Moje W eer Nr. 30 - Kultur Vor Ort
Moje W eer Nr. 30 - Kultur Vor Ort
Moje W eer Nr. 30 - Kultur Vor Ort
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Polizei beobachtet antifaschistische Demonstration<br />
Feuerspuren 2006<br />
8-10.000 Bremen demonstriert gegen NPD Aufmarsch 2006<br />
+++ Zeitschrift für Stadtteilgeschichte(n)+++ Dezember 2006 +++<br />
+++ thema: Demonstration gegen NPD Aufmarsch +++<br />
+++ <strong>Kultur</strong>tipps für den Herbst +++<br />
+++ Das andere Ufer winkt+++<br />
+++ Homöopahtisches im Lichthaus +++<br />
+++ Das Orakel von Gröpelingen +++<br />
+++ Die Mühle des Bischofs +++<br />
+++ querschau: Nachrichten aus Gröpelingen +++<br />
+++ sport im westen +++<br />
<strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong> <strong>Nr</strong>. <strong>30</strong>
gröpelinger querschau<br />
querschau<br />
röpelinger<br />
Allmende<br />
Allmende bedeutet Allgemeingut und ist ein Projekt<br />
der Inneren Mission. Seitdem es durch Hartz IV keine<br />
Bedarfsscheine für Möbel etc. mehr gibt, können<br />
sich dort bedürftige Menschen aus den Stadtteilen<br />
Gröpelingen/Walle Möbel und Haushaltsgegenstände<br />
abholen. Die Allmende befindet sich in der ehemaligen<br />
„Lese“ an der Gröpelinger H<strong>eer</strong>straße direkt<br />
bei der Haltestelle Moorstraße. Wer nicht weiß, wohin<br />
mit seinen Möbeln oder Haushaltsgegenständen,<br />
kann sich gern an das Büro wenden (Tel. 611845)<br />
und sie der Allmende spenden.<br />
Impressum<br />
<strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong>, c/o <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong><br />
Liegnitzstraße 63, 28237 Bremen, Tel. 0421-6197727<br />
e-mail: kulturvorort@torhaus-nord.de,<br />
www.torhaus-nord.de<br />
Konto: Sparkasse Bremen BLZ 290 501 01,<br />
Kto.-<strong>Nr</strong>. 108 79 56<br />
Anzeigen Claudia Ruthard, 0421-6169438<br />
Redaktion Eike Hemmer (V.i.S.d.P.),<br />
Claudia Ruthard, Claus Pöllen, Heinfried Becker,<br />
Thomas Berger, Lutz Liffers<br />
CR<br />
Das andere Ufer winkt<br />
Wird sie bald wieder als Fähre Menschen über die Weser schippern? Zur Zeit<br />
liegt die „Pusdorp“ fest vertäut im Allerhafen in Hemelingen. Als Fähre verband<br />
sie einst die Stadtteile Gröpelingen und Walle mit dem linken Weserufer.<br />
1981 wurde der regelmäßige Fährverkehr eingestellt. Er lohnte nicht mehr<br />
und war zu teuer. Der Verein „Hal Över“ hat nun Interesse signalisiert, das<br />
Schiff vom jetzigen Eigentümer, der Firma Hirdes, zu kaufen und wieder als<br />
Fähre einzusetzen.<br />
Die Chancen stehen nicht schlecht. Seit diesem Sommer liegt ein Fähranleger<br />
auf der Weserseite am Lankenauer Höft. Es ist der ehemalige Behördenanleger<br />
aus dem Industriehafen. Generalüberholt wartet er jetzt auf Fahrgastschiffe.<br />
Für den früheren Anleger der Feuerwehr am Kopf des Holz- und Fabrikenhafens<br />
ist ein Umbau nötig, um ihn für Fahrgäste herzurichten. Aber auch<br />
hier zeichnet sich mit Unterstützung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft<br />
eine Lösung ab. Das Wasser-Dreieck - Pier 2, Lankenauer Höft, Holz und Fabrikenhafen<br />
– wäre mit den neuen Anlegern für das Ansteuern durch Fahr-<br />
Öko in Gröpelingen?<br />
Kein Problem!<br />
Blockhaus Walle liefert auch nach Gröpelingen<br />
– alles was das Öko-Herz begehrt<br />
Naturkost frei Haus ab <strong>30</strong> Euro<br />
Tel. 39 45 0<br />
Die „Pusdorp“ bei ihrer Jungfernfahrt<br />
in den 1970er Jahren (Stadtteilarchiv<br />
<strong>Kultur</strong>haus Pusdorf)<br />
gastschiffe attraktiv, würde aber<br />
auch die Möglichkeit eines<br />
ständigen Fährverkehrs eröffnen.<br />
Nach Auskunft aus dem<br />
Hafenamt und der Entwicklungsgesellschaft„Überseestadt“<br />
scheint auch nicht ausgeschlossen,<br />
das irgendwann<br />
ein weiterer Anleger am grünen<br />
Molenturm verankert wird.<br />
Damit wäre eine engere Anbindung Gröpelingens an die sich dynamisch<br />
entwickelnde Überseestadt gewährleistet. Und ein langgehegter Wunsch der<br />
Gröpelinger könnte in Erfüllung gehen: die alte Verbindung unseres Stadtteils<br />
mit dem Ausflugsgebiet Lankenauer Höft wieder herzustellen.<br />
EiH
11. Gröpelinger Feuerspuren<br />
Kanpp <strong>30</strong>00 Menschen strömten Anfang November zu den traditionellen Feuerspuren auf die Lindenhofstraße. Eine bezaubernde Lichterwelt<br />
an der Grünen Dockstraße und zwei Erzähler am Werftarbeiterdenkmal nahmen die Kinder und ihre Familien in Empfang.<br />
Dann flanierten Kind und Kegel vorbei an Feuershows, Akrobaten und Engeln zur Hauptbühne, wo unter dem Motto „Mehr Licht“<br />
Teufel und Engel ausnahmsweise einmal gemeinsam für den Stadtteil kämpfen mussten.<br />
Am <strong>Vor</strong>abend zum geplanten Aufmarsch der NPD wurden die Feuerspuren auch zu einer wunderschönen Demonstration eines friedlichen,<br />
kreativen und internationalen Stadtteillebens. Das grandiose Höhenfeuerwerk von Norbert Holzapfel war wie immer ein krönender<br />
Abschluss – auch wenn aufgrund des einsetzenden Regens einige schon nach Hause gegangen waren.<br />
Schuldnerhilfe jetzt auch in Gröpelingen<br />
Seit dem 1. Juni hat die bereits in 4 Stadtteilen tätige Schuldnerhilfe<br />
nun auch eine Niederlassung in der Gröpelinger H<strong>eer</strong>str. 214b. Menschen<br />
in sozialer und vor allem finanzieller Notlage finden dort kostenlosen<br />
(für die Erstberatung) Rat.<br />
Geschäftsführer Kirchhoff bedauert jedoch, dass die Beratungsstelle<br />
ihre Unterstützung nicht mehr wie früher, als sie noch eine<br />
pauschale Förderung durch den Senat erhielt, kostenlos anbieten<br />
kann. Stattdessen entscheidet nun in der Regel der zuständige Fallmanager<br />
der BAGIS über eine Kostenübernahme.<br />
Hilfesuchende, die das Büro einer Schuldnerberatung aufsuchen,<br />
sind oft völlig verzweifelt. Scham, Angst vor Zurechtweisung und<br />
das Eingeständnis der eigenen Notlage, der unmenschliche Druck<br />
der Inkasso-Büros - das alles türmt sich zu einem scheinbar unüberwindbaren<br />
Berg. „Die Menschen kommen zu uns so gerne wie<br />
zum Zahnarzt“ meint Kirchoff, „aber wie bei ihm ist den Leuten<br />
auch bei uns nachher ein enormer Druck von den Schultern genommen.“<br />
Schuldnerhilfe Gröpelingen: Tel. 0421/6194243 oder Mo-Do 9–15 h, Mi<br />
bis 18 h, Di oder nach Vereinbarung ist Beratung auch in türkischer Sprache<br />
möglich.<br />
CP<br />
<strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong>: Die <strong>Nr</strong>. <strong>30</strong><br />
Die Zeit der unabhängigen und nicht-komerziellen Stadtzeitungen<br />
ist schon lange vorbei. Aber in Gröpelingen ticken die Uhren anders:<br />
Hier erscheint seit 1998 die <strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong>, diese Ausgabe ist die<br />
<strong>30</strong>.!<br />
Mit einer Auflage von 12.-15.000 Exemplaren findet man sie dreimal<br />
im Jahr in jedem Gröpelinger Briefkasten. Nicht nur im Bremer<br />
Westen wird die Zeitung aufmerksam gelesen, viele Journalisten,<br />
Verwaltungsbeamte, Politiker, <strong>Kultur</strong>schaffende, Touristen und<br />
Interessierte schnappen sich das kostenlose Magazin und informieren<br />
sich so über ein Quartier, das sich in den letzten 15 Jahren<br />
gründlich verändert hat und in dem <strong>Kultur</strong> zu einem Motor<br />
für Stadtentwicklung geworden ist. <strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong> zeigt der Stadt, was<br />
Gröpelingen kann..<br />
<strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong> ist ein friesischer Seemannsgruß und bedeutet so viel<br />
wie „Gutes Wetter“, „Gute Fahrt“. Mit <strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong> bringen wir<br />
Gröpelingen seit über acht Jahren auf gute Fahrt. Die See ist stürmischer<br />
denn je. Aber mit Hilfe des Gröpelinger Beirats, mit Unterstützung<br />
treuer Anzeigenkunden und der Kritik, Hilfe und tatkräftigen<br />
Unterstützung vieler GröpelingerInnen werden die Gröpelinger<br />
Stadtgeschichte(n) auch weiterhin erscheinen.<br />
Herzlichen Dank den Lesern und den Unterstützern.<br />
Die Redaktion<br />
3
gröpelinger querschau<br />
querschau<br />
öpelinger<br />
Trabi und grüner Drache ...<br />
„Aufbruch nach Gröpelingen“ titelten die Künstler im<br />
Atelierhaus Roter Hahn ihre erste gemeinsame Ausstellung<br />
in der Galerie und dokumentierten damit auch einen<br />
ganz persönlichen Aufbruch: Sie alle haben in den<br />
vergangenen Monaten Atelierräume im vor kurzem neu<br />
eröffneten Atelierhaus Roter Hahn bezogen.<br />
So wurde die Ausstellung auch zum Signal für kunstinteressierte<br />
Bremer: In Gröpelingen etabliert sich ein kleiner,<br />
aber feiner Ausstellungsort, an dem auch in den kommenden<br />
Jahren zeitgenössische bildende Kunst zu sehen<br />
sein wird.<br />
Die Ausstellung mit Arbeiten von Edda Ahlswede, Willers<br />
Amtrup, Rita Hoffmann, Bernd Lübbers, Maren<br />
Meinertz, Dirk Mühlenstedt, Uwe Riedel und Johanna-<br />
E. Seiffert zeigte sehr unterschiedliche künstlerische Positionen<br />
- und darum ging es natürlich auch, die große<br />
Bandbreite der Techniken und Themen zu zeigen, die unter<br />
dem Dach des neuen Atelierhauses unterdessen vorhanden<br />
sind.<br />
So präsentierte sich das Atelierhaus als kreatives <strong>Kultur</strong>zentrum<br />
im Herzen des Stiftungsdorfes und lockte am<br />
Eröffnungsabend um die hundert Neugierige in die alte<br />
Wagenhalle.<br />
Die kleine kecke Galerie zeigte einmal mehr, dass sie bestens<br />
geeignet ist, wie in einer hellerleuchteten Vitrine zeitgenössische<br />
Kunst zu präsentieren.<br />
4<br />
L.L.<br />
Ismail Apul auf dem Blauen Sofa<br />
<strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> lädt ein zum literarischen Feierabend am 12. Dezember<br />
in der Stadtteilbibliothek West. Diesmal wird der Allgemeinmediziner,<br />
Frauenarzt und Lichttherapeut Ismail Apul sein persönliches Lieblingsbuch<br />
vorstellen.<br />
Ismail Apul hat sich dabei für den mesopotamisch-altbabylonischen Schöpfungsmythos<br />
„Enuma Elisch“ entschieden. Der etwa im 12. Jh. vor unserer<br />
Zeitrechnung niedergeschriebene Mythos ist eines der ältesten Schöpfungsepen<br />
und gilt als <strong>Vor</strong>läufer der Bibel. Er behandelt den Kampf der Götter<br />
um Macht und die Erschaffung der Menschen.<br />
Das Mitte des 19. Jh. in Ninive wiederentdeckte Werk „Enuma Elisch“<br />
weist zahlreiche Parallelen zur hebräischen Bibel auf und bietet einen anschaulichen<br />
Einblick in das Denken früherer Zeiten.<br />
Di, 12. Dezember 2006, 18.15 h, Stadtteilbibliothek West<br />
Information: <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>, Liegnitzstraße 63, Tel.: 6197727<br />
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Gröpelingen demonstriert gegen NPD<br />
Andere Städte wären stolz...<br />
8000 bis 10.000 Menschen haben sich an der<br />
Demonstration gegen einen NPD Aufmarsch<br />
am 4. November in Gröpelingen beteiligt.<br />
Darunter waren Menschen aus allen Stadtteilen<br />
Bremens, viele Gröpelinger, Menschen<br />
von CDU über SPD bis PDS, Gewerkschafter,<br />
Arbeiter, Arbeitslose, Angestellte, Politiker,<br />
viele Familien, viele Migranten und viele<br />
Jugendliche.<br />
Sie alle wollten verhindern, dass die NPD in<br />
Gröpelingen gegen Ausländer, Arbeitslose und<br />
gegen alle diejenigen hetzt, die sich nicht ihren<br />
rassistischen Idealen unterwerfen wollen.<br />
Da die NPD keine verbotene Organisation ist,<br />
hatte die Polizei die unerfreuliche Aufgabe, den<br />
NPD Aufmarsch zu beschützen, d.h., die Gegendemonstration<br />
aufzuhalten.<br />
So weit - so (mehr oder weniger) gut. Doch<br />
während der Demonstration kam es, so berichten<br />
zahlreiche Zeugen, zu unverhältnismäßigen<br />
Reaktionen der Polizei. Pfefferspray<br />
wurde eingesetzt, Hunde fügten Demonstranten<br />
Bisswunden zu, der Lautsprecherwagen<br />
wurde von der Polizei angegriffen.<br />
Richtig ist, dass vereinzelt am Rande der Demonstration<br />
und sogar aus dem Zug heraus<br />
Apfelkitschen und eine Flasche geworfen wurden.<br />
Das ist nicht akzeptabel, auch wenn vielleicht<br />
einigen angesichts des martialischen Polizeiaufgebots<br />
die Galle hochkam.<br />
Aber der Geist der Demonstration und das<br />
Geschehen vor allem an der Spitze des Zuges<br />
spricht eine andere Sprache: Auch die jungen<br />
Leute haben sich nicht provozieren lassen<br />
von dem Auftritt der Polizei, der an einen<br />
Bürgerkrieg denken ließ. Es ist dem zivilen<br />
Ungehorsam vieler Tausend Demonstranten<br />
zu verdanken, dass der NPD-Aufmarsch<br />
tatsächlich nicht weiter als nur ein paar Hundert<br />
Meter kam.<br />
Drei oder Zehntausend?<br />
In der Presse gab es vor und nach der Demonstration<br />
geradezu eine Kampagne: Viele<br />
Tausend „gewaltbereite Autonome“ wurden<br />
beschworen und im übrigen seien - folgt man<br />
den Angaben der Polizei - nur <strong>30</strong>00 Menschen<br />
dabei gewesen.<br />
Das ist kaum nachvollziehbar. Zunächst zur<br />
Anzahl der Demonstranten: Verschiedene erfahrene<br />
Persönlichkeiten haben den Demonstrationszug<br />
abgeschritten und seine Länge<br />
und die Anzahl der Personen pro 10 Meter gemessen.<br />
Sie alle kommen auf ca. 8000-10.000<br />
Demonstranten. Warum versucht die Polizei<br />
klein zu machen, was eine großartige Manifestation<br />
demokratischer Gesinnung war?<br />
„Ich bin stolz auf diese Jugend“<br />
Und reden wir einmal offen über den „Schwarzen<br />
Block“. Den Demonstrationszug führten<br />
knapp zweihundert junge Leute an, von denen<br />
die meisten sich schwarz gekleidet hatten.<br />
Das ist teils Ritual, teils Mode und teils aus<br />
gutem Grund: Die Erfahrung mit ähnlichen<br />
Demonstrationen zeigt, dass die Polizei seltsamerweise<br />
besonders hart gegenüber diejenigen<br />
vorgeht, die gegen Neonazis demonstrieren.<br />
Aber welche Jugend wünschen wir uns eigentlich?<br />
Wie oft wird in offiziellen Sonntagsreden<br />
geklagt und gejammert über unpolitische<br />
Jugendliche, über Konsumhaltung und Desinteresse.<br />
Am 4. November haben viele junge Leute aus<br />
Bremen und Gröpelingen gezeigt, dass sie bereit<br />
sind, sich gegen Neonazis zu engagieren.<br />
Auf diese Schüler und jungen Leute können<br />
wir stolz sein: Sie haben sich detailliert über<br />
die NPD informiert, sie haben den Kontakt<br />
zum Stadtteil gesucht, sie haben ein großes<br />
persönliches Risiko auf sich genommen: Viele<br />
thema<br />
th<br />
Jens Böhrnsen: „Sie sind<br />
Nazis und nichts anderes“<br />
Bremen. Bürgermeister Jens Böhrnsen sprach<br />
am 4. November während der Demonstration<br />
gegen den NPD-Aufmarsch: „Ich sage<br />
Nazis, weil Neo-Nazis klingt irgendwie nach<br />
Neu. Aber bitte, was ist neu an diesen Ewiggestrigen?<br />
Nichts. Sie sind Nazis und nichts<br />
anderes. Wir werden uns auch nicht von dem<br />
Biedermann-Gehabe einiger NPD-Funktionäre<br />
täuschen lassen. Im Wahlkampf in Berlin<br />
oder Meck-Pomm, da haben diese Biedermänner<br />
Beifall geklatscht, wenn ihre Schlägertrupps<br />
Juso-Veranstaltungen gesprengt<br />
oder Wahlhelfer verprügelt haben. Die NPD,<br />
oder in Arbeitsteilung in Bremen die DVU,<br />
kämpft nicht um demokratische Mandate<br />
in der Bürgerschaft, sie will unsere Demokratie<br />
zerschlagen. Dagegen müssen wir uns<br />
von Anfang an wehren, und nicht erst dann,<br />
wenn sie schon in Fraktionsstärke im Parlament<br />
sitzen...“<br />
Antifaschisten wurden in den vergangenen<br />
Jahren von Neonazis, von NPD nahen Schlägertrupps<br />
und „Kameradschaften“ angegriffen,<br />
verletzt oder sogar getötet. <strong>Vor</strong> diesem<br />
Hintergrund war es richtig, wenn eine Demonstrantin<br />
meinte: „Ich bin stolz auf diese<br />
Jugend“.<br />
Ein Erfolg<br />
Es ist ein großartiger Erfolg, dass so viele<br />
Menschen auch aus unterschiedlichen politischen<br />
Lagern dabei waren. Nun wird es darum<br />
gehen, ebenfalls Gemeinsamkeit zu zeigen,<br />
wenn es um die Lösung der Probleme<br />
geht, die den Neonazis in die Hände spielen.<br />
Die Redaktion<br />
5
Rechtsextreme Einstellungen sind kein Kennzeichen<br />
von gesellschaftlichen Randgruppen,<br />
sondern ein Problem in der Mitte unserer Gesellschaft.<br />
Das ist das erschreckende Ergebnis<br />
einer aufwändigen Untersuchung, die mit<br />
Unterstützung der Friedrich-Ebert-Stiftung<br />
durchgeführt wurde. Ausländerfeindliche Aussagen<br />
fanden dabei Zustimmung von einem<br />
Viertel der Bevölkerung.<br />
Dass diese Einstellung nicht ein Ergebnis von<br />
realen Erfahrungen mit Ausländern ist, zeigt<br />
die Verteilung der Antworten nach Bundesländern.<br />
In Bayern stimmten 42,4% der Befragten<br />
ausländerfeindlichen Äusserungen zu,<br />
in Baden-Württemberg nur 14,5%.<br />
In Ostdeutschland, wo sehr viel weniger Ausländer<br />
leben als im Westen, ist die Ausländerfeindlichkeit<br />
deutlich größer. Neben Ausländerfeindlichkeit<br />
ist Antisemitismus als ein weiteres<br />
Merkmal rechtsextremer Einstellung verbreitet.<br />
Nahezu jeder zehnte Befragte stimmte<br />
antisemitischen Äußerungen zu.<br />
Dabei kehrt sich das Verhältnis zwischen Ost-<br />
und Westdeutschland um. Antisemitische Äußerungen<br />
fanden bei den Ostdeutschen weniger<br />
Zustimmung als bei Westdeutschen. Rechsextreme<br />
Einstellungen finden sich in höherem<br />
Maße bei Älteren, besonders bei den über<br />
60jährigen.<br />
Die Autoren der Studie nennen verschiedene<br />
Faktoren, die rechtsextreme Einstellungen<br />
begünstigen. Neben Ängsten vor wirtschaftlichem<br />
und sozialem Abstieg sind es auch<br />
die Erfahrungen von politischer Ohnmacht<br />
(„man kann ja doch nichts ändern“). Bedeutsam<br />
ist aber auch das Erziehungsverhalten.<br />
„Die Gruppe derjenigen, die ein manifestes<br />
thema<br />
the<br />
Rechtsextremismus ist kein Problem von Randgruppen<br />
rechtsextremes Weltbild zeigen, haben einen<br />
deutlich autoritäreren Erziehungsstil mit viel<br />
Ablehnung und wenig Wärme erfahren“, stellt<br />
die Studie fest.<br />
Dementsprechend kann eine Bekämpfung der<br />
Ursachen von Rechtsextremismus sich nicht<br />
auf ein Feld beschränken. Polizeiliche Maßnahmen<br />
und der Ruf nach Verboten erweisen<br />
sich als hilflos, je mehr rechte Auffassungen<br />
nicht mehr bloße Randerscheinung sind.<br />
Die etablierten Parteien stärken durch gesetzgeberische<br />
Ausgrenzung von Minderheiten<br />
(Flüchtlinge, Arbeitslose) rechtsextreme Strömungen.<br />
„Ausländerfeindlichkeit“, so bemerken<br />
die Autoren, „ist die Einstiegsdroge in ein<br />
geschlossenes rechtsextremes Weltbild“.<br />
Gemeinsames Kennzeichen aller rechtsextremen<br />
Einstellungsmuster ist die <strong>Vor</strong>stellung<br />
von der grundlegenden Ungleichheit der Menschen.<br />
Die sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse,<br />
die die Ausgrenzung der Schwächeren<br />
fördern, den Konkurrenzkampf aller gegen alle<br />
zum Grundprinzip erklären, müssen geändert<br />
werden. Demokratie kann nur funktionieren,<br />
wenn mehr Menschen in die Lage versetzt<br />
werden, Einfluss auf politische Entscheidungen<br />
zu nehmen.<br />
In den Schulen muss kooperatives Lernen vermittelt<br />
werden, statt Leistungschwächere abzuschieben.<br />
Wer eine wachsende Kinderarmut<br />
in unserem reichen Land zuläßt, sollte keine<br />
Krokodilstränen über Rechtsextremismus vergießen.<br />
Die Studie kann als pdf-Datei aus dem Internet heruntergeladen<br />
werden unter http://www.fes.de/<br />
rechtsextremismus/inhalt/mat.htm
AWO-Kreiskonferenz<br />
verabschiedet Resolution<br />
gegen Polizeiübergriffe<br />
Bremen. Tausende haben am am 4. November<br />
gegen den Aufmarsch der NPD im Bremer<br />
Westen demonstriert. Auch die AWO Bremen<br />
gehörte mit zu den Initiatoren des Protestes.<br />
In einem gemeinsamen Aufruf hatten<br />
Geschäftsführung, Betriebsrat und <strong>Vor</strong>stand<br />
zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen.<br />
Viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
sowie Mitglieder waren diesem Aufruf gefolgt<br />
und demonstrierten friedlich gegen die<br />
Nazis. Doch was sie am Rande der Demonstration<br />
an Übergriffen der Polizei miterleben<br />
mussten, war schockierend. Da wurden einzelne<br />
Demonstranten herausgegriffen, verprügelt<br />
und dann wieder laufen gelassen.<br />
Da wurden Hunde ohne Maulkorb und an<br />
langer Leine durch die Menschenmenge geführt.<br />
Da wurden ganz normale Bürger von<br />
der Polizei ohne Grund aggressiv angegangen.<br />
All diese persönlichen Erlebnisse veranlasste<br />
am gestrigen Abend die Kreiskonferenz der<br />
AWO Bremen dazu, einstimmig eine Resolution<br />
zu verabschieden. Darin wird das streckenweise<br />
überzogene <strong>Vor</strong>gehen der Einsatzkräfte<br />
der Polizei gegen einige Teilnehmer der Demonstration<br />
verurteilt. „Auch bei einer Demonstration<br />
haben die Einsatzkräfte die Verhältnismäßigkeit<br />
der einzusetzenden Mittel<br />
zu beachten. In Deutschland muss sich jeder<br />
Bürger in jeder Situation auf die korrekte<br />
Handlungsweise seiner Polizeikräfte verlassen<br />
können.“ Auf der Demonstration am vergangenen<br />
Sonnabend sei dies eindeutig nicht so<br />
gewesen. Die AWO Bremen wird darüber hinaus<br />
das Gespräch mit der Polizei suchen.<br />
Dr. Andreas Weichelt<br />
AWO-Kreisvorsitzender<br />
thema<br />
the
thema<br />
the<br />
Am 4. November demonstrierten<br />
8 – 10000 Menschen gegen den angekündigten<br />
NPD-Aufmarsch. Viele Teilnehmer berichten<br />
von überharten Einsätzen der Polizei.<br />
Dabei sollen sich besonders Beamte<br />
aus Berlin unrühmlich hervorgetan haben.<br />
Die OrganisatorInnen der Demonstration<br />
haben insgesamt etwa 75 Verletzte registriert.<br />
Davon wurden etwa 65 durch Pfefferspray<br />
verletzt, fünf bis sechs durch Hundebisse.<br />
Drei Menschen erlitten Platzwunden, zwei<br />
Gehirnerschütterungen durch Schlagstöcke.<br />
Einem Demonstranten wurde die Schuler<br />
ausgekugelt.<br />
200 Menschen wurden in Gewahrsam genommen,<br />
davon 80 auf die Wache in der<br />
Vahr transportiert. Dort wurden die überwiegend<br />
jungen Menschen zum Teil bis gegen<br />
22.<strong>30</strong> Uhr festgehalten.<br />
In Kesseln hielt die Polizei etwa 120 Menschen<br />
längere Zeit gefangen, hauptsächlich<br />
in der Langeooger Str., aber auch in diversen<br />
kleineren Kesseln.<br />
War der Einsatz der Polizei gegen die Demonstranten<br />
gerechtfertigt? Wie haben die<br />
Demonstrierenden die Kundgebung erlebt?<br />
Wir haben Gröpelinger Teilnehmer gebeten,<br />
ihre Stimmungen und Berichte zu notieren.<br />
Stimmungen un<br />
Diese Großdemonstration mit über 8000<br />
Teilnehmern hat Gröpelinger Geschichte<br />
geschrieben.<br />
Seit der Schließung der A.G. „Weser“ vor<br />
23 Jahren sah man zum ersten Mal wieder<br />
Menschen unterschiedlichen Alters und<br />
unterschiedlicher Herkunft auf der Straße<br />
für ihre Rechte eintreten.<br />
Es war nicht nur der „harte Kern“ der Demonstranten,<br />
der im Akt des zivilen Widerstandes<br />
die „Demarkationslinie“ an der<br />
Grasbergerstraße überschritt, sondern man<br />
sah hier Jung und Alt, Männer und Frauen,<br />
Christen und Moslems, die bis zum späten<br />
Nachmittag trotz polizeilicher Drohgebärden<br />
gemeinsam die Straße besetzt hielten,<br />
bis die NPD umkehren musste.<br />
Wie schon in der Weimarer Zeit haben<br />
Waller und Gröpelinger gezeigt, dass Faschisten<br />
hier nicht willkommen sind.<br />
Günther Reichert, seit 60 Jahren Gröpelinger<br />
Sehr gut, dass so viele Leute teilgenommen<br />
haben an der Demo gegen die NPD!<br />
<strong>Vor</strong> allem auch, dass viele Bewohner aus<br />
Gröpelingen in ihrer ganzen Vielfalt dabei<br />
waren. Das hat uns allen gezeigt, wir gehören<br />
hier zusammen und wir halten zusammen<br />
gegen die Dumpfbacken.<br />
Erschreckend fand ich die Gewaltbereitschaft<br />
– vor allem von Seiten der Polizei.<br />
In ihrer martialischen Aufmachung und<br />
Überpräsenz ergab das von Anfang an ein<br />
ziemlich schiefes Bild, wo und wie sich<br />
unsere ‚Staatsmacht‘ positioniert, gerade<br />
vor dem Hintergrund, dass demokratische<br />
Grundrechte verteidigt wurden (auch der<br />
Rechten).<br />
Ein schlimmes Erlebnis war der Auftritt<br />
der Hundestaffel, die sich den Weg durch<br />
die dichte Menge gebahnt hat, mit sehr<br />
aufgeregten und zum Teil hochaggressiven<br />
Hunden. Ein Hund biss einem Demoteilnehmer<br />
im <strong>Vor</strong>beigehen von hinten ins<br />
Bein, das war kein Schnappen, das war aggressives<br />
Beißen: die Polizisten sind ohne<br />
sich zu kümmern einfach weitergegangen.<br />
Vermisst habe ich - außer Cornelia Wiedemeyer<br />
aus Gröpelingen, super! - im‚ „nicht<br />
genehmigten Bereich“ die Politiker die vorher<br />
noch medienwirksam mitdemonstriert<br />
haben. Dort vorne ging es um was, da hätten<br />
sie alle dabei bleiben und Gesicht zeigen<br />
müssen.<br />
Enttäuschend und flach war die Aufbereitung<br />
in den Medien, seien es buten un binnen<br />
oder auch die Tagesschau: schlichte<br />
Aufzählung von Teilnehmerzahlen und Verletzten,<br />
ach ja, ausschließlich verletzten Polizisten.<br />
Kathrin Hager<br />
<strong>Kultur</strong>wissenschaftlerin
thema<br />
the<br />
d Berichte<br />
Ich habe mit einer Reihe von Bekannten<br />
und mit meinem Lebensgefährten vor der<br />
Polizeisperre zwischen Waller Straße und<br />
Ritter-Raschen-Platz ausgeharrt, bis die Nazis<br />
unverrichteter Dinge umkehren mussten.<br />
Immer wieder beobachtete ich, wie Polizeitrupps<br />
ohne erkennbaren Grund in die<br />
Menschenmenge vorstießen, um sich einzelne<br />
Demonstranten mit recht rüden Methoden<br />
herauszugreifen.<br />
Als sich direkt vor meinen Augen drei bis<br />
vier Polizisten auf einen ca 14-jährigen Jungen<br />
stürzten, ihn mit den Knien zu Boden<br />
drückten und mit den Gummiknüppeln<br />
auf ihn einschlugen, konnte ich mich als<br />
Mutter und Großmutter nicht zurückhalten,<br />
den Jungen beschützen zu wollen.<br />
Ich wurde von meinem Lebensgefährten<br />
gewaltsam daran gehindert, mich mit in<br />
das Getümmel zu stürzen. So wurden mir<br />
wahrscheinlich Schläge erspart, denn wenige<br />
Augenblicke später warf sich der Vater<br />
des Jungen dazwischen und wurde ebenfalls<br />
verdroschen.<br />
Wie wohltuend war nach diesem Ohnmachtsgefühl<br />
das Erlebnis, als eine Polizistin<br />
in einem anderen Handgemenge ihren<br />
Schutzhelm verlor und die Umstehenden<br />
das Spottlied anstimmten: „Sie trägt<br />
ihr Haar so schön, so schön! Das war bestimmt<br />
der Fön, der Fön!“<br />
Hedda Weiß, Gröpelingerin seit 59 Jahren<br />
Die Demo war zunächst gut, da sie mengenmäßig<br />
groß und entschlossen war. Der<br />
allgemeine Eindruck war, dass die Stimmung<br />
den Umständen entsprechend sehr<br />
gut war, und das Bündnis erstaunlich gut<br />
zusammen funktionierte!<br />
Nicht nur der sog. schwarze Block war<br />
ganz vorn, sondern auch gestandene GewerkschafterInnen,<br />
und bereits erfahrene<br />
TeilnehmerInnen. Auch die verbreitete<br />
Disziplin und der ausgezeichnete<br />
Lautsprecher(!)wagen trugen zum Gelingen<br />
maßgeblich bei.<br />
Außerordentlich schade bleibt beim Fazit<br />
das unsouveräne Verhalten der Exekutive,<br />
die sich - vermutlich aus schlechter Laune<br />
heraus - provokant verhielt, und deutlich<br />
und für alle sichtbar (und für manche<br />
schmerzhaft) ihr Gewaltmonopol eindrucksvoll<br />
unter Beweis stellte.<br />
Insgesamt war die Demo politisch ein Erfolg,<br />
da die Gegenseite politisch keinen<br />
Boden gut machen konnte, was erklärtermaßen<br />
ja auch die Absicht der Gegendemo<br />
war.<br />
Jochen Pieper, Buchhändler<br />
In meinen Augen war die große Gröpelinger<br />
Demonstration gegen die Nazis ein Riesenerfolg.<br />
Gemeinsam haben wir eindrucksvoll<br />
gezeigt, dass wir diese Bande in unserem<br />
Stadtteil nicht haben wollen.<br />
Dem Gift, das sie ausstreuen, setzen wir unsere<br />
demokratischen Überzeugungen entgegen.<br />
Es war toll, dass so eine bunte Mischung von<br />
Menschen aller Altersgruppen, vieler Nationalitäten,<br />
Haut- und Haarfarben mitgemacht<br />
haben. Das hat mir gezeigt: wenn auch im<br />
Alltag oft übereinander geschimpft und gelästert<br />
wird, wenn es ernst wird stehen wir Gröpelinger,<br />
ob Deutscher, ob Türke, ob Weißer,<br />
ob Afrikaner, ob Männer ob Frauen zusammen<br />
und wehren uns.<br />
Es ist ein gutes Gefühl in so einem Stadtteil<br />
zu leben und zu wirken und ich werde<br />
das in Zukunft bestimmt noch bewusster<br />
tun als vorher.<br />
Noch ein Wort zum Stadtamt und Jens<br />
Böhrnsen. Gut, sie haben zuerst versucht,<br />
die Nazi-Demo zu verbieten. Aber dann<br />
sind sie eingeknickt und wollten die Nazis<br />
bis zum Westend marschieren lassen<br />
Es war klar, dass wir uns das nicht bieten<br />
lassen konnten. Es war gut und notwendig,<br />
die Sperre an der Grasberger Straße zu<br />
durchbrechen. So haben wir gezeigt, dass<br />
wir um unseren Stadtteil kämpfen und ihn<br />
uns auch von „denen da oben“ nicht wegnehmen<br />
lassen. Das werden sie hoffentlich<br />
in Zukunft beherzigen.<br />
Joachim Streicher, Arzt<br />
Während der Demonstration erinnerten<br />
Transparente an die von Neonazis ermordeten<br />
Menschen<br />
9
Das Orakel von Gröpelingen<br />
Auf einer Wiese neben dem LICHTHAUS grasen<br />
pinkfarbene Schafe, Möwengeschrei liegt in<br />
der Luft, im Hintergrund steht ein aufblasbarer,<br />
pinkfarbener Tempel, aus dem geheimnisvolle<br />
Musik dringt: Mancher Autofahrer mag sich auf<br />
dem alltäglichen Weg in die Innenstadt verwundert<br />
die Augen gerieben haben, wenn er Ende<br />
September das pinke Ensemble entdeckte.<br />
Tatsächlich war der pinkfarbene Palast aus Riga<br />
mehr als nur eine Aufsehen erregende luftige<br />
Hülle: In seinem Inneren fand zehn Tage<br />
lang ein hochkarätiges <strong>Kultur</strong>programm statt,<br />
in einem von Stefan Berthold sorgfältig arrangiertem<br />
Bühnenraum, der sich als wunderbar<br />
wandlungsfähig erwies.<br />
Schon im Sommer 2005 hatten die beiden lettischen<br />
Künstler Aigars Bikse und Kristaps<br />
0<br />
Gulbis ihr Pink House auf der Biennale in<br />
Venedig vorgestellt - aber nicht auf dem Biennale-Gelände<br />
in der historischen Innenstadt,<br />
sondern weit draußen zwischen Brachen und<br />
Erdölraffinerien im Arbeitervorort Mestre.<br />
Mit diesem Standort wollten die beiden ihre<br />
schrille Skulptur als <strong>Ort</strong> positionieren, in<br />
dem die sozialen Auseinandersetzungen Europas<br />
im 21. Jahrhundert einen künstlerischen<br />
Resonanzboden erfahren.<br />
Europa im Kleinen<br />
Für die beiden Künstler war deshalb Gröpelingen<br />
ein idealer Standort für Pink House,<br />
zeigt doch der Stadtteil mit seiner alten Arbeitertradition,<br />
den Bewohnern aus über 150 Nationen<br />
und großen sozialen Problemen wie in<br />
kunsts<br />
kunststück<br />
einem Brennglas die soziale und kulturelle Lage<br />
vieler europäischer Großstädten. Der rote<br />
Faden des Programms war deshalb auch die<br />
Frage nach der Beschaffenheit und Zukunft<br />
der Stadtgesellschaft.<br />
Sabrina Zwach, Radiokünstlerin aus Berlin,<br />
konfrontierte beispielsweise das nächtliche<br />
Publikum in einem rasanten, überaus witzigen,<br />
na sagen wir mal: Gespräch mit dem<br />
live in Rio de Janeiro zugeschalteten Herbert<br />
Fritsch (Volksbühne Bremen) über „Bremen<br />
– Brecht – Baudrillard – Bumsen – Brasilia“,<br />
bei dem es um Revolution und um die große<br />
Angst der Städter vor der Stadt ging, während<br />
im Aussengelände das Sehkanal-Festival gastierte<br />
und muslimische Jugendliche im Pink<br />
Garden eine pinke Skulptur bauten.
Libuse Cerna (Funkhaus Europa) und Stefanie<br />
Haberzettl (Uni Bremen) disputierten<br />
über Sprachenvielfalt und Sprachenarmut an<br />
Bremer Schulen und Sema Mutlu trug dem<br />
begeisterten Publikum ihren neuen Song über<br />
Guantánamo vor.<br />
Performance, Theater, Orakel<br />
Tägliche Höhepunkte des kompakten Programms<br />
waren das Orakel von Gröpelingen,<br />
die Volksküche Babel und die Theaterinszenierung<br />
„Das gute Leben und der wunderschöne<br />
Tod des Herrn D.“, eine deutsche<br />
Erstaufführung unter der Regie von Benedikt<br />
Verm<strong>eer</strong>. Julia Klein als Orakel hatte täglich<br />
so schwierige Fragen zu beantworten, wie<br />
„Wer soll das bezahlen?“, „Was geschieht mit<br />
dem Space-Park?“ oder „Wann wird Bremen<br />
Meister?“ während unter der Regie der Akademie<br />
Überlingen täglich international gespeist<br />
und gesprochen wurde.<br />
Über 1500 Menschen besuchten den ungewöhnlichen<br />
<strong>Ort</strong> zwischen Stadtteil und Weser<br />
– die meisten dieser <strong>Kultur</strong>interessierten waren<br />
zum erstenmal in Gröpelingen.<br />
In der Nacht vor dem Abbau erlebten mehrere<br />
Hundert Besucher ein grandioses polnisches<br />
Fest, gestaltet von agit polska, mit<br />
Tanzperformances aus Polen, einer kraftsprotzenden<br />
Frauenband aus Warschau und Tanz<br />
bis in die frühen Morgenstunden.<br />
Eine ausführliche Dokumentation ist ab Mitte Dezember<br />
bei <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> erhältlich. Mehr Bilder<br />
unter www.pink-house-bremen.de<br />
Bilder vom Festival<br />
Pink House am LICHTHAUS (o.l.)<br />
Das Orakel von Gröpelingen (o.r.)<br />
Untere Bildreihe von links nach rechts:<br />
Tanzperformance „Aromen“ mit Joanna Czajkowska<br />
und Jacek Krawczyk<br />
Iftar-Essen am Abend des zweiten Ramadan-Tages<br />
im Pink House mit 120 muslimischen und<br />
nicht-muslimischen Gästen<br />
Besuch der Klasse 8 der J.-Pestalozzi-Schule<br />
im Pink House. Die Klasse hatte hunderte von<br />
Glückskeksen für den Pink Bazar gebacken.<br />
Die Bremer Künstlerin Léa Dietrich begeisterte<br />
mit zwei eindrucksvollen Fotoausstellungen für<br />
das Pink House.
„Natur <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>“<br />
<strong>Vor</strong>tragsreihe von Petra Eggers<br />
Auf den Kräuterpfad begibt sich die Diplom-Landschaftsökologin<br />
Petra Eggers zusammen mit ihren Gästen in der neuen Winter-<strong>Vor</strong>tragsreihe<br />
„Natur <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>“, die am 6. Dezember um 19 Uhr im Torhaus<br />
Nord startet. Zwischen Dezember und April wird jeweils einmal<br />
im Monat ein <strong>Vor</strong>trag stattfinden.<br />
Von speziellen <strong>Ort</strong>en und ihrer spezifischen Pflanzenwelt, von der<br />
Zubereitung von Heilkräutern bis hin zu Ayurveda reicht dabei die<br />
Themenpalette. Zudem sorgen Musikuntermalung und kleine kulinarische<br />
Überraschungen bei den <strong>Vor</strong>trägen für eine ganzheitlichsinnliche<br />
Erfahrung.<br />
Um Wasser, Wind und Dünen geht es in dem ersten Bildervortrag<br />
von Petra Eggers am 6. Dezember. Thema sind die ostfriesischen Inseln,<br />
ihre besondere Flora, die Entstehung der Inseln, ihre Besiedlung<br />
und Befestigung bis hin zu Geschichten und Anekdoten über<br />
den „Insulaner an sich“. Typisch Kulinarisches wie Sanddorndessert<br />
und Ostfriesentee mit Sahne und Kluntjes dürfen bei diesem <strong>Vor</strong>trag<br />
natürlich nicht fehlen.<br />
Weitere Bildvorträge werden sein:<br />
17.1.07: „Ayurveda - Mehr als nur Wellness“<br />
14.2.07: „Flair und Flora des Mittelm<strong>eer</strong>raumes am Beispiel Mallorca“<br />
14.3.07: „Fruchtgenuss durch´s ganze Jahr – geschmackvoll haltbar machen“<br />
11.4.06: „Heilkräuter – Gesundes und Schmackhaftes am Wegesrand“<br />
jeweils 19 h Mi, <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> im Torhaus Nord<br />
Kosten: 8 bis 12 Euro, nach Selbsteinschätzung<br />
Info: <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>, Tel. 6197727<br />
kunsts<br />
kunststück<br />
<strong>Kultur</strong>tipps für den Herbst von <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong><br />
Tiere und andere Fische<br />
Vernissage im Atelierhaus Roter Hahn<br />
Eine „tierische“ Ausstellung ist ab Freitag, den 8. Dezember im Atelierhaus Roter<br />
Hahn zu sehen. Die Bremer Illustratorin und Künstlerin Sonia Schadwinkel zeigt<br />
unter dem Titel „Tiere und andere Fische“ bisher unbekannte Zeichnungen, die neben<br />
ihren sachlichen Illustrationen zu wissenschaftlichen Themen eine neue Seite<br />
der Künstlerin offenbaren. Dass sich Sonia Schadwinkel in ihrer neuen Ausstellung<br />
der Tierwelt widmet, kommt nicht von ungefähr, schließlich ist sie neben ihrer Tätigkeit<br />
als Künstlerin und Illustratorin auch Diplom-Biologin und hat bereits mehrere<br />
Expeditionen in die Antarktis unternommen.<br />
Als wissenschaftliche Illustratorin arbeitet sie für diverse Verlage und Zeitschriften<br />
wie die arsEdition und den Spiegel. Ihre künstlerischen Arbeiten sind u.a. im Überseemuseum<br />
Bremen ausgestellt, wo auch ihr bislang größtes Kunstwerk, die lebensgroße<br />
„Steller´sche Seekuh“, zu sehen ist.<br />
Sämtliche Arbeiten sind käuflich zu erwerben und eignen sich als Weihnachtsgeschenk.<br />
Ausstellungseröffnung „Tiere und andere Fische“ am 8. Dezember um 19.<strong>30</strong> Uhr im Atelierhaus<br />
Roter Hahn, Gröpelinger H<strong>eer</strong>straße 226<br />
Öffnungszeiten: Mo- Fr, 10h-18 h (bis 5.1.07), Infos: <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>, Tel. 6197727<br />
Offenes Atelier<br />
Jeden Dienstag Nachmittag bietet das Mobile Atelier MOKU zwischen<br />
15 und 18 Uhr freies künstlerisches Arbeiten für Kinder und Jugendliche<br />
auf dem Schulhof in der Fischerhuder Straße an.<br />
MOKU ist eine Initiative von <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong> e.V. und der Fachhochschule<br />
Ottersberg. Die zwei ausgebildeten Diplom-Kunstpädaginnen/therapeutinnen<br />
Aurea von Frankenberg und Dana Juraschek bringen alle<br />
benötigten Materialien in ihrem Mobilen Bus selbst mit.<br />
Jeden Dienstag steht bei MOKU eine andere künstlerische Technik im<br />
<strong>Vor</strong>dergrund. An Tischen oder Staffeleien können sich die Mädchen<br />
und Jungen ab 6 Jahren mit Gouache, Tusche, Kreiden, Aquarellstiften,<br />
usw. auf eine künstlerische Entdeckungsreise begeben. Dabei lernen die<br />
Kinder u.a. auch, aus individuellen Bedürfnissen und Fähigkeiten Kreativität<br />
zu schöpfen und sich im sozialen Miteinander mit sich selbst und<br />
der eigenen Lebenswelt auseinander zu setzen.<br />
5.12./ 12.12./ 19.12.2006; Januar 07: 9.1./16.1./23.1./<strong>30</strong>.1.<br />
<strong>Ort</strong>: Schulhof Fischerhuder Straße<br />
Information: <strong>Kultur</strong> <strong>Vor</strong> <strong>Ort</strong>, Tel.: 6197727
Ähnliches mit Ähnlichem<br />
heilen<br />
So lautet das therapeutische Grundprinzip der<br />
homöopathischen Medizin. Der deutsche Arzt<br />
und Apotheker Dr. Samuel Hahnemann (1755–<br />
1843) hat dies vor rund 200 Jahren entdeckt.<br />
Hahnemann hat sich zeitlebens damit auseinandergesetzt,<br />
wie eine sanfte, dauerhafte und<br />
unnachteilige Therapie der Krankheiten möglich<br />
wäre. Sein Ziel war es eine Therapie einzusetzen,<br />
die die Lebenskräfte des Patienten<br />
stärkt und zu einer inneren Heilung führt. Er<br />
prüfte unablässig Arzneien und stellte bei ihrer<br />
Aufbereitung fest, dass eine Verschüttelung<br />
der Substanzen eine Wirkungsverstärkung zur<br />
Folge hatte, auch wenn diese stark verdünnt<br />
waren. Diesen Prozeß nannte er „Potenzieren“.<br />
Um die Arzneien in größeren Mengen<br />
haltbar zu machen, werden potenzierte Arzneien<br />
auf Zuckerkügelchen geträufelt und<br />
konserviert. Substanzen aus der Natur - also<br />
Pflanze, Tier oder Mineral - die bei einem Gesunden<br />
ganz ähnliche Symptome wie die des<br />
Kranken auslösen, sollen die körpereigenen<br />
Selbstheilungskräfte des Patienten anregen.<br />
Ein Beispiel: Die Brechwurzel (Asarum) löst<br />
normalerweise heftiges Erbrechen aus. Homöopathen<br />
verschreiben das hochgradig verdünnte<br />
Präparat aus dieser Wurzel, um Erbrechen zu<br />
lindern. Durch diesen sanften Reiz wird der<br />
Organismus angeregt, sich selbst zu heilen.<br />
Diese Art von Medizin wird nun über 200<br />
Jahre in der ganzen Welt angewand. Die Medizin<br />
des deutschen Arztes Hahnemann dürfte<br />
mehr Menschen in Indien als in Deutschland<br />
bekannt sein. Bevor die Arzneikraft<br />
aber eigentlich potenziert und damit verdünnt<br />
wird, wird der Ausgangstoff verrieben.<br />
Hahnemann verrieb seine Medizin drei Stunden<br />
lang bis zur C3 von Hand im Mörser.<br />
Als Witold Ehrler der Homöopathie Hahnemanns<br />
begegnete, geschah dieses durch die eigene<br />
Erfahrung mit einer homöopathisch hergestellten<br />
Arznei. Es war diese Erfahrung mit<br />
der Wirkung einer Arzneikraft, die ihn bewegte,<br />
sich mit dem Hauptwerk von Hahnemann,<br />
dem Organon zu beschäftigen, um<br />
dort die Anleitung über die Herstellung eines<br />
Medikaments zu entdecken. Er beschloss, selber<br />
eine Arznei herzustellen. Es war 1993. und<br />
er bewohnte zu dieser Zeit ein kleines Zimmer<br />
im Dachgeschoss des Hauses, in dem<br />
Foto-Penz noch heute seinen Laden hat, in<br />
der Gröpelinger H<strong>eer</strong>str. Als er mit der Verreibung<br />
begann, ereignete sich für ihn zweierlei:<br />
während der Verreibung erlebte er Reaktionen<br />
auf der körperlichen Ebene – auf der<br />
ersten Verreibungsstufe der C1, es zeigten sich<br />
Gefühle auf der zweiten Stufe der Verreibung,<br />
der C2, schließlich Gedankliches auf der 3.<br />
Stufe, der C3.<br />
Wie verreibt man eine C4 Arznei?<br />
Der Milchzucker wird in drei, etwa gleich große Drittel aufgeteilt. Jedes Drittel wird dann zwei<br />
Zyklen lang verrieben. Ein Zyklus (10 Minuten) selbst besteht aus 6 Minuten Verreibung und<br />
4 Minuten Schabezeit. In dieser Zeit kratzt man den festen Zucker vom Rand des Mör-<br />
sers. Zwischendurch werden die Gedanken und Erlebnisse aufgeschrieben, die man<br />
während der Verreibung hatte. Man tauscht sich dabei mit seinen Tischnachbarn aus.<br />
Folglich beginnt man mit dem ersten Drittel des Milchzuckers im Mörser. Anschlie-<br />
ßend gibt man in der C1 etwa eine Messerspitze des Ausgangsstoffs dazu (ca. ein<br />
1/100 des Masse).<br />
Dann wird einmal 6 Minuten verrieben und 4 Minuten abgekratzt – und anschlie-<br />
ßende dasselbe noch einmal. Nun sind 20 Minuten vorbei, und das zweite<br />
Drittel Milchzucker kommt hinzu. Es folgen zwei weitere Verreibezyklen. Und<br />
schließlich kommt das dritte Drittel hinzu und alles wird erneut in zwei Zyklen<br />
verrieben. Dieses beschreibt eine C1 Stufe und muss für eine C4 Stufe, vier<br />
mal wiederholt werden.<br />
reportage<br />
Homöophatisches im Lichthaus<br />
Der Schöpfer der C4 Homöpathie Witold Ehrler kommt vom 8. bis 10. Dezember nach<br />
Gröpelingen und verreibt mit Homöopathen, Patienten und Interessierten Phosphor<br />
Aber am Ende der C3 spürte er, dass das Medikament<br />
noch nicht fertig war und so verrieb<br />
er die 4. Stufe, die C4, in dem sich eine<br />
weitere Qualität mitteilte, in der sich so etwas<br />
wie das Wesenhafte der Arzneikraft offenbarte,<br />
das bei dem Patienten einem seiner Lebensthemen<br />
entspricht. Dies war die Geburtsstunde<br />
der C4-Homöopathie.<br />
Das eigentlich Revolutionäre an der C4-Homöopathie<br />
ist nicht nur die besondere Wirkweise<br />
des Medikaments auf den Patienten, der<br />
verriebene Stoff offenbart Stück für Stück eine<br />
neue Sicht auf unsere Welt, ihre Geschichte<br />
und die Aufgabe des Menschen in der<br />
Welt und stellt damit unser Weltbild auf den<br />
Kopf: dass unser Wissen nämlich nicht geistigen<br />
Ideen entspringt, sondern dass das Wissen<br />
in der Materie, in den Stoffen selbst enthalten<br />
ist.<br />
Inzwischen hat Witold Ehrler, der inzwischen<br />
in Berlin lebt, über 360 verschiedene Stoffe<br />
verrieben und potenziert, drei Bücher geschrieben,<br />
in denen das, was die Arzneikraft<br />
ihm mitteilt, aufgeschrieben wurde und viele<br />
Gruppen ins Leben gerufen, die an der Arbeit<br />
der Entwicklung der C4-Homöopathie<br />
teilnehmen. Über die Wirkweise dieser Medizin<br />
gibt es inzwischen eine reichhaltige Erfahrung,<br />
die auch publiziert wird.<br />
Wer sich für die Geheimnisse der C4-Homöopathie<br />
interessiert und Fragen dazu hat, kann<br />
sich an Solveig Ehrler wenden.<br />
Solveig Ehrler, Halmer Weg, 0421 6437071<br />
C4 Verreibung des violetten Phosphors<br />
Lichthaus Gröpelingen<br />
Freitag bis Sonntag den 08.10.12.2006 Seminargebühren:120,-€<br />
Der Bremer Künstler Smaine Bahi wird hierzu seine<br />
sehr großen „Platinbilder“ ausstellen.<br />
Heinfried Becker<br />
3
sport im westen<br />
im w sport<br />
Neue Angebote für<br />
Kinder bei TURA<br />
TURA hat ein neues Programm für Kinder<br />
vorgelegt: Montags gibt es von 15 bis 16 Uhr<br />
„Rope Skipping“ (ab 9 Jahre), von 16 bis 17<br />
Uhr kreativer Kindertanz (sechs bis neun Jahre)<br />
und von 17 bis 18 Uhr Bewegungsförderung<br />
(vier bis sieben Jahre).<br />
Dienstags turnen von 15 bis 16.15 Uhr vier-<br />
bis sechsjährige Kinder, in der Zeit von 16.15<br />
bis 17.<strong>30</strong> Uhr sind die Sieben- bis Neunjährigen<br />
an der Reihe. Von 16 bis 17.<strong>30</strong> Uhr wird<br />
„Dance and move“angeboten.<br />
Bewegungsförderung steht am Mittwoch auf<br />
der Tagesordnung, von 15 bis 16 Uhr für Kinder<br />
zwischen drei und vier Jahren und von 16<br />
bis 17 Uhr für die Altersgruppe vier bis sieben<br />
Jahre. Die große Halle im TURA-Vereinszentrum<br />
an der Lissaer Straße ist von 17 bis 18<br />
Uhr für die „Fun Kids“ (acht bis zwölf Jahre)<br />
reserviert. In der Zeit zwischen 17.<strong>30</strong> bis 18.<strong>30</strong><br />
4<br />
Uhr können Zehn- bis Zwölfjährige Ballspiele<br />
in verschiedenen Variationen in der Gesamtschule<br />
West ausprobieren.<br />
Donnerstags sind Eltern und Kinder von 16<br />
bis 17 Uhr in der Schule am Pastorenweg gemeinsam<br />
eingeladen, von 16 bis 17 Uhr findet<br />
Hip-Hop für Kinder ab zehn Jahren im Vereinszentrum<br />
statt.<br />
Freitags werden von 15 bis 16.<strong>30</strong> für Kinder<br />
zwischen vier und sechs Jahren und von 16.<strong>30</strong><br />
bis 18 Uhr für Kinder zwischen sieben und<br />
neun Jahren Turnstunden angeboten. Jeden<br />
dritten Sonntag finden in den Wintermonaten<br />
in der Zeit von 13 bis 17 Uhr außerdem<br />
„Bewegungsnachmittage“ statt.<br />
Weitere Informationen unter www.tura-bremen.<br />
de, Telefon 61 34 10 oder per Mail (info@tura-bremen.de).<br />
Ein kostenloser TURA-Newsletter per E-<br />
Mail kann bei Ekkehard Lentz@tura-bremen.de<br />
abonniert werden.<br />
Sprachen<br />
Gesundheit<br />
Kunst & <strong>Kultur</strong><br />
Kurse im<br />
Bremer Westen<br />
Bremer Volkshochschule West<br />
Gröpelinger H<strong>eer</strong>straße 226<br />
Tel.: 361-8208, www.vhs-bremen.de<br />
Neu bei TURA: Übungsleiterin Eva Ritter (rechts) bietet „Rope Skipping“ an, das schnelle Springen mit einem besonderen Seil. Foto: Gerold Gerdes
Refugium in der „Mühle des Bischofs“<br />
Besuch beim ehemaligen <strong>Ort</strong>samtsleiter Bernd Peters<br />
An der Algarve im Süden Portugals regnet es<br />
selten. Aber wenn im Herbst die Tiefausläufer<br />
vom Atlantik die iberische Halbinsel erreichen,<br />
kann es auch einmal wie aus Kübeln schütten.<br />
Einen solchen Tag haben wir erwischt, um<br />
Bernd Peters zu besuchen. Bis vor sechs Jahren<br />
amtierte er als <strong>Ort</strong>samtsleiter im Bremer<br />
Westen.<br />
Mühsam quält sich unsere kleiner Leihwagen<br />
über einen schmalen Pfad durch ein enges Tal.<br />
In der Ferne grüssen die Monchique Berge. An<br />
den Hängen ragen die verkohlten Stämme Eukalyptusbäumen<br />
und vereinzelten Korkeichen<br />
in den Himmel, Überbleibsel des verh<strong>eer</strong>enden<br />
Feuers, das vor drei Jahren grosse Teile Portugals<br />
verwüstete. Da kommt uns Bernd Peters in<br />
seinem Auto entgegen – in Sorge, ob wir ihn<br />
in seinem abgeschiedenen Tal finden, Wir werden<br />
herzlich von ihm und seiner Frau Andrea<br />
empfangen.<br />
Das Anwesen ist inzwischen ein blühender<br />
Garten. Als Bernd und Andrea das Grundstück<br />
2001 kauften, glich es einer „brasilianischen<br />
Wildnis“. Die Reste der Wassermühle, in der<br />
die Bewohner des Tales einst ihr Korn mahlen<br />
liessen, waren von Bromb<strong>eer</strong>sträuchern überwuchert.<br />
Noch heute heisst der <strong>Ort</strong> „die Mühle<br />
des Bischofs“.<br />
Verstreute Häuser ziehen sich an den Hängen<br />
hin. Die meisten werden bewohnt von Ausländern,<br />
vorwiegend Deutschen und Engländern.<br />
Nur drei portugiesische Familien leben noch<br />
im Tal. Wegen des Mangels an Arbeit haben<br />
viele das Land verlassen. Es ist nicht einfach,<br />
sich in die portugiesische <strong>Kultur</strong> zu integrieren,<br />
sagt Bernd. Andrea hat inzwischen ein wenig<br />
von der wohlklingenden, aber für uns nicht<br />
einfachen portugiesischen Sprache gelernt. Der<br />
Fleischer im <strong>Ort</strong> freut sich jedesmal, wenn<br />
sie ein neues Wort kann, berichtet sie. Aber<br />
deutsches Fernsehen und deutsche Nachbarn<br />
tragen dazu bei, dass man sich in einer deutschen<br />
Parallelgesellschaft bewegen kann.<br />
Drei Jahre haben die Peters gebraucht, um<br />
auf den Fundamenten der alten Mühle ein<br />
Haus zu bauen. Es war harte Arbeit. Zu Beginn<br />
hat Bernd in einem kleinen Nebengebäude<br />
gewohnt und sich im Fluss gewaschen, während<br />
das Haupthaus entstand. „Es sollte in die<br />
Landschaft passen“. Deshalb sind die Wände<br />
aus Lehm. Das Dach ist mit den typischen portugiesischen<br />
Rundziegeln gedeckt. Viele Bauelemente<br />
wurden bei ebay ersteigert oder auf<br />
Flohmärkten gefunden. Die Fenster im Nebenhaus<br />
stammen z.B. von einem ehemaligen AG<br />
Weser-Gebäude. Bernd kaufte sie von einem<br />
Gröpelinger aus der Kulmer Straße. In der<br />
Küche steht ein wunderschöner alter eiserner<br />
Herd, ebenfalls günstig aufgrund einer Anzeige<br />
erworben. Entstanden ist ein schlichtes, aber<br />
stilvolles Anwesen. Geheizt wird im Winter mit<br />
Holz. Das Wasser stammt aus einer Quelle im<br />
Berg. Für die Bewässerung des Gartens sorgt eine<br />
Pumpe im Bach, der im übrigen auch als<br />
Badepool im warmen portugiesischen Sommer<br />
dient. Strom liefern Solarpaneele auf der Anhöhe<br />
hinter dem Haus. Eine Sickergrube nimmt<br />
die Abwässer auf.<br />
Die Nähe zur Natur hat auch ihre Gefahren.<br />
<strong>Vor</strong> drei Jahren rückte das Feuer bis an das<br />
Haus heran. Bernd und Andrea mussten auf<br />
Anordnung von Polizei und Feuerwehr ihr<br />
Haus verlassen und sahen sich schon vor dem<br />
Nichts. Aber glücklicherweise griff der Flächenbrand<br />
nicht auf ihr Haus über, während ein benachbartes<br />
Haus eingeäschert wurde. Ringsum<br />
nur verkohlte Erde. „Wir wollten schon aufgeben“,<br />
sagen die Peters. Auch der friedliche<br />
Bach hat seine Tücken. Nach längeren Regenfällen<br />
schwillt er zum Fluss an. Einmal hat er<br />
bereits große Teile des mühsam kultivierten<br />
Gartens mit sich genommen. Aber die Heraus-<br />
Aus „brasilianischer Wildnis“<br />
einen Garten gemacht: Andrea<br />
und Bernd Peters.<br />
reportage<br />
report<br />
forderungen der Natur waren wohl genau das,<br />
was Bernd und Andrea brauchten.<br />
Wie fühlt man sich als aktiver ehemaliger<br />
<strong>Ort</strong>samtsleiter in der Einsamkeit?<br />
Bernd Peters hat bewusst einen Bruch mit der<br />
hektischen Betriebsamkeit vollzogen. 38 Jahre<br />
in der „Mühle“ als Beamter und <strong>Ort</strong>samtsleiter<br />
hinterließen Spuren. In den 12 Jahren als<br />
<strong>Ort</strong>samtsleiter konnte Bernd Peters im Stadtteil<br />
kaum je als Privatperson spazierengehen.<br />
Wie er ausrechnet, hatte er in dieser Zeit rund<br />
400 öffentliche Beiratssitzungen zu leiten. Immer<br />
war er der „Bürgermeister“ im Westen, der<br />
für alle ein offenes Ohr hatte.<br />
Manche schaffen den Absprung vom hektischen<br />
Leben einer öffentlichen Person zum<br />
Privatmenschen nie. In einem Interview mit<br />
<strong>Moje</strong> W<strong>eer</strong> nach seinem Ausscheiden als<br />
<strong>Ort</strong>samtsleiter sagte Bernd Peters: „ich muß<br />
neu lernen, meine Zeit sinnvoll zu gestalten,<br />
mich wieder auf ein Buch zu konzentrieren.“<br />
Es brauchte dazu Jahre, und den festen <strong>Vor</strong>satz,<br />
nichts mehr aus dem früheren Tätigkeitsbereich<br />
an sich heranzulassen. Die Arbeit an<br />
Haus und Garten, das einfache Leben im wunderbaren<br />
Klima der Algarve – all das hat geholfen,<br />
Abstand zu gewinnen. Erst jetzt beginnt<br />
so etwas wie ein Leben in Muße, in dem<br />
auch die Bücher wieder zu ihrem Recht kommen<br />
können.<br />
Als wir Abschied nehmen, giesst es immer<br />
noch. Kleine Rinnsale und Geröll überschwemmen<br />
den Weg. Bald aber wird wieder die portugiesische<br />
Sonne über dem selbstgeschaffenen<br />
Paradies scheinen. Adeus, até outra vez* Andrea<br />
und Bernd Peters.<br />
* Portugiesisch: Auf Wiedersehen. Bis zum nächsten<br />
Mal<br />
Eike Hemmer.<br />
5
CS Auktionen und Münzenhandel<br />
Dr. C h r i s t o p h S t a d l e r<br />
Ankauf<br />
aller Arten von Münzen,<br />
Medaillen und Edelmetallen<br />
gegen Bargeld !<br />
Die Westfälische Auktionsgesellschaft für Münzen und Medaillen unterhält seit<br />
2005 unter der Leitung von Dr. Christoph Stadler eine Zweigstelle in Bremen.<br />
Sollten Sie Ihre Sammlung oder Ihre ererbten Münzen und Medaillen über<br />
eine Auktion verkaufen wollen, die weltweite Reputation genießt und zu den<br />
bedeutendsten Münzhäusern Deutschlands und Europas gehört, wenden Sie sich an uns.<br />
Unsere nächste Auktion findet vom 28. Februar bis 2. März 2007 statt.<br />
Wir stehen Ihnen gerne beratend zur Seite.<br />
Beratung • Schätzung • Ankauf • Verkauf<br />
Parkallee 42 | 28209 Bremen | Tel. <strong>30</strong>3 93 95 | Fax <strong>30</strong>3 95 64<br />
info@wag-stadler.de | www.wag-auktionen.de