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entwicklung verhindern. Auch die seit einiger Zeit diskutierten humanistischen<br />
Wirtschaftsethiken sind aufgrund ihres individualistischen Menschenbildes und<br />
der mangelhaften Berücksichtigung der Moralität außerstande, wirksam zu werden.<br />
Beispielsweise in der sogenannten „Anreizethik“ des Wirtschaftsethikers Karl<br />
Homann soll das Marktversagen dadurch überwunden werden, daß Anreize für<br />
gute Zwecke gesetzt werden. 4 Hierzu gehören Anreizsysteme wie die Ausbildungsplatzabgabe<br />
und die ökologische Steuerreform. Aufgrund mangelnder<br />
inhaltlicher Bestimmung der Anreizziele kann es dabei allerdings auch zu einer<br />
Pervertierung der Moral kommen, wenn z.B. der Schwangerschaftsabbruch<br />
durch die Krankenkasse bezahlt, die Pflege des behinderten Kindes jedoch entsprechend<br />
der Kostenlage mit höheren Beiträgen belegt wird. Außerdem besteht<br />
in diesem Zusammenhang auch immer die Gefahr des Mißbrauchs von Anreizen,<br />
da die Frage der Moralität nicht gestellt wird. Ein Beispiel hierfür ist die Förderung<br />
strukturschwacher Regionen, bei der Firmen wiederholt und systematisch<br />
Fördermittel für immer neue Standorte abfordern, ohne sich dauerhaft an einen<br />
dieser Orte zu binden. Von Karl Homann ist aber sicherlich zu lernen, daß es<br />
einen Zusammenhang zwischen Handlungs- und Gesellschaftstheorie dergestalt<br />
gibt, daß die Handlungen der Personen Einfluß auf gesellschaftliche Ereignisse<br />
haben und daß umgekehrt gesellschaftliche Regeln oder Institutionen als Bedingung<br />
des Handelns zu berücksichtigen sind. Statt einen Gegensatz von Gesinnungsethik<br />
und Anreizethik zu konstruieren, sollte auf betriebswirtschaftlicher<br />
Ebene die Unternehmensethik als Sozialethik eher um eine Berufs- und Arbeitsethik<br />
als Individualethik ergänzt werden, denn nur so kann ein Mißbrauch von<br />
Institutionen vermieden werden.<br />
Wenn hier bisher eher kritisch auf die konkreten wirtschaftlichen Verhältnisse<br />
eingegangen wurde, so soll damit keineswegs der freie Wettbewerb in Frage<br />
gestellt werden. Im Gegenteil, es gilt die positiven Kräfte der Marktwirtschaft zu<br />
stärken. 5 Wettbewerb und Nutzendenken werden aber zunehmend zur Grundlage<br />
eines ökonomistischen Weltbildes, das totalitäre Züge annimmt und einen missionarischen<br />
Charakter entfaltet. Ähnlich wie in der Vergangenheit das Weltbild<br />
der modernen Naturwissenschaften den christlichen Glauben in Frage stellte, so<br />
muß das Christentum heute eine Antwort auf diese Ökonomisierung aller Lebensbereiche<br />
finden. 6<br />
II. Einstellungen zu Beruf und Arbeit in der Moderne<br />
Welche Folgen hat nun aber die Ökonomisierung aller Lebensbereiche für die<br />
Einstellungen der Betroffenen zu Beruf und Arbeit im einzelnen? Die Beantwortung<br />
dieser Frage war Gegenstand eines gemeinsam mit Studierenden des Fachgebiets<br />
Personalwesen und Organisation der Fachhochschule Flensburg durchgeführten<br />
Lehr- und Forschungsprojektes. In einer explorativen Untersuchung<br />
wurden Einzelpersonen in ausgewählten Städten der Bundesrepublik Deutschland<br />
zu ihrem Berufs- und Arbeitsethos befragt. 7 Da die Betroffenen über Internet<br />
angesprochen wurden, liegt der Schwerpunkt der Antworten bei den jünge-<br />
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