Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Alle wichtigen Dimensionen der Generationengerechtigkeit hat jüngst in einem<br />
Vortrag der Bundesverfassungsrichter a. D. Paul Kirchhof angesprochen. Seine<br />
Darlegungen können als Resümee dienen: „Gerechtigkeit heißt auch und vor<br />
allem Verantwortlichkeit für die nächste Generation. Deshalb muß der Rechtsstaat<br />
einen Generationenvertrag schaffen, der sich nicht in der sozialen Sicherung<br />
im Alter, bei Arbeitslosigkeit und Krankheit erschöpft, sondern im Umweltschutz<br />
der nächsten Generation gute Lebensverhältnisse sichert, im Abbau<br />
der Staatsverschuldung einen belastenden Vorgriff auf die Zukunft vermeidet,<br />
durch Bildung und Ausbildung die nächste Generation zur Freiheit befähigt, in<br />
technischen und wirtschaftlichen Vorkehrungen das kulturelle und technische<br />
Lebensniveau der Zukunft sichert.<br />
Voraussetzung für eine Gerechtigkeit in der Generationenfolge ist zunächst, daß<br />
eine nachfolgende Generation existiert und daß diese dank Erziehung und Bildung<br />
zur Freiheit und Demokratie fähig ist. Sodann muß diese Nachfolgegeneration<br />
lebenswerte Existenzbedingungen in ähnlicher Weise vorfinden, wie wir sie<br />
erleben dürfen. Dieses Postulat betrifft die Umwelt, meint aber auch die Wertordnung<br />
und die kulturellen Standards. Wir alle hoffen, unsere Errungenschaften<br />
des Rechts, der Wissenschaft, der Kunst und Religion an unsere Kinder weitergeben<br />
zu können.<br />
Jede Generation kann nicht das Auto neu erfinden, auch nicht das Grundgesetz<br />
neu schreiben, sondern baut auf das auf, was die vorausgehenden Generationen<br />
erarbeitet, entwickelt und veredelt haben. Gegenwärtig können wir insbesondere<br />
eine weltoffene Friedensgemeinschaft und damit eine der wichtigsten Prämissen<br />
für Gerechtigkeit an die Zukunft weitergeben.<br />
Die nächste Generation darf auch nicht übermäßig durch die vorausgehende<br />
belastet und ausgebeutet werden. Deswegen ist die Staatsverschuldung strikt<br />
zurückzuführen. Wenn die Gegenwart für den aktuellen Konsum mehr Geld<br />
beansprucht als sie erwirtschaftet, so belastet dieser Vorgriff auf die Zukunft<br />
unserer Kinder, die das Darlehen mit Zins und Zinseszins zurückzahlen müssen.<br />
Das Verbot übermäßiger Belastung gilt gleichermaßen für die Alterssicherung,<br />
die wiederum eine Gleichheit der Last in der Generationenfolge zu wahren hat.<br />
Wenn nunmehr auf die jetzt ins Erwerbsleben eintretende Generation die Doppelbelastung<br />
zukommt, den alten Generationenvertrag bedienen und gleichzeitig<br />
zur Eigenvorsorge einen Kapitalstock bilden zu müssen, dann erscheint dies als<br />
eine Überforderung der nunmehr Erwerbstätigen, die nur mit schonenden Übergängen<br />
eingeleitet werden darf.<br />
Eine wichtige Säule des Generationenvertrages ist die natürliche Bindung der<br />
Kinder zu ihren Eltern, die in der Anonymität der Sozialversicherung nicht verloren<br />
gehen darf. Umgekehrt müssen die Eltern stets die Möglichkeit haben, ihr<br />
Wissen, aber auch das Familiengut an die nächste Generation in familiärer Bindung<br />
weitergeben zu dürfen.“<br />
Dr. Detlef Grieswelle ist wissenschaftlicher Berater im Bundesministerium für<br />
Arbeit und Sozialordnung.<br />
436