wieder frei fühlen, denkenund handeln kann.Diese Vielfalt und Dynamik macht die psychotherapeutischeArbeit mit depressiven Patienten zu einer spannendenund herausfordernden Aufgabe. Jeder Einzelfall ist anders,und oft weiss man zu Beginn nicht, wohin die Reise geht.Einige Patienten benötigen lange Therapien, bis tief verwurzeltedepressionsauslösende Mechanismen verändert werdenkönnen, andere finden überraschend schnell und erfreulichnachhaltig aus der Depression heraus.Toleranz für negative GefühleEinerseits ist es wichtig, Depressionen zu erkennen und zubehandeln, auch im Dienste der Suizidprävention und zurVerhinderung chronischer Verläufe. Andererseits sei vorvorschneller Pathologisierung negativer Gefühle gewarnt.Manchmal schadet es geradezu, wenn diese vermieden odernicht wahrgenommen werden. Beispiele sind Trauergefühle,welche zur Verarbeitung von Veränderungen gehören, ebensoAngstgefühle, die auf Gefahren oder Konflikte aufmerksammachen. Schamgefühle, Schuldgefühle oder Wutgefühlesind wichtige Orientierungshilfen und Instrumente bei derWahrung privater und sozialer Grenzen. Ermüdungserscheinungenzeigen, dass Erholung notwendig ist. Auch einetiefe Hoffnungslosigkeit als vorübergehende Reaktion aufeine schwere Enttäuschung kann im Spektrum «normalen»Erlebens sein. In Abgrenzung dazu spricht man von einerklinisch relevanten depressiven Episode, wenn depressiveSymptome über längere Zeit (laut diagnostischen Leitlinienmehr als zwei Wochen) anhalten und sich durch äussereUmstände wenig beeinflussen lassen. Ist die depressive Episodeabgeklungen, besteht ein Therapieziel gerade darin, dieToleranz für negative Gefühle zu stärken und diese erlebbarzu machen, ohne dass sie einen erneuten depressiven Rückzugauslösen.LiteraturHautzinger (2007): Symptomatik, Diagnostik und Epidemiologie.In: Schauenburg, H.; Hoffmann, B. (Hg.): Psychotherapieder Depression. Krankheitsmodelle und Therapiepraxis– störungsspezifisch und schulenübergreifend.Thieme.Hell, Daniel (1992): Welchen Sinn macht Depression?Rowohlt. ■


Arbeit und Tagesstruktur für krankeund/oder invalide MenschenDaniel Moll, dipl. Sozialarbeiter FHArbeit ist ein zentrales Element imLeben der Menschen. Wer durchKrankheit und/oder Invalidität ausdem Arbeitsprozess ausscheidet, siehtsich häufig mit vielen neuen Problemenkonfrontiert. Mögliche Folgensind:– Materielle Versorgung nur unzureichend sichergestellt– Soziale Ausgrenzung– Isolation/Vereinsamung– Vermehrte psychische Instabilität– Gefahr von vermehrtem Suchtmittelkonsum– VerschuldungTagesstruktur und Arbeit beinhalten verschiedene Faktoren,welche die individuelle Lebensqualität und psychische Stabilitätverbessern können:– Die betroffenen Menschen werden durch Fachpersonengecoacht.– Es findet eine soziale Vernetzung statt.– Dem Tag einen Inhalt geben.– Das Gefühl, etwas Produktives erbracht zu haben.– AnerkennungWeiter hat die IV die Massnahme «Arbeit zur Zeitüberbrückung»geschaffen, um Tagesstruktur und Arbeitsfähigkeitzu erhalten.Auch arbeitet die IV heute mit «Einarbeitungszuschüssen».Durch diese Zuschüsse soll Arbeitgebern ein Anreizgeboten werden, eine gesundheitlich beeinträchtigte Personzu beschäftigen. Auch verspricht die IV den ArbeitgebernSupport und Coaching. Die Neubeschäftigung einer gesundheitlichbeeinträchtigten Person ist für die meisten Arbeitgebereine Herausforderung mit unbekannten Faktoren.Regionale Arbeitsvermittlungszentren (RAV)Das RAV verfügt über arbeitsmarktliche Massnahmen, welchein Beschäftigungsprogrammen stattfinden. Eine arbeitslosePerson kann einem Beschäftigungsprogramm zugewiesenwerden, die Teilnahme ist dann obligatorisch.Mit den arbeitsmarktlichen Massnahmen verfolgt das RAVfolgende Ziele:– Vermittlungsfähigkeit der Versicherten verbessern– Rasche und dauerhafte Eingliederung wird angestrebt– Förderung der beruflichen Qualifikationen– Verminderung der Gefahr der Langzeitarbeitslosigkeit– Sammeln von Berufserfahrungen11Da das Problem des Fehlens von Arbeit und Tagesstrukturbei kranken Menschen erkannt wurde, verfügen die verschiedenenVersicherungszweige über geeignete Gefässe, umdieses Manko aufzufangen. Nachfolgend versuche ich, diesein Bezug auf die verschiedenen Versicherungszweige kurz zuumreissen. Ich werde dabei auch auf Mängel hinweisen.InvalidenversicherungDie Invalidenversicherung kennt die klassischen geschütztenArbeitsplätze in Institutionen, welche Arbeitsplätze imkreativen Bereich, der Produktion, Verpackungsaufträge undso weiter. anbieten. Zugang zu einem geschützten Arbeitsplatzhaben Menschen, welche eine Invalidenrente haben,was eine Bedingung ist. Für jeden besetzten Arbeitsplatzerhalten diese Institutionen Zuschüsse vom Bundesamt fürSozialversicherungen.Mit der 5. IV-Revision wurden weitere Gefässe geschaffen.So kennt die IV heute «Belastbarkeits- und Aufbautrainings».Diese dienen dazu, eine Restarbeitsfähigkeit zuerhalten und die Arbeitsfähigkeit wieder so zu fördern, dasseine Wiedereingliederung in der freien Wirtschaft möglichsein sollte.SozialhilfeDie Sozialhilfe garantiert die materielle Existenzsicherungfür Menschen, welche über kein anderes Einkommen verfügen.Die Sozialhilfe beschränkt sich jedoch nicht auf finanzielleAspekte. Für viele Personen, welche von der Sozialhilfeleben müssen, gerade auch für ausgesteuerte Personen, existiertwenig Aussicht auf eine rasche und dauerhafte Integrationin den Arbeitsmarkt. Deswegen hat sich die moderneSozialhilfe verpflichtet, Massnahmen zur sozialen und beruflichenIntegration bereit zu stellen.Diese Integrationsmassnahmen basieren auf der Idee vonLeistung und Gegenleistung. Eine Person, welche durch dieSozialhilfe unterstützt wird, kann angehalten werden, an einerIntegrationsmassnahme teilzunehmen. Wenn die Persondem nicht Folge leistet, ist mit Kürzungen zu rechnen.Bei diesen Integrationsmassnahmen arbeiten die Gemeindenhäufig mit bewährten Beschäftigungsprogrammen zusammen,mit welchen auch das RAV zusammenarbeitet. Esgibt jedoch auch Gemeinden, welche über eigene Beschäftigungsmöglichkeitenverfügen, sei es über eigene Beschäftigungsprogramme,manchmal auch in Zusammenarbeit mitanderen Gemeinden oder auch in der Gemeinde selbst, beispielsweisein Form von Quartierarbeit.


<strong>Jahresbericht</strong> <strong>2010</strong> des Externen Psychiatrischen Dienstes12 Das Loch, wenn niemand zuständig istImmer wieder treffen wir in unserer Arbeit im EPD Konstellationenan, bei denen keine der oben genannten Versicherungenzuständig ist für die Organisation von Arbeit und/oder Tagesstruktur. Die materielle Absicherung ist durchden Verdienst eines Ehegatten oder über Krankentaggeldergegeben. Aufgrund der schon länger andauernden Arbeitsunfähigkeitbesteht kein Anspruch auf Leistungen von derArbeitslosenversicherung oder die Pflichten gegenüber demRAV können aufgrund der Erkrankung nicht bewältigt werden,weil eine Person zu instabil ist. Wenn die IV involviertist, lenkt diese in solchen Fällen meist auch nicht auf ein«Belastbarkeits- und Aufbautraining» ein. Auch bestehtkünftig die Möglichkeit, dass Beschäftigungsprogrammeüber die Sozialämter nur noch reduziert angeboten werden.Bisher konnten sich die Menschen dank solcher Beschäftigungsprogrammewieder beim RAV anmelden. Sie kamenso wieder zu einem eigenen Einkommen und wurden wiederunabhängig vom Sozialamt. Ab April 2011 (Einführungneues Gesetz für Arbeitslosenversicherung) wird das nichtmehr anerkannt.Häufig treffen wir solche Konstellationen auch nach einemstationären oder teilstationären Klinikaufenthalt an.Betroffene Personen stehen dann ohne jegliche Tagesstrukturda, da keine Versicherung, welche solche anbietet, zuständigist. Häufig geht es dann bei der IV um eine Rentenprüfung,wobei meist der Bescheid länger auf sich warten lässt. DerZugang zu einem geschützten Arbeitsplatz wird dann erstmöglich, wenn eine IV-Rente gesprochen ist.Zwischen den verschiedenen Versicherungssystemen existiertein Loch, welches dringend gestopft werden müsste.Denn bei einer weiteren gesundheitlichen Destabilisierungmangels Tagesstruktur werden oft genau die davon betroffenenPersonen Langzeitrentner, was die IV, wie auch dieanderen Sozialversicherungen, eigentlich vermeiden wollen.Diese Klienten wünschen sich meist solche Strukturen, aberdiese zu organisieren, ist nicht möglich. Mein Wunsch ist,dass die Finanzierung von geeigneten Arbeitsplätzen und/oder von Tagesstruktur auch für diese Personen möglichwird. ■


Jahresstatistik für Ambulatoriumund BeratungsstelleBetreute Patienten/Klienten 2009 <strong>2010</strong> davon Frauen Männer13Ambulatorium 489 477 51.8% 48.2%Beratungsstelle 253 253 49.2% 50.8%Erst- und Wiederanmeldungen 2009 <strong>2010</strong>Ambulatorium 264 236Beratungsstelle 146 123Zeitaufwand AmbulatoriumKonsultationen (Anzahl) 3 673 3 969Patientenbezogener Aufwand (Stunden) 2 951 3 284Zeitaufwand Beratungsstelle (Stunden)Sozialberatung und Betreuung von KlientInnen 1 772 2 053Kurzberatungen 49 50Hausbesuche (Stunden)Ambulatorium 3 1Alter der Neu- und Wiedereintritte im Ambulatorium Frauen Männer TotalBis 17 0 (0 %) 0 (0 %) 0 (0 %)18–24 15 (13 %) 21 (18 %) 36 (15 %)25–34 24 (20 %) 20 (17 %) 44 (19 %)35–44 25 (21 %) 25 (21 %) 50 (21 %)45–54 30 (24 %) 29 (25 %) 59 (25 %)55–64 14 (12 %) 18 (16 %) 32 (14 %)65–74 10 (8 %) 2 (2 %) 12 (5 %)75–84 1 (1 %) 1 (1 %) 2 (1 %)85 und älter 1 (1 %) 0 (0 %) 1 (0 %)Total 120 (100 %) 116 (100 %) 236 (100 %)Alter der Neu- und Wiedereintritte der Beratungsstelle Frauen Männer TotalBis 17 0 (0 %) 0 (0 %) 0 (0 %)18–24 7 (12 %) 8 (13 %) 15 (12 %)25–34 15 (26 %) 12 (18 %) 27 (22 %)35–44 13 (22 %) 22 (34 %) 35 (28 %)45–54 13 (22 %) 12 (18 %) 25 (20 %)55–64 8 (14 %) 10 (15 %) 18 (15 %)65–74 1 (2 %) 0 (0 %) 1 (1 %)75–84 1 (2 %) 0 (0 %) 1 (1 %)85 und älter 0 (0 %) 1 (2 %) 1 (1 %)Total 58 (100 %) 65 (100 %) 123 (100 %)


14Diagnosen der Neu- und Wiedereintritte (ICD-10) <strong>2010</strong> davon Frauen Männerkeine Diagnose 0 0% 0%F0 = Organische einschliesslich symptomatischerpsychischer StörungenF1 = Psychische und Verhaltensstörungen durchpsychotrope Substanzen2 0% 100%11 18% 82%F2 = Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen 17 29% 71%F3 = Affektive Störungen 94 61% 39%F4 = Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen 92 50% 50%F5 = Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungenund Faktoren3 100% 100%F6 = Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen 13 54% 46%F7 = Intelligenzminderung 0 0% 0%F8 = Entwicklungsstörungen 0 0% 0%F9 = Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginnin der Kindheit und Jugend4 0% 100%Gutachten 2009 <strong>2010</strong>Militärgutachten 1 0IV-Gutachten 2 1Versicherungsgutachten 0 2Wohnkantone der Patienten/Klienten 2009 <strong>2010</strong> 2009 <strong>2010</strong>AmbulatoriumBeratungsstelleHinterthurgau 87,5% 88,6% 86,2% 84,0%Übriger Thurgau 2,2% 3,2% 6,7% 9,0%Kanton St. Gallen 3,3% 2,7% 3,9% 3,1%Andere 7,0% 5,5% 3,2% 3,9%Zuweiser der Neu- und Wiedereintritte 2009 <strong>2010</strong>Von sich aus 111 86Niedergelassene Ärzte 141 126PK Littenheid 23 32Amt/Behörden/Gericht 8 3PK Münsterlingen 8 4Andere Institutionen und Wohnheime 12 10Versicherungen 2 0KS Frauenfeld 4 6Andere PK/Spitäler 0 3Familienmitglieder/Drittpersonen 20 18Interne Anmeldung 81 71Total 410 359


<strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong> LittenheidBilanz per 31. Dezember <strong>2010</strong>Betrag in Fr.AktivenFlüssige Mittel 773 513.23Forderungen aus Leistungen 318 774.03Aktive Rechnungsabgrenzungsposten 512 050.87Total Aktiven 1 604 338.1315PassivenKreditoren 57 143.10Darlehen 887 614.00Rückstellungen 379 136.23Passive Rechnungsabgrenzungsposten 102 025.24<strong>Stiftung</strong>skapital 20 000.00Freies <strong>Stiftung</strong>svermögen 105 556.70Gewinnvortrag 52 862.86Vorschlag 0.00Total Passiven 1 604 338.13Gewinn- und Verlustrechnung <strong>2010</strong>AufwandPersonalaufwand 2 672 305.10Warenaufwand 361 784.30Unterhalt, Reparaturen und Energie 37 856.30Anlagenutzung 617 712.00Zinsaufwand 35 399.45Verwaltungsaufwand 241 562.40Übriger Betriebsaufwand 61 916.26Total Aufwand 4 028 535.81ErtragKostgelder 1 259 890.70Medizinische Leistungen 911 347.81Zinsertrag 1 247.66Übriger Betriebsertrag 58 591.42Erträge des Betriebes 2 231 077.59Betriebsbeiträge 1 456 864.49Beitrag übrige 30 593.73Kanton Thurgau, Externer Psychiatrischer Dienst 310 000.00Beiträge 1 797 458.22Total Ertrag 4 028 535.81RekapitulationTotal Aufwand 4 028 535.81Total Ertrag 4 028 535.81Vorschlag 0.00


Kurzporträt der <strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong>16Externer Psychiatrischer Dienst (EPD) in SirnachDas therapeutische Angebot des Ambulatoriums umfasst psychiatrische undpsychotherapeutische Abklärungen und Behandlungen für Erwachsene. Wir bietenKriseninterventionen mit täglicher Notfallsprechstunde, Verhaltenstherapieund psychodynamisch orientierte Therapie an. Die Beratungsstelle leistet Hilfestellungbei sozialen Problemen und Unterstützung zur Verbesserung der psychosozialenSituation in verschiedenen Bereichen.Geschützte WerkstätteIn der Geschützten Werkstätte und in den externen geschützten Arbeitsplätzenin der Clienia Privatklinik Littenheid haben 30 psychisch beeinträchtige Menschenihren Arbeitsplatz. Sie werden behutsam und schrittweise in die Arbeitswelteingegliedert. Die Geschützte Werkstätte führt ver schiedene abwechslungsreicheArbeiten für Unternehmen aus der Region aus.WohnheimIn den Wohngruppen «Erle» und «Sonnegg» bieten wir 29 psychisch beeinträchtigtenMenschen beider Geschlechter für kürzere oder längere Abschnitteeine stabile Wohn- und Lebenssituation, in der ihre Selbst ständigkeit gefördertwird und sie sich auf die Wiedereingliederung in den Alltag vorbereiten können.


So erreichen Sie uns:<strong>Murg</strong>-<strong>Stiftung</strong>CH-9573 LittenheidTelefon: 071 929 60 60, Fax: 071 929 60 30info@murg-stiftung.ch, www.murg-stiftung.chExterner Psychiatrischer DienstAmbulatorium und BeratungsstelleCH-8370 SirnachTelefon: 071 969 55 10, Fax: 071 969 55 11epd@murg-stiftung.chGrünaustrasseDreitannenFrauenfelderstrasseObermattstr.WilEschlikonWinterthurerstrasseKirchplatzKath. KirchePostWilerstrasseBahnhof SBBOberer BahnhofstrasseFischingen

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