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weil eine Ausweitung der Sozialhaushalte nicht zu erwarten und übrigens auch<br />
nicht erstrebenswert ist. Für die soziale Gerechtigkeit in der Wissens- und Informationsgesellschaft<br />
ist vor allem die Herstellung von Chancengerechtigkeit<br />
entscheidend.“<br />
Die Menschen wollen ihren Anteil an Wohlstand und Vermögen nicht durch<br />
„Segnungen“ erhalten, sondern durch eigene Leistung, staatliche Politik hat<br />
entsprechend nicht zu allererst eine gerechte Verteilung zu organisieren, sondern<br />
die Eröffnung von Zugangschancen für alle zu ermöglichen.<br />
In der gegenwärtigen Diskussion, vor allem in Sozialethik, in den Kirchen und<br />
der Politik, dominiert - im Kontext der Betonung von Leistungs- und Startgerechtigkeit<br />
- das Konzept der Beteiligungsgerechtigkeit, eine Perspektive, die für<br />
die heutige Orientierung und die Lösung gegenwärtiger und zukünftiger Probleme<br />
neue Akzente beinhaltet. „Beteiligungsgerechtigkeit“ zielt sowohl auf das<br />
Menschenbild, auf gesellschaftliche Werte, aber auch auf die Gestaltung von<br />
Ordnung. Leitideen sind die Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe und die Ve rbesserung<br />
der Entfaltungschancen durch institutionelle Innovationen in verschiedenen<br />
Handlungsfeldern wie vor allem Erwerbsarbeit, Bildung und berufliche<br />
Qualifikation, Vermögensbildung, Arbeitsbeziehungen, Familie und Erziehungsarbeit,<br />
ehrenamtliches Engagement. Als Motto für die Erneuerung gilt die Förderung<br />
aktiver Beteiligung an grundlegenden Rollen einer Bürgergesellschaft der<br />
Inklusion, also der Wahrnehmung von Verantwortung und Engagement. Teilhabe<br />
dürfe keinesfalls nur in einer lediglich finanziellen Absicherung bestehen,<br />
sondern in der Befähigung der Menschen, gesellschaftliche Prozesse aktiv mitzugestalten;<br />
ein Abgleiten in ausschließlich materielles Verteilungsdenken gelte<br />
es zu vermeiden.<br />
Das Leitbild der Teilhabegerechtigkeit umfaßt wie das des aktivierenden Sozialstaats<br />
eine weitgehende Loslösung vom inaktiven Versorgungsprinzip hin zur<br />
schnellstmöglichen Reintegration in den Arbeitsmarkt, die Verhinderung von<br />
sozialer Not vor Sozialhilfe, die Rehabilitation vor Rente, verschiedene Maßnahmen<br />
der Arbeitsförderung vor Arbeitslosenunterstützung.<br />
Das Menschenbild ist mit Eigenschaften wie Unabhängigkeit, Aktivität, Entfaltung<br />
von Fähigkeiten, Eigeninitiative zu beschreiben, die Einbeziehung, Bindung,<br />
Inklusion ermöglichen. Die Werte und Ordnungsprinzipien für soziale<br />
Gestaltung sind zu bezeichnen mit Termini wie Freiheit, Subsidiarität, Leistung,<br />
Eigenverantwortung, Entfaltung der Humanressourcen, Mitbestimmung, Prävention<br />
und Rehabilitation, Integration in Kommunikation und Information.<br />
Die katholischen Bischöfe in den USA hatten in ihrem Hirtenbrief von 1986 für<br />
diese Aspekte den Begriff der kontributiven Gerechtigkeit verwendet. Diese<br />
bezieht sich darauf, daß jedes Gesellschaftsmitglied die Pflicht, aber auch das<br />
Recht habe, das Seine zum Wohl der Gesellschaft im Ga nzen beizutragen. „Soziale<br />
Gerechtigkeit bedeutet, daß Menschen verpflichtet sind, sich aktiv und<br />
produktiv am Leben der Gesellschaft zu beteiligen, und daß es der Gesellschaft<br />
obliegt, ihnen die Möglichkeit einer solchen Beteiligung zu schaffen“, hieß es im<br />
Wirtschaftshirtenbrief der nordamerikanischen Bischöfe. „Also müssen Struktu-<br />
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