DIE NEUE ORDNUNG - Tuomi

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27.11.2012 Aufrufe

en, männlichen und akademisch ausgebildeten Personen aus der Privatwirtschaft. Frauen, ältere Teilnehmer und solche mit Berufsausbildung bilden ebenso wie Selbständige und Mitarbeiter aus dem öffentlichen Dienst eine beachtenswerte Minderheit. Die Untersuchungsergebnisse zeigen zunächst einmal ein durchaus positives Bild: So steht bei der Berufswahl die Eignung an erster Stelle und der Sinn der Arbeit wird vorzugsweise in der Selbstverwirklichung gesehen. Den Entscheidungsspielraum im Beruf schätzen die Teilnehmer eher hoch ein und die Übernahme von Verantwortung wird überwiegend als Alltäglichkeit und Freude wahrgenommen. Bei näherem Hinsehen zeigt sich jedoch, daß soziales Engagement und der Einsatz für die Ziele des Unternehmens oder der Kunden kaum eine Bedeutung haben. Auch bei den außerberuflichen Aktivitäten hat das Ehrenamt nur einen geringen Stellenwert. Diese Untersuchungsergebnisse spiegeln im wesentlichen den bereits seit längerem bekannten Wertewandel in Richtung Individualismus und Hedonismus wieder. Wie wirkt sich diese Entwicklung aber auf die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft aus? Hier zeigen die Ergebnisse der Befragung, daß die Leistung der Befragten sehr stark von der Anerkennung durch andere abhängt und die Betroffenen vielfach schnelle berufliche Erfolge benötigen, um die Motivation nicht zu verlieren. Als negative Einflußfaktoren wirken sich nach eigenen Angaben vor allem Mobbing und störende Einflüsse aus dem privaten Bereich aus. Hier zeigt sich die ganze Zwiespältigkeit des sogenannten Wertewandels. Obwohl die Betroffenen sich vorzugsweise als Individuum betrachten, sind sie sehr stark von sozialen Beziehungen abhängig. Die Folgen sind häufig mangelnde Ausdauer und Belastbarkeit. Entscheidend für die Bewältigung anstehender Probleme im Berufs- und Arbeitsleben sind aber vor allem die Einstellungen zu Moral und Moralität. Aus den Untersuchungsergebnissen wird deutlich, daß die Verantwortungsübernahme in besonderem Maße von der Nähe zur jeweiligen Person bzw. Institution abhängig ist. Verantwortung übernehmen die Befragten also in erster Linie für sich selbst und für die Familie. Bei Wertverletzung durch Vorgesetzte gelten öffentlich diskutierte Verhaltensweisen wie Ausländerfeindlichkeit und sexuelle Belästigung am wenigsten als tolerabel. Und bei der Frage nach den Gründen für verantwortungsloses Handeln im Beruf wurde überwiegend die humanistische Variante gewählt, nach der Verantwortungsbewußtsein eine Frage der Aufklärung ist. Bei genauerer Betrachtung lassen diese Ergebnisse Schwächen in der Gewissensbildung vermuten. So spricht einiges dafür, daß die Wertorientierung entweder von der sozialen Nähe oder der öffentlichen Meinung, und weniger von einer konsequenten Gewissensbildung abhängig ist. Die Vorstellung, daß Verantwortungsbewußtsein lediglich eine Frage der Aufklärung sei, ist naiv und unterstützt die These von der mangelhaften Gewissensbildung. Gerade bei Phänomenen wie Mobbing, die von den Befragten als besonders problematisch eingeschätzt werden, zeigen Rückfragen, daß dem Menschen durchaus eine Neigung zur Verantwortungslosigkeit zugeordnet wird. 406

Abschließend sei noch auf das Verhältnis von Familie und Beruf sowie das Leben ohne Arbeit eingegangen. Hier zeigen die Befragungsergebnisse erneut den hohen Stellenwert der Familie, wobei diese nach Auffassung der meisten Befragten durch berufliches Verhalten beeinflußt wird. Die meisten jüngeren Teilnehmer haben darüber hinaus natürlich noch wenig über ein Leben ohne Arbeit nachgedacht. Wenn überhaupt werden bei Arbeitslosigkeit finanzielle Probleme gefürchtet, während der Ruhestand eher positiv besetzt ist. Diese Sichtweise bestätigt noch einmal das Bild von einer Berufs- und Arbeitswelt, die es zu konsumieren gilt. Für Orientierungsmuster wie Mühsal und Pflichterfüllung ist in dieser Welt kein Platz. III. Chancen einer christlichen Berufs- und Arbeitsethik Kann in dieser Situation eine christliche Berufs- und Arbeitsethik helfen, vorhandene Probleme aufzufangen, oder hat sie sich nicht längst überlebt? Bevor auf diese Frage eingegangen wird, muß noch einmal der Zusammenhang von Handlungs- und Gesellschaftstheorie angesprochen werden. Wenn wir uns hier einer Berufs- und Arbeitsethik als Individualethik zuwenden, so bedeutet dies nicht, daß der Wert der Sozialethik geleugnet wird. Im Gegenteil, die vorherigen Ausführungen sollten zeigen, daß beide Ansatzpunkte einander geradezu bedingen. Einerseits überfordern wir den einzelnen ohne sozialethisch begründete Rahmenbedingungen hoffnungslos und andererseits führt die fehlende individualethische Orientierung zu einer Perversion der zuvor genannten Rahmenbedingungen und auch des Wettbewerbs. Eine Berufs- und Arbeitsethik soll also den Wettbewerb mit seinen Anreizen nicht ersetzen, sondern liegt diesem voraus. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer denn die sozialethisch begründeten Rahmenbedingungen durchsetzen soll bzw. was der einzelne Arbeitnehmer oder Arbeitgeber tun kann. Ohne veränderte Einstellungen und Handlungsweisen des einzelnen sind hier sicherlich keine Veränderungen zu erwarten. Wenn wir immer nur auf die politischen Handlungsträger warten wollen, sind die Zukunftsaussichten nicht allzu hoffnungsvoll. Wenden wir uns nun aber wieder den bestehenden Problemen zu, wie sie in der vorliegenden Untersuchung deutlich wurden. Ist die dieser Situation zugrunde liegende Entwicklung eigentlich nur negativ zu bewerten? Bei genauerem Hinsehen muß diese Frage mit nein beantwortet werden. Die Orientierung der Berufswahl an der Eignung und das Streben nach Selbstverwirklichung in der Arbeit stellen doch zunächst einmal eine Befreiung von Fremdbestimmung dar, und dies ist nicht nur positiv für den einzelnen, sondern ist auch notwendige Voraussetzung dafür, daß der Mitarbeiter sich vom Aufgabenerfüller zum Problemlöser entwickeln kann. Eine dynamische Wirtschaft aber, die die bestehende Krise überwinden will, benötigt verstärkt Problemlöser auf allen Ebenen. 8 Ist aber andererseits die vorliegende Entwicklung nur positiv zu bewerten? Auch diese Frage muß – wie bereits bei der Darstellung der Untersuchungsergebnisse angedeutet – mit nein beantwortet werden. Wenn die Selbstverwirklichung nur individualistisch und hedonistisch verstanden wird, führt dies nicht nur zu per- 407

Abschließend sei noch auf das Verhältnis von Familie und Beruf sowie das Leben<br />

ohne Arbeit eingegangen. Hier zeigen die Befragungsergebnisse erneut den<br />

hohen Stellenwert der Familie, wobei diese nach Auffassung der meisten Befragten<br />

durch berufliches Verhalten beeinflußt wird. Die meisten jüngeren Teilnehmer<br />

haben darüber hinaus natürlich noch wenig über ein Leben ohne Arbeit<br />

nachgedacht. Wenn überhaupt werden bei Arbeitslosigkeit finanzielle Probleme<br />

gefürchtet, während der Ruhestand eher positiv besetzt ist. Diese Sichtweise<br />

bestätigt noch einmal das Bild von einer Berufs- und Arbeitswelt, die es zu konsumieren<br />

gilt. Für Orientierungsmuster wie Mühsal und Pflichterfüllung ist in<br />

dieser Welt kein Platz.<br />

III. Chancen einer christlichen Berufs- und Arbeitsethik<br />

Kann in dieser Situation eine christliche Berufs- und Arbeitsethik helfen, vorhandene<br />

Probleme aufzufangen, oder hat sie sich nicht längst überlebt? Bevor<br />

auf diese Frage eingegangen wird, muß noch einmal der Zusammenhang von<br />

Handlungs- und Gesellschaftstheorie angesprochen werden.<br />

Wenn wir uns hier einer Berufs- und Arbeitsethik als Individualethik zuwenden,<br />

so bedeutet dies nicht, daß der Wert der Sozialethik geleugnet wird. Im Gegenteil,<br />

die vorherigen Ausführungen sollten zeigen, daß beide Ansatzpunkte einander<br />

geradezu bedingen. Einerseits überfordern wir den einzelnen ohne sozialethisch<br />

begründete Rahmenbedingungen hoffnungslos und andererseits führt die<br />

fehlende individualethische Orientierung zu einer Perversion der zuvor genannten<br />

Rahmenbedingungen und auch des Wettbewerbs. Eine Berufs- und Arbeitsethik<br />

soll also den Wettbewerb mit seinen Anreizen nicht ersetzen, sondern liegt<br />

diesem voraus. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wer denn die sozialethisch<br />

begründeten Rahmenbedingungen durchsetzen soll bzw. was der einzelne Arbeitnehmer<br />

oder Arbeitgeber tun kann. Ohne veränderte Einstellungen und<br />

Handlungsweisen des einzelnen sind hier sicherlich keine Veränderungen zu<br />

erwarten. Wenn wir immer nur auf die politischen Handlungsträger warten wollen,<br />

sind die Zukunftsaussichten nicht allzu hoffnungsvoll.<br />

Wenden wir uns nun aber wieder den bestehenden Problemen zu, wie sie in der<br />

vorliegenden Untersuchung deutlich wurden. Ist die dieser Situation zugrunde<br />

liegende Entwicklung eigentlich nur negativ zu bewerten? Bei genauerem Hinsehen<br />

muß diese Frage mit nein beantwortet werden. Die Orientierung der Berufswahl<br />

an der Eignung und das Streben nach Selbstverwirklichung in der Arbeit<br />

stellen doch zunächst einmal eine Befreiung von Fremdbestimmung dar, und<br />

dies ist nicht nur positiv für den einzelnen, sondern ist auch notwendige Voraussetzung<br />

dafür, daß der Mitarbeiter sich vom Aufgabenerfüller zum Problemlöser<br />

entwickeln kann. Eine dynamische Wirtschaft aber, die die bestehende Krise<br />

überwinden will, benötigt verstärkt Problemlöser auf allen Ebenen. 8<br />

Ist aber andererseits die vorliegende Entwicklung nur positiv zu bewerten? Auch<br />

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